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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 13.08.2003
Aktenzeichen: 13 B 201/03
Rechtsgebiete: EWG-Richtlinie 89/104, LMBG


Vorschriften:

EWG-Richtlinie 89/104
LMBG § 31
Die Abgabe von Farbe durch an Party-Pickern angebrachte Papier-Schirmchen auf Lebensmittel rechtfertigt in Deutschland ein Verkehrsverbot.
Gründe:

Die Beschwerde betreffend den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg. Allerdings teilt auch der Senat die Zweifel der Antragsbegründung, ob im vorliegenden Fall, da es um keine Gesundheitsgefahr durch die "Party-Picker C." ging, die an sich nur ausnahmsweise vorzunehmende Anordnung der sofortigen Vollziehung gerechtfertigt war.

Jedoch führt dies nicht zu einer Aussetzung der Vollziehung. Auch wäre die mangelnde Gesundheitsgefährdung nur ein Gesichtspunkt im Rahmen einer allgemeinen Interessenabwägung. Diese ist hier aber nicht vorzunehmen, da sich die Ordnungsverfügung in der Gestalt des Widerspruchbescheides im Lichte der Beschwerdebegründung und nach der heutigen Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig erweist. Bei diesem nur den Gerichten bei der Prüfung nach § 80 Abs. 5 VwGO, nicht aber auch den Behörden zustehenden Prüfungsmaßstab entfällt eine allgemeine Interessenabwägung, weil - von seltenen Ausnahmen abgesehen - in dieser Situation so gut wie nie ein privates Interesse an der Aussetzung der Vollziehung einer offensichtlich rechtmäßigen Ordnungsverfügung gegenüber dem öffentlichen Interesse überwiegt. Das BVerfG, Beschluss vom 15.2.1982 - 2 BvR 1492/81 -, BayVBl. 1982, 277, hat insoweit entschieden, es sei von der Verfassung her nicht zu beanstanden, wenn die Gerichte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dann ablehnen, "wenn sie den angegriffenen Verwaltungsakt auf Grund näherer Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht als offensichtlich rechtswidrig erachten, vielmehr zu dem Ergebnis gelangen, er sei aller Voraussicht nach rechtmäßig und mithin würden die vom Beschwerdeführer in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfe erfolglos bleiben."

In der Sache selbst entfallen die immerhin möglichen Zweifel, ob das "Ausbluten" der Schirmchen an den Pickern bei den beiden vorgenommenen Versuchsanordnungen entsprechend der Empfehlung XXXVI "Papiere, Kartons und Pappen für den Lebensmittelkontakt" des BgVV vom 1.1.2002 ausreicht, um auch den Übergang der Farbstoffe auf Käse oder sonstige Lebensmittel bejahen zu können. Sie spielen aus der Sicht des Senats keine Rolle mehr, nachdem die von der Antragstellerin selbst beauftragte T. GmbH unter dem 11.11.2002 eingeräumt hat, dass ein "Überwandern" der Farbe erfolgt. Diese Einschätzung wird unterstützt durch die Feststellung, die Empfehlung an den Hersteller, künftig sein Produkt in der Weise zu verbessern, dass optische Aufheller auch bei nicht bestimmungsgemäßem, also allenfalls vorhersehbarem Gebrauch nicht auf das Lebensmittel übergehen könnten, sei ausgesprochen worden, weil dadurch dem § 31 LMBG "vollständig Rechnung getragen" werde. Auch das Gutachten des Dipl.-Chemikers Dr. M. vom 6.2.2003 hält zwar die Ordnungsverfügung "für überzogen und unverhältnismäßig", empfiehlt aber doch einen Hinweis an den Hersteller, "dass in Deutschland gemäß § 31 LMBG technische Hilfsmittel - selbst, wenn sie gesundheitlich unbedenklich sind - nicht auf Lebensmittel übergehen dürfen, soweit dies technisch vermeidbar ist." Wie der Gutachter an anderer Stelle zu der Feststellung kommt, der Kontakt zwischen dem Papier und den Lebensmitteln sei allenfalls nur sehr kurzzeitig und sicherlich nicht mit dem Übergang nennenswerter Substanzmengen an Weißtönern verbunden, ist nicht ersichtlich. Ebenso wenig wird klar, was er im Anschluss an diese Aussage mit dem Satz ausdrücken will "Diese Beurteilung wird nicht durch die der Beanstandung zu Grunde liegenden Gutachten widerlegt, da dort von einer Kontaktzeit von immerhin zehn Minuten die Rede ist." Zu einem (mindestens) zehnminütigem Kontakt kann es ohne weiteres kommen, wobei die Erfahrung des Senats dahin geht, dass dieser Kontakt nicht untypisch ist.

Dass europarechtlich durch die Richtlinie des Rates 89/109/EWG vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, ABl. (1989) Nr. 40/38, (RL), ein Eingreifen nur rechtfertigen würde, wenn die menschliche Gesundheit gefährdet oder eine unvertretbare Veränderung der Zusammensetzung oder eine Beeinträchtigung der organoleptischen Eigenschaften der Lebensmittel herbeigeführt werden könnten (Art. 2 RL), ist unerheblich, solange nicht die einzelstaatlichen Bestimmungen durch Einzelrichtlinien abgelöst werden (Art. 7 RL).

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