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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 16.11.2009
Aktenzeichen: 13 C 406/09
Rechtsgebiete: GG, LV NRW, VergabeVO NRW
Vorschriften:
GG Art. 2 Abs. 1 | |
GG Art. 12 Abs. 1 Satz 1 | |
LV NRW Art. 24 Abs. 1 Satz 3 | |
VergabeVO NRW § 2 |
Tatbestand:
Die Antragstellerin, eine irakische Staatsangehörige, hat eine in Deutschland erlangte Hochschulzugangsberechtigung. Sie begehrt die Zulassung zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester für das Wintersemester 2009/2010 außerhalb der festgesetzten Kapazität. Das VG lehnte den Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung ab. Die Beschwerde der Antragstellerin hatte keinen Erfolg.
Gründe:
Die Beschwerde ist nicht begründet.
In Frage steht nach dem vorprozessual und im gerichtlichen Verfahren geltend gemachten Begehren der Antragstellerin, die irakische Staatsangehörige ist, ausschließlich ein vermeintlicher Anspruch auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester für das Wintersemester 2009/2010 außerhalb der festgesetzten Kapazität.
Die Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Kapazität richtet sich nach anderen Kriterien als die Studienzulassung auf der Grundlage der Vergabeverordnung, die für die Studienplatzvergabe innerhalb der festgesetzten Kapazität durch die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) maßgebend ist. Konsequenterweise kann der außerkapazitäre Zulassungsanspruch nicht damit begründet werden, einen Immatrikulationsanspruch wegen der Gleichstellung mit Deutschen als sog. Bildungsinländerin (Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland) zu haben. Die Ausländer betreffende Gleichstellung mit Deutschen nach § 2 der Vergabeverordnung NRW vom 15.5.2008 (GV NRW S. 386) ist nur relevant innerhalb des zentralen bzw. örtlichen Vergabeverfahrens der darin einbezogenen Studienplätze. Eine Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Kapazität kann hingegen durch einen Nicht-EU-Ausländer unter Bezugnahme auf die Gleichstellung mit Deutschen nicht erlangt werden, weil Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, aus dem sich eine entsprechende subjektiv-öffentliche Berechtigung ableiten könnte, nur für Deutsche gilt und es deshalb an der Grundlage eines individualrechtlichen Anspruchs auf Studienzulassung für diesen Personenkreis fehlt.
Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 12.3.2008 - 7 CE 07.10378 -, BayVBl. 208, 569, juris. m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 25.11.2003 - 13 C 42/03 -, NVwZ-RR 2004, 353; Hamb. OVG, Beschluss vom 20.9.1996 - Bs III 8/96 -, juris.
Die Antragstellerin kann sich demgegenüber nicht auf den Beschluss des VG Düsseldorf vom 18.12.2001 - 15 Nc 141/01.ZM - berufen, der eine Gleichstellung von Ausländern mit Deutschen auch außerhalb der festgesetzten Kapazität angenommen habe. Dies gilt schon deshalb, weil die entsprechenden Erwägungen im Beschwerdebeschluss des Senats vom 1.3.2002 - 13 C 1/02 -, ohne dass es wegen anderer Gründe entscheidungserheblich darauf ankam, im Sinne des oben dargelegten Ergebnisses richtiggestellt worden sind. Entscheidend ist, wie bereits das VG zutreffend ausgeführt hat, außerdem, dass die Antragstellerin ihre Zugangsberechtigung zum Studium (nur) aus dem allgemeinen Freiheitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG herleiten kann. Demgegenüber kommt dem nur für Deutsche geltenden Zugangsrecht nach Art. 12 Abs. 1 GG ein deutlich stärkeres Gewicht zu, da es i. V. m. dem Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip ein Teilhaberecht auf Zutritt zu Ausbildungseinrichtungen vermittelt.
Vgl. BVerfG, Urteil vom 18.7.1972 - 1 BvL 32/70 u. a. -, BVerfGE 33, 303.
Für das Vorbringen der Antragstellerin, die vor Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes ergangene Rechtsprechung sei überholt, fehlt es im Übrigen an jeglicher weiteren Substantiierung.
Die Antragstellerin kann sich zur Begründung ihres Begehrens nicht mit Erfolg auf Art. 24 LV NRW und auf die in diesem Zusammenhang angeführte Entscheidung des OVG Berlin (Beschluss vom 25.6.1991 - 7 S 204.90 -, vgl. auch Beschluss vom 25.6.1991 - 7 S 215.90 -, NVwZ-RR 1992, 191), nach der auch ausländische Studienbewerber das Recht der freien Wahl der Ausbildungsstätte geltend machen können, berufen. Die jener Entscheidung zu Grunde liegende Norm (Art. 11 der Verfassung von Berlin) bestimmt, dass zur freien Wahl des Berufes auch das Recht, die Ausbildungsstätte frei zu wählen, gehört und dass diese Norm abweichend von Art. 12 Abs. 1 GG für den Bereich des Landes Berlin die Berufsfreiheit nicht nur Deutschen garantiert, sondern sie allgemein und ohne jede personelle Einschränkung gewährleistet. Diese Besonderheit und klarstellende Ergänzung enthält der als vergleichbare Bestimmung allein in Betracht kommende Art. 24 Abs. 1 Satz 3 LV NRW ("Jedermann hat ein Recht auf Arbeit") nicht, eine den Hochschulzugang konkret betreffende spezielle Norm ist in der Landesverfassung NRW ebenfalls nicht enthalten. Art. 24 Abs. 1 Satz 3 LV NRW wird zudem allgemein als die staatlichen Stellen verpflichtender Programmsatz und objektiv-rechtliche soziale Staatszielbestimmung ohne anspruchsbegründende Wirkung verstanden.
Vgl. Löwer/Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen; Art. 24 Rdn. 17; Dästner, Die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 2002, Art. 24 Rdn. 3; Grawert, Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 2008, Art. 24 Anm. 4; Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, § 15, Rdn. 316 ff.
Dies muss mangels entsprechender eigenständiger Regelungen in der nordrhein-westfälischen Landesverfassung auch in Bezug auf Ausbildungsstätten gelten, wenn Art. 24 Abs. 1 Satz 3 LV NRW auch dafür einschlägig sein soll.
Nach dem Vorstehenden kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, ob bei dem Antragsgegner überhaupt noch freie Ausbildungskapazitäten im Fach Humanmedizin im 1. Fachsemester im Wintersemester 2009/2010 vorhanden sind.
Ende der Entscheidung
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