Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 25.11.2003
Aktenzeichen: 13 C 42/03
Rechtsgebiete: GG, HRG, HG NRW, VergabeVO


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
HRG § 27 Abs. 1
HRG § 32 Abs. 2
HG NRW § 68 Abs. 1
VergabeVO § 25
Nicht privilegierte Ausländer haben keinen Studienzulassungsanspruch jenseits der festgesetzten Aufnahmekapazität aus Art. 2 Abs. 1 GG.
Tatbestand:

Die Antragstellerin, eine Deutschen nicht gleichgestellte Ausländerin, bewarb sich bei der gegnerischen Universität um Zulassung zum Zahnmedizinstudium jenseits der festgesetzten Aufnahmekapazität. Ihren angesichts der erwartungsgemäßen Untätigkeit der Universität gleichzeitig gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 VwGO lehnte das VG ab, weil die Antragstellerin als Ausländerin sich nicht auf einen von der Rechtsprechung entwickelten Zulassungsanspruch u.a. aus Art. 12 Abs. 1 GG berufen könne. Die auf einen Zulassungsanspruch aus Art. 2 Abs. 1 GG gestützte Beschwerde wies das OVG zurück.

Gründe:

Der von der Antragstellerin, einer Deutschen nicht gleichgestellten Ausländerin, im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemachte Anordnungsanspruch auf Zulassung zum Zahnmedizinstudium an der WW-Universität im WS 03/04, 1. FS, ist gestützt auf einen behaupteten freien Studienplatz jenseits der durch Zulassungszahlenverordnung (ZZVO) vom ... normativ festgesetzten Aufnahmekapazität. Ein solcher Anspruch auf Studienzulassung unter Inanspruchnahme eines verdeckten Studienplatzes lässt sich bei der im vorliegenden Verfahren eingeschränkten Prüfungsdichte entgegen der in der Beschwerde allein geltend gemachten Ansicht der Antragstellerin nicht aus Art. 2 Abs. 1 GG herleiten. Zwar schränkt nicht nur die Ablehnung der Studienzulassung, sondern auch die Nichtbeteiligung eines Studienbewerbers an dem Verfahren zur Aufdeckung und ggf. Verteilung verdeckter Studienplätze das grundrechtlich geschützte Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ein. Doch findet dieses Grundrecht seine Grenze dort, wo es mit der verfassungsmäßigen Ordnung kollidiert. Die verfassungsmäßige Ordnung ist die gesamte Rechtsordnung, soweit sie ihrerseits mit der Verfassung in Einklang steht. Zur Rechtsordnung zählt neben dem geschriebenen auch das ungeschriebene Recht, insbesondere das Richterrecht. Nach ständiger verfassungsgerichtlicher und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ergibt sich das Recht des einzelnen Studienbewerbers auf Aufdeckung und Verteilung ungenutzter Ausbildungskapazität der Hochschulen in Form verdeckter Studienplätze jenseits der festgesetzten Zulassungszahl aus dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, dem nur für Deutsche geltenden Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG. Hiervon ausgehend ist ein Anspruch auf einen solchen verdeckten Studienplatz Deutschen und ihnen Gleichgestellten vorbehalten. Dass dieses richterliche Studienzulassungsrecht auf verdeckte Studienplätze mit sonstigem Verfassungsrecht in Einklang steht, ist nicht zweifelhaft. Insbesondere erscheint es nicht unverhältnismäßig, verdeckte Studienplätze nur unter Deutschen und ihnen Gleichgestellten auszukehren, weil dem Deutschengrundrecht aus Art. 12 GG gegenüber dem allgemeinen Freiheitsrecht aus Art. 2 GG stärkeres Gewicht zukommt, das Verfassungsrecht und das Hochschulrecht (§ 27 Abs. 1 Satz 1, 32 Abs. 2 Nr. 3 HRG) von einer Priorität deutscher und gleichgestellter Studienbewerber hinsichtlich der vorhandenen Ausbildungskapazität ausgehen und Ausländern die Möglichkeit zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit - auch zur Erleichterung des Zugangs zu deutschen Ausbildungsstätten - einfachrechtlich erweitert worden ist.

Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 1.3.2002 - 13 C 1/02 -.

Überdies erscheint es unbedenklich, einen nichtprivilegierten Ausländer zur Überwindung des Zugangshindernisses der Studienzulassung (§ 27 Abs. 1 Satz 3 HRG, § 68 Abs. 1 Buchstabe a) HG NRW) in einem zulassungsbeschränkten Studiengang (§ 30 Abs. 1 HRG) wie im Studiengang Zahnmedizin nach § 11 Abs. 2 HZG NW 1993 i.V.m. ZZVO WS 03/04, 1. FS, Anlage 1 auf das Ausländerzulassungsverfahren der jeweiligen Hochschule im Rahmen der normativ festgesetzten Quote gemäß § 25 VergabeVO zu verweisen. Damit ist dieser Studienbewerber nicht von dem angestrebten Studium im zulassungsbeschränkten Studiengang ausgeschlossen, sondern nur auf eine früher oder später realisierbare Auswahlchance verwiesen, was mit der Problematik der von der Antragstellerin zitierten Entscheidungen des BVerfG nicht vergleichbar ist.

Ende der Entscheidung

Zurück