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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 13.11.2002
Aktenzeichen: 13 B 617/02
Rechtsgebiete: TKG, NZV


Vorschriften:

TKG § 29 Abs. 2
TKG § 33 Abs. 2
TKG § 37 Abs. 1
TKG § 37 Abs. 3
TKG § 71
TKG § 72 Abs. 1
TKG § 72 Abs. 10
TKG § 91 Abs. 1
TKG § 96
NZV § 5 Abs. 2
Die Regulierungsbehörde ist nicht ermächtigt, den marktbeherrschenden Netzbetreiber und Diensteanbieter aufzufordern, für die Entgelte seiner Verbindungsleistungen einen Genehmigungsantrag mit Kostennachweisen vorzulegen.
Tatbestand:

Die Antragstellerin betreibt ein bundesweites Telekommunikationsnetz und erbringt für andere Netzbetreiber und Diensteanbieter Verbindungsleistungen (OVF-N). Die Regulierungsbehörde der Antragsgegnerin hielt das Entgelt hierfür für genehmigungspflichtig und forderte die Antragstellerin durch Bescheid auf, einen Genehmigungsantrag zu stellen und die Kostennachweise vorzulegen. Hiergegen erhob die Antragstellerin Klage und beantragte, die Anordnung deren aufschiebender Wirkung. Das VG lehnte den Antrag ab, das OVG gab ihm auf die Beschwerde statt.

Gründe:

Entgegen der Ansicht des VG vermag der Senat bei summarischer Prüfung dem Telekommunikationsgesetz keine Ermächtigungsgrundlage zu entnehmen, die der Antragsgegnerin den Erlass eines Verwaltungsakts des angefochtenen Inhalts erlaubte.

Vgl. hierzu auch bereits OVG NRW, Beschluss vom 5.7.2000 - 13 B 2018/99 -.

Tenor des angefochtenen Bescheids ist die Aufforderung an die Antragstellerin, die Genehmigung des vereinbarten Entgelts für die Leistung OVF-N zu beantragen und die für die Genehmigung notwendigen Kostennachweise vorzulegen. Nicht etwa handelt es sich hierbei um einen feststellenden Verwaltungsakt mit dem Inhalt, dass eine bestimmte Leistung der Antragstellerin der Vorab-Entgeltregulierung unterliege, wofür sich nach der Rechtsprechung des Senats eine Ermächtigung der Regulierungsbehörde aus den Regelungen des Telekommunikationsgesetzes erschließt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24.8.2000 - 13 B 112/00 -, NVwZ 2001, 696,

Eine regelnde Feststellung, dass das Entgelt für OVF-N-Leistungen der ex ante-Regulierung, hier auf Grund des § 39 TKG, unterliege, trifft der Bescheid nicht; er setzt dies lediglich voraus.

Eine Rechtsnorm, die expressis verbis oder auch nur sinngemäß die Regulierungsbehörde ermächtigt, von einem marktbeherrschenden Unternehmen ein Handeln des beschriebenen Inhalts zu verlangen, enthält das Telekommunikationsgesetz nicht. Den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens ist die Vorstellung des Gesetzgebers, die Regulierungsbehörde mit einer derartigen Befugnis auszustatten, nicht zu entnehmen. Allerdings hat der Gesetzgeber in mehreren Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes der Regulierungsbehörde das Recht zugesprochen, von dem marktbeherrschenden Unternehmen ein bestimmtes Verhalten oder Handeln zu verlangen. So kann sie beispielsweise im Rahmen der besonderen Missbrauchsaufsicht dem Marktbeherrscher durch Verwaltungsakt die Gewährung eines von einem Wettbewerber begehrten Leistungszugangs auferlegen (§ 33 Abs. 2 TKG) oder zu Lasten des Marktbeherrschers die Zusammenschaltung seines Netzes mit dem eines Wettbewerbers anordnen und die Modalitäten dessen auferlegen (§ 37 Abs. 1 und 3 TKG); sie kann ferner Anbietern ohne entsprechende Lizenz die Erbringung lizenzpflichtiger Telekommunikationsdienstleistungen untersagen (§ 71 Satz 2 TKG), von Telekommunikationsunternehmen die Erteilung von Auskünften verlangen, Geschäftsunterlagen einsehen und prüfen sowie dazu notfalls Zwang nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz ausüben (§ 72 Abs. 1 und 10 TKG); sie kann schließlich sicherstellende Anordnungen nach § 91 Abs. 1 Satz 1 TKG treffen und mit Zwangsmitteln durchsetzen. Die nur für den in den jeweiligen Vorschriften klar und eingrenzend beschriebenen Fall bzw. nur bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen und nicht etwa pauschal ausgesprochene Befugnis der Regulierungsbehörde, von dem betroffenen Unternehmen der Telekommunikationsbranche ein bestimmtes Verhalten oder eine bestimmte Handlung zu verlangen und dies ggfls. auch mit Zwangsmitteln durchzusetzen, ist bereits ein starker Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber einen Eingriff der Regulierungsbehörde in die durch Art. 12 und 2 GG geschützte unternehmerische Freiheit, die auch die Entscheidung umfasst, eine Entgeltregulierung zu beantragen, nur in den gesetzlich ausdrücklich geregelten Fällen zulassen wollte. Weiter gehende Eingriffsbefugnisse sind auch nicht erforderlich, weil das Telekommunikationsgesetz das Nichtanbringen eines Entgeltgenehmigungsantrags - nebst erforderlichen Kostennachweisen - selbst dadurch hinreichend sanktioniert, dass gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 TKG im Falle eines ex ante-regulierungspflichtigen Leistungsentgelts Verträge über Dienstleistungen, die andere als die - vorab - genehmigten Entgelte enthalten, unwirksam sind und die Regulierungsbehörde ihre Durchführung gemäß § 29 Abs. 2 Satz 2 TKG untersagen kann. Hätte der Gesetzgeber eine Ermächtigung der Regulierungsbehörde beabsichtigt, im Falle eines vorab genehmigungspflichtigen Leistungsentgelts dem betreffenden Unternehmen durch Verwaltungsakt die Anbringung eines Genehmigungsantrages - nebst notwendigen Nachweisen - aufzugeben, hätte sich an dieser Stelle des Gesetzes eine entsprechende Regelung in ebenfalls eindeutiger Formulierung wie in den übrigen Ermächtigungsvorschriften geradezu aufgedrängt. Bestätigt wird dieses Ergebnis ferner durch die Bußgeldregelungen des § 96 TKG, die in einer Vielzahl von Verstößen gegen Regelungen des Telekommunikationsgesetzes und Anordnungen der Regulierungsbehörde auf Grund dieses Gesetzes eine Bußgeldbewehrung vorsehen, nicht aber bei Nichtanbringung eines Antrages auf Entgeltgenehmigung.

Wie aus der Differenzierung des Gesetzes zwischen der allgemeinen Aufsichtsaufgabe der Regulierungsbehörde (§ 71 Satz 1 TKG) und ihren Eingriffsbefugnissen (§§ 71 Satz 2 u. 72 TKG) folgt, ist auch die Aufsichtsregelung ungeachtet ihrer Formulierung nicht etwa als eine Eingriffsermächtigung in die der Berufsfreiheit unterliegende Betriebs- und Geschäftsführung eines marktbeherrschenden Unternehmens interpretierbar.

Auch aus allgemeinem Verwaltungsrecht ggfl. in Verbindung mit den Regelungen des Telekommunikationsgesetzes lässt sich eine Ermächtigung der Regulierungsbehörde zum Erlass des angefochtenen Bescheids nicht herleiten. Vielmehr widerspräche eine solche Ermächtigung allgemeinen Rechtsgrundsätzen, da selbst bei Vorliegen einer Sachlage, deren Rechtskonformität eine Genehmigung oder Erlaubnis voraussetzt, die Stellung eines Genehmigungs- oder Erlaubnisantrages als eine verwaltungsrechtliche Willenserklärung in das Belieben des Erklärenden, hier des das Entgelt beanspruchenden Unternehmens, gestellt ist; dies allerdings mit dem Risiko, dass die Behörde den Fortbestand der nicht rechtskonformen Sachlage, hier in der Form der Durchführung des entgeltlichen Geschäfts, solange verbieten kann, wie die erforderliche Genehmigung oder Erlaubnis, hier also die Entgeltgenehmigung, nicht vorliegt.

Vgl. zur entsprechenden Problematik bei der behördlichen Aufforderung zur Anbringung eines Bauantrages für einen "Schwarzbau" OVG NRW, Urteil vom 13.3.1995 - 10 A 5578/94 -.

Die dem Telekommunikationsgesetz zu Grunde liegende Interessenlage verlangt auch nicht nach einer Ermächtigung zum Erlass eines Verwaltungsakts des hier umstrittenen Inhalts. Denn der Zusammenschaltungspartner, der die Entgeltgenehmigung für die Durchführung des Geschäfts ebenso benötigt wie der Zusammenschaltungspflichtige, kann nach der Rechtsprechung des Senats, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3.5.2001 - 13 B 69/01 -, MMR 2001, 548, an der er festhält, bei der Regulierungsbehörde auch die Festsetzung des Entgelts beantragen, was u.a. aus Buchstabe j) der Anlage zu § 5 Abs. 2 NZV folgt, selbst wenn er die nach der Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung von dem Zusammenschaltungspflichtigem zu fordernden Kostennachweise nicht vorlegen kann und der Regulierungsbehörde nur eine Entgeltberechnung nach der Vergleichsmarktmethode möglich ist. Auf diese Weise und auf Grund des vorliegend bereits vertraglich vereinbarten Entgelts ist zudem dem Anliegen nach Planungssicherheit für den Wettbewerber genüge getan, abgesehen davon, dass ein solches Anliegen allein das Fehlen eines entsprechenden gesetzgeberischen Ermächtigungswillens nicht ersetzen könnte.

Schließlich rechtfertigt auch die Rechtsprechung des Senats zur Ermächtigung der Regulierungsbehörde zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts über die Vorab-Genehmigungspflichtigkeit eines Leistungsentgelts, nicht die Bejahung einer Ermächtigung auch zur regelnden Aufforderung zur Anbringung eines Entgeltgenehmigungsantrages mit notwendigen Kostennachweisen, also zur Vornahme einer durch Verwaltungszwang durchsetzbaren nicht vertretbaren Handlung. Schon die insbesondere mit Blick auf das hier angedrohte Zwangsgeld gegenüber dem "bloß" feststellenden Verwaltungsakt verschärfte Eingriffsintensität der angefochtenen Behördenmaßnahme verlangt nach einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 3.5.2001 - 13 B 69/01 - (Seite 7) festgestellt hat, die Regulierungsbehörde könne mit der Zusammenschaltungsanordnung dem Zusammenschaltungspflichtigen unter Fristsetzung "die Möglichkeit einräumen", die Entgelte anzugeben, einen entsprechenden Genehmigungsantrag zu stellen und die nach § 2 TEntgV geforderten Nachweise vorzulegen, ist damit erkennbar keine Ermächtigung für eine regelnde und mit Verwaltungszwang durchsetzbare Aufforderung zur Stellung eines Entgeltgenehmigungsantrages und zur Vorlage der notwendigen Kostennachweise angesprochen.

Ende der Entscheidung

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