Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 01.09.2005
Aktenzeichen: 14 E 650/04
Rechtsgebiete: VwGO, StBGebVO, RBerG, StBerG, II. WoBauG, BGB


Vorschriften:

VwGO § 67 Abs. 1 Satz 5
VwGO § 162 Abs. 1
VwGO § 162 Abs. 2 Satz 1
StBGebVO § 45
RBerG Art. 1 § 1
RBerG Art. 1 § 4 Abs. 3
RBerG Art. 1 § 4 Abs. 5 Nr. 1
RBerG Art. 1 § 4 Abs. 5 Nr. 2
RBerG Art. 1 § 4 Abs. 5 Nr. 3
StBerG § 3 Abs. 1
StBerG § 32 Abs. 1
II. WoBauG § 82
II. WoBauG § 83 Abs. 1
BGB § 134
Zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Steuerberaters für die verwaltungsgerichtliche Vertretung in anderen als steuerrechtlichen Angelegenheiten.
Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Erstattungsfähigkeit von Kosten für die gerichtliche Vertretung durch einen Steuerberater in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren betreffend die Anerkennung von Wohnraum gemäß § 82 II. WoBauG. Der Kostenbeamte lehnte den Antrag auf Kostenfestsetzung ab. Erinnerung und Beschwerde blieben erfolglos.

Gründe:

Zutreffend hat sich das VG auf den Standpunkt gestellt, bei dem Gegenstand des vorliegenden Verfahrens handele es sich nicht um eine steuerrechtliche Angelegenheit im Sinne von § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F., so dass für die geltend gemachten Kosten des Steuerberaters § 45 StBGebVO nicht anwendbar sei. Zwar ist die Anerkennung einer Wohnung als steuerbegünstigt notwendiger Bestandteil des gesamten Besteuerungsverfahrens. Mit der Regelung des § 83 Abs. 1 Satz 1 II. WoBauG, wonach über den Antrag auf Anerkennung die Stelle entscheidet, welche die für das Wohnungs- und Siedlungswesen zuständige oberste Landesbehörde bestimmt, hat der Gesetzgeber jedoch das Anerkennungsverfahren den Finanzbehörden und den an deren Stelle für die Erhebung von Steuern tretenden Behörden entzogen. Sinn dieser Regelung ist es, die Voraussetzungen des § 82 II. WoBauG, somit insbesondere die Berechnung der Wohnflächengrenzen, von der dazu fachlich kompetenten und sachnäheren Behörde feststellen zu lassen. Damit hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass diese Feststellung gerade nicht dem Aufgabenbereich der Finanzbehörden, der die Bearbeitung von Steuersachen zum Gegenstand hat, zuzuordnen ist.

Nichts anderes gilt, soweit der Gesetzgeber durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24.8.2004 (BGBl. I, 2198) § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO der Regelung des § 67 Abs. 1 Satz 5 VwGO angepasst und anstelle des Begriffs "Steuersache" den Begriff "Abgabenangelegenheit" in § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO n.F. aufgenommen hat. Denn diese Änderung wirft allenfalls die Frage auf, ob sie eine Erweiterung von Steuersachen auf andere Abgabensachen beinhaltet, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24.1.2005 - 4 E 1437/04 -, KStZ 2005, 132, betrifft aber nicht die Zuweisung gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 II. WoBauG.

Eine Erstattungsfähigkeit der von den Klägern geltend gemachten Kosten kommt nicht aufgrund der allgemeinen Regelung des § 162 Abs. 1 VwGO in Betracht. Kosten im Sinne dieser Vorschrift sind die Gerichtskosten sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Hierzu zählen nicht die Aufwendungen für einen Bevollmächtigten, der unter Verletzung von Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes die Vertretung übernommen hat, also die Rechtsangelegenheit unerlaubt besorgt hat. Dies ergibt sich daraus, dass bei einem Verstoß gegen die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes der Geschäftsbesorgungsvertrag wegen der Vertretung gemäß § 134 BGB nichtig ist mit der Folge, dass vertragliche Primäransprüche des Bevollmächtigten gegen den Mandanten entfallen - also keine "zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen" im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO entstehen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27.6.1991 - 3 B 1858/90 -, JURIS, m.w.N.

Der Bevollmächtigte der Kläger bedurfte für die Vertretung einer Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG, da er eine fremde Rechtsangelegenheit geschäftsmäßig besorgt hat. Hiervon war er auch nicht nach Art. 1 § 4 RBerG i.V.m. §§ 3 Abs. 1 und 32 Abs. 1 StBerG befreit, wonach er als Steuerberater zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist. Denn in dem Verfahren auf Anerkennung von Wohnraum als steuerbegünstigt gemäß § 82 II. WoBauG ging es nicht um eine Steuersache. Dass die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen nicht zur Rechtsbesorgung in sonstigen Angelegenheiten ermächtigt, wird durch Art. 1 § 4 Abs. 3 RBerG klargestellt.

Ebenso wenig durfte der Bevollmächtigte der Kläger als Steuerberater gemäß Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG die Vertretung im gerichtlichen Verfahren übernehmen. Nach der genannten Bestimmung stehen die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes dem nicht entgegen, dass u.a. Steuerberater in Angelegenheiten, mit denen sie beruflich befasst sind, auch die rechtliche Bearbeitung übernehmen, soweit diese mit ihren Aufgaben in unmittelbarem Zusammenhang steht und diese Aufgaben ohne die Rechtsberatung nicht sachgemäß erledigt werden können. Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG spricht im Gegensatz zu den Nrn. 1 und 3, wo von der "Erledigung" rechtlicher Angelegenheiten die Rede ist, lediglich von der "rechtlichen Bearbeitung". Dieser Ausdruckswechsel kann nicht als zufällig angesehen werden. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Begriff "Bearbeitung" um den engeren Begriff handelt. Unter "Bearbeitung" ist die prüfende und begutachtende Tätigkeit als solche zu verstehen, die zwar das Aufdecken rechtswidriger oder rechtlich unzweckmäßiger Tatbestände wie auch das Aufzeigen rechtlicher Lösungsmöglichkeiten umfasst, nicht aber deren Verwirklichung. Denn die Verwirklichung hat die "Erledigung" der jeweiligen Angelegenheit zur Folge, die u.a. dem Steuerberater nach der Regelung des Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG gerade nicht zukommt. Die Vertretung eines Mandanten im gerichtlichen Verfahren dient aber gerade der Verwirklichung von dessen rechtlichen Interessen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22.9.1980 - 2 B 976/80 -, KStZ 1981, 156, und vom 27.1.1965 - II B 783/64 -, VerwRSpr., Bd. 17, Nr. 103; LG Dresden, Urteil vom 21.1.1997 - 41 O 680/97 -, AnwBl. 1998, 221; offen gelassen: OVG NRW, Beschluss vom 27.6.1991 - 3 B 1858/90 -, a.a.O.

Ende der Entscheidung

Zurück