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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 12.06.2007
Aktenzeichen: 15 A 1243/05
Rechtsgebiete: VwVfG NRW, ANBest-G


Vorschriften:

VwVfG NRW § 49
ANBest-G § 3
Eine Gemeinde verstößt nicht gegen eine einem Zuwendungsbescheid beigefügte Auflage, bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des Zuwendungszwecks die nach dem Gemeindehaushaltsrecht anzuwendenden Vergabegrundsätze zu beachten, wenn sie den mit der Zuwendung geförderten Auftrag im Wege genehmigten vorzeitigen Beginns vor Erlass des Zuwendungsbescheides unter Verstoß gegen Vergabegrundsätze vergibt.
Tatbestand:

Dem klagenden Kreis bewilligte die beklagte Bezirksregierung u.a. eine Zuwendung zur Untersuchung der Möglichkeiten der Sanierung eines bodenverunreinigten Geländes. Dem Zuwendungsbescheid war als Nebenbestimmung Nr. 3 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden (GV) (ANBest-G) beigefügt, die bestimmt: "Bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des Zuwendungszwecks sind die nach dem Gemeindehaushaltsrecht anzuwendenden Vergabegrundsätze zu beachten." Bereits zuvor hatte die Beklagte dem vorzeitigen Baubeginn zugestimmt, woraufhin der Kläger ebenfalls vor Erlass des Zuwendungsbescheides den Auftrag freihändig vergab. Die Beklagte widerrief - neben einer weiteren Bewilligung für die Sanierung selbst - auch diesen Zuwendungsbescheid teilweise und forderte den entsprechenden Betrag zurück, weil der Kläger gegen die Auflage verstoßen habe. Die dagegen gerichtete Klage wurde hinsichtlich der Zuwendung für die Sanierung abgewiesen, während sie hinsichtlich der Zuwendung für die Sanierungsuntersuchung in beiden Instanzen Erfolg hatte.

Gründe:

Der Widerruf hinsichtlich der die Sanierung betreffenden Zuwendungen rechtfertigt sich aus § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. VwVfG NRW. Nach dieser Vorschrift kann ein Verwaltungsakt, der eine Geldleistung gewährt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht erfüllt hat. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Nr. 3 ANBest-G stellt eine Auflage dar.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22.2.2005 - 15 A 1065/04 -, NWVBl. 2005, 344.

Inhalt der Auflage ist, bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des Zuwendungszwecks die nach dem Gemeindehaushaltsrecht anzuwendenden Vergabegrundsätze zu beachten. Damit nimmt die Auflage Bezug auf § 31 Abs. 2 der damals geltenden Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO a.F.), wonach bei der Vergabe von Aufträgen die Vergabegrundsätze anzuwenden sind, die das Innenministerium bekannt gibt (vgl. heute § 25 GemHVO). Diese Vergabegrundsätze sind im Runderlass des Innenministeriums vom 15.6.1993 (MBl. NRW 1993 S. 1187) niedergelegt. Nach Nr. 2 Buchstabe a sind Vergabegrundsätze die Teile A und B der Verdingungsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Anlagen 1 und 2 des Runderlasses des Ministeriums für Bauen und Wohnen vom 15.3.1993 (VOB). Nach § 3 Nr. 2 VOB/A (MBl. NRW 1993 Seite 1128) muss eine öffentliche Ausschreibung stattfinden, wenn nicht die Eigenart der Leistung oder besondere Umstände eine Abweichung rechtfertigen. Eine beschränkte Ausschreibung ist nach § 3 Nr. 3 Abs. 1 Buchstabe c VOB/A zulässig, wenn die öffentliche Ausschreibung aus anderen als den - hier nicht in Betracht kommenden - Gründen der Buchstaben a und b unzweckmäßig ist, etwa wegen Dringlichkeit oder Geheimhaltung.

Solche Gründe lagen nicht vor. (Wird ausgeführt.)

Die Rückforderung der Zuwendung (für die Sanierung) rechtfertigt sich aus § 49a Abs. 1 VwVfG NRW.

Demgegenüber sind die Zuwendungen hinsichtlich der Sanierungsuntersuchung zu Unrecht widerrufen und zurückgefordert worden. Der Kläger hat nämlich nicht im Sinne des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG NRW gegen eine Verpflichtung verstoßen, eine Auflage zu erfüllen. Zwar bestand auch hier die Verpflichtung nach Nr. 3 ANBest-G, die Vergabevorschriften einzuhalten. Indes entfaltete diese Auflage erst äußere Wirksamkeit mit Bekanntgabe des Bescheides (§ 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW), mithin nicht vor dem 13.9.1995. Nach dem Inhalt der Auflage entfaltete sie auch erst ab diesem Zeitpunkt Wirkung, da ihr keine Rückwirkung beigelegt war ("Bei der Vergabe ... sind ... Vergabegrundsätze zu beachten.") Der Auftrag wurde jedoch mit Zustimmung der Beklagten bereits am 16.5.1995 vergeben, also bevor die Auflage wirksam war. Ob die Klägerin allgemein gegen gemeindehaushaltsrechtliche Vorgaben zur Einhaltung von Vergabebestimmungen oder gegen eine Rundverfügung verstoßen hat, ist unerheblich. Dabei handelt es sich nämlich nicht um Auflagen im Sinne des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG NRW.

Soweit in der Literatur gelegentlich die rückwirkende Anwendung einer Verpflichtung zur Anwendung des Vergaberechts in Auflageform vertreten wird, vgl. etwa Attendorn, Der Widerruf von Zuwendungsbescheiden wegen Verstoßes gegen Vergaberecht, NVwZ 2006, 991 (992), ist dies allenfalls dann richtig, wenn die Auflage ihrem Inhalt nach rückwirkend in Kraft treten soll. Das ist hier nicht der Fall, so dass die Auflage wegen der bereits vorher getätigten Vergabe ins Leere lief. Der Kläger hatte im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Zuwendungsbescheides und danach keine Vergaben zur Erfüllung des Zuwendungszwecks mehr vorzunehmen und hat dies auch nicht getan. Damit kann ein Verstoß gegen eine Auflage nicht festgestellt werden.

Ende der Entscheidung

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