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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 24.03.2006
Aktenzeichen: 13 E 240/06
Rechtsgebiete: VwGO
Vorschriften:
VwGO § 60 |
2. Zur Anwendung des § 60 VwGO auf richterliche Fristen
Tatbestand:
In einem Verfahren wegen Widerrufs der ärztlichen Approbation versagte das VG dem Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Der Kläger legte dagegen Beschwerde ein und kündigte eine Begründung derselben in einem gesonderten Schriftsatz an. Das OVG bat durch richterliche Verfügung um Begründung der Beschwerde bis zu einem bestimmten Termin und wies die Beschwerde nach fruchtlosem Ablauf der Frist zurück. Nach dieser Entscheidung stellte der Kläger einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Versäumung der Frist für die Beschwerdebegründung. Das OVG lehnte den Wiedereinsetzungsantrag ab.
Gründe:
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, der an die Versäumung der gerichtlich verfügten Frist für die Begründung der Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des VG anknüpft, hat keinen Erfolg.
Der Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags steht zwar nicht entgegen, dass er erst nach dem die Beschwerde gegen die PKH-Ablehnung des VG zurückweisenden Beschluss des Senats gestellt wurde, weil ein solcher Antrag auch noch nach einer Entscheidung über den in Frage stehenden Rechtsbehelf geltend gemacht bzw. Wiedereinsetzung auch dann noch gewährt werden kann.
Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 60 Rdnr. 24; Sodan/Ziekow, VwGO, Stand: Januar 2003, § 60 Rdnr. 109.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt aber der Sache nach nicht in Betracht.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nach § 60 Abs. 1 VwGO nur möglich bei gesetzlichen Fristen. Eine solche Frist stand/steht aber mit dem Hinweis in der gerichtlichen Verfügung, der angekündigten Begründung der Beschwerde werde bis zu einem bestimmten Termin entgegengesehen, nicht in Frage.
Eine Anwendung des § 60 VwGO auf eine richterliche Frist kommt grundsätzlich nicht in Betracht, da der Gesetzgeber sich in § 60 Abs. 1 VwGO bewusst für eine Wiedereinsetzung nur in Bezug auf gesetzliche Fristen ausgesprochen und er dort, wo er eine entsprechende Wiedereinsetzung in Bezug auf richterliche Fristen bejaht, dies ausdrücklich angeordnet hat (z. B. § 82 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ausnahmsweise ist eine Wiedereinsetzung in eine versäumte richterliche Frist möglich, wenn anderenfalls das rechtlich mögliche Vorgehen des Gerichts eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, als dessen Ausprägung auch das Wiedereinsetzungsrecht anzusehen ist, bewirken kann.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.12.1993 - 9 B 501/93 -, NWVBl. 1994, 132; Kopp/Schenke, a. a. O., § 60 Rdnr. 5; Sodan/Ziekow, a. a. O., § 60 Rdnr. 27 f; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 60 Rdnr. 1; Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 3. Aufl., § 60 Rdnr. 25.
Eine derartige entscheidungserhebliche Konstellation stand hier nicht in Frage. Anhängig war eine Beschwerde gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des VG. Diesbezüglich hatte der Bevollmächtigte des Klägers mit dem Beschwerdeschriftsatz angekündigt, Antrag und Begründung würden in einem gesonderten Schriftsatz erfolgen. Auch wenn eine Begründung der Beschwerde nach § 147 VwGO nicht vorgeschrieben ist, war somit erkennbar, dass eine Begründung beabsichtigt war. Diese war auch zumindest zweckmäßig, weil ohne eine solche nicht erkennbar war, welche Einwendungen der Kläger gegen den Beschluss des VG hatte. Nachdem bis zum Eingang der Beschwerde beim OVG bzw. bis zur richterlichen Bearbeitung die Beschwerdebegründung trotz entsprechender Ankündigung nicht vorlag, wurde der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit gerichtlicher Verfügung gebeten, die angekündigte Begründung der Beschwerde bis zu einem bestimmten Tag vorzulegen. Die Fristsetzung erfolgte aus Gründen der Klarheit, ab wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei, und vor dem Hindergrund, dass in Anfechtungsstreitigkeiten wegen Widerrufs der ärztlichen Approbation nicht selten versucht wird, durch Hinauszögern von Rechtsmittelbegründungen Zeit zu gewinnen, und dies auch hier zu befürchten war. Die Fristsetzung orientierte sich zeitlich an der Zustellung des Beschlusses des VG und gewährte dem Kläger bis zu dem Termin für die Begründung der Beschwerde einen Zeitraum von mehr als fünf Wochen nach der Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses und damit einen Zeitraum von über einem Monat, der beispielsweise in § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO für eine Beschwerdebegründung vorgesehen ist. Nach Ablauf der Frist war ohne weiteres Zuwarten eine Entscheidung über die eingelegte Beschwerde möglich.
Vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Oktober 2005, § 147 Rdnr. 5.
Die Entscheidung des Senats, der - anders als im Beschluss des BVerwG vom 13.12.1993 - keine instanz- oder verfahrensabschließende Wirkung zukommt, erging sechs Wochen nach der Zustellung des Beschlusses des VG und ließ dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ausreichend Zeit, die angekündigte Beschwerdebegründung vorzulegen.
Ende der Entscheidung
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