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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 16.01.2008
Aktenzeichen: 14 A 461/07
Rechtsgebiete: GrStG, BewG


Vorschriften:

GrStG § 33 Abs. 1
BewG § 21
1. Mit Anerkennung des strukturell bedingten Leerstandes als berücksichtigungsfähig für einen Grundsteuererlass gemäß § 33 Abs.1 GrStG durch das Bundesverwaltungsgericht ist kein genereller Verzicht auf das Merkmal der "Atypizität" eines Leerstandes im Übrigen verbunden.

2. Erforderlich gewordene Modernisierungs- und/oder Sanierungsmaßnahmen bei älteren Objekten bedingen in der Regel noch keine "Atypizität" eines damit verbundenen Leerstandes.


Tatbestand:

Die Klägerin begehrt für mehrere Objekte einen Grundsteuererlass für das Jahr 2001. Zur Begründung beruft sie sich darauf, es seien wesentliche Ertragsminderungen aufgrund von Modernisierungs- oder Sanierungsmaßnahmen und der damit verbundenen Nichtvermietungen festzustellen. Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin ab, ein Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Klage hat das VG mit der Begründung abgewiesen, Modernisierungs- und/oder Sanierungsmaßnahmen bei einem alten Wohnungsbestand begründeten nicht die erforderliche "Atypizität" für einen für einen Grundsteuererlass berücksichtigungsfähigen Leerstand. Die vom VG zugelassene Berufung blieb erfolglos.

Gründe:

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den beantragten Grundsteuererlass gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG für das Jahr 2001.

Denn es fehlt an der als Voraussetzung für einen berücksichtigungsfähigen Leerstand erforderlichen "Atypizität".

Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerwG, vgl. u. a. Urteil vom 3.5.1991 - 8 C 13.89 -, BStBl. II 1992, 580, der sich der Senat in ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat, vgl. OVG NRW, Urteil vom 9.10.2007 - 14 A 2985/05 -, können die Voraussetzungen eines Grundsteuererlasses wegen Minderung des normalen Rohertrages (grundsätzlich) nur erfüllt sein, wenn der (geringe) Ertrag eines Grundstückes auf vorübergehend vorliegende Umstände zurückgeht, die im Vergleich zu den vom Gesetz erfassten Regelfällen atypisch sind. Dieser Grundsatz ist auch nicht dadurch in Zweifel zu ziehen, dass sich das BVerwG, vgl. Beschluss vom 24.4.2007 - GmS-OGB 1/07 -, ZKF 2007, 211, auf die Kritik des BFH, vgl. Beschluss vom 13.9.2006 - II R 5/05 -, BStBl. II 2006, 921, dessen Rechtsprechung angeschlossen hat und nunmehr auch strukturell bedingte Ertragsminderungen als Erlassgrund anerkennt.

Es ist nicht erkennbar, dass damit eine grundsätzliche Änderung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung verbunden ist in dem Sinn, dass auf den Gesichtspunkt der "Atypizität" in jedem Fall zu verzichten sei und damit im Ergebnis jeder Leerstand als für einen Grundsteuererlass berücksichtigungsfähig in Betracht kommen könnte.

Hiergegen spricht bereits die Formulierung im o.a. Beschluss des BVerwG vom 24.4.2007, wonach nicht nur atypische Ertragsminderungen sondern auch strukturell bedingte Ertragsminderungen in Betracht kommen.

Im Übrigen beruhte die frühere Rechtsprechung des BVerwG, soweit es den "strukturell bedingten Leerstand" betrifft, auf der Annahme, dass ein derartiger Leerstand bei der nächsten Hauptfeststellung i.S.v. § 21 BewG zu berücksichtigen sei. Dem ist der BFH im o.a. Beschluss vom 13.9.2006 mit dem Argument entgegengetreten, dass der Gesetzgeber die Hauptfeststellung ausgesetzt habe. Daraus ist zu schließen, dass das BVerwG die Abweichung von seiner bisherigen Rechtsprechung, die im o.a. Beschluss vom 24.4.2007 allerdings nicht begründet worden ist, gerade auf dieses Argument des BFH gestützt hat, das sich speziell auf die Frage des "strukturell bedingten Leerstandes" bezieht. Dass das BVerwG eine Änderung seiner Rechtsprechung auch hinsichtlich anderer Fallkonstellationen habe vornehmen wollen, kann daraus nicht gefolgert werden.

Ist somit weiterhin von dem Grundsatz der "Atypizität" des Leerstandes als Voraussetzung für den hier in Rede stehenden Erlass der Grundsteuer auszugehen, lässt sich ein durch die Modernisierungs-/Sanierungsmaßnahmen bedingter atypischer Leerstand nicht feststellen.

Die Situation, dass ein Immobilienunternehmen (Vermieter) seinen Wohnungsbestand maßgerecht modernisiert, um ihn auch weiterhin einer möglichst effektiven wirtschaftlichen Verwertung zuzuführen, oder saniert, um durch Zeitablauf und/oder Nutzung bedingte Beeinträchtigungen der Bausubstanz zu beseitigen, und der daraus folgende zeitweise Leerstand fallen nicht aus dem Rahmen einer üblichen Wohnungsbewirtschaftung. Derartige Erfordernisse sind zwangsläufig mit dem Vermieten älterer Objekte verbunden. Jedem Vermieter solcher Objekte ist es von vornherein bekannt, dass grundlegende Modernisierungs- oder Sanierungsmaßnahmen, wenn auch in längeren, nicht genau festzulegenden Zeitabschnitten, auf ihn zukommen. Er kann und hat sich darauf einzurichten. Solche Maßnahmen fallen typischerweise in den Risikobereich des jeweiligen Eigentümers.

Dem lässt sich auch nicht entgegen halten, (umgekehrt) sei es der Klägerin verwehrt, sich auf einen Leerstand zu berufen, falls dieser durch ein Unterlassen der hier in Rede stehenden Maßnahmen bedingt wäre, weil die Objekte nicht in einem vermietungsfähigen Zustand gehalten worden seien.

Der Umkehrschluss, dass der Leerstand, der der Durchführung von Renovierungsmaßnahmen dient, erlassfähig sein müsse, ist nicht zwingend. Ein Eigentümer hätte einen durch Unterlassen von Renovierungsmaßnahmen bedingten Leerstand allenfalls dann zu vertreten, wenn es sich um Renovierungsmaßnahmen im üblichen Rahmen einer Wohnungsbewirtschaftung handeln würde. Auf außergewöhnlichen Ereignissen beruhende Renovierungsmaßnahmen dürften demgegenüber einen Erlassgrund darstellen. Wenn aber gerade das Unterlassen üblicher und damit "typischer" Renovierungsmaßnahmen keinen Erlassgrund darstellt, dann können diese Renovierungsmaßnahmen im Gegenzug bei ihrer Durchführung nicht als "atypisch" bezeichnet werden.

Der Leerstand ist vorliegend nicht auf eine nachhaltige und länger andauernde Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse zurückzuführen und damit auch nicht als strukturell bedingter Leerstand anzusehen.

Ende der Entscheidung

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