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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 22.08.2006
Aktenzeichen: 14 A 428/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 558 d
ZPO § 292
Ein Mietspiegel kann nicht verwaltungsgerichtlich daraufhin überprüft werden, ob er nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und deshalb qualifiziert im Sinne des § 558 d BGB ist. Das Urteil des BVerwG vom 26.1.1996 - 8 C 19.94 -, NJW 1996, 2046, gilt im Kern auch für einen qualifizierten Mietspiegel.
Tatbestand:

Die Klägerin, die als Eigentümerin Wohnraum vermietet, begehrt die Feststellung, dass ein Mietspiegel nicht qualifiziert im Sinne des § 558 d BGB sei. Die Klage und der Antrag auf Zulassung der Berufung hatten keinen Erfolg.

Gründe:

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache liegen nicht vor. Es bedarf keiner grundsätzlichen Klärung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, ob der qualifizierte Mietspiegel im Sinne des § 558 d BGB verwaltungsgerichtlich überprüft werden kann. Diese Frage kann nämlich auf der Grundlage des Urteils des BVerwG vom 26.1.1996, das einen Mietspiegel im Sinne des § 2 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe betraf, (ohne weiteres) verneint werden. Das BVerwG hat in dieser Entscheidung zunächst ausgeführt, dass der Mietspiegel kein Rechtsverhältnis darstelle, dessen Bestehen oder Nichtbestehen Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Klage sein könne. Ein kommunaler Mietspiegel begründe noch keine konkreten Rechtsbeziehungen mit Blick auf einen bereits überschaubaren Sachverhalt. Diese Feststellungen des BVerwG können uneingeschränkt auf einen qualifizierten Mietspiegel übertragen werden. Auch dieser begründet kein konkretes Rechtsverhältnis. Dies gilt gerade auch für die von der Klägerin zum Gegenstand des Verfahrens gemachte Frage, ob der Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und damit qualifiziert im Sinne des § 558 d BGB ist.

Das BVerwG hat in seinem Urteil vom 26.1.1996 weiter ausgeführt, die Aufstellung eines örtlichen Mietspiegels sei schlicht verwaltende Tätigkeit ohne bindende Außenwirkung. In diesem Zusammenhang hat es darauf hingewiesen, dass der Mietspiegel kein Beweismittel im Sinne der ZPO sei und das Gesetz auch keine Vermutung im Sinne des § 292 ZPO aufstelle, dass ein Mietspiegel die ortsübliche Vergleichsmiete tatsächlich wiedergebe. In dieser Hinsicht gilt für den qualifizierten Mietspiegel etwas anderes, da nach § 558 d Abs. 3 BGB vermutet wird, dass die in ihm bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben. Diese Vermutung ist allerdings nach § 292 ZPO widerlegbar, da das Gesetz nicht etwas anderes vorschreibt. Damit hat der qualifizierte Mietspiegel zwar eine weitergehende rechtliche Wirkung, deren Auswirkungen im konkreten Prozess über die Miethöhe allerdings gering sein dürften. Auch das BVerwG hat in der genannten Entscheidung zur damaligen Rechtslage bereits darauf hingewiesen, dass ein Gericht lediglich in Ausnahmefällen Einwendungen gegen die Richtigkeit eines Mietspiegels nachgehen wird. In Bezug auf eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle eines Mietspiegels gibt die Vermutungsregelung nach § 558 d Abs. 3 BGB deshalb nichts her. Auch weder den vom VG zitierten Gesetzesmaterialien noch der Entscheidung des BVerwG lässt sich etwas dafür entnehmen, dass der qualifizierte Mietspiegel anders als der Mietspiegel nach dem Gesetz zur Regelung der Miethöhe verwaltungsgerichtlich kontrolliert werden kann.

Vgl. in diesem Sinne auch Brüning, in der von der Klägerin eingereichten Abhandlung; Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle qualifizierter Mietspiegel, WM 2003, 303.

Auch die Hinweispflicht in einem Mieterhöhungsverlangen auf die Angaben in einem qualifizierten Mietspiegel nach § 558 a Abs. 3 BGB besagt nichts über eine verwaltungsgerichtliche Kontrollierbarkeit eines solchen Mietspiegels.

Ferner hat das BVerwG in dem Urteil vom 26.1.1996 darauf abgestellt, dass die Klagebefugnis fehle, weil Vorschriften über die Aufstellung von Mietspiegeln nicht dazu dienten, Rechte der Vermieter zu schützen. Das BVerwG hat in diesem Zusammenhang insbesondere betont, dass ein doppelter Rechtsschutz grundsätzlich zu vermeiden sei. Sonst könne ein Vermieter den Mietspiegel verwaltungsgerichtlich angreifen, ohne dass der Entscheidung für einen Prozess über die Miethöhe Bindungswirkung zukäme. Dieser Gesichtspunkt, der entscheidend gegen eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle eines Mietspiegels spricht, gilt uneingeschränkt auch für den Fall, dass es um seine Qualifizierung im Sinne von § 558 d BGB geht. Einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über die Gültigkeit eines "qualifizierten" Mietspiegels käme für die Beteiligten in einem Prozess über die Miethöhe keine Bindungswirkung zu. Ein solcher doppelter Rechtsschutz ist unbefriedigend und zur Vermeidung gegebenenfalls widersprechender Entscheidungen ist es entsprechend dem Urteil des BVerwG aus dem Jahr 1996 sachgerecht, die Kontrolle auch qualifizierter Mietspiegel den sachlich für Mieterhöhungsverlangen zuständigen Zivilgerichten zu überlassen. Soweit in dem von der Klägerin vorgelegten Aufsatz von Brüning die Auffassung vertreten wird, aus der Reichweite des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG folge, dass ein Mietspiegel, der nur von der Gemeinde und nicht auch von den Interessenvertretern anerkannt worden sei, verwaltungsgerichtlich überprüft werden könne, ist dem nicht zu folgen. Für den auch dann gewährten doppelten Rechtsschutz ist kein Bedarf. Er wird von Art. 14 GG nicht gefordert.

Ende der Entscheidung

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