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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 18.06.2009
Aktenzeichen: 13 B 482/09
Rechtsgebiete: RettG NRW, VwGO


Vorschriften:

RettG NRW § 19 Abs. 1 Nr. 2
RettG NRW § 19 Abs. 3 Satz 1
RettG NRW § 19 Abs. 4
RettG NRW § 26 Abs. 1 Satz 2
RettG NRW § 27 Abs. 1 Satz 1
VwGO § 80 Abs. 5 Satz 1
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 1
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
Unternehmen im Sinne des Rettungsgesetzes sind nach § 27 Abs. 1 Satz 1 RettG NRW verpflichtet, der zuständigen Ordnungsbehörde eine aussagekräftige Einsatzdokumentation zu überlassen, damit die Einhaltung der rettungsrechtlichen Vorschriften überwacht werden kann. Ein Verstoß gegen diese Mitwirkungspflicht begründet nach erfolgloser Mahnung Zweifel an der Zuverlässigkeit des Unternehmens und seiner Geschäftsführung.

Die schriftliche Mahnung nach § 26 Abs. 1 Satz 2 RettG NRW dient der Erinnerung und Warnung des Unternehmens, die Vorgaben dieser Vorschrift in Zukunft zu beachten. Die Ordnungsbehörde muss dem Unternehmen das rechtswidrige Fehlverhalten deshalb hinreichend bestimmt und konkret vorhalten, damit es Gelegenheit erhält, den Beschwerden abzuhelfen und weitere gleichartige Verstöße zu vermeiden. Dem Unternehmen muss ein (bestimmtes und hinreichend konkretisiertes) Fehlerverhalten allerdings grundsätzlich nur einmal vorgehalten werden, so dass nicht jeder weitere gleichartige Verstoß, um ihn berücksichtigen zu können, wiederum einer eigenständigen Mahnung bedarf.

Eine ursprünglich berechtigte Mahnung kann durch Zeitablauf gegenstandslos werden, wenn das Unternehmen nach der Mahnung für einen längeren Zeitraum einwandfrei geführt wird. In diesem Fall ist es der Ordnungsbehörde verwehrt, sich auf früher abgemahnte Pflichtverstöße des Unternehmens zu berufen.


Tatbestand:

Die Antragstellerin nimmt seit Jahrzehnten Aufgaben der Notfallrettung und des Krankentransports im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners wahr. Ihre Anträge auf Wiedererteilung auslaufender und Neuerteilung zusätzlicher Genehmigungen nach § 18 Satz 1 RettG NRW wurden in den Jahren 2003 und 2004 mehrfach wegen Unzuverlässigkeit des Unternehmens und seiner Geschäftsführung abgelehnt. Dagegen erhobene Rechtsmittel blieben ohne Erfolg. Gleichwohl erteilte der Antragsgegner der Antragstellerin Ende 2007 erneut eine bis zum 5.5.2009 befristete rettungsrechtliche Genehmigung. Nachdem die Antragstellerin und ihre Mitarbeiter weitere Verstöße gegen das Rettungsgesetz begangen hatten, widerrief der Antragsgegner im Oktober 2008 die Genehmigung und gab der Antragstellerin auf, die Notfallrettung und den Krankentransport in seinem Zuständigkeitsbereich einzustellen. Die sofortige Vollziehung dieser Regelungen wurde angeordnet. Den hiergegen gerichteten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung lehnte das VG ab. Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ordnungsverfügung vom 18.11.2008 ist statthaft. Dies gilt auch - allein das ist hier fraglich - in Bezug auf den in Ziffer 1 des Bescheidtenors verfügten Widerruf der Genehmigung vom 25.11.2007. Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann sich zulässigerweise zwar nur auf einen (belastenden) Verwaltungsakt beziehen, der sich noch nicht im Sinne von § 43 Abs. 2 VwVfG NRW erledigt hat.

Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 80 Rn. 130, m. w. N.; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 4. Aufl. 2007, § 80 Rn. 66.

Der hier in Rede stehende Widerruf hat sich aber nicht erledigt, weil von ihm noch Rechtswirkungen ausgehen. Die Genehmigung vom 25.11.2007 wurde zwar nur befristet bis zum 5.5.2009 erteilt, so dass es ihres Widerrufs für die Zeit ab dem 6.5.2009 nicht bedarf. Für die Zeit bis zum 5.5.2009 beansprucht der Widerruf indessen weiterhin Geltung. Zum einen bildet er nach wie vor die rechtliche Grundlage für die im streitigen Bescheid (unter Androhung eines Zwangsgeldes) verfügte Betriebsuntersagung, die sich auch auf die Zeit vor dem 6.5.2009 bezieht und deshalb auch insoweit eine nicht (mehr) genehmigte Tätigkeit im Bereich des Rettungswesens voraussetzt. Zum anderen hängt vom Bestand des Widerrufs ab, ob dem erneuten Genehmigungsantrag, den die Antragstellerin mit Schreiben vom 17.4.2009 gestellt hat, die sog. Funktionsschutzklausel des § 19 Abs. 4 Satz 1 RettG NRW entgegengehalten werden kann, oder ob ein Fall der Wiedererteilung einer abgelaufenen Genehmigung gemäß § 19 Abs. 6 RettG NRW gegeben ist, weil der Widerruf unwirksam ist.

Die Antragstellerin hat auch ein rechtlich schützenswertes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO, weil es ihr bei Berücksichtigung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und Art. 12 Abs. 1 GG nicht zuzumuten ist, die Frage der Vollziehbarkeit des Widerrufs der Genehmigung erst im Hauptsacheverfahren klären zu lassen, das sich unter Umständen noch mehrere Jahre hinziehen kann.

Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das Beschwerdevorbringen der Antragsstellerin, über das der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur im Rahmen der fristgerechten Darlegungen befindet, gibt keinen Anlass, dem Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die streitige Ordnungsverfügung stattzugeben.

Das VG hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragstellerin aus. Der Widerruf der Genehmigung vom 25.11.2007 sei offensichtlich rechtmäßig, weil die Antragstellerin nicht zuverlässig sei. Sie habe ihre Mitwirkungspflichten verletzt, weil sie die Dokumentation der in der jüngeren Vergangenheit unternommenen Einsätze trotz Aufforderung nicht vorgelegt habe. Darüber hinaus habe sie in den letzten Jahren regelmäßig Krankenkraftwagen eingesetzt, die vom Antragsgegner nicht genehmigt worden seien. Schließlich hätten sich auch die genehmigten Fahrzeuge in desolatem Zustand befunden. Diese Verstöße habe die Antragstellerin fortgesetzt begangen, obwohl sie in einem früheren Widerrufsverfahren bereits hinreichend vor den möglichen Konsequenzen anhaltender Rechtsverstöße gewarnt worden sei. Die Aufforderung, den Betrieb einzustellen und die Genehmigungsurkunde zurückzugeben, sei deshalb ebenfalls nicht zu beanstanden. Wegen der vorgenannten Verstöße und der daraus resultierenden Gefahren für Patienten überwiege auch im Übrigen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Widerrufs und der Betriebsuntersagung. Die Zwangsgeldandrohung sei schließlich ebenfalls offensichtlich rechtmäßig.

Die dagegen mit der Beschwerde erhobenen Einwände greifen nicht durch.

Dies gilt zunächst, soweit sich die Antragstellerin für zuverlässig hält. Diese Einschätzung trifft nicht zu, denn es bestehen erhebliche Zweifel, dass die Antragstellerin den Betrieb unter Beachtung der für die Notfallrettung und den Krankentransport geltenden Vorschriften führen und dabei die Allgemeinheit vor Schäden und Gefahren bewahren kann (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 RettG NRW). Dazu hat das VG unter Wiedergabe der Senatsrechtsprechung zum Zuverlässigkeitsmaßstab zutreffend dargelegt, dass die Antragstellerin seit dem Jahr 2003 und insbesondere auch in der jüngeren Vergangenheit in zahlreichen, im Einzelnen dokumentierten Fällen die dem Schutz der beförderten (Notfall-)Patienten dienenden Vorschriften des Rettungsgesetzes grob missachtet und diesen Personenkreis dadurch unkalkulierbaren Gefahren ausgesetzt hat.

So hat das VG zunächst schlüssig geschildert und belegt, dass sich die Antragstellerin seit dem Jahr 2003 ihren rettungsrechtlichen Mitwirkungspflichten - zum Beispiel - dadurch entzogen hat, dass sie die Dokumentation ihrer Einsatzfahrten regelmäßig nicht oder nicht vollständig vorgelegt hat, obwohl sie dazu vom Antragsgegner wiederholt aufgefordert worden ist. Dieses Verhalten verstößt nicht nur gegen die entsprechende Nebenbestimmung der Genehmigung vom 25.11.2007, sondern es begründet zugleich eine schwerwiegende Verletzung der unmittelbar aus § 27 Abs. 1 Satz 1 RettG NRW herzuleitenden Verpflichtung des Unternehmers, der zuständigen Ordnungsbehörde die erforderlichen Daten zur Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften des Rettungsgesetzes zu überlassen.

Vgl. Prütting, RettG NRW, 3. Aufl. 2000, § 27 Rn. 7; Fehn/Kupfer, in: Steegmann, Recht des Feuerschutzes und des Rettungsdienstes in NRW, Stand Januar 2009, § 27 RettG NRW Rn. 7 ff.; Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung vom 6.2.1992, LT-Drucks. 11/3181, S. 62.

Auf die Vorlage dieses Datenmaterials ist der Antragsgegner angewiesen, weil er nur auf der Grundlage der genannten Unterlagen effektiv und umfassend überprüfen kann, ob die Antragstellerin die rettungsrechtlichen Vorschriften wahrt. Nur anhand der Einsatzprotokolle lassen sich etwa hinreichend zuverlässige Feststellungen über Ort, Zeit und Anlass der unternommenen Krankenfahrten, die dabei eingesetzten Mitarbeiter und Fahrzeuge und über die Durchführung einer gegebenenfalls anschließend angezeigten Desinfektion treffen. Zu einer solchen umfänglichen Kontrolle bestand im Übrigen auch und gerade im Falle der Antragstellerin aller Anlass, weil sie bereits früher nachweislich zahlreiche Verstöße gegen das Rettungsgesetz begangen hatte, indem sie im Rahmen ihrer Tätigkeit - zum Beispiel - entgegen § 4 RettG NRW nicht hinreichend aus- und fortgebildetes Personal und entgegen § 22 Abs. 2 Satz 1 RettG NRW nicht genehmigte Krankenkraftwagen eingesetzt hatte. Fehl geht in diesem Zusammenhang die Behauptung der Antragstellerin, sie habe die Unterlagen nur deshalb nicht vorlegen können, weil dies mit ihrem aktuellen Computerprogramm nicht ohne Weiteres möglich sei. Dieser (unterstellte) Umstand verhilft der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg, weil die Antragstellerin selbstverständlich ungeachtet etwaiger technischer Schwierigkeiten sicherzustellen hat, dass der Aufsichtsbehörde auf deren Anfrage innerhalb eines überschaubaren (kurzfristigen) Zeitraums aussagekräftige Einsatzprotokolle vorgelegt werden können. Dies gilt um so mehr, als der Antragstellerin ihre Mitteilungspflicht seit vielen Jahren bekannt ist, so dass sie den behaupteten Missständen in ihrer Datenverarbeitung entweder schon längst abhelfen oder die Dokumentation auf anderem Wege bereithalten hätte müssen.

Das VG hat die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin ferner zu Recht damit begründet, dass in ihrem Unternehmen seit dem Jahr 2003 in zahlreichen Fällen ungenehmigte Fahrzeuge zur Notfallrettung und/oder zum Krankentransport einsetzt worden sind. Bei dem dadurch begangenen Verstoß gegen § 22 Abs. 2 Satz 1 RettG NRW handelt es sich entgegen dem offenbar bei der Antragstellerin vorherrschenden Verständnis nicht lediglich um eine zu vernachlässigende und bagatellgleiche Verfehlung. Durch das Erfordernis des § 22 Abs. 2 Satz 1 RettG NRW, wonach alle eingesetzten Krankenkraftwagen vor der Inbetriebnahme genehmigt werden müssen, soll vielmehr - für die Ordnungsbehörde überprüfbar - gewährleistet werden, dass nur sichere und hinreichend ausgestattete Krankenkraftwagen eingesetzt werden, um transportbedingte Gefahren für die zu befördernden (Notfall-)Patienten zu vermeiden. Dass es sich insoweit nicht nur um abstrakte und fernliegende Risiken handelt, hat sich in der Vergangenheit gerade am Beispiel der Krankenkraftwagen der Antragstellerin gezeigt, die sich ausweislich der Verwaltungsvorgänge - wie noch näher darzulegen sein wird - schon einmal über einen längeren Zeitraum in desolatem Zustand befunden haben. Die Antragstellerin durfte entgegen ihrer Auffassung auch nicht davon ausgehen, dass der Einsatz ungenehmigter Krankenkraftwagen vom Antragsgegner geduldet werde. Dazu bestand schon deshalb kein Anlass, weil der Antragsgegner in den letzten Jahren mehrmals und unmissverständlich das Gegenteil zum Ausdruck gebracht hat.

Da bereits die vorgenannten Verstöße vorbehaltlich der nachfolgenden Ausführungen zum Erfordernis einer Mahnung - jeweils für sich genommen - die Unzuverlässigkeit begründen, kann dahinstehen, ob auch der weitere Vorwurf des Antragsgegners, die Fahrzeuge der Antragstellerin hätten sich auch zum Zeitpunkt der letzten Betriebsprüfung im Juli 2008 in mangelhaftem Zustand befunden, den Widerruf der Genehmigung rechtfertigt. Bei summarischer Prüfung spricht allerdings alles dafür, dass auch diese Erwägungen zutreffen. So lässt sich den im Rahmen der Betriebsprüfung vom 31.7.2008 gefertigten Aktenvermerken und Lichtbildern etwa entnehmen, dass bei zahlreichen in den Einsatzwagen befindlichen Medizinprodukten und Hygieneartikeln (z. B. bei sterilen Mullkompressen, Kanülen und Verschluss-Stopfen) das Verfallsdatum (zum Teil schon seit mehreren Jahren) abgelaufen war und dass einige Blutdruckmessgeräte nicht mehr geeicht waren.

Die Verstöße gegen §§ 22 Abs. 2 Satz 1, 27 Abs. 1 Satz 1 RettG NRW haben auch nicht insoweit außer Betracht zu bleiben, als sie schon vor der Wiedererteilung der Genehmigung am 25.11.2007 begangen wurden. Dass diese (bis ins Jahr 2003 zurückreichenden) Pflichtverletzungen grundsätzlich berücksichtigungsfähig sind, wird von der Antragstellerin zu Recht nicht in Zweifel gezogen und bedarf deshalb keiner näheren Darlegung. Aber auch der Umstand der Genehmigungserteilung rechtfertigt nicht die Annahme, dass die früheren Verstöße nunmehr unbeachtlich sind. Bei der Zuverlässigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist und den die Verwaltungsgerichte deshalb in eigener Zuständigkeit und unabhängig von der (früheren) Einschätzung der Behörde zu prüfen haben. Beurteilungsgrundlage ist dabei - vorbehaltlich der noch zu thematisierenden Mahnung - allein das Verhalten des Unternehmers.

Auch der Einwand der Antragstellerin, die Verstöße gegen das Rettungsgesetz seien entweder bereits abgestellt worden oder würden jedenfalls in absehbarer Zukunft ausgeräumt, geht offensichtlich fehl. Die genannten Pflichtverletzungen waren bis zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Ordnungsverfügung, vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.10.1996 - 11 B 53.96 -, juris, m. w. N., zum größten Teil noch nicht beseitigt. So hat die Antragstellerin z. B. erstmals mit Schriftsatz vom 29.5.2009 eine Einsatzdokumentation vorgelegt, die sich im Übrigen nur auf zwei Tage (31.7. und 18.11.2008) bezieht und damit keinen umfassenden Überblick über die Tätigkeit des Unternehmens vermitteln kann. Bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens konnte demnach nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin ihren Betrieb in Zukunft auch ohne den Druck eines auf die Betriebsschließung gerichteten Verwaltungsverfahrens ordnungsgemäß führen würde. Angesichts des schon seit vielen Jahren gezeigten Verhaltens der Antragstellerin, die den Sicherheitsinteressen ihrer Patienten ersichtlich gleichgültig gegenübersteht, sprach vielmehr alles dafür, dass sie sich auch weiterhin allenfalls dann an den rettungsrechtlichen Vorschriften orientieren würde, wenn ihr - den Betriebsbestand gefährdende - Ordnungsmaßnahmen angedroht würden.

Soweit die Antragstellerin schließlich rügt, sie sei vor dem Widerruf nicht schriftlich gemahnt worden, verhilft auch dieses Vorbringen der Beschwerde nicht zum Erfolg. Insoweit ist schon fraglich, ob eine Mahnung mit Blick auf Art, Dauer und Schwere der hier in Rede stehenden Rechtsverstöße überhaupt erforderlich war.

Vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27.9.1979 - 7 B 56.79 -, GewArch 1980, 141; VG Augsburg, Urteil vom 18.10.2005 - Au 3 K 05.513 -, juris.

Dem muss indessen nicht weiter nachgegangen werden, weil hier eine schriftliche Mahnung im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2 RettG NRW vorliegt. Nach dieser Vorschrift ist die Zuverlässigkeit des Unternehmers - in den unter den Buchstaben a) und b) genannten Fällen - nicht gegeben, wenn den dort aufgeführten Vorgaben trotz schriftlicher Mahnung zuwidergehandelt wird. Der Gesetzgeber hat damit zum Ausdruck gebracht, dass die Aufhebung einer rettungsrechtlichen Genehmigung, die regelmäßig mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen für das Unternehmen und seine Mitarbeiter verbunden ist, in den in § 26 Abs. 1 Satz 2 RettG NRW angeführten Fällen nur als letztes Mittel in Betracht kommt und dass deshalb aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zunächst eine hinreichend dokumentierte (= schriftliche) Mahnung zu erfolgen hat. Diese Mahnung hat nach dem Sinn und Zweck des § 26 Abs. 1 Satz 2 RettG NRW im Wesentlichen zwei Funktionen. Zum Einen soll dem Unternehmen vor Augen geführt werden, dass und in welchem Umfang er die Vorschriften des Rettungsgesetzes verletzt hat, um ihm Gelegenheit zu geben, die rechtswidrigen Zustände abzustellen (sog. Erinnerungs- und Ermahnungsfunktion). Zum Anderen soll das Unternehmen gewarnt werden, dass er bei einem weiteren gleichartigen Verstoß als unzuverlässig anzusehen ist, so dass die Aufhebung der Genehmigung droht (sog. Ankündigungs- und Warnfunktion). Aus diesen Zweckbestimmungen folgt, dass die Ordnungsbehörde dem Unternehmer das rechtswidrige Fehlverhalten hinreichend bestimmt und konkret vorhalten muss, damit dieser sein zukünftiges Verhalten danach ausrichten kann und Gelegenheit erhält, den Beschwerden abzuhelfen. Aus den genannten Funktionen der Mahnung folgt aber auch, dass dem Unternehmer ein (bestimmtes und hinreichend konkretisiertes) Fehlerverhalten grundsätzlich nur einmal vorgehalten werden muss, so dass nicht jeder weitere gleichartige Verstoß um ihn berücksichtigen zu können, wiederum einer eigenständigen Mahnung bedarf.

Zur vergleichbaren Funktion einer arbeitsvertraglichen Abmahnung vgl. BAG, Urteil vom 18.11.1986 - 7 AZR 674/84 -, BB 1987, 1252; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 68. Aufl. 2009, vor § 620 Rn. 41; Gerhards, BB 1996, 794; siehe auch Fehn/Kupfer, a. a. O., § 26 Rn. 17 ff.; BVerwG, Beschluss vom 6.9.1991 - 1 B 97.91 -, NVwZ 1992, 167.

Nach diesen rechtlichen Maßstäben ist die Antragstellerin vor dem Widerruf erfolglos gemahnt worden, die oben genannten Rechtsverstöße abzustellen. An die Vorlage einer aussagekräftigen Einsatzdokumentation ist sie bereits mit Schreiben vom 29.7.und 1.9.2003 - vergeblich - erinnert worden. Mit Schreiben vom 17.11.2003 ist die Antragstellerin darüber hinaus aufgefordert worden, in Zukunft keine ungenehmigten Krankenkraftwagen mehr einzusetzen. Zusätzlich sind beide Rechtsverstöße durch die gegen die Antragstellerin ergangene Ordnungsverfügung vom 22.10.2003 sanktioniert worden, mit der eine frühere Genehmigung widerrufen und die Einstellung des Betriebs unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgegeben worden war. Durch diese Regelungen wurde der Antragstellerin unmissverständlich vor Augen geführt, dass der Antragsgegner die vorgenannten Pflichtverstöße nicht länger hinnehmen werde.

Diese Mahnungen beanspruchen in Bezug auf den hier streitigen Widerruf weiterhin Geltung. Sie sind zunächst nicht durch den zwischen den Beteiligten am 5.5.2004 im Verfahren .... geschlossenen Vergleich und auch nicht durch die Genehmigung vom 25.11.2007 gegenstandslos geworden. Durch die hiermit eingeräumte Möglichkeit, den Betrieb fortzuführen, wurde der Antragstellerin lediglich eine letzte Chance eingeräumt, sich in Zukunft ordnungsgemäß zu verhalten. Die Behörde, die der Führung des Unternehmens gleichwohl skeptisch gegenüberstand, hatte demnach allen Anlass, die Mahnungen bestehen zu lassen, um den erforderlichen Druck auf die Antragstellerin aufrechtzuerhalten. Auch aus dem zeitlichen Abstand zwischen den Mahnungen und dem hier streitigen Widerruf kann die Antragstellerin für sie Günstiges nicht herleiten. Richtig ist zwar, dass auch eine ursprünglich berechtigte Mahnung durch Zeitablauf gegenstandslos werden kann, wenn das Unternehmen anschließend für einen längeren Zeitraum einwandfrei geführt wird. In diesem Fall ist es der Ordnungsbehörde verwehrt, sich auf früher abgemahnte Pflichtverstöße des Unternehmers zu berufen. Eine solche Situation liegt hier jedoch erkennbar nicht vor. Abgesehen davon, dass die genannten Mahnungen nach wie vor in engem sachlichen Zusammenhang mit den streitigen Rechtsverstößen stehen, kann von einem längeren Wohlverhalten der Antragstellerin keine Rede sein.

Soweit das VG auch im Übrigen dem öffentlichen Interesse an der sofortige Vollziehung des Widerrufs den Vorrang eingeräumt hat, ist dies mit der Beschwerde nicht angegriffen worden, so dass der Senat, der gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur die dargelegten Gründe prüft, hierüber nicht zu befinden hat. Davon abgesehen teilt der Senat die Interessenabwägung im angefochtenen Beschluss und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Aus den vorgenannten Gründen hat die Beschwerde auch in Bezug auf die zu Recht auf § 52 Satz 1 VwVfG NRW gestützte Aufforderung, die Genehmigungsurkunde zurückzugeben, keinen Erfolg.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Aufforderung, den Betrieb einzustellen (Ziffer 2 des Bescheidtenors der streitigen Ordnungsverfügung), ist ebenfalls unbegründet. Die Antragstellerin hat erstmals mit Schriftsatz vom 29.5.2009 und damit über einen Monat nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegt, dass und warum die Betriebseinstellung rechtswidrig sein soll, so dass diese verspäteten Ausführungen bei der Entscheidung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht mehr zu berücksichtigen sind.

Vgl. Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 146 Rn. 84; Kopp/Schenke, a. a. O., § 146 Rn. 43, jeweils m. w. N.

Ungeachtet dessen spricht bereits bei summarischer Prüfung alles dafür, dass das VG auch diesen Antrag zu Recht abgelehnt hat. Dies gilt um so mehr, als die Antragstellerin - auch nach ihrem Rechtsstandpunkt - jedenfalls seit dem 6.5.2009 die Grundvoraussetzung für die Wahl des in Rede stehenden Berufs nicht mehr erfüllt, weil die zuletzt erteilte Genehmigung vom 25.11.2007 nur bis zum 5.5.2009 galt und die Antragstellerin den Krankentransport und die Notfallrettung (in Form des Sekundärtransports) damit unerlaubt wahrnimmt. Deshalb ist es auch aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner den formell illegalen Zustand möglichst zeitnah beseitigen will, um (Notfall-)Patienten keinen unkalkulierbaren Gefahren durch die Antragstellerin auszusetzen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.3.2009 - 1 BvR 2410/08 -, juris, in Bezug auf die Untersagung der unerlaubten Vermittlung von Sportwetten.

Ende der Entscheidung

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