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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 17.07.2006
Aktenzeichen: 13 E 556/05
Rechtsgebiete: ZHG


Vorschriften:

ZHG § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
ZHG § 13
Erfolglose Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe wegen nicht erteilter Approbation als Zahnarzt bei einem Bewerber mit einer zahnärztlichen Ausbildung in der Türkei von 1982 bis 1988.
Tatbestand:

Der Kläger, der von 1982 bis 1988 eine zahnärztliche Ausbildung an der Universität M., Türkei, absolviert hat, begehrt im gerichtlichen Verfahren die Erteilung der Approbation als Zahnarzt bzw. eine Erlaubnis nach § 13 ZHG. Seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe lehnte das VG in Bezug auf die beantragte Approbation ab. Die Beschwerde des Klägers dagegen hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Soweit das VG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht des auf Erteilung einer Approbation als Zahnarzt gerichteten Klagebegehrens abgelehnt hat - nur insoweit hat die Beschwerde Relevanz -, begegnet dies keinen Bedenken. Die Entscheidung des VG, es fehle bezüglich der zahnärztlichen Ausbildung des Klägers an der Universität M., Türkei, von 1982 bis 1988 an einer Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes i. S. d. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZHG, und die dem zugrunde liegenden Erwägungen sind zutreffend und werden durch das Beschwerdevorbringen nicht in Frage gestellt. Dabei geht der Senat von der Maßgeblichkeit dieser Bestimmung für das Begehren auf Approbationserteilung aus, weil der Kläger inzwischen deutscher Staatsangehöriger ist.

Dass das VG bei seiner Entscheidung u. a. sog. Einstufungslisten zur Gleichwertigkeit ausländischer Ausbildungen in den akademischen Heilberufen berücksichtigt hat, ist nicht zu beanstanden. Fehlt einem Gericht die notwendige Sachkunde für die Beurteilung einer materiellen Rechtsfrage, steht es (auch) im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes in seinem Ermessen, auf welche Erkenntnisse bei der Überzeugungsbildung abgestellt wird. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens als allein in Betracht kommendes Mittel ist insoweit nicht zwingend. Diese Freiheit in der Überzeugungsbildung und Beweiswürdigung beinhaltet auch die Verwertung zur Verfügung stehender Erkenntnisse sachverständiger Gremien oder Personen zu der maßgebenden materiellen Frage. Als solche können wegen der personellen Besetzung mit Universitätsprofessoren des Fachgebiets und sonstigen Personen mit Erfahrungen auf diesem Gebiet und wegen der Mitwirkung weiterer Institutionen auch die von der zuständigen Arbeitsgruppe der Landesprüfungsämter für Medizin, Psychotherapie und Pharmazie erstellten Einstufungslisten zur Gleichwertigkeit ausländischer Ausbildungen, die eine jeweils aktuelle Zusammenfassung der Erkenntnisse darstellen, gewertet werden. Nach diesen Einstufungslisten, die mit Stand vom 1.1.2003, 1.1.2004 und 1.3.2005 vorliegen, gehört eine zahnärztliche Ausbildung in der Türkei zur Kategorie 2. Dies bedeutet nach der entsprechenden Erklärung in den Einstufungslisten, dass eine objektive Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes nicht gegeben und eine Überprüfung der Gleichwertigkeit des Kenntnisstands erforderlich und möglich ist.

Davon, dass die Einstufungslisten die zahnmedizinische Ausbildung des Klägers an einer türkischen Universität von 1982 bis 1988 zeitlich nicht erfassen, kann nicht ausgegangen werden. Zwar enthalten die Einstufungslisten keine Angaben dazu, auf welche Ausbildungszeiträume sich die jeweiligen Einstufungen beziehen. Angesichts dessen, dass neuere ausländische Ausbildungen etwa aus den Jahren der Einstufungslisten noch nicht zur Bewertung anstehen konnten, die Einstufungslisten - wie dem Senat aus anderen vergleichbaren Verfahren bekannt ist - seinerzeit gerade deshalb initiiert waren, um Ausbildungen im Ausland in den 70er und 80er Jahren sachgerecht bewerten zu können, ist jedoch die Annahme gerechtfertigt, dass die zugrunde gelegten Einstufungslisten auch den Zeitraum der Ausbildung des Klägers in der Türkei erfassen. Auch der Hinweis des Klägers in der Beschwerdebegründung auf Entscheidungen des Schl.-H. VG und OVG von November 2003 - 2 A 50/03 - bzw. August 2004 - OVG 3 LA 36/04 - steht der Bewertung des Studiums des Klägers in der Türkei nach Kategorie 2 der Einstufungslisten und als nicht gleichwertig nicht entgegen. Die Entscheidungen waren Gegenstand der Beratungen der o. a. Arbeitsgruppe für die Einstufungslisten 2004 bzw. 2005. Nach den dem Senat vorliegenden Protokollen von Dienstbesprechungen haben die Mitglieder der Arbeitsgruppe beschlossen, "auf der Grundlage der bestehenden Erkenntnisse zunächst an der Feststellung der Nichtgleichwertigkeit festzuhalten". Dass diese Einstufungen sachverständiger Personen entsprechend der bisherigen Bewertung fehlerhaft und sachlich nicht gerechtfertigt sind, vermag der Senat nicht zu erkennen. Bezüglich des Urteils des Schl.-H. VG ist zudem nicht erkennbar, dass dabei die seinerzeitige - vor dem Hintergrund des Patientenschutzes zu sehende und in einer Entschließung des Deutschen Bundestages aus 1982 (BT-Drucks. 9/2235; BT-Protokolle 9/137, S. 8548) zum Ausdruck gekommene - Intention des Gesetzgebers zu § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZHG hinreichend beachtet wurde, wonach die Approbation an Bewerber mit einer zahnmedizinischen Ausbildung im Ausland nur zu erteilen ist, "wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes unter Anlegung strenger Maßstäbe eindeutig nachgewiesen ist".

Der Senat hat zudem aus anderen Verfahren mit vergleichbarem Gegenstand Erkenntnisse, die die unter Berücksichtigung der Einstufungslisten gerechtfertigte Einschätzung der fehlenden Gleichwertigkeit einer zahnärztlichen Ausbildung in der Türkei mit einer Ausbildung nach deutschem Recht stützen. Die in den anderen Verfahren vorgelegten gutachtlichen Stellungnahmen und beispielsweise die Stellungnahmen der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen bei der Ständigen Konferenz der Kultusminister - ZAB - haben die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes verneint bezüglich einer 1974 abgeschlossenen zahnmedizinischen Ausbildung in I., einer zahnärztlichen Ausbildung an der Universität I. von November 1973 bis April 1979 bzw. eines 1988 dort abgeschlossenen Zahnmedizinstudiums, eines Studiums der Zahnheilkunde an der Universität A. von 1988 bis 1993 sowie eines 1998 abgeschlossenen Zahnmedizinstudiums an der Universität M.. Dies ist jeweils erfolgt auf der Grundlage der entscheidenden Aussage, dass insbesondere die türkischen Klinikpraktika in Umfang und Intensität nicht an die deutsche Ausbildung heranreichen. Auch wenn die zahnärztliche Ausbildung in der Türkei nicht zentral geregelt sein sollte, kann aber davon ausgegangen werden, dass das Curriculum im Wesentlichen landeseinheitlich bestimmt war und zeigen die gutachtlichen Äußerungen, dass die Annahme einer Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes nach Abschluss eines zahnmedizinischen Studiums in der Türkei, jedenfalls in Bezug auf Ausbildungen in den 70er, 80er und 90er Jahren, nicht gerechtfertigt ist. Dass es sich bei dem 1988 abgeschlossenen Studium des Klägers anders verhält, ist nicht ersichtlich, zumal entsprechende Praktika aus den vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen weder für das Studium noch für seine universitäre Zusatzausbildung erkennbar sind.

Soweit der Kläger auf absolvierte Fortbildungen und auf seine praktische Tätigkeit in Deutschland hinweist, ist dies für die Frage der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes unerheblich, weil es insoweit auf die Verhältnisse unmittelbar nach Abschluss des Studiums ankommt. Auch die Stellungnahmen der ZAB geben für das Begehren des Klägers nichts Entscheidendes her, weil sich diese - wie die ZAB selbst betont - grundsätzlich auf eine nominale und formale Vergleichbarkeit der Ausbildung mit einer Ausbildung in Deutschland in der Weise beziehen, ob ein wissenschaftliches Hochschulstudium vergleichbarer Dauer und vergleichbaren Umfangs nachgewiesen ist, sie aber wegen der Tätigkeit der ZAB als Einrichtung innerhalb der Kultusverwaltung und wegen ihres fehlenden Sachverstands bei gesundheitsrelevanten Fragen keine Aussagen zur materiellen Gleichwertigkeit eines (zahn-)medizinischen Ausbildungsstandes enthalten. Im Übrigen hat auch die ZAB in der Vergangenheit durchgängig alle zahnärztlichen Ausbildungen in der Türkei ausnahmslos als nicht gleichwertig eingestuft. Die in diesem Verfahren vorliegende Stellungnahme der ZAB ist zudem nur relevant in Bezug auf die Frage der Zulassung des Klägers zur Promotion und kann schon wegen dieses eingeschränkten Aussagegehalts nicht ausdehnend auf die Frage der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes i. S. d. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZHG bezogen werden.

Nach den vorstehenden Erwägungen kommt es nicht (mehr) entscheidend darauf an, welche Bedeutung den vom Kläger erfolglos absolvierten Prüfungsgesprächen beigemessen wird und ob diese - jedenfalls indiziell - gegen die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes des Klägers sprechen. Es ist aber dem Senat auf Grund mehrerer anhängiger entsprechender Verfahren aufgefallen, dass sich gerade auch bei Personen mit einer zahnärztlichen Ausbildung in der Türkei bei durchgeführten Fachgesprächen häufig im praktischen Bereich (zum Teil erhebliche) Mängel ergeben, die nach Ansicht der jeweiligen Sachverständigenkommission eine Beurteilung des Ausbildungsstandes als gleichwertig nicht zulassen.

Ende der Entscheidung

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