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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 06.09.2007
Aktenzeichen: 13 A 4643/06
Rechtsgebiete: AMG


Vorschriften:

AMG § 105
AMG § 109a
Die Dosierung eines Arzneimittels ist untrennbar mit dem Arzneimittel und der Arzneimittelzulassung verknüpft.

Dosierungen sind grundsätzlich nicht in die Traditionsliste nach § 109a Abs. 3 Satz 1 AMG aufzunehmen; deren Festlegung bleibt dem Zulassungsverfahren nach § 105 Abs. 4 f. AMG überantwortet.

Grundlage für die Dosierungsentscheidung im Zulassungsverfahren für Traditionsarzneimittel nach § 109a AMG ist zunächst die "traditionelle" Dosierung des Arzneimittels.

Der Traditionsnachweis für Arzneimittel nach § 109a AMG bzw. deren Dosierung kann dadurch geführt werden, dass belegt wird, dass das Arzneimittel, für das die Listenposition begehrt wird, "traditionell" mit der begehrten Dosierung in Verkehr ist.

Die "Tradition" von Arzneimitteln bzw. deren Dosierung muss bereits vor dem 1.1.1978 begründet worden sein.


Tatbestand:

Der Klägerin wurde die Zulassung hinsichtlich des "Traditionsarzneimittels" X erteilt, in den Auflagen zur Zulassung wurde jedoch die Dosierung dieses Arzneimittels herabgesetzt. Die dagegen gerichtete Klage blieb in erster Instanz erfolglos, in zweiter Instanz hatte sie teilweise Erfolg.

Gründe:

1. Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin mit ihr die Aufhebung der Auflage Anlage 1, A.11 erstrebt. Ein einheitlicher Verwaltungsakt kann nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nämlich nur teilweise aufgehoben werden, wenn der aufzuhebende Teil nicht mit den übrigen Teilen des angefochtenen Verwaltungsakts in einem untrennbaren inneren Zusammenhang steht. Eine solcher untrennbarer innerer Zusammenhang ist dann gegeben, wenn der nach einer Teilaufhebung verbleibende Teil des Verwaltungsakts ohne Änderung seines Inhalts rechtmäßiger- und sinnvollerweise nicht selbstständig bestehen kann oder so nicht erlassen worden wäre.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.5.2005 - 6 B 6.05 -; BVerwG, Urteile vom 22.11.2000 - 11 C 2.00 -, BVerwGE 112, 221, vom 20.8.1992 - 4 C 13.91 -, DVBl. 1993, 152, und vom 21.2.1992 - 7 C 11.91 -, BVerwGE 90, 42.

Hier liegt ein solcher untrennbarer sinnvoller Zusammenhang vor. Formal gesehen bezieht sich die genannte Auflage zwar nur auf die Texte für die äußere Umhüllung und die Packungsbeilage. Damit wird aber zugleich materiell die - aus der Sicht der Beklagten - "richtige" Dosierung geregelt. Die Dosierung eines Arzneimittels ist aber untrennbar mit dem Arzneimittel und der Arzneimittelzulassung verknüpft; ohne Dosierung darf ein Arzneimittel nicht zugelassen werden. Beides folgt daraus, dass gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 10 AMG dem Zulassungsantrag die Dosierungsangabe beigefügt werden muss, dass gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AMG aus dem klinischen Gutachten hervorzugehen hat, ob für das Arzneimittel die vorgesehene Dosierung zweckmäßig ist, dass gemäß § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 AMG Änderungen der Dosierung der Zustimmung des BfArM bedürfen und dass gemäß §§ 45 Abs. 2 AMG, 46 Abs. 2, 48 Abs. 2 Nr. 1 AMG die Apotheken- und Verschreibungspflicht eines Arzneimittels von der Dosierung abhängen kann. Auch ist die Dosierung in der äußeren Umhüllung und der Packungsbeilage anzugeben (§§ 10 Abs. 1 Satz 3, 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a), 11a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Buchst. b) AMG). Mit alldem wird erkennbar der Grundsatz "Die Dosis macht das Gift" aufgegriffen. Im Übrigen hätte das BfArM das streitgegenständliche Arzneimittel - wie sich schon aus seinem gesamten Vortrag im Klageverfahren ergibt - nicht mit der beantragten Dosierung zugelassen.

Vgl. zur Relevanz der Dosierung auch Punkt 5.2.4 der Arzneimittelprüfrichtlinien in der Fassung vom 11.10.2004 (BAnz. S. 22037).

2. Die Klage ist hinsichtlich des ersten Hilfsantrags zulässig und begründet. Der hinsichtlich der begehrten Dosierung gestellte Verpflichtungsantrag ist zulässig, da die Dosierung integraler Bestandteil der Zulassung ist; die Dosierungsauflage stellt sich in der Sache als Teilversagung der begehrten Zulassung dar.

Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zulassung der Dosierung von 2-3 x 15 ml pro Tag (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass eine Zulassung erst nach Einräumung der Listenposition nach § 109a Abs. 3 Satz 1 AMG in Betracht kommt (a). In der Sache hat die Klägerin einen Anspruch auf Zulassung der beantragten Dosierung (b).

a) Einem Nachzulassungsanspruch mit der begehrten Dosierung steht nicht schon entgegen, dass eine Zulassung nach §§ 105 Abs. 4f. Satz 1, 109a AMG erst nach Einräumung einer Listenposition nach § 109a Abs. 3 Satz 1 AMG denkbar ist, die begehrte Dosierung aber nicht Gegenstand der der Klägerin zustehenden Listenposition Nr. 508 ist. Letzterer sich aus der Listenposition selbst sowie aus dem beigefügten Hinweis ergebender Umstand ist indes unschädlich, da Dosierungen grundsätzlich nicht in die Traditionsliste nach § 109a Abs. 3 Satz 1 AMG aufzunehmen sind. Vielmehr ist die Beurteilung der Frage der Dosierung grundsätzlich dem Zulassungsverfahren nach §§ 105 Abs. 4f Satz 1, 109a AMG zugewiesen. Die Listenpositionen nach § 109a Abs. 3 Satz 1 AMG werden grundsätzlich nicht präparate-, sondern stoffbezogen erstellt. Damit soll im Rahmen der Aufstellung der Traditionsliste eine lediglich "rasterförmige" Prüfung der Wirksamkeit eingeführt werden. Durch die rasterförmige Prüfung soll eine Beschleunigung des Nachzulassungsverfahren u.a. dadurch erfolgen, dass die Verwertbarkeit der Listenposition auch für andere Arzneimittel sichergestellt wird. Mit der abstrakt gefassten Stoffbezogenheit - und der genannten Beschleunigungsintention - wäre eine in die Liste aufzunehmende eher präparatebezogene Dosierung unvereinbar. Dies wird gerade an den in § 109a Abs. 3 Satz 1 AMG genannten Stoffkombinationen deutlich: Die Dosierung von Stoffkombinationen ist abhängig von der Zahl und Menge der wirksamen Bestandteile, die Zahl und Menge der wirksamen Bestandteile ist bei Kombinationsarzneimitteln typischerweise individuell auf das jeweilige Arzneimittel bezogen. Damit wäre die Verwertbarkeit von Listenpositionen für Kombinationsarzneimittel mit Angabe der Dosierung für andere Arzneimittel gering. Dieser Standpunkt entspricht auch der überwiegenden Praxis der Beklagten, die - wie hier - größtenteils den Listenpositionen den Hinweis beifügt: "Die festgelegten Anwendungsgebiete gelten nur bei einer plausiblen Dosierung, die präparatespezifisch beurteilt wird."

Vgl. zum intendierten Beschleunigungseffekt OVG NRW, Urteil vom 27.9.2005 - 13 A 4090/03 -, juris, m.w.N.; BT-Drucks. 12/7572, S. 8, und 14/3320, S. 16. Zur Stoffbezogenheit der Listenpositionen: Sander, Arzneimittelrecht, Stand August 2006, § 109a Anm. 4; Brixius/Schneider, Nachzulassung und AMG-Einreichungsverordnung, 2004, S. 214.

b) Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zulassung der beantragten Dosierung nach §§ 105 Abs. 4f Satz 1, 109a AMG. Grundlage für die Dosierungsentscheidung im Zulassungsverfahren ist zunächst die "traditionelle" Dosierung des Arzneimittels im Sinne des § 109a AMG. Dies beruht darauf, dass die Entscheidung im Zulassungsverfahren auf der Entscheidung im Verfahren über die Vergabe der Listenposition nach § 109a AMG beruht, die Entscheidung über die Vergabe der Listenposition aber ihrerseits auf der "Tradition" des Arzneimittels fußt. Letzteres ergibt sich aus § 109a Abs. 3 Satz 2 AMG; maßgeblich für die Aufnahme in die Listenposition ist die "tradierte und dokumentierte" Erfahrung; auch erhalten die Arzneimittel in jedem Fall den Zusatz "Traditionell angewendet". Schließlich macht auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift deutlich, dass es um "Traditionsarzneimittel" gehen sollte. Insoweit werden über den Traditionsnachweis bei den Arzneimitteln nach § 109a Abs. 1 AMG die Anforderungen an die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit "fingiert"; gerade weil das Arzneimittel "traditionell" unbeanstandet auf dem Markt ist, ist von dessen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit auszugehen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 26.4.2007 - 3 C 36.06 -, juris, und vom 20.11.2003 - 3 C 29.02 -, NVwZ 2004, 349; OVG NRW, Urteil vom 27.9.2005 - 13 A 4090/03 -, juris. Zur Entstehungsgeschichte vgl. BT-Drucks. 12/7572, S. 8, und 14/3320, S. 16, und Pabel, Pharma Recht 1995, 180 (185).

Da aber die Dosierung eines Arzneimittels grundsätzlich integraler Teil der Zulassungsentscheidung ist und die Dosierung ebenfalls an den Gesichtpunkten der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit auszurichten ist (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AMG), spricht dies dafür, die Führung des Traditionsnachweises - mit dem wie gesagt die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels fingiert wird - auch auf die Dosierung zu erstrecken. Dem steht nicht entgegen, dass die "Tradiertheit" von Stoffen bzw. Stoffkombinationen nach § 109a Abs. 3 AMG zunächst einmal nur für das Verfahren auf Einräumung einer Listenposition maßgeblich ist. Der Umstand, dass das Zulassungsverfahren für die sog. "Traditionsarzneimittel" abgeschichtet aufgebaut ist - Entscheidung über die Listenposition und Entscheidung über die Zulassung - kann nicht dazu führen, dass die rechtlichen Kriterien für beide Entscheidungen grundsätzlich verschiedene sind. Die Zweiteilung des Verfahrens beruht lediglich auf dem Gedanken der Verwaltungsvereinfachung und Beschleunigung; dass damit für einheitlich Zusammengehöriges - das Arzneimittel und seine Dosierung - gänzlich verschiedene Regelungsregime etabliert werden sollten, ist nicht ersichtlich.

Vgl. zur Abschichtung beider Verfahren BVerwG, a.a.O.

Die Richtigkeit des gefundenen Ergebnisses zeigt sich daran, dass die Anwendung der "normalen" Nachzulassungsvorschriften auf die Dosierungsfrage dazu führen würde, dass das pauschalierte Verfahren für Traditionsarzneimittel weitgehend entwertet würde, da dann im Rahmen der Dosierungsfrage jedenfalls die Vorschriften der §§ 105 Abs. 4a Satz 1 1. Hs., 22 Abs. 2 Nr. 2 und 3, 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 AMG zur Anwendung kommen müssten. Die Vorlage der in diesen Vorschriften vorgesehen Sachverständigengutachten würde den Beschleunigungseffekt des Verfahrens für Traditionsarzneimittel zunichte machen. Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass auch eine Ermittlung der Dosierung nach §§ 105 Abs. 4a Satz 1 2. Hs., 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMG unter Bezugnahme auf die Aufbereitungsmonographien in Betracht komme. Zum einen ist die Vorschrift des § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AMG am 6.9.2005 geändert worden; ob sie heute noch eine alleinige Bezugnahme auf Aufbereitungsmonographien erlaubt, ist problematisch. Zum anderen wird durch eine Bezugnahme auf die Monographien nicht die Frage gelöst, wie zu verfahren ist, wenn für einen Stoff keine Aufbereitungsmonographie im nach § 109a Abs. 3 Satz 3 AMG maßgeblichen Anwendungsgebiet vorliegt bzw. wenn sie überholt ist (vgl. § 109a Abs. 4a AMG). Endlich werden auch in der Praxis der Beklagten die Aufbereitungsmonographien nur "entsprechend" herangezogen.

Vgl. zur Bezugnahme auf die Aufbereitungsmonographien Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand Dezember 2006, § 105 Rdnr. 54; Brixius/Schneider, a.a.O., S. 82; Hofmann/Nickel, NJW 2000, S. 2700 (2701). Zur entsprechenden Heranziehung der Aufbereitungsmonographien vgl. Brixius/Schneider, a.a.O., S. 214.

Eine Ermittlung der "zutreffenden" Dosierung auf der Basis einer pauschalen "Plausibilitätsprüfung" - etwa unter Bezugnahme auf Aufbereitungsmonographien - scheidet aus, da hierfür keine Rechtsgrundlage ersichtlich ist. Richtig ist allerdings, dass die Einräumung einer Listenposition nach § 109a AMG bzw. Erteilung einer Zulassung nach §§ 105 Abs. 4f Satz 1, 109a AMG nur für die Arzneimittel in Betracht kommt, wie sie hinsichtlich der Anwendungsgebiete in § 109a Abs. 3 Satz 3 AMG aufgeführt sind; dies folgt unmittelbar aus § 109a Abs. 3 AMG. Daraus kann indes nicht abgeleitet werden, dass das Verfahren nach §§ 105 Abs. 4f Satz 1, 109a AMG für monographiekonforme Arzneimittel versperrt wäre und dass im Rahmen einer "Plausibilitätsprüfung" für Traditionsarzneimittel nur eine Dosierung von ca. 10 bis 50% der in Aufbereitungsmonographien enthaltenen Dosierung in Betracht komme. Dies zeigt sich schon daran, dass das Arzneimittelgesetz die Verfahren nach §§ 105 Abs. 4f Satz 1, 109a AMG und § 105 AMG formal abgrenzt (§§ 109a Abs. 4, 4a, 105 Abs. 4a Satz 1 AMG). Auch der Sache nach ist nicht einsehbar, weshalb die Traditionsarzneimittel innerhalb der durch § 109a Abs. 3 Satz 3 AMG vorgegebenen Anwendungsgebiete nicht "voll" wirksam sein dürften und warum - wenn die in den Aufbereitungsmonographien enthaltenen Anwendungsgebiete mit denen nach § 109a Abs. 3 Satz 3 AMG übereinstimmen - nicht die monographiekonforme Dosierung erreicht werden dürfte. Im Übrigen kann eine pauschalierende Plausibilitätsprüfung nicht das Problem lösen, wie zu verfahren ist, wenn für den wirksamen Bestandteil und/oder das beanspruchte Anwendungsgebiet - wie hier - keine Monographie vorhanden ist. Dies zeigt insgesamt, dass eine pauschale Plausibilitätsprüfung anhand der Aufbereitungsmonographien ausscheidet; das BfArM hat nur konkret zu prüfen, ob die durch § 109a Abs. 3 Satz 3 AMG vorgegebenen Anwendungsgebiete verlassen werden (wobei insoweit allerdings auch konkret auf Monographien Bezug genommen werden kann).

Vgl. zu alldem Brixius/Schneider, a.a.O., S. 206, 214.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass hinsichtlich der Arzneimittel nach § 109a AMG nur eine Dosierung im Bereich von "Vorbeugedosierungen" in Betracht kommt. Zum einen gilt das eben Gesagte hier entsprechend, zum anderen ist die "Vorbeugung" nur eines der von § 109a Abs. 3 Satz 3 AMG bezeichneten Anwendungsgebiete. Vorliegend geht es um ein Arzneimittel, dass dem Anwendungsgebieten "Zur Stärkung oder Kräftigung" bzw. "Zur Besserung des Befindens" gem. § 109a Abs. 3 Satz 3 AMG zuzuordnen ist.

Nachdem für die Dosierungsentscheidung im Zulassungsverfahren nach §§ 105 Abs. 4 f. Satz 1, 109a AMG die "traditionelle" Dosierung des maßgeblichen Arzneimittels im Sinne des § 109a AMG maßgeblich ist, gelten auch die Grundsätze, wie sie für die Ermittlung der Tradition der Stoffe oder der Stoffkombinationen im Rahmen der Einrichtung der Listenposition nach § 109a AMG maßgeblich sind, für die Dosierung entsprechend (aa). Legt man dies zugrunde, hat die Klägerin den Traditionsnachweis für die begehrte Dosierung geführt (bb).

aa) Die Grundsätze, wie sie für die Ermittlung der Tradition der Stoffe oder der Stoffkombinationen im Rahmen der Listenposition nach § 109a AMG maßgeblich sind, gelten entsprechend für die Ermittlung der Traditionalität einer Dosierung. Daher ist der Traditionsnachweis grundsätzlich vom Antragsteller zu führen, wie sich sowohl aus den allgemeinen Regeln des Arzneimittelgesetzes (§§ 22, 105 Abs. 4 bis 5 AMG) als auch aus § 109a Abs. 3 Satz 2 AMG ergibt; danach muss der Traditionsnachweis "dokumentiert" sein. Eine sinngemäße Bestätigung findet dies in § 109a Abs. 2 AMG. Der Traditionsnachweis ist dadurch zu führen, dass nachgewiesen wird, dass hinsichtlich der Dosierung eine tradierte und dokumentierte Erfahrung vorliegt, die nach wie vor Gültigkeit beansprucht. Der Traditionsnachweis kann dabei auch durch Zeugen geführt werden, insbesondere bedeutet das Wort "dokumentiert" nicht, dass der Nachweis nur mit Urkunden geführt werden könnte; eine Beschränkung auf einen Urkundenbeweis würde den Sinn und Zweck der Regelung - bei der es eben um Traditionsarzneimittel und ihre langjährige Bewährung und nicht um rein formale Gesichtspunkte geht - verfehlen.

Der Nachweis einer tradierten und dokumentierten Erfahrung kann zum einen dadurch erbracht werden, dass nachgewiesen wird, dass sich die tradierte Erfahrung aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen ergibt (vgl. §§ 22 Abs. 3, 105 Abs. 4a Satz 1 AMG). Der Nachweis einer tradierten und dokumentierten Erfahrung kann zum anderen dadurch erbracht werden, dass nachgewiesen wird, dass sich die Tradition der Dosierung des Stoffes/der Stoffkombination daraus ergibt, dass sich andere Arzneimittel mit der nämlichen Dosierung des Stoffes bzw. der Stoffkombination "traditionell" im Verkehr befinden. Zwar nimmt § 109a Abs. 3 Satz 1 AMG traditionelle Stoffe oder Stoffkombinationen - und nicht Arzneimittel, vgl. § 39b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AMG - in Bezug. Das ändert aber nichts daran, dass § 109a AMG offen lässt, auf welcher Basis die "Aufstellung der Anwendungsgebiete" gefertigt werden soll. Deshalb kann die Tradition von Dosierungen von Stoffen oder Stoffkombinationen auch aus Arzneimitteln, die eben diese Dosierung der Stoffe oder Stoffkombinationen enthalten, hergeleitet werden. Dies folgt auch aus der Systematik der Vorschrift. Über den Traditionsnachweis werden bei den Arzneimitteln nach § 109a Abs. 1 AMG die Anforderungen an die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels "fingiert"; gerade weil das Arzneimittel "traditionell" unbeanstandet auf dem Markt ist, ist von dessen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit auszugehen. Das zeigt, dass auch und gerade in Verkehr befindliche Arzneimittel die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Dosierungen bzw. Stoffen oder Stoffkombinationen belegen können.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2003 - 3 C 29.02 -, NVwZ 2004, 349; OVG NRW, Urteil vom 27.9.2005 - 13 A 4090/03 -, juris.

Schließlich kann der Traditionsnachweis dadurch geführt werden, dass belegt wird, dass das Arzneimittel, für das die Listenposition begehrt wird, "traditionell" mit der begehrten Dosierung in Verkehr ist. Wie gesagt werden über den Traditionsnachweis bei den Arzneimitteln nach § 109a Abs. 1 AMG die Anforderungen an die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels "fingiert"; gerade weil das Arzneimittel "traditionell" unbeanstandet auf dem Markt ist, ist von dessen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit auszugehen. Warum von dieser Fiktion aufgrund der Führung des Traditionsnachweises gerade die Arzneimittel ausgenommen sein sollten, für die die Verlängerung der Zulassung beantragt wird, ist nicht einzusehen. Im Übrigen greift § 109a Abs. 3 Satz 2 AMG die Tradition der Dosierung bzw. des Stoffes oder der Stoffkombination auf und bricht sie auf die konkreten Arzneimittel dergestalt um, dass diese den Zusatz "Traditionell angewendet" erhalten. Der Umstand, dass über diese Regelung der Stoff bzw. die Stoffkombination im Ergebnis mit dem Arzneimittel, für das die Zulassung beantragt wird, gleichgesetzt wird, spricht dafür, dass auch mit dem einzelnen Arzneimittel die Tradition der Dosierung bzw. des Stoffes oder der Stoffkombination belegt werden kann.

So im Ergebnis auch VG Köln, Urteil vom 10.5.2006 - 24 K 5308/02 -, juris; Kloesel/Cyran, a.a.O., § 109a Anm. 9; Brixius/Schneider, a.a.O., S. 204 f.

Im Rahmen des Gesagten muss die "Tradition" vor dem 1.1.1978 begründet worden sein. Für die Dosierungen bzw. Arzneimittel, die sich auf ihre eigene Tradition berufen, ergibt sich dies daraus, dass sonst das Merkmal der Tradition keine eigenständige Bedeutung hätte. Voraussetzung für eine Nachzulassung ist allemal, dass sich das Arzneimittel am 1.1.1978 im Verkehr befunden hat. Dass durch § 109a AMG aber potentiell alle in der Nachzulassung befindlichen Arzneimittel abgedeckt werden sollten, ist nicht ersichtlich; die Regelung ist auf die in der Nachzulassung befindlichen Arzneimittel beschränkt, für die eine tradierte und dokumentierte Erfahrung vorliegt (§ 109a Abs. 3 Satz 2 AMG). Für den Fall, dass der Traditionsnachweis über wissenschaftliche Veröffentlichungen oder über andere Arzneimittel mit vergleichbaren Dosierungen von Stoffen oder Stoffkombinationen geführt werden soll, folgt dies daraus, dass es keinen Sinn macht, ein seit dem 1.1.1978 in Verkehr befindliches Arzneimittel mit einer Tradition zu begründen, die jünger als der 1.1.1978 ist.

Siehe zum erstgenannten Fall VG Köln, Urteil vom 10.5.2006 - 24 K 5308/02 -, juris. Vgl. auch die 21. Bekanntmachung des BfArM über die Verlängerung der Zulassungen nach Art. 3 § 7 des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 6.5.1993 (BAnz. S. 6015).

Eine vor dem 1.1.1978 begründete Tradition liegt jedenfalls dann vor, wenn sich das Arzneimittel mit der zugrunde liegenden Dosierung bereits seit dem 1.8.1961 auf dem Markt befand. Denn an diesem Datum trat erstmalig das Arzneimittelgesetz in Kraft, Herstellung und Inverkehrbringen von Arzneimitteln wurden bundeinheitlich geregelt. Das spricht dafür, dass Arzneimittel, die vor dieser einheitlichen Regelung des Arzneimittelrechts auf dem Markt waren, als "traditionelle" Arzneimittel anzusehen. Auch der Sache nach kann ein Zeitraum von ca. 17 Jahren als "traditionsbegründend" angesehen werden.

Vgl. die 21. Bekanntmachung des BfArM über die Verlängerung der Zulassungen nach Art. 3 § 7 des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 6.5.1993 (BAnz. S. 6015).

Inhaltlich muss sich der Traditionsnachweis - wie sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 109a AMG ergibt - auf das nämliche Anwendungsgebiet beziehen. Soll der Traditionsnachweis über wissenschaftliche Veröffentlichungen oder andere Arzneimittel mit vergleichbarer Dosierung von Stoffen oder Stoffkombinationen geführt werden, müssen sowohl die Dosierung als auch die Stoffe bzw. die Stoffkombinationen vergleichbar sein (siehe auch § 39b Abs. 1 Satz 4 AMG). Wird die traditionelle Dosierung eines Kombinationsarzneimittels beantragt, kommt die Anerkennung der Dosierung nur in Betracht, wenn der Traditionsnachweis für eine vergleichbare Dosierung einer vergleichbaren Stoffkombination erbracht wird. Hingegen scheidet die Anerkennung einer Tradition aus, wenn nur die Dosierung der im Kombinationsarzneimittel enthaltenen einzelnen Stoffe jeweils für sich traditionell anerkannt ist. Dies wird bereits dadurch nahegelegt, dass § 109a Abs. 3 Satz 1 AMG von Stoffen oder Stoffkombinationen spricht, und damit eine Unterscheidung zwischen der Gruppe der Stoffe und derjenigen der Stoffkombinationen vornimmt. Bezieht sich die Dosierung auf eine Stoffkombination, kann dementsprechend nur die Tradition der Stoffkombination - nicht aber die Tradition der einzelnen Stoffe - weiterhelfen. Das wird dadurch bestätigt, dass nach dem Arzneimittelgesetz Stoffkombinationen nicht lediglich als eine unproblematische "Addition" von Stoffen behandelt werden. Vielmehr trägt das Arzneimittelgesetz dem Umstand Rechnung, dass Stoffkombinationen Besonderheiten aufweisen, die sich eben aus der Wirksamkeit bzw. der Unbedenklichkeit gerade der Kombination der Stoffe ergeben (§§ 22 Abs. 3a, 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5a AMG). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass § 109a AMG über einen "Bestandsschutz" von Traditionsarzneimitteln hinaus auch die Bildung neuer - nicht traditioneller - Kombinationsarzneimittel durch traditionelle Stoffe privilegieren will.

Vgl. zum Gedanken des "Bestandsschutzes" für Traditionsarzneimittel BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 - 3 C 29.02 -, NVwZ 2004, 349; Pabel, a.a.O., S. 185.

Soll der Traditionsnachweis über das streitgegenständliche Arzneimittel selbst geführt werden, ist zu beachten, dass der Annahme einer Tradition entgegen stehen kann, dass das Arzneimittel bzw. dessen Dosierung - wenn auch zulässigerweise - geändert worden ist. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Regelung des § 109a AMG dem Erhalt traditioneller Arzneimittel dienen soll (siehe oben); wird die Tradition durch Änderungen unterbrochen, entfällt der Sinn der Anwendung der Vorschrift. Zum anderen folgt dies daraus, dass die "Tradition" des Arzneimittels bzw. der Dosierung die Grundlage dafür ist, bei diesen Arzneimitteln Wirksamkeit und Unbedenklichkeit grundsätzlich nicht zu prüfen (siehe oben). Die Änderung eines Traditionsarzneimittels bzw. von dessen Dosierung kann aber dazu führen, dass durch sie die "traditionelle" Wirksamkeit und Unbedenklichkeit hinfällig wird.

Vgl. die 21. Bekanntmachung des BfArM über die Verlängerung der Zulassungen nach Art. 3 § 7 des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 6. Mai 1993 (BAnz. S. 6015) - "Da die Regelung dem Erhalt traditioneller Mittel dient, muss bei fixen Kombinationen die Zusammensetzung des Mittels im wesentlichen unverändert bleiben."

bb) An diesen Maßstäben gemessen konnte die Klägerin hier den Traditionsnachweis für die beantragte Dosierung führen (aaa). Sonstige Umstände, die einer Zulassung der Dosierung im Wege stehen könnten, sind nicht ersichtlich (bbb).

aaa) Die Klägerin konnte den Traditionsnachweis für die beantragte Dosierung führen. Zwar hat sie wissenschaftliche Belege für die Traditionalität der Dosierung nicht vorgelegt. Auch konnte sie nicht belegen, dass sich andere Arzneimittel mit vergleichbaren Stoffkombinationen und vergleichbaren Dosierungen vor dem 1.1.1978 traditionell auf dem Markt befunden haben. Ein solcher Nachweis scheitert daran, dass sämtliche von ihr benannten Arzneimittel Stoffkombinationen enthalten, die mit der vorliegenden Stoffkombination nicht vergleichbar sind; daher kann auch der Nachweis der vergleichbaren Dosierung nicht gelingen.

Die Arzneimittel Sükaton, Actihepatex, BVK "Roche", Exphobin, Grunovit, Nervobromin-Dragees, Polybion "Merck", Reactivan "Merck" , Satyrin Progressiv, Vitamin B complex "Bonz" und Gux-Aktiv enthielten bzw. enthalten maximal drei der insgesamt sieben vergleichbaren wirksamen Bestandteile des streitgegenständlichen Arzneimittels; daneben enthielten bzw. enthalten alle genannten Arzneimittel weitere wirksame Bestandteile, die das streitgegenständliche Arzneimittel nicht enthält. Das Arzneimittel Vitaminets enthielt bzw. enthält nur vier der sieben vergleichbaren wirksamen Bestandteile des streitgegenständlichen Arzneimittels. Darüber hinaus enthielt bzw. enthält Vitaminets Vitamin A, B.6 und B.12, C, Vitamin D.2, H, Calciumpantothenat und fünf Mineralien. Diese wirksamen Bestandteile sind hingegen im streitgegenständlichen Arzneimittel nicht enthalten. Überdies stimmen die Anwendungsgebiete - auch die Teilanwendungsgebiete - nicht vollständig überein. Das streitgegenständliche Arzneimittel ist für die Anwendungsgebiete "Zur Besserung des Befindens bei Erschöpfungszuständen und zur Stärkung der Nerven" zugelassen, Vitaminets bezog sich hingegen auf die Anwendungsgebiete "Zur schnellen Beseitigung von Mangelzuständen bei akuten und chronischen Erkrankungen, Appetitlosigkeit, Rekonvaleszenz, Müdigkeit, nervöse Erschöpfung, mangelnde Konzentrationsfähigkeit, Entwicklungsstörungen, schnelles Wachstum in der Kindheit, Schulmüdigkeit, Schwangerschaft, Stillzeit". Das Arzneimittel Biocitin-Flüssig enthielt bzw. enthält nur fünf der sieben vergleichbaren wirksamen Bestandteile des streitgegenständlichen Arzneimittels. Darüber hinaus enthielt bzw. enthält Biocitin-Flüssig Vitamin A, D.2, B.6, B.12, C, Rutin, Calciumpantothenat, Insonit, Cholincitrat, Folsäure, Intrinsic-Factor, Traubenzucker (Dextrose) und Glutaminsäure. Diese wirksamen Bestandteile sind hingegen im streitgegenständlichen Arzneimittel nicht enthalten. Überdies weist der vorgelegte Auszug aus der RL 1959 nicht die jeweilige Wirkstoffmenge aus, so dass ein Schluss auf eine vergleichbare Dosierung nicht möglich ist. Das Arzneimittel Nuclamin enthielt bzw. enthält zwar fünf der sieben vergleichbaren wirksamen Bestandteile des streitgegenständlichen Arzneimittels. Darüber hinaus enthielt bzw. enthält Nuclamin jedoch Guanosin, Vitamin B.6, Panthothensäure, Provitamin D.2, Cholin, Inosit, essent. Aminosäuren, Lactalbumin, Calciumphosphat, Calciumhypophosphit, Ferrophosphat, Extr. Sem. Ignat und Spurenelemente. Schließlich weist der vorgelegte Auszug aus der RL 1959 nicht die jeweilige Wirkstoffmenge aus, so dass ein Schluss auf eine vergleichbare Dosierung nicht möglich ist. Endlich befand sich das Arzneimittel in der Darreichungsform als "Pulver" auf dem Markt.

Es kann dahinstehen, ob die genannten Arzneimittel im Vergleich zu dem streitgegenständlichen Arzneimittel im Hinblick auf die Vitamin B.1 Dosierung vergleichbar sind. Allein der Umstand, dass sie möglicherweise hinsichtlich der Vitamin B.1-Dosierung mit dem streitgegenständlichen Arzneimittel vergleichbar sind, belegt noch nicht, dass die Arzneimittel insgesamt - d.h. hinsichtlich all ihrer wirksamen Bestandteile und der diesbezüglichen Dosierung - mit dem streitgegenständlichen Arzneimittel und seiner Dosierung vergleichbar sind.

Jedoch konnte die Klägerin den Nachweis der traditionellen Dosierung durch das streitgegenständliche Arzneimittel selbst führen. Der Traditionsnachweis ist, wie gesagt, dahingehend zu führen, dass die Tradition bereits am 1.1.1978 begründet war; insoweit dürfen - angesichts des Umstands, dass dieser Zeitpunkt bereits seit ca. 30 Jahre vergangen ist - keine unüberwindbaren Anforderungen an den Nachweis der Tradition bezogen auf diesen Zeitpunkt gestellt werden. Dem ist durch sachgerechte Beweiswürdigung Rechnung zu tragen.

Vgl. Dawin, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand Februar 2007, § 108 Rdnr. 56 ff.; Höfling/Rixen, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 108 Rdnr. 95 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 108 Rdnr. 5.

Hier hat die Klägerin - schon durch die Vorlage der Preisliste aus dem Jahr 1959 - nachgewiesen, dass sich das streitgegenständliche Arzneimittel bereits zum Jahr 1978 traditionell in Verkehr befand. Weiter hat die Klägerin - durch Vorlage der entsprechenden Umverpackungen belegt, dass sich das Arzneimittel bereits zum Jahr 1978 mit der streitgegenständlichen Dosierung auf dem Markt befand. Der - glaubwürdige - Zeuge Q. hat darüber hinausgehend glaubhaft bekundet, dass sich das streitgegenständliche Arzneimittel auch mit - unveränderter - Dosierung seit 1959 auf dem Markt befunden hat. Denn die 1978 bzw. 1976 bestehende Dosierung habe derjenigen entsprochen, wie sie zuvor verwendet worden sei. Allein im Jahr 1974 sei infolge des Umstands, dass dem Arzneimittel nunmehr Messbecher beifügt worden seien, die Dosierung dahingehend verändert worden, dass nunmehr statt der Angabe in Löffeln die Menge bezogen auf Messbecher angegeben worden sei; dadurch sei aber die Dosierung als solche nicht verändert worden. Die Klägerin bzw. ihre Vorgängerin habe das Arzneimittel auch immer - wenn auch zunächst nur in geringerem Umfang - selbst als Fertigarzneimittel mit Dosierungsangaben vertrieben. Damit hat die Klägerin den Nachweis der traditionellen Dosierung durch das streitgegenständliche Arzneimittel selbst geführt.

bbb) Sonstige Umstände, die einer Zulassung der Dosierung im Wege stehen könnten, sind nicht ersichtlich. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin hier mit der von ihr beanspruchten Dosierung das durch die Listenposition vorgegebene Anwendungsgebiet verlassen hat. Denn Zulassung bzw. Listenposition beziehen sich auf das Anwendungsgebiet "Traditionell angewendet zur Besserung des Befindens bei Erschöpfungszuständen und zur Stärkung". Dafür, dass bezogen auf dieses spezifische Anwendungsgebiet die Dosierung das Anwendungsgebiet verlässt, ist nichts ersichtlich. Die Dosierungshinweise der Monographie zu Vitamin B.1 (BAnz Nr. 131 vom 21.7.1987) beziehen sich nicht auf das hier von der Beklagten zugestandene Anwendungsgebiet. Auch die Dosierungsangaben des Vitamin-Kombinationsmusters "Wasser und fettlösliche Vitamine in fixer Kombination" (BAnz. Nr. 166 vom 2.9.1995), des Mustertextes "Fett- und wasserlösliche Vitamine in fixer Kombination" vom 10.8.1999 (überarbeitet am 15.4.2002) und der Empfehlungen der DGE und BfR beziehen sich nicht auf das hier in der Listenposition zugestandene und dann auch zugelassene Anwendungsgebiet "Besserung des Befindens bei Erschöpfungszuständen und zur Stärkung". Vielmehr geht es in den dort genannten Fällen nur um eine Dosierung, die sich - überwiegend und soweit hier erheblich - auf eine Prävention von Vitaminmangelzuständen bezieht.

Zum anderen ist nicht ersichtlich - geschweige denn belegt -, dass dem streitgegenständlichen Arzneimittel hinsichtlich der Dosierung die therapeutische Wirkung fehlt oder das es nicht unbedenklich ist; auch ein Erschütterung des Anscheins der therapeutischen Wirkung und der Unbedenklichkeit liegt nicht vor (vgl. § 105 Abs. 4f Satz 1 AMG i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4. 1. Alt., Nr. 5 AMG). Das Arzneimittel befindet sich jedenfalls seit 1959 mit großer Verbreitung im Verkehr, von schädlichen Wirkungen wurde bislang nichts berichtet.

Vgl. zu dem Verbreitungsmaßstab auch als Grundlage für die Beurteilung der Bedenklichkeit BVerwG, a.a.O.; OVG Berlin, Urteil vom 16.9.1999 - 5 B 34.97 -, juris.

Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass sowohl nach der Stellungnahme des BfR als auch nach der Stellungnahme der DGE Vitamin B1 selbst in hohen Dosen nur in geringem Maß toxisch ist bzw. nachteilige Wirkungen hoher Dosen von Thiamin aus Supplementen (z.B. 20-200 mg pro Tag) nicht bekannt sind.

Zur weitgehend fehlenden Toxizität bzw. fehlenden Bekanntheit von nachteiligen Wirkungen auch bei hohen Dosen von Vitamin B1 BfR, Verwendung von Vitaminen in Lebensmitteln, 2004, S. 119 und 123; DGE, Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, 2000, S. 103. Vgl. auch die "Opinion of the Scientific Committee on Food on the Tolerable Upper Intake Level of Vitamin B1" des Scientific Committee on Food" vom 16.7.2001 unter 5.

Die von der Beklagten zu den Vitaminen B.6 und E geäußerten Bedenken ändern an dem Gesagten nichts. Vitamin B.6 ist in dem streitgegenständlichen Arzneimittel nicht enthalten. Dass die Dosierung des Vitamin E in dem streitgegenständlichen Arzneimittel bedenklich ist, wird auch von der Beklagten nicht vorgetragen.

Ende der Entscheidung

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