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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 15.05.2008
Aktenzeichen: 13 C 165/08
Rechtsgebiete: VwGO
Vorschriften:
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6 |
Tatbestand:
Die Antragstellerin begehrt die vorläufige Zulassung zum Studium "Lehramt für Grund-, Haupt-, Real- und Gesamtschulen, Schwerpunkt Grundschule, Fächer Deutsch und Englisch" im ersten Fachsemester außerhalb der festgesetzten Kapazität nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2007/2008. Ihr Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes blieb ohne Erfolg.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO - im Grundsatz - nur im Rahmen der fristgerechten Darlegungen - vgl. BVerfG, Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 = NJW 2004, 2510, 2511; Bay. VGH, Beschluss vom 16.1.2003 - 1 CS 02.1922 -, NVwZ 2003, 632 - der Antragstellerin befindet, ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss des VG ist bei Zugrundelegung dieses Prüfungsumfangs nicht zu beanstanden. Das VG hat den Antrag vom 11.12.2007 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der vorläufigen Zulassung der Antragstellerin zum Studium "Lehramt für Grund-, Haupt-, Real- und Gesamtschulen, Schwerpunkt Grundschule, Fächer Deutsch und Englisch" im Wintersemester 2007/2008, 1. Fachsemester, zu Recht abgelehnt.
Allerdings könnte in Ansehung der Rechtsprechung des BVerfG die Argumentation, allein wegen des bereits laufenden Vorlesungsbetriebs fehle es an einem Anordnungsgrund, rechtlichen Bedenken begegnen. In dem Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 21.7.2005 (- 1 BvR 584/05 -, juris) wird unter Berufung auf den Senatsbeschluss des BVerfG vom 9.4.1975 (- 1 BvR 344/73 -, BVerfGE 39, 258, 274) hierzu ausgeführt, die Zulässigkeit einer Verknüpfung des Anordnungsgrundes mit einer vom Fachgericht selbst definierten Zeitgrenze erscheine im Hinblick auf das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG fragwürdig, weil es unerheblich sei, dass die Entscheidung des Gerichts über die Verteilung von Restkapazitäten eines Semesters erst zu einem Zeitpunkt erfolge, zu dem der Vorlesungsbetrieb dieses Semesters beendet sei. Es bestehe kein prozessuales Hindernis, in eine nachträgliche Entscheidung Antragsteller einzubeziehen, die sich erst nach dem ersten Vorlesungstag des betreffenden Semesters beworben hätten. Entscheidendes Kriterium, ob die Verneinung des Anordnungsgrundes das Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, ist nach den weiteren Ausführungen des BVerfG in dem Beschluss vom 21.7.2005, ob dem Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Anspruch auf Zulassung zum Studium als Teilhaberecht nach Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG überhaupt noch zugestanden hat. Hiervon ausgehend darf die Frage, unter welchen Voraussetzungen und bis zu welchem Zeitpunkt ein Antragsteller ein Recht auf vorläufige Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazitäten geltend machen kann, - verfassungsrechtlich vertretbar - von dem Fachgericht in der Weise beantwortet werden, dass das Recht auf Teilhabe an vorhandenen Studienplatzkapazitäten nur so lange besteht, wie ein sinnvoller Einstieg in dieses Semester noch möglich ist, die vorhandene Kapazität also auch noch genutzt werden kann.
Insofern betrifft der Aspekt der noch sinnvollen Aufnahme des Studiums während des laufenden Semesters nicht vordergründig die Frage der Dringlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung im Hochschulzulassungsrecht, sondern im Kern das Teilhaberecht nach Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG. Dementsprechend präzisiert der Senat seine Rechtsprechung zu der Frage, ob ein Studienzulassungsbegehren noch vorläufigen Rechtsschutz erfordert, wenn der Studienbewerber sein Zulassungsbegehren erst während des laufenden Semesters stellt.
Vgl. Beschluss vom 19.10.2007 - 13 C 144/07 -, juris; vgl. aber auch Beschluss vom 11.3.2004 - 13 C 14/04 -, NVwZ-RR 2005, 416.
Ausschlaggebend ist, ob der Bewerber noch ordnungsgemäß in den laufenden Studienbetrieb eingegliedert werden kann und seine erfolgreiche Teilnahme an den Lehrveranstaltungen des Bewerbungssemesters gewährleistet ist.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.3.2004 a. a. O.
In Anwendung dieser Maßstäbe ist das VG zum zutreffenden Ergebnis gelangt, dass ein sinnvoller Einstieg in das Wintersemester 2007/2008 am 11.12.2007, das Datum des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, nicht mehr möglich war. Auf diesen Zeitpunkt ist entscheidend abzustellen. Dass die Antragstellerin, die ihre Zulassung für das gesamte Semester und nicht nur für einige wenige Semesterwochen begehrt, ausdrücklich unter dem 9.7.2007 einen Antrag auf Zulassung bei der Hochschule gestellt hat, ist - bezogen auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes - ohne Bedeutung. Es kommt darauf an, dass im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit eine erfolgreiche Semesterteilnahme noch möglich ist. So liegt es hier nicht.
Sinn und Zweck der Studienzulassung in einem zulassungsbeschränkten Studiengang ist u. a., dem Studienbewerber bei der gebotenen vollen Ausschöpfung der knappen Ausbildungskapazität gleichwohl eine der Studienordnung und dem vorgegebenen Curriculum entsprechende Ausbildung zu ermöglichen. Ein geordnetes, das vorgegebene Curriculum abdeckende Studium setzt deshalb die Teilnahme des zugelassenen Bewerbers an allen für das Bewerbungssemester vorgesehenen Pflichtveranstaltungen über das gesamte Semester voraus und nicht nur die Wahrnehmung nur weniger Ausbildungswochen des Semesters, die Anwesenheit nur in einzelnen Lehrveranstaltungen oder nur die Teilnahme an Leistungsnachweisen etwa am Semesterende.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.10.2007 - 13 C 144/07 -, juris.
Ein im beschriebenen Sinne geordnetes, dem Curriculum entsprechendes erstsemestriges Studium im Wintersemester 2007/2008 ist der Antragstellerin nach versäumtem Ausbildungsbetrieb von rund der Hälfte nicht mehr möglich. Eine Anerkennung des 1. Fachsemesters im Wintersemester 2007/2008 käme nicht in Betracht.
Ende der Entscheidung
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