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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 26.11.2002
Aktenzeichen: 15 A 1833/01
Rechtsgebiete: KAG NRW, BauGB


Vorschriften:

KAG NRW § 8
BauGB §§ 45 ff.
Ein eingeleitetes Umlegungsverfahren nach § 45 ff. BauGB hindert nach nordrhein-westfälischem Beitragsrecht jedenfalls dann nicht das Entstehen der Anschlussbeitragspflicht, wenn das Grundstück auf der Grundlage einer bestandskräftigen Baugenehmigung bebaut und an die öffentliche Entwässerungsanlage angeschlossen ist (a.A. für das hessische Beitragsrecht: Hess. VGH, Urteil vom 28.9.1995 - UE 1173/93 -).
Tatbestand:

Das seiner Zeit im unbeplanten Innenbereich gelegene und unbebaute Grundstück des Klägers war im Rahmen eines Umlegungsverfahrens von einer Veränderungssperre nach § 51 BauGB betroffen. Aufgrund einer mit Genehmigung der Umlegungsstelle erteilten Baugnehmigung wurde das Grundstück bebaut und an die Kanalisation angeschlossen. Jahre später wurde das Umlegungsverfahren abgeschlossen. Nunmehr veranlagte die Gemeinde den Grundstückseigentümer zu einem Kanalanschlussbeitrag. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage hatte in beiden Instanzen wegen eingetretener Festsetzungsverjährung (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG NRW i.V.m. § 169 Abs.1 AO) Erfolg.

Gründe:

Entgegen der Auffassung des Beklagten hindert das 1976 eingeleitete und 1994 abgeschlossene Umlegungsverfahren nicht das Entstehen der Beitragspflicht. Allerdings ist die Beitragspflicht grundsätzlich nur dann gerechtfertigt, wenn die beitragsauslösende Inanspruchnahmemöglichkeit auf Dauer gesichert ist, weil erst dies den die Beitragserhebung rechtfertigenden wirtschaftlichen Vorteil (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW) vermittelt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.12.1998 - 15 A 2828/96 -, S. 4 des amtl. Umdrucks, und Urteil vom 18.5.1992 - 2 A 2024/89 -, NVwZ-RR 1993, 48 (50); Dietzel, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblattsammlung (Stand: September 2002), § 8 Rn. 537.

Unter dem Gesichtspunkt fehlender gesicherter Inanspruchnahmemöglichkeit kann bei einem unbebauten, sich im Umlegungsverfahren befindenden Grundstück das Entstehen der Beitragspflicht gehindert sein, denn die Bebauung des Grundstücks und damit die Schaffung einer Anschlussnotwendigkeit unterliegt der Veränderungssperre des § 51 Abs. 1 BauGB. Daher ist es gerechtfertigt, einem solchen Grundstück Baulandcharakter nach § 2 Abs. 1 Kanalanschlussbeitragssatzung abzusprechen. Jedenfalls für auf der Grundlage einer bestandskräftigen Baugenehmigung bebaute und an die öffentliche Entwässerungsanlage angeschlossene Grundstücke, wie es das Grundstück des Klägers ist, kann dieser Gesichtspunkt nicht gelten. Für solche Grundstücke ist schon nach der Kanalanschlussbeitragssatzung kein Baulandcharakter erforderlich, vielmehr entsteht hier die Beitragspflicht mit dem tatsächlichen Anschluss.

Vgl. dazu, dass eine solche Regelung mit höherrangigem Recht vereinbar ist, OVG NRW, Beschluss vom 7.3.2001 - 15 A 399/01 -, S. 3 f. des amtl. Umdrucks.

Dieser Anschluss bleibt auch auf Dauer gesichert, da das Umlegungsverfahren keine Handhabe dafür bietet, den vorgenommenen Anschluss an die Entwässerungsanlage wieder zu beseitigen. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 BauGB - nicht anders war der Rechtszustand nach dem 1981 geltenden Baurecht - können zur Erschließung oder Neugestaltung bestimmter Gebiete bebaute und unbebaute Grundstücke durch Umlegung in der Weise neu geordnet werden, dass nach Lage , Form und Größe für die bauliche oder sonstige Nutzung zweckmäßig gestaltete Grundstücke entstehen. Das bedeutet, dass bei bebauten Grundstücken allenfalls das Grundstück, nicht aber der Anschluss des bebauten Grundstücks an die öffentliche Entwässerungsanlage Veränderungen unterworfen sein kann.

Die Beitragspflicht konnte auch unter dem Gesichtspunkt entstehen, dass ein veranlagungsfähiges Grundstück vorhanden war.

A.A.: Hess. VGH, Urteil vom 28.9.1995 - 5 UE 1173/93 -, Gemhlt. 1997, 279; Lohmann, in: Driehaus, a.a.O., § 8 Rn. 888.

Grundstück im Sinne des Beitragsrechts des § 8 KAG NRW ist die wirtschaftliche Einheit, also jeder demselben Eigentümer gehörende Teil der Grundfläche, der selbstständig baulich oder gewerblich genutzt werden darf und selbstständig an die Anlage angeschlossen werden kann.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4.12.2001 - 15 A 5566/99 -, NWVBl. 2002, 188 (189).

Ausgangspunkt bei der Bildung wirtschaftlicher Einheiten ist allerdings das Buchgrundstück, denn in der Mehrzahl der Fälle sind Grundstücke im Sinne des Grundbuchrechts zugleich auch wirtschaftliche Einheiten. Jedoch ist die wirtschaftliche Einheit im Prinzip unabhängig von den Grenzen des Buchgrundstücks. Daraus folgt, dass die Tatsache eines eingeleiteten Umlegungsverfahrens mit der Möglichkeit zukünftiger Veränderung der Grundstücksgrenzen schon vom Ansatz her die Existenz veranlagungsfähiger Grundstücke nicht in Frage stellt. Darüber hinaus erscheint es auch fraglich, ob die bloße Möglichkeit zukünftiger Grundstücksveränderungen auf Grund eines eingeleiteten Umlegungsverfahrens schon ausreicht, um die Existenz eines veranlagungsfähigen Grundstücks in Zweifel zu ziehen. Denn jedenfalls bei bebauten Grundstücken ist eine Neuordnung des Grundstücks in Abweichung von der wirtschaftlichen Einheit eher unwahrscheinlich.



Ende der Entscheidung

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