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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 11.05.2009
Aktenzeichen: 13 A 678/08
Rechtsgebiete: EG-Recht-ÜberleitungsVO, AMG


Vorschriften:

EG-Recht-ÜberleitungsVO § 2 Nr. 2 Anlage 3
EG-Recht-ÜberleitungsVO § 4
AMG § 22 Abs. 3
AMG § 28 Abs. 2
AMG § 28 Abs. 2 Nr. 3
AMG § 28 Abs. 2 Satz 3
AMG § 36 Abs. 1
AMG § 105 Abs. 3a Satz 2 Nr. 5
AMG § 105 Abs. 4a
Die Anfechtungsklage gegen die in einer arzneimittelrechtlichen Auflage verfügten Gegenanzeigen für Kinder unter 2 Jahren und Stillende ist unzulässig, soweit sie die in der Auflage zum Ausdruck kommende Teilablehnung des Antrags auf Verlängerung der Zulassung (Nachzulassung) betrifft.

Das Erlöschen der fiktiven Zulassung führt dazu, dass eine fehlerhaft erteilte Nachzulassung nicht im Wege der Verpflichtungsklage erweitert werden kann und die Verpflichtung der Beklagten zu einer weitergehenden Bewilligung ausgeschlossen ist.


Tatbestand:

Das als Gesundheitspflegemittel bezeichnete Produkt war unter dem Namen F. in das beim Ministerium für Gesundheitswesen der DDR geführte Register eingetragen worden. Im Jahr 1991 beantragte die Klägerin bei dem seinerzeit zuständigen Bundesgesundheitsamt (BGA) die Verlängerung der Zulassung für das Arzneimittel gemäß § 2 Nr. 2, Anlage 3, Kapitel II, § 4 der EG-Recht-Überleitungsverordnung vom 18.12.1990 (BGBl. I S. 2915). Sie zeigte im Jahr 1994 eine Änderung der arzneilich wirksamen Bestandteile pro 100 g in 10 g Eukalyptusöl DAB 10 und 3 g Kiefernnadelöl DAB 10 und gab an, es erfolge eine Anpassung an die Monographie "Fixe Kombinationen aus Eukalyptusöl und Kiefernnadelöl". Die Bezeichnung des Arzneimittels wurde in "F. (r)-Balsam S" geändert. Der Anzeige war eine Fachinformation beigefügt, in der die Anwendungsgebiete wie folgt bezeichnet wurden: "F. (r)-Balsam S" dient der unterstützenden Behandlung von Infektionen der oberen Luftwege, besonders Bronchitiden, leichten Fällen von Laryngitis und Pharyngitis, Rhinitiden sowie Reizzuständen der oberen und tieferen Luftwege verschiedener Genese." Des Weiteren war als Art der Anwendung neben Einreibung und Dampfinhalation ein Vollbad angegeben. Im Januar 2001 beantragte die Klägerin die Verlängerung der Zulassung nach § 105 Abs. 4a AMG i. V. m. § 22 Abs. 3 AMG. In der beigefügten Fachinformation war als Gegenanzeige unter anderem Asthma bronchiale und Keuchhusten aufgeführt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) übersandte der Klägerin eine medizinische Stellungnahme und gab ihr Gelegenheit, den dort genannten Mängeln innerhalb von 6 Monaten abzuhelfen. Die Klägerin legte dem BfArM ein Mängelbeseitigungsschreiben und den Abschlussbericht einer Anwendungsbeobachtung vor. Die Badeanwendung wurde von der Klägerin gestrichen. Zu der vom BfArM angekündigten absoluten Gegenanzeige für Kinder unter 2 Jahren führte die Klägerin aus: Eine derartige Beschränkung sei in der Monographie "Fixe Kombination aus Eukalyptusöl und Kiefernnadelöl" nicht niedergelegt.

Das BfArM verlängerte die Zulassung für das Arzneimittel und verband diese mit Auflagen. Unter anderem ist nach der Auflage A.13 a. in der Gebrauchs- und Fachinformation unter Gegenanzeigen die Auflistung um die Punkte "bei Kindern bis zum vollendeten 2. Lebensjahr" und "in der Stillzeit" zu ergänzen. Gemäß Auflage A.13 b. ist in der Gebrauchs- und Fachinformation zu dem Punkt "Was müssen Sie in der Schwangerschaft und Stillzeit beachten" der vorhandene Text zu streichen und unter der Überschrift "Was müssen Sie in der Schwangerschaft beachten" der in der Auflage formulierte Text zu übernehmen. In der Auflage A.13 c. wird verfügt, dass in der Gebrauchs- und Fachinformation die von der Klägerin beantragten Texte, die sich auf Kinder unter 2 Jahren beziehen, zu streichen sind. Gemäß Auflage A.15 ist in der Gebrauchs- und Fachinformation unter "Dosierungsanleitung, Art und Dauer der Anwendung" und "Dosierung mit Einzel- und Tagesangaben" der vorhandene Text zu streichen und der in der Auflage formulierte Text zu übernehmen.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin (unter anderem) die Aufhebung der Auflagen A.13 und A.15. Durch Bescheid fasste das BfArM die Auflage A.15 neu und sah in dem verfügten Text eine Dampfinhalation erst für Kinder ab 6 Jahren vor; außerdem wurde die Einzeldosis bei Dampfinhalation geändert. Zur Begründung führte es aus, die Inhalation halbfester Zubereitungen über Wasserdampf sei aus Gründen der Patientensicherheit erst für Kinder ab 6 Jahren zu akzeptieren. Durch einen weiteren Änderungsbescheid 2006 gestattete das BfArM die Anwendung des Inhalators für die Dampfinhalation.

Zur Begründung der Klage trug die Klägerin vor: Das BVerwG habe klargestellt, dass es sich bei einem Anwendungsausschluss für eine bestimmte Personengruppe um eine anfechtbare Auflage handele, die weder nach § 28 Abs. 2 AMG noch nach § 36 Abs. 1 VwVfG zulässig sei. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass der Bescheid keine Aussage über die Dosierung für diese Altersgruppe treffe. Die Klägerin habe die Streichung der Dosierung für Kinder unter zwei Jahren angefochten. Eine Gegenanzeige für Kinder unter zwei Jahren sei sachlich auch nicht gerechtfertigt. Ebenfalls sei eine absolute Kontraindikation während der Stillzeit nicht erforderlich. Eine Dampfinhalation mit einem Inhalator sei für Kinder ab 2 Jahren bei einer Überwachung durch einen Erwachsenen durchaus möglich. Unfälle seien bisher nicht bekannt geworden und bei einer Überwachung durch Erwachsene auch nicht zu erwarten.

Das VG stellte das Verfahren, soweit es in der Hauptsache für erledigt erklärt worden war, ein und wies die Klage im Übrigen unter Zulassung der Berufung. Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg.

Gründe:

1. Die Klage ist hinsichtlich der Antrags zu 1, der die Anfechtung der Auflage A.13 betrifft, teilweise unzulässig.

Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft, soweit sie unmittelbar gegen die Auflage A.13 gerichtet ist. Im Übrigen steht eine Teilversagung der Verlängerung der Zulassung ohne die streitigen Einschränkungen in Rede; insoweit ist die Anfechtungsklage unzulässig.

Die "Auflage" A.13 enthält zwei von einander zu unterscheidende Regelungen, von denen eine die "Zulassungsebene" betrifft, während die andere sich als "echte" Auflage darstellt, mit der Folge, dass hier (Teil-)Verpflichtungsklage und (isolierte) Anfechtungsklage nebeneinander zulässig sind. In erster Linie enthält dieser Teil der "Auflage" A.13 - konkludent - eine Teilversagung hinsichtlich der Anwendung des Arzneimittels bei den genannten Personengruppen. Charakteristisch ist in Fällen der vorliegenden Art die rechtliche Verengung bei der Bescheidung der beantragten Vergünstigung. Diese ist indes rechtmäßig (dazu nachfolgend unter 3.). Darüber hinaus liegt auch eine "echte" Auflage hinsichtlich der Gestaltung der Gebrauchs- und Fachinformation vor. Diese ist ebenfalls rechtmäßig (dazu im Folgenden unter 1.).

Bei dem von der Beklagten geforderten Hinweis, dass das streitgegenständliche Arzneimittel bei Kindern unter 2 Jahren und bei Stillenden nicht angewendet werden dürfe, handelt es sich unstreitig um die Angabe von Gegenanzeigen. Gegenanzeigen beschreiben Umstände, bei deren Vorliegen das Arzneimittel nicht, nur eingeschränkt oder nur unter besonderen Voraussetzungen angewendet werden darf. Sie sind damit das Gegenstück zur Festlegung der Indikationen, die den Einsatzbereich eines Arzneimittels bezeichnen, was auch durch das gebräuchliche Synonym "Kontraindikationen" zum Ausdruck kommt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11.2.2009 - 13 A 2150/06 -, juris.

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Anordnung jedenfalls solcher Gegenanzeigen, die ganze Personengruppen von der Anwendung des Arzneimittels ausschließen, auf der Zulassungsebene selbst erfolgen muss, also nicht zum Gegenstand einer mit der Zulassung verbundenen selbständigen Auflage gemacht werden darf. Denn die Festlegung der Anwendungsgebiete und damit auch diejenige von Kontraindikationen ist das zentrale Element der Zulassungsentscheidung. Die Wirksamkeit und das Nutzen-Risiko-Verhältnis als wesentliche Zulassungsvoraussetzungen lassen sich nur bezogen auf ein bestimmtes Anwendungsgebiet beurteilen. Die Bedeutung einer Gegenanzeige, die eine ganze Personengruppe von der Anwendung ausschließt, ist für den pharmazeutischen Unternehmer und auch für die auf das Arzneimittel angewiesene Bevölkerung von gleichem Gewicht wie die Abgrenzung der Anwendungsgebiete.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.6.2007 - 3 C 39.06 -, NVwZ-RR 2007, 776; OVG NRW, Urteile vom 27.9.2005 - 13 A 4090/03 -, PharmaR 2005, 497, und - 13 A 4378/03 -, A&R 2006, 128.

Vor diesem Hintergrund ist die Auflage A.13 nicht nur als eine die Gestaltung der Informationstexte betreffende Auflage, sondern zugleich auch als eine (konkludente) Teilversagung der Nachzulassung hinsichtlich der betreffenden Personengruppen, also als eine Regelung auf der Zulassungsebene, anzusehen. Bei der Auslegung des Regelungsgehalts eines Verwaltungsakts ist auf den Empfängerhorizont, also darauf abzustellen, wie Adressaten und Drittbetroffene ihn nach Treu und Glauben verstehen müssen oder dürfen. Insoweit ist festzustellen, dass der angeordnete Hinweis aus Sicht der Anwender und Ärzte und damit auch aus Sicht des pharmazeutischen Unternehmers nur - wie oben ausgeführt - als Einschränkung des für die Anwendung in Betracht kommenden Personenkreises, also als Gegenanzeige, verstanden werden kann, was letztlich wohl auch dem Willen des BfArM entspricht. Dass sich die Auflage A.13 formal nur auf die Gestaltung der Informationstexte bezieht, steht der Annahme einer Regelung auf der Zulassungsebene, also einer Teilversagung, nicht entgegen.

Vgl. bereits OVG NRW, Urteile vom 6.9.2007 - 13 A 4643/06 -, A&R 2007, 279, und - 13 A 4644/06 -, juris, Beschluss vom 21.6.2008 - 13 A 1096/06 -, juris, Urteil vom 11.2.2009 - 13 A 385/07 -, juris, (jeweils hinsichtlich anderer Bestandteile der Zulassungsentscheidung); anders in Bezug auf Gegenanzeigen noch OVG NRW, Urteile vom 27.9.2005 - 13 A 4090/03 und 13 A 4378/03 -, a. a. O.; anders wohl auch BVerwG, Urteil vom 21.6.2007 - 3 C 39.06 -, a. a. O.

Auf den S. 1 bis 3 des Nachzulassungsbescheids ist entsprechend der ständigen Verwaltungspraxis des BfArM der Zulassungsinhalt nur torsohaft geregelt. Denn es fehlen dort etwa Angaben zur Dosierung und zu den Gegenanzeigen. Diese Angaben gehören jedoch zu den unverzichtbaren Kernbestandteilen der Zulassung; ohne sie kann eine (Nach-) Zulassung weder beantragt (§ 105 Abs. 4 Satz 1 und 2 i. V. m. § 22 Abs. 1 AMG) noch erteilt werden. In Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel vom 6.11.2001 ist außerdem vorgesehen, dass dem Unternehmer bei der Erteilung der Genehmigung die von der Zulassungsbehörde genehmigte "Zusammenfassung der Merkmale des Erzeugnisses", die gemäß Art. 11 Satz 1 Nr. 4.3 der Richtlinie unter anderem auch Gegenanzeigen umfasst, mitgeteilt wird.

Von diesen Erwägungen ausgehend ist der Hauptantrag zu 1. rechtlich wie folgt zu bewerten:

Die Anfechtungsklage gegen die in der Auflage A.13 verfügten Gegenanzeigen für Kinder unter 2 Jahren und Stillende ist unzulässig, soweit sie die in der Auflage A.13 zum Ausdruck kommende Teilablehnung des Antrags der Klägerin auf Verlängerung der Zulassung (Nachzulassung) betrifft. Zu Recht ist das VG von der grundsätzlichen Unzulässigkeit einer solchen Klage ausgegangen, da bei unverändertem Klageziel kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, an Stelle der Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage die isolierte Anfechtungsklage zu wählen.

Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 7.9.1987 - 6 C 30.86 -, BVerwGE 78, 93 = NVwZ 1988, 61.

Besondere Gründe, die eine isolierte Anfechtung rechtfertigen könnten, hat das VG zu Recht nicht angenommen.

Zu den Voraussetzungen eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses für eine isolierte Anfechtungsklage vgl. Kötters, in: Posser/Wolff, VwGO, § 42 Rn. 47.

Die Anfechtungsklage gegen die in der Auflage A.13 a. weiterhin enthaltenen Regelungen, die die Teilversagung für Kinder unter 2 Jahren und Stillende in die Gebrauchs- und Fachinformation vollziehen und umsetzen, ist zulässig, allerdings nicht begründet. Diese Auflage ist rechtmäßig. Das BfArM kann gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG durch Auflage anordnen, dass die Informationstexte den eingereichten Unterlagen entsprechen. Da die Anordnung gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG mit dem Zulassungsinhalt (nachfolgend unter 3.) korrespondiert, ist - wie das VG zu Recht aufgeführt hat - auf die eingereichten Unterlagen in der genehmigten Form abzustellen. Die in der Auflage A.13 b. und c. verfügten Änderungen der Gebrauchs- und Fachinformation gründen sich demnach ebenfalls auf § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG.

2. Der Antrag zu 2., mit dem sich die Klägerin gegen die in der Auflage A.15 des Nachzulassungsbescheids in der Fassung des Änderungsbescheids getroffenen Regelungen wendet, ist gleichfalls teilweise unzulässig und teilweise unbegründet. Nach dieser Auflage ist eine Anwendung des Arzneimittels mittels Inhalators für Kinder unter 6 Jahren ausgeschlossen und die entsprechende Dosierung gestrichen worden. Da in den auf den S. 1 bis 3 des Bescheids genannten Merkmalen die Art der Anwendung nicht erwähnt ist, enthält auch die Auflage A.15 aus den oben ausgeführten Gründen eine konkludente Teilablehnung des Antrags der Klägerin, soweit die Streichung einer Anwendungsart für eine bestimmte Personengruppe in Rede steht. Es handelt sich - wie bei den Gegenanzeigen - um ein Weniger gegenüber dem von der Klägerin gestellten Antrag. Diese Teilversagung kann nicht mit der Anfechtungsklage angefochten werden. Hinsichtlich der in der Auflage A.15 verfügten Änderungen der Informationstexte ist die Anfechtungsklage zulässig, aber unbegründet. Diese Änderungen sind gemäß § 28 Abs. 2 Satz 3 AMG rechtmäßig, weil sie die Teilablehnung in die Informationstexte umsetzen.

3. Auch die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage, die Nachzulassung ohne Gegenanzeigen für Kinder unter zwei Jahren und Stillende sowie mit der Anwendungsart Dampfinhalation mittels Inhalators bei Kindern von 2 bis 5 Jahren zu erteilen, bleibt ohne Erfolg. Der Hilfsantrag ist nicht begründet. Die Teilablehnung der Nachzulassung ist rechtmäßig.

Ein Anspruch auf Verlängerung der Zulassung über das vom BfArM Gewährte hinaus besteht mangels fiktiver Zulassung nicht. Das Arzneimittel ist im Zuge der Änderungsanzeige vom 8.12.1994 nicht an die Monographie "Fixe Kombinationen aus Eukalyptusöl und Kiefernnadelöl" angepasst worden. Die fiktive Zulassung des Arzneimittels erstreckt sich nicht auf das geänderte Arzneimittel, weil die im Dezember 1994 angezeigte Änderung den durch § 105 Abs. 3a Satz 2 Nr. 5 AMG in der auch insoweit maßgeblichen, vgl. BVerwG, Urteile vom 21.5.2008 - 3 C 14.07 -, a. a. O., und vom 21.5.2008 - 3 C 15.07 -, A&R 2008, 184, im Zeitpunkt der Änderung geltenden Fassung des Fünften Änderungsgesetzes gesteckten Rahmen überschritten hat. Das geänderte Arzneimittel bedurfte daher mangels fortbestehender fiktiver Zulassung einer Neuzulassung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.5.2008 - 3 C 14.07 -, a. a. O., sowie OVG NRW, Beschluss vom 27.8.2008 - 13 A 4034/05 -, a. a. O.

Die fiktive Zulassung umfasste nur das Arzneimittel in der Form zum Zeitpunkt ihrer Entstehung oder in einer später zulässig geänderten Form. Die erteilte Nachzulassung für das Arzneimittel gründet sich daher nicht auf eine verlängerte fiktive Zulassung. Die Nachzulassung ist ungeachtet ihrer Rechtmäßigkeit indessen rechtswirksam und in Bestandskraft erwachsen. Das Erlöschen der fiktiven Zulassung führt jedoch dazu, dass die fehlerhaft erteilte Nachzulassung nicht im Wege der Verpflichtungsklage erweitert werden kann und die Verpflichtung der Beklagten zu einer weitergehenden Bewilligung ausgeschlossen ist.

Vgl. auch VG Köln, Urteil vom 20.1.2006 - 18 K 9912/03 -, juris.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dieses materiell-rechtliche Ergebnis nicht von der als statthaft angesehenen Klageart abhängt. Auch wenn gegen die Nebenbestimmungen, wie es die Klägerin für zutreffend hält, allein die isolierte Anfechtungsklage statthaft wäre, ergäbe sich in der materiell-rechtlichen Bewertung kein Unterschied. Ob eine solche Klage zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt nämlich davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.6.2007 - 3 C 39.06 -, a. a. O.

So kann es hier aber von vornherein nicht liegen, da die fiktive Zulassung, wie nachstehend ausgeführt wird, erloschen war.

Die Klägerin beruft sich im Rahmen ihrer Änderungsanzeige vom Dezember 1994 auf die Aufbereitungsmonographie "Fixe Kombinationen aus Eukalyptusöl und Kiefernnadelöl" (vgl. § 25 Abs. 7 AMG), bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 14.7.1993 (Nr. 128). Es fehlt jedoch an einer "Anpassung" an diese Monographie. Die Forderung, das Arzneimittel "insgesamt" an die Aufbereitungsmonographie anzupassen, kann, wie nunmehr durch das BVerwG entschieden ist, Urteil vom 21. Mai 2008 - 3 C 14.07 -, a. a. O., nur dahin verstanden werden, dass die Monographie vollständig zu übernehmen ist. Eine Übernahme unter Modifikationen läuft der gesetzgeberischen Intention zuwider, das BfArM zu entlasten und die Verzögerungen bei der Bearbeitung der Nachzulassungsverfahren zu reduzieren. Denn im Falle derartiger Modifikationen wäre das BfArM über den bloßen Abgleich des Wortlauts der Änderungsanzeige mit dem Text der Aufbereitungsmonographie hinaus gezwungen, in eine inhaltliche Prüfung einzusteigen. Es reicht daher nicht aus, wenn nur "die charakteristischen und wesentlichen Grundaussagen der Monographie beibehalten werden".

Vgl. zum Problem der vollständigen Anpassung an die Monographie auch OVG NRW, Beschluss vom 15. Juli 2008 - 13 A 1707/05 -, A&R 2008, 238.

Eine vollständige Übernahme der Monographie hat nicht stattgefunden. Die Klägerin ist sowohl hinsichtlich der Anwendungsgebiete und der Art der Anwendung von dieser Monographie abgewichen. Wie bereits das VG ausgeführt hat, wird das beanspruchte Anwendungsgebiet "Reizzustände der oberen und tieferen Luftwege verschiedener Genese" von dem in der Monographie genannten Anwendungsgebiet "Zur Inhalation und äußeren Anwendung bei Erkältungskrankheiten der Luftwege" nicht erfasst. Außerdem nennt die Monographie nicht die von der Klägerin seinerzeit vorgesehene Anwendung mittels eines Vollbads.

Ende der Entscheidung

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