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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 04.10.2006
Aktenzeichen: 14 B 1035/06
Rechtsgebiete: DPO, HG NRW vom 14.3.2000


Vorschriften:

DPO § 2 Abs. 2
DPO § 3 Abs. 1 Satz 2
DPO § 3 Abs. 4
DPO § 3 Abs. 4 Satz 1
DPO § 3 Abs. 4 Satz 3
DPO § 5 Abs. 4
DPO § 7
DPO § 7 Abs. 1
DPO § 8 Abs. 1
DPO §§ 12ff
DPO § 14
DPO § 14 Abs. 2 Nr. 2
DPO § 15 Abs. 1
HG NRW vom 14.3.2000 §§ 92 ff.
Die Anforderungen an das Antwort-Wahl-Verfahren im Rahmen von Fachprüfungen zur Diplom-Vorprüfung.
Tatbestand:

Der Antragsteller hat eine Fachprüfung für das Vordiplom im universitären Studiengang Betriebswirtschaftslehre in drei Versuchen und damit nach der Prüfungsordnung endgültig nicht bestanden. Sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, zu einer erneuten Fachprüfung zugelassen zu werden, hatte in der Beschwerdeinstanz Erfolg.

Gründe:

Der Antragsteller hat entgegen der Auffassung des VG glaubhaft gemacht, dass die drei von ihm bisher absolvierten Prüfungsversuche der Fachprüfung im Fach Betriebswirtschaftslehre B im Studiengang Betriebswirtschaftslehre fehlerhaft waren. Unbeschadet der Frage, ob dies für alle drei Prüfungen zur Folge hat, dass sie als nicht unternommen zu werten sein werden, hat er jedenfalls einen Anspruch darauf glaubhaft gemacht, vorläufig zu einer erneuten Fachprüfung zugelassen zu werden. Das umschließt den Anspruch auf vorläufige Bewertung dieser Prüfungsleistung.

Das VG ist davon ausgegangen, dass nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass einer der drei vom Antragsteller absolvierten Prüfungsversuche der Fachprüfung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 DPO "Planungs- und Kontrollrechnung (Betriebswirtschaftslehre B)" rechtsfehlerhaft durchgeführt worden sei. Die Aufgabenstellung und das Verfahren bei der Leistungserbringung seien nicht zu beanstanden. Die Möglichkeit, die Fachprüfungen zum Teil im Antwort-Wahl-Verfahren abzunehmen, sei in § 3 Abs. 4 Satz 3 DPO in der am 18.8.2004 beschlossenen Fassung ausreichend normativ verankert worden. Das untergesetzliche Rechtssetzungsorgan könne das Antwort-Wahl-Verfahren abweichend von der Regelung in der Ärztlichen Approbationsordnung regeln und sei insoweit frei, jedenfalls bis zur Grenze der Untauglichkeit des Leistungsbemessungsverfahrens. Die vom Antragsgegner zugrunde gelegte Bestehensregel sei seit Jahren üblich.

Der Senat lässt offen, ob die dagegen vom Antragsteller erhobenen verfahrensrechtlichen Einwendungen durchgreifen. Jedenfalls genügt das Bewertungsverfahren nicht den besonderen Anforderungen des Antwort-Wahl-Verfahrens.

Rechtsgrundlage für die umstrittenen Fachprüfungen sind §§ 92 ff. HG NRW vom 14.3.2000, GV. NRW. S. 190, i. V. m. der Diplomprüfungsordnung (DPO) für den Studiengang Betriebswirtschaftslehre an der Universität L. vom 29.7.2002 in der jeweils geltenden Fassung. Die Diplomprüfungsordnung enthält Regelungen über den Prüfungsstoff, das Prüfungsverfahren und die Bestehensvoraussetzungen. Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 DPO bestimmen sich die Gegenstände von Fachprüfungen durch die Inhalte der nach der Studienordnung jeweils maßgebenden Lehrveranstaltungen. In Klausurarbeiten soll ein Prüfling nach Satz 2 dieser Vorschrift nachweisen, dass er in begrenzter Zeit und mit beschränkten Hilfsmitteln Probleme mit den geläufigen Methoden des jeweiligen Faches erkennen und Wege zu ihrer Lösung finden kann. Durch die Diplom-Vorprüfung soll ein Prüfling gemäß § 12 DPO nachweisen, dass er das Ziel des Grundstudiums erreicht und die Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat, die erforderlich sind, um das weitere Studium mit Aussicht auf Erfolg in einem angemessenen Zeitraum zu betreiben. Gemäß § 14 DPO besteht die Diplom-Vorprüfung aus 7 studienbegleitenden, § 3 Abs. 1 Satz 2 DPO, Fachprüfungen in 4 Fächern, von denen eine in zwei Teilprüfungen zerlegt ist, also aus insgesamt 8 Prüfungen, jeweils in Form einer zweistündigen Klausur. Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 DPO in der am 18.8.2004 beschlossenen Fassung können diese Klausuren ganz oder in Teilen in der Form von Multiple-Choice-Aufgaben gestellt werden. Die Prüfer stellen gemäß § 5 Abs. 4 DPO die Klausuraufgaben und bewerten sie gemäß § 7 DPO nach dem Zweiprüferprinzip. Eine Prüfungsleistung (Fach- oder Teilprüfung) ist gemäß § 8 Abs. 1 DPO bestanden, wenn mindestens die Note "ausreichend (4,0)", die Diplom-Vorprüfung ist gemäß § 15 Abs. 1 DPO bestanden, wenn in jeder Fach- oder Teilprüfung mindestens die Note "ausreichend" erzielt wurde.

Außer der Erwähnung des Antwort-Wahl-Verfahrens in § 3 Abs. 4 Satz 3 DPO enthält die Diplomprüfungsordnung keine besonderen Regelungen für diese Prüfungsform. Damit unterscheidet sich die rechtliche Ausgangssituation von derjenigen, die den Entscheidungen des BVerfG zu ärztlichen Antwort-Wahl-Prüfungsverfahren,

Beschlüsse vom 14.3.1989 - 1 BvR 1033/82 u.a. -, BVerfGE 80, 1, und 17.4.1991 - 1 BvR 1529/84 u.a. -, BVerfGE 84, 59, zugrunde lag. Der Senat geht der Frage nicht nach, ob und inwieweit sich den Erwägungen des BVerfG für ein bundesweit nach einheitlichen Regeln durchzuführendes Prüfungsverfahren, die sich auf die dort vorgefundene normative Grundlage beziehen, Grundsätze für die normativen Anforderungen an örtlich begrenzte Hochschulfachprüfungen im Antwort-Wahl-Verfahren zu entnehmen sind. Der Senat lässt deshalb offen, ob besondere Regelungen für das Antwort-Wahl-Verfahren satzungsrechtlich erfolgen müssen, wie der Antragsteller unter Berufung auf eine Entscheidung des Sächs. OVG, Beschluss vom 10.10.2002, - 4 BS 328/02 -, DÖV 2003, 728 = NVwZ-RR 2003, 853, meint.

Die in Rede stehenden Prüfungen bedürfen allerdings wegen der strukturellen Eigenart des Antwort-Wahl-Verfahrens jeweils abstrakt-genereller Regeln entsprechend den prüfungsrechtlichen Grundsätzen, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip ergeben, die von denjenigen für herkömmliche schriftliche Prüfungsleistungen abweichen.

Vgl. BVerfG, a. a. O.

Dass diesen Anforderungen genügende Regeln für einzelne oder alle Klausuren bestanden haben, lässt sich weder dem Vorbringen der Verfahrensbeteiligten noch dem übrigen Akteninhalt entnehmen.

Die strukturelle Besonderheit des Antwort-Wahl-Verfahrens liegt darin, dass die Prüfungsleistung je nach gewähltem Prüfungs- und Auswertungsmodus nur in einem Ankreuzen oder Nichtankreuzen oder in einer anderweitigen Benennung der für richtig oder falsch gehaltenen, z. T. auch der nicht gewussten Antworten besteht. Der Prüfling hat keine Möglichkeit, die von ihm gewählte Antwort zu begründen und so zusätzliche Grundlagen für die Bewertung seiner Prüfungsleistung durch die Prüfer zu schaffen. Nach Abschluss der Prüfung findet nur noch eine rechnerische Auswertung statt, die keinen Raum für eine wertende Beurteilung lässt. Die eigentliche Prüfertätigkeit ist vorverlagert. Alle prüfungsrechtlich bedeutsamen Entscheidungen einschließlich der prüfungsspezifischen Wertungen müssen bei der Auswahl des Prüfungsstoffes, der Ausarbeitung der Fragen, der Festlegung der Antwortmöglichkeiten und der Wahl des Auswertungsmodus getroffen werden. Dies erfolgt nicht in einer konkreten Prüfungssituation in Bezug auf bestimmte Prüflinge, sondern abstrakt und generell, und zwar hier für alle Studenten im gemeinsamen Grundstudium der Studiengänge Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspädagogik an der Universität L., vgl. §§ 2 Abs. 2 und 12ff DPO.

Das BVerfG hat in den genannten Entscheidungen im Hinblick auf die Grundrechtsgebundenheit von Prüfungen, die subjektive Berufszugangsschranken sind, Grundsätze für die Durchführung von Multiple-Choice-Prüfungen aufgestellt. Danach sind bei Prüfungen in dieser Form die Voraussetzungen für den Erfolg oder Mißerfolg vorher festzulegen. Dazu genügt nicht die Bestimmung einer absoluten Bestehensgrenze. Erforderlich ist auch die Bestimmung einer Bestehensgrenze im Verhältnis zu einer für möglich erachteten Höchstleistung oder einer Normalleistung. Das BVerfG hat dies daraus gefolgert, dass es nach dem - damaligen - Stand der Erfahrung und der Testtheorie nicht möglich ist, den Schwierigkeitsgrad von Prüfungen im Antwort-Wahl-Verfahren zuverlässig vorauszusagen oder gar zu steuern. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Erkenntnislage in der Zwischenzeit insoweit entscheidungserheblich verändert haben könnte, hat der Senat nicht. Da es keine nachfolgenden Prüferbewertungen gibt, in denen zu Tage tretenden ungewollten Schwankungen im Schwierigkeitsgrad der Prüfungen verschiedener Termine Rechnung getragen oder in der auf Fehler oder Missverständlichkeiten in der Aufgabenstellung eingegangen werden kann, müssen insoweit Regeln und Mechanismen vorher festgelegt werden. Daran fehlt es hier, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt.

Die Erläuterungen zu den Klausuren, der vom Antragsteller nicht ernsthaft angegriffene Vortrag des Antragsgegners und das von diesem vorgelegte Informationsblatt von Oktober 2002 über die Bewertung und Benotung von Fachprüfungen haben zum Inhalt: Die zweistündigen Fachprüfungen bestehen aus einem oder mehreren Aufgabenblöcken, in denen maximal 120 Punkte erzielbar sind. Den Aufgabenblöcken wird jeweils eine Höchstpunktzahl zugeordnet, die mit ihrem zeitlichen Gewicht in der Gesamtklausur korrespondiert. Die Bestehensgrenze liegt grundsätzlich bei 50% der in der Gesamtklausur maximal erreichbaren Punkte. Bei Aufgabenblöcken in Fachprüfungen des Grundstudiums, die die Inhalte von zwei gleichgewichtigen, fachlich eigenständigen Lehrveranstaltungen zum Gegenstand haben, sind die in jedem Aufgabenblock zu erzielenden Mindestpunktzahlen festzulegen, die in der Summe mindestens 60 ergeben müssen. Die erzielte Punktzahl wird "letztverantwortlich durch einen (der) Prüfer für die Klausurarbeit als Ganzes" nach einer Tabelle in eine Note gemäß § 7 Abs. 1 DPO transformiert.

Dementsprechend bestanden die drei Klausuren in den vom Antragsteller absolvierten Prüfungsversuchen jeweils aus zwei Aufgabenblöcken mit jeweils einer Höchstpunktzahl von 60. Bei jedem Aufgabenblock waren mindestens 30 Punkte zu erzielen. Nach einer seit Jahren üblichen Prüferpraxis konnte die Unterschreitung der Mindestpunktzahl in einem der Aufgabenblöcke um bis zu drei Punkte durch entsprechend höhere Punktzahlen in dem anderen Block ausgeglichen werden.

Die Aufgabenblöcke B1 der Klausuren bestanden jeweils aus insgesamt 60 im Antwort-Wahl-Verfahren zu bearbeitenden Aufgaben. Die Aufgabenblöcke B2 hatten einen Teil mit 20 im Antwort-Wahl-Verfahren zu bearbeitenden Aufgaben mit der Höchstpunktzahl 20 und einen Teil mit mehreren in herkömmlicher Art gestellten Aufgaben, denen jeweils unterschiedliche Punktzahlen zugeordnet waren, mit der Höchstpunktzahl 40. Das gewählte einfache Antwort-Wahl-Verfahren forderte von dem Prüfling, eine vorgegebene Aussage als richtig oder falsch zu beurteilen.

Bei der Auswertung der Prüfungsleistungen im Antwort-Wahl-Verfahren wurden zwei verschiedene Methoden angewendet, deren Beschreibung jeweils dem Aufgabentext vorangestellt war.

Bei dem Aufgabenblock B1 der Klausur I 2006 und den Antwort-Wahl-Anteilen im Aufgabenblock B2 aller drei Klausuren war zu jeder Aussage die Einschätzung "richtig" oder "falsch" niederzuschreiben. Für jede korrekte Einschätzung gab es einen Pluspunkt, für jede nicht korrekte Einschätzung einen Minuspunkt, jedoch nicht weniger als insgesamt 0 Punkte, und für eine fehlende Einschätzung keinen Punkt.

Bei dem Aufgabenblock B1 der Klausuren I und II 2005 wurde ein anderes Verfahren gewählt. Es wurden 12 Aufgaben mit jeweils 5 Aussagen gestellt. Es bestand Antwortzwang, d. h. die Richtigkeit aller Aussagen musste eingeschätzt werden. Das geschah dadurch, dass der Prüfling die von ihm als richtig beurteilten Aussagen anzukreuzen hatte. Alle nicht angekreuzten Aussagen galten als von ihm als falsch beurteilt. Waren in einer Aufgabe alle 5 Antwortvorgaben korrekt eingeschätzt, ergab dies 5 Punkte, bei 4 korrekten Einschätzungen 3 Punkte und bei 3 korrekten Einschätzungen 1 Punkt, ansonsten 0 Punkte.

Der Senat hat Zweifel, ob eine absolute Bestehensgrenze, wenn sie sich auf derartige Beantwortungs- und Auswerteverfahren bezieht, den Anforderungen an eine Prüfung standhält, die den Zugang zu einem Beruf beschränkt. Denn die ermittelte und für das Bestehen maßgebliche Punktzahl spiegelt nur im Ausnahmefall unmittelbar wieder, welche berufsbezogenen Kenntnisse der Prüfling durch richtige Antworten nachgewiesen hat. Jedenfalls enthalten beide Beantwortungs- und Auswerteverfahren keine Elemente, um den erforderlichen Zusammenhang zwischen einer Normalleistung und einer Bestehensgrenze herzustellen. Der Antragsgegner hat auch nicht vorgetragen, dass ein solcher Zusammenhang auf andere Weise hergestellt worden ist oder werden könnte. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass es in den hier zu beurteilenden Fachprüfungen entgegen den Annahmen des BVerfG in den oben genannten Entscheidungen möglich wäre, über viele Prüfungstermine hinweg auch ohne Korrektiv ein Schwierigkeitsniveau einzuhalten, dessen unvermeidliche Schwankungen innerhalb eines tolerablen Spielraums bleiben. Damit fehlt in allen drei Prüfungen ein für Antwort-Wahl-Verfahren bei berufsspezifischen Prüfungen verfassungsrechtlich unerlässliches Element. Welches der für die Herstellung eines Zusammenhangs zwischen einer Normalleistung und einer Bestehensgrenze bestehenden Modelle der Antragsgegner oder die jeweiligen Prüfer wählen, hat der Senat nicht zu entscheiden. Insbesondere besteht kein Anlass, die Betrachtung auf die für die ärztlichen Prüfungen bestehenden Regelungen zu verengen.

Der Senat weist vorsorglich noch auf Folgendes hin:

- Die Diplomprüfungsordnung normiert für den Regelfall das Zweiprüferprinzip. Dessen Einhaltung ist weder bei den drei Klausuren des Antragstellers ersichtlich noch findet es im Informationsblatt des Antragsgegners von Oktober 2002 Niederschlag. Zudem dürfte dieses Prinzip bei der Anwendung des Antwort-Wahl-Verfahrens zur Folge haben, dass sich alle gemäß § 7 Abs. 1 DPO an der Benotung beteiligten Prüfer - das sind gemäß Abs. 2 Satz 1 mindestens zwei - an den in typischer Weise vorverlagerten Prüfertätigkeiten beteiligen müssen.

- Das in den Klausuren gewählte einfache, nur auf die Einschätzung als richtig oder falsch abstellende Antwort-Wahl-Verfahren birgt ein hohes, bei 50% liegendes Raterisiko. Es ist deshalb zwar verständlich, dass die Prüfer durch die von ihnen gewählten Methoden der Auswertung versucht haben, dem zu begegnen. Allerdings führen diese Methoden außer im Extremfall, dass alle Fragen richtig oder gegebenenfalls nicht beantwortet worden sind, dazu, dass positiv erbrachte Testleistungen als nicht erbracht gewertet werden, weil das Prüfungsverfahren die genannte ausgeprägte strukturelle Schwäche hat. Die naheliegendere Frage ist dann, ob das Prüfungsverfahren für Prüfungen dieser Qualität geeignet ist. - Der Senat hat außerdem Zweifel, ob die für den Aufgabenblock B1 in den Klausuren I und II 2005 gewählte Auswertemethode geeignet ist, zuverlässige Aussagen über die Qualifikation der Prüflinge zu gewinnen. Dieses Auswertesystem hat zur Folge, dass Kenntnismängeln unterschiedliches Gewicht beigemessen wird, je nachdem, ob sie sich in den einzelnen Aufgaben konzentriert (z. B.: 6x5=30 richtige Antworten ergeben 30 Punkte, selbst wenn ansonsten 30 falsche Antworten gegeben wurden) oder verteilt (z. B.: 8x4 und 4x3 richtige Antworten, also 44 richtige Antworten ergeben nur 28 Punkte, obwohl nur 16 falsche Antworten gegeben wurden) zeigen. Die Erläuterung des Antragsgegners ist nicht geeignet, die Bedenken des Senats zu verringern. Es mag sein und erscheint auch sinnvoll und naheliegend, dass die 12 Aufgaben jeweils einen abgrenzbaren Teilbereich aus dem zu erlernenden Stoffgebiet behandeln. Es ist aber nicht nachvollziehbar, dass dies bei den 5 Fragestellungen in jeder Aufgabe jeweils in unterschiedlichem, ansteigendem Wissensniveau geschieht. Denn die Prüfer haben jeder dieser Fragestellungen einheitlich einen Punkt zugewiesen, also nicht nach Schwierigkeitsgrad differenziert. Im Übrigen ist die Annahme des Antragsgegners, dass ein Prüfling in einer konkreten Prüfung gleichbleibend leichtere Fragen richtig und schwerere Fragen falsch beantwortet, ein von der Lebenswirklichkeit, u. a. in den Klausuren des Antragstellers, widerlegtes Konstrukt.

Ein Anordnungsgrund ist gegeben. Die begehrte einstweilige Anordnung ist unter dem Gesichtspunkt der Wissenserhaltung erforderlich, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Denn die Gegenstände der Fachprüfung werden gemäß § 3 Abs. 4 DPO durch die Inhalte der jeweils maßgebenden Lehrveranstaltung bestimmt. Das hätte zur Folge, dass der Antragsteller bei einem Obsiegen im Hauptsacheverfahren Gefahr liefe, dass maßgebliche Wissen nicht mehr präsent zu haben und außer der Fachprüfung auch noch eine entsprechende Lehrveranstaltung wiederholen müsste.

Ende der Entscheidung

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