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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 03.11.2009
Aktenzeichen: 15 A 2318/07
Rechtsgebiete: GG, StBAG NRW, HG NRW


Vorschriften:

GG Art. 3
StBAG NRW § 1
StBAG NRW § 2
StBAG NRW § 7
StBAG NRW § 21
HG NRW § 12 Abs. 2 Satz 1
Zum Begriff der Öffentlichkeit einer Sitzung.

Zur Wirksamkeit einer Hochschulsatzung, an deren Beschlussfassung ein Mitglied des Hochschulsenats wegen Sicherheitsmaßnahmen nicht mitwirken konnte, die zur Abwehr von Störungen der Senatssitzung angeordnet worden waren.

Die Studienbeitragssatzung einer Hochschule darf niedrigere Beiträge für Studenten vorsehen, die bereits vor der Einführung von Studienbeiträgen an dieser Hochschule immatrikuliert waren.

Studienbeiträge dürfen grundsätzlich nicht im voraus für den Fall zukünftiger Verwirklichung des Abgabentatbestandes festgesetzt werden.


Tatbestand:

Die Klägerin wandte sich gegen einen Studienbeitragsbescheid, mit dem sie für das Sommersemester 2007 zu einem Studienbeitrag für ihr Studium an der Universität C. herangezogen wurde. Sie machte unter anderem geltend, die Studienbeitragssatzung der Universität C. sei nicht wirksam beschlossen worden, weil ein Mitglied des Hochschulsenats wegen Protestaktionen von Studenten und Sicherheitsmaßnahmen der Universität nicht in den Senatssaal habe gelangen können. Das VG hob den Bescheid auf, weil es die Beitragsatzung der Universität für gleichheitswidrig hielt. Sie sah für Studenten, die bereits vor der Einführung von Studienbeiträgen an der Universität C. studiert hatten, eine nach bisheriger Studiendauer gestaffelte Beitragsermäßigung vor. Auf die Berufung des beklagten Rektors hin wies das OVG die Klage ab.

Gründe:

Der Bescheid rechtfertigt sich aus §§ 2 Abs. 1, 7 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1, 21 Abs. 1 StBAG NRW = Art. 2 des Gesetzes zur Sicherung der Finanzierungsgerechtigkeit im Hochschulwesen) i. V. m. § 1 Abs. 3 der Beitragssatzung (BS).

Diese Normen sind wirksam.

Das Studienbeitrags- und Hochschulabgabengesetz ist verfassungsgemäß. Das hat der Senat mit Urteil vom 9.10.2007, 15 A 1596/07, DVBl. 2007, 1442, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 29.4.2009 - 6 C 16.08 -, entschieden. Die Berufung wirft keine Gesichtspunkte auf, die zu einer veränderten Beurteilung Anlass gäben.

Das gilt auch für die Frage des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Prinzips der Rechtssicherheit in der Form des Rechtsgrundsatzes des Vertrauensschutzes. Richtig ist allerdings, dass der Gesetzgeber nicht völlig frei ist, die Rechtsfolge eines Gesetzes zwar nach Verkündung der Norm eintreten zu lassen, aber tatbestandlich Sachverhalte zu erfassen, die bereits vor der Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (tatbestandliche Rückanknüpfung oder unechte Rückwirkung). Verfassungsrechtlich wird in diesen Fällen dem allgemeinen Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit kein genereller Vorrang vor den jeweils verfolgten gesetzgeberischen Anliegen eingeräumt. Denn die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten demokratischen Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Es muss dem Gesetzgeber daher möglich sein, Normen, die auch in erheblichem Umfang an in der Vergangenheit liegende Tatbestände anknüpfen, zu erlassen und durch Änderung der künftigen Rechtsfolgen dieser Tatbestände auf veränderte Gegebenheiten zu reagieren. Die Grenzen gesetzgeberischer Regelungsbefugnis ergeben sich dabei aus einer Abwägung zwischen dem Gewicht der berührten Vertrauensschutzbelange und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl.

Vgl. BVerfG, Urteile vom 27.9.2005 - 2 BvR 1387/02 -, BVerfGE 114, 258 (300 f.), und vom 5.2.2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109, 133 (181 f.); BVerwG, Urteil vom 25.7.2001 - 6 C 8/00 -, Juris Rn. 51.

Diese Maßstäbe sind hier anzulegen, da es um die Begründung einer Abgabe für ein begonnenes, also ins Werk gesetztes, ursprünglich abgabenfreies Erststudium geht. Bei der hier vorzunehmenden Abwägung überwiegt das im Interesse der Allgemeinheit verfolgte Ziel rascher Einführung der Abgabenpflichtigkeit des Studiums. Die Abgabenpflichtigkeit des Studiums wurde aus einem Motivationsbündel heraus eingeführt. Neben dem Gesichtspunkt der Mittelbeschaffung für die Hochschulen wurde das Ziel einer veränderten Beziehung zwischen den Studenten und ihren Hochschulen angestrebt, indem die Mitfinanzierung des Studiums durch die Studenten auch deren Mitverantwortung stärken sollte. Darüber hinaus wurde es als ungerecht empfunden, dass besondere staatliche Leistungen wie die Bereithaltung eines Studienplatzes, die sich regelmäßig auch in einem zukünftigen höheren Einkommen niederschlagen, vollständig aus allgemeinen Steuermitteln finanziert wurden und damit vor allem von Personen, denen derartige Leistungen nicht zugewandt wurden oder werden.

Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 14/725, S.1 f.

Diesen Gesichtspunkten stünde es entgegen, wenn die Einführung von Studienbeiträgen nur auf Studenten beschränkt worden wäre, die erst nach Inkrafttreten des Studienbeitrags- und Hochschulabgabengesetzes ihr Studium aufgenommen haben. Denn dann würden die genannten Ziele, deren Verfolgung in die Hand der jeweiligen Hochschule gelegt wurde, erst wesentlich später erreicht.

Demgegenüber kann das Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen gesetzlichen Regelung in § 10 des Hochschulgesetzes vom 14.3.2000 und § 1 Abs. 1 des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes, die ein gebührenfreies Studium bis zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss vorsahen, nicht gravierend ins Gewicht fallen. Gleiches gilt für die Regelung des § 27 Abs. 4 des Hochschulrahmengesetzes i. d. F. des Sechsten Änderungsgesetzes vom 8.8.2002 (BGBl. I S.3138), die allerdings wegen Kompetenzwidrigkeit nichtig und daher nicht wirksam war.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 26.1.2005 - 2 BvF 1/03 -, NJW 2005, 493.

Alle diese gesetzgeberischen Entscheidungen waren Ausfluss der jeweiligen parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse und politisch hoch umstritten. Sie sind gegen die Stimmen zumindest des größten Teils der Opposition zustande gekommen.

Vgl. für § 27 Abs. 4 des Hochschulrahmengesetzes den Gesetzesbeschluss, BT-PlPr. 14/233, S. 23196, und die Zurückweisung des Einspruchs des Bunderates durch den Bundestag, BT-PlPr. 14/248, S. 25089, sowie die Ablehnung der Festschreibung der Gebührenfreiheit des Erststudiums bei der Beratung des 6. Änderungsgesetzes zum Hochschulrahmengesetz am 25.4.2002 durch die Abgeordneten Rachel (CDU/CSU), Flach (FDP) und Friedrich (CDU/CSU), BT-PlPr. 14/233, S. 23183, 23188 und 23192 f.; für § 10 des nordrhein-westfälischen Hochschulgesetzes vgl. den Gesetzesbeschluss, LT-PlPr. 13/80, S. 8072, und die Forderung nach Einführung von Studiengebühren auch für das Erststudium bei der Beratung des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes am 22.1.2003 durch die Abgeordnete Düttmann-Braun (CDU), LT-PlPr. 13/80, S. 8062 ff.

Daher durften Studenten und insbesondere die seit dem Wintersemester 2004/2005 immatrikulierte Klägerin von vorneherein nicht darauf bauen, dass auch bei Änderung der politischen Mehrheitsverhältnisse nach Wahlen es bei diesen Entscheidungen in Zukunft bleiben würde. Schließlich ist dem Interesse der Studenten an einer Verschonung von Abgaben für ein bereits aufgenommenes Erststudium auch hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass für Altstudenten nach § 21 Abs. 1 StBAG NRW der früheste Zeitpunkt einer Beitragspflicht das Sommersemester 2007 statt des Wintersemesters 2006/2007 ist.

Vgl. zur Verfassungsgemäßheit des Studienbeitrags- und Hochschulabgabengesetzes unter Vertrauensschutzgesichtspunkten: OVG NRW, Beschluss vom 7.10.2009 - 15 A 3141/07 -, S. 7 ff. des amtlichen Umdrucks.

Auch die Beitragssatzung der Universität C. ist wirksam. Formelle Mängel ihres Zustandekommens bestehen nicht. Gegen das Öffentlichkeitsgebot ist nicht verstoßen worden. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 des Hochschulgesetzes vom 31.10.2006 (GV. NRW. S. 474 - HG -) sind Sitzungen des Senats grundsätzlich öffentlich. Sitzungsöffentlichkeit bedeutet, dass eine ungehinderte Zugangsmöglichkeit für jedermann im Rahmen der verfügbaren Kapazität besteht.

Vgl. Morlok, in: Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl., Art. 42 Rn. 26, für den Bundestag; Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, GO NRW, Loseblattsammlung (Stand: Februar 2009), § 48 Anm. IV 2 und 3, und Zacharias, Nordrhein-westfälisches Kommunalrecht, S. 152, beide für den Gemeinderat. Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 21.7.1989 - 15 A 713/87 -, NVwZ 1990, 186 (187), zur Möglichkeit der Sitzungsteilnahme für jedermann als Kernelement der Sitzungsöffentlichkeit.

Die Sitzungsöffentlichkeit in diesem Sinne war hergestellt: 19 Sitzplätze für Zuhörer standen zur Verfügung und wurden auch tatsächlich in Anspruch genommen. Da die Kapazität danach erschöpft war, konnte weiteren Interessierten der Zugang verweigert werden. Unerheblich ist, dass nach Auffassung der Klägerin mit 19 Sitzplätzen zu wenig Plätze zur Verfügung standen. Zuhörer sind zur Wahrung der Sitzungsöffentlichkeit nur zuzulassen, soweit Plätze vorhanden sind. Eine Pflicht zur Erweiterung der üblichen Kapazität, insbesondere durch Wahl eines größeren Raumes, besteht unter dem Gesichtspunkt der Sitzungsöffentlichkeit nicht.

Vgl. zur entsprechenden Problematik der Öffentlichkeit von Gerichtssitzungen: BGH, Urteil vom 6.10.1976 - 3 StR 291/76 -, NJW 1977, 157 f.; Kissel/Mayer, GVG, 4. Aufl., § 169 Rn. 25 f.; Ule, Anselm Feuerbach heute, DVBl. 1979, 797 (805).

Eine Grenze wird da erreicht sein, wo ein so kleiner Raum gewählt wird, dass die Öffentlichkeit faktisch ausgeschlossen ist, weil nicht nur - was unschädlich ist - eine sehr begrenzte Zahl von Zuhörern Zutritt hat, sondern so wenige, dass sie nicht mehr als Repräsentanten einer keiner besonderen Auswahl unterliegenden Öffentlichkeit angesehen werden können. Das ist etwa der Fall, wenn nur für einen einzigen Zuhörer ein Sitzplatz vorgesehen ist und weitere Zuhörer allenfalls in ganz geringer Zahl und unter unzumutbaren Bedingungen Zutritt erhalten können.

Vgl. zu solchen Konstellationen für Gerichtssitzungen: BGH, Urteil vom 10.11.1953 - 5 StR 445/53 -, NJW 1954, 281; OLG Köln, Beschluss vom 8.9.1983 - 3 Ss 63/83 (185), NStZ 1984, 282; Bay. ObLG, Beschluss vom 30.11.1981 - 1 Ob OWi 331/81 -, NJW 1982, 395.

Auch dürfte das Gebot der Sitzungsöffentlichkeit verletzt werden, wenn in Abkehr von der gewöhnlichen Sitzplatzbereitstellung oder Raumverteilung die Zahl der Zuhörerplätze gezielt verringert oder zur Verringerung der Zuhörerzahl ein kleinerer Sitzungssaal ausgesucht wird.

Vgl. Kissel/Mayer, a. a. O., § 169 Rn. 28.

All diese Ausnahmen liegen im vorliegenden Fall, in dem die Kapazität der verfügbaren Sitzplätze im Senatssitzungsaal sogar auf 19 erhöht wurde, nicht vor.

Unerheblich ist, dass das Senatsmitglied A. nicht an der Sitzung teilnahm. Die Wirksamkeit des Senatsbeschlusses über die Studienbeitragssatzung hing nicht von dem Erscheinen und der Mitwirkung dieses Mitglieds ab. Gemäß § 12 Abs. 2 der Grundordnung der Universität C. vom 15.1.2003 und § 9 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Senats der Universität C. vom 2.6.2003 war der Senat beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der stimmberechtigten Mitglieder anwesend war. Die Klägerin behauptet nicht, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Dafür ist auch nichts ersichtlich: Die Satzung wurde mit 14 Ja- gegen 6 Nein-Stimmen verabschiedet, wobei der Senat nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Grundordnung über 22 stimmberechtigte Mitglieder verfügte. Da es somit auf die Anwesenheit des Senatsmitglieds A. schon vom Ansatz her nicht ankommt, waren erst recht die Gründe seiner Nichtteilnahme unerheblich.

Unerheblich ist schließlich auch, ob die Universität alles Erforderliche unternommen hatte, um dem Senatsmitglied A. gegen die randalierenden Demonstranten Zugang zu verschaffen, und ob die Sicherheitsvorkehrungen über das Maß des Zulässigen den Zugang dieses Senatsmitglieds behindert haben. Diese Fragen mögen das Mitgliedschaftsrecht dieses Mitglieds zu den Organen der Universität berühren, nicht aber die Wirksamkeit des Beschlusses des Senats. Für die Wirksamkeit des Satzungsbeschlusses hätte allein ein Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften über das Zustandekommen eines Satzungsbeschlusses Bedeutung.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27.8.1996 - 15 A 32/93 -, NWVBl. 1997, 69.

Das wäre etwa der Fall, wenn gegen die gesetzlichen Vorschriften über die Zusammensetzung des Senats (heute § 22 Abs. 2 Satz 1 des Hochschulgesetzes i. V. m. der jeweiligen Grundordnung der Hochschule) in der Form verstoßen würde, dass ein für die Vorbereitung und Durchführung der Sitzung zuständiges Hochschulorgan gezielt die Möglichkeit der Teilnahme von Senatsmitgliedern an einer Sitzung manipuliert und damit eine von der gesetzlich vorgesehenen Zusammensetzung abweichende Präsenz in der Sitzung bewirkt. Davon kann hier keine Rede sein. Zur Sicherstellung einer ungestörten Verhandlung waren angesichts der Störungen in der vorhergehenden Sitzung und der Störer vor dem Sitzungssaal am Sitzungstag Zugangssicherungen und das Verschließen der Türen nach Erschöpfung der Sitzplatzkapazität geboten.

Vgl. dazu, dass eine ungestörte Gerichtsverhandlung ebenso wesentlich ist wie die Kontrolle einer Sitzung durch die Allgemeinheit: BGH, Urteil vom 23.4.1980 - 3 StR 434/79 (S), NJW 1981, 61.

Wenn es dem Senatsmitglied A. nicht gelang, sich gegen die Störer Zugang zu verschaffen, hat dies - unbeschadet der alleine seine Mitgliedschaftsrechte gegenüber Hochschulorganen berührenden Fragen - ebenso wenig Auswirkungen auf die Wirksamkeit des ohne ihn getroffenen Satzungsbeschlusses wie andere, nicht von ihm verschuldete Hinderungsgründe für eine Teilnahme.

Die Beitragssatzung ist auch materiell rechtmäßig.

Die Beitragssatzung verstößt nicht deswegen gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, weil von erstmals im Wintersemester 2006/07 oder später an der Universität C. eingeschriebenen Studenten der volle Beitrag von 500,-- Euro erhoben wird, während Studenten, die bereits zuvor an der Universität C. eingeschrieben waren, nach Hochschulzugehörigkeit bis zu einer Höchststudienzeit gestaffelt geringere Beiträge bezahlen müssen, so auch die Klägerin 300,-- Euro statt 500,-- Euro.

Zutreffend meint das VG, dass eine Ungleichbehandlung von Personengruppen nur zulässig ist, wenn zwischen beiden ungleich behandelten Gruppen Unterschiede von solcher Art und solchen Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.2.2008 - 2 BvL 1/06 -, BVerfGE 120, 125 (144).

Die Grenze ist also nicht erst bei willkürlicher Ungleichbehandlung i. S. d. Fehlens eines sachlichen Grundes für die Differenzierung überschritten, sondern schon dann, wenn sich für eine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grund der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.3.2000 - 1 BvL 16/96 u. a. -, BVerfGE 102, 68 (87).

Entgegen der Auffassung des VG ist die Beitragsregelung nach diesen Maßstäben jedoch gerechtfertigt.

Soweit es darum geht, den Altstudenten bis zu einer Höchststudiendauer einen geringeren Beitrag aufzuerlegen, rechtfertigt sich die Regelung unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gegenüber den Studenten, die im Wintersemester 2006/07 oder später eingeschrieben wurden. Jene Studenten haben nämlich ihr Studium zu einer Zeit begonnen, als das Erststudium nach der damals geltenden Gesetzeslage noch abgabenfrei war, so dass ihre Entscheidung zum Studium auch damit motiviert sein kann. Diese Hoffnung wurde durch das Studienbeitrags- und Hochschulabgabengesetz und die Beitragssatzung der Universität C. enttäuscht, wenngleich - wie oben ausgeführt - verfassungsrechtlich zulässig. Damit war die Hochschule berechtigt, das so enttäuschte Vertrauen durch einen gesenkten Beitrag auszugleichen. Der Umstand, dass diese von der Satzung vorgesehene Differenzierung verfassungsrechtlich zulässig ist, aber nicht vom Gesetzgeber im Studienbeitrags- und Hochschulabgabengesetz vorgenommen wurde, führt nicht zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes durch das Gesetz, wenn das, was an Differenzierung zulässig ist, nicht auch verfassungsrechtlich geboten ist.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 - 1 BvL 8/85 -, BVerfGE 90, 226 (239).

Der Satzungsgeber war an der Differenzierung nicht deshalb gehindert, weil der Gesetzgeber bereits durch § 21 Abs. 1 StBAG NRW einen Vertrauensschutz in der Weise gewährt hat, dass für Altstudenten die frühestmögliche Beitragspflicht ein Semester später als für die übrigen Studenten festgelegt wurde. Ein Hindernis für weitergehenden Vertrauensschutz in der Beitragssatzung durch diese gesetzliche Vertrauensschutzregelung wäre nur dann anzunehmen, wenn aus ihr gefolgert werden könnte, sie sei auch für den Satzungsgeber eine abschließende Vertrauensschutzregelung. Wie der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs zu entnehmen ist, sah sich der Gesetzgeber dazu veranlasst, für Altstudenten einen späteren Zeitpunkt für die Beitragspflicht vorzusehen, weil zwar keine unechte Rückwirkung vorliege, aber dennoch durch das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz mit der dort getroffenen Regelung eines Studienguthabens ein Vertrauenssachverhalt geschaffen worden sei.

Vgl. LT-Drs. 14/725, S. 56.

Die Erhebung von Studienbeiträgen wurde den Hochschulen als Selbstverwaltungsangelegenheit zugewiesen (§ 106 Abs. 1 Satz 2 des Hochschulgesetzes i. d. F. des Art. 3 des Gesetzes zur Sicherung der Finanzierungsgerechtigkeit im Hochschulwesen vom 21.3.2006, GV. NRW. S. 119). Die Einschränkung dieses Selbstverwaltungsrechts setzt eine hinreichend eindeutige gesetzliche Regelung voraus.

Ebenso für die Einschränkung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts: OVG NRW, Urteile vom 28.6.2005 - 15 A 4221/03 -, NWVBl. 2006, 30 (31), vom 30.3.2004 - 15 A 2360/02 -, NVWBl. 2004, 378 (380), und vom 18.6.2002 - 15 A 1958/01 -, NWVBl. 2002, 384 (386).

Von einem solchen hinreichend eindeutigen gesetzlichen Verbot weitergehender Differenzierung nach Vertrauensschutzgesichtspunkten ist § 21 Abs. 1 StBAG NRW weit entfernt. Ihm ist nichts dafür zu entnehmen, dass der so vom Gesetzgeber vorgeschriebene Mindestvertrauensschutz vom Satzungsgeber nicht noch aufgestockt werden dürfte.

Entgegen der Auffassung des VG ist auch die Differenzierung nach der Dauer des begonnenen Studiums zulässig. Je länger der Student bereits studierte, desto stärker hat sich sein Vertrauen auf die Unentgeltlichkeit des Erststudiums verfestigt und desto schwerer würde ihn ein mit Rücksicht auf die Beitragspflicht herbeigeführter Abbruch des Studiums treffen.

Schließlich ist auch die Beschränkung der Vergünstigung ermäßigten Beitrags auf Altstudenten der Universität C. unbedenklich. Zwar werden durch diese Regelung alle Studenten von der Vergünstigung ausgeschlossen, die im Wintersemester 2006/07 oder später von einer anderen Hochschule zur Universität C. gewechselt sind, obwohl auch sie ihr Studium unter Geltung der Abgabenfreiheit für das Erststudium begonnen haben. Das ist aber zulässig. Studienbeiträge sind Selbstverwaltungsangelegenheiten jeder einzelnen Hochschule. Daher ist die Hochschule auch nur verpflichtet, den Gleichheitssatz in ihrem Bereich zu wahren.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.12.1966 - 1 BvR 33/64 -, BVerfGE 21, 54 (68), für Gemeindesatzungen.

Unter diesem hochschulindividuellen Maßstab ist es ein sachgerechtes Differenzierungskriterium, nur den Studenten einen über den gesetzlichen Mindestvertrauensschutz hinausgehenden weiteren Vertrauensschutz zu gewähren, die von der Einführung von Studiengebühren gerade in C. enttäuscht wurden, also solchen Studenten, die bereits vor dem Wintersemester 2006/07 - dem Semester erstmalige Einführung von Studienbeiträgen an der Universität C. - an dieser Universität immatrikuliert waren. Studenten, die erst im Wintersemester 2006/07 oder später zur Universität C. gewechselt sind, hat die Einführung von Studienbeiträgen an dieser Universität nicht in einem Vertrauen auf ein abgabenfreies Erststudium an dieser Universität enttäuschen können. Würde man diese Studenten einbeziehen, würde lediglich ein allgemeines Vertrauen darauf geschützt, dass an anderen Hochschulen als der, der man angehört, keine Studienabgaben eingeführt werden. Auch dies wäre zwar zulässig, ist jedoch nicht geboten. Eine Hochschule ist wegen der Regelungsbeschränkung auf ihren Bereich nicht verpflichtet, ein solches früheres Vertrauen von zum damaligen Zeitpunkt nicht ihr angehörenden Studenten nach Begründung der Zugehörigkeit zu ihr in gleicher Weise zu schützen wie das entsprechende Vertrauen ihr auch im Vertrauenszeitpunkt angehörender Studenten.

Vgl. zur Zulässigkeit der Förderung nur von Landeskindern: BVerfG, Beschluss vom 23.11.2004 - 1 BvL 6/99 -, BVerfGE 112, 74 (86 ff.).

Der angefochtene Bescheid kann sich auf diese gültigen normativen Grundlagen stützen.

Unbedenklich ist, dass überhaupt ein Beitragsbescheid erlassen wurde (Verwaltungsaktsbefugnis). Zwar entsteht gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 StBAG NRW die Pflicht zur Entrichtung des Studienbeitrags mit der Stellung des Antrags auf Immatrikulation oder Rückmeldung. Die Abgabe wird gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 StBAG NRW mit der Entstehung der Abgabepflicht fällig. Einer Festsetzung des Beitrags durch Bescheid bedarf es somit nicht. Gleichwohl darf er aber gemäß § 1 Abs. 2 StBAG NRW i. V. m. § 14 Abs. 1 Satz 1 GebG NRW ergehen.

Allerdings entsteht die Beitragspflicht nach den eingangs genannten Bestimmungen erst mit der Rückmeldung. Hier ist der Bescheid jedoch während der noch laufenden Rückmeldefrist und damit möglicherweise vor Rückmeldung der Klägerin und damit vor der Beitragsentstehung ergangen. Grundsätzlich darf eine Abgabe nicht im Voraus für alle Fälle zukünftiger Verwirklichung des Abgabentatbestandes festgesetzt werden. Eine Abgabefestsetzung im Voraus ist nur für Pauschgebühren vorgesehen (§ 1 Abs. 2 StBAG NRW i. V. m. § 9 Abs. 3 GebG NRW).

Die Festsetzung im Voraus darf grundsätzlich auch nicht durch Beifügung einer Bedingung geschehen. Die Festsetzung einer Abgabe unter der Bedingung, dass sie entsteht, widerspricht nämlich den Zweck einer Festsetzung (§ 36 Abs. 3 VwVfG NRW). Mit der Festsetzung einer Abgabe wird ein kraft Gesetzes entstandener Abgabeanspruch durch Entscheidung über ihn und durch dessen Konkretisierung geltend gemacht.

Vgl. für Steuerbescheide: BFH, Urteil vom 12.8.1999 - VII R 92/98 -, BStBl. 1999 II, S. 751 (752); Alber, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, Stand: 10.2009, § 218 AO Rn. 4; Rüsken, in: Klein, AO, 10. Aufl., § 218 Rn. 1.

Diesem Entscheidungs- und Konkretisierungszweck einer Festsetzung würde es zuwiderlaufen, wenn nur durch Wiederholung des gesetzlichen Abgabentatbestands die Abgabe für zukünftige Fälle "festgesetzt" würde, so dass die Beifügung einer solchen Bedingung grundsätzlich unzulässig ist. Nur dann, wenn der Abgabentatbestand in der Entstehung begriffen ist, widerspricht die Abgabenfestsetzung unter der Bedingung der endgültigen Verwirklichung des Abgabentatbestandes nicht dem Zweck einer Abgabenfestsetzung.

So liegt der Fall für die Beitragsfestsetzung für das Sommersemester 2007, wenn sich die Klägerin im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beitragsbescheides noch nicht rückgemeldet habe sollte. Denn der Bescheid wurde im Zusammenhang mit der Eröffnung des Rückmeldeverfahrens für dieses Semester und daher im Zusammenhang mit der Verwirklichung des Abgabentatbestandes erlassen.

Vgl. zur Zulässigkeit der Festsetzung in einer solchen Konstellation: OVG NRW, Beschluss vom 7.10.2009 - 15 A 3141/07 -, S. 6 des amtlichen Umdrucks.

Der Beitragsbescheid ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil der Klägerin ein kostenfreies Erststudium durch die ihr vom Beklagten unter dem 13.4.2005 übersandten "Bescheinigung über den Stand des Studienkontos" nach § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Einrichtung und Führung von Studienkonten mit Regelabbuchung sowie über die Erhebung von Gebühren an den Universitäten, Fachhochschulen und Kunsthochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen vom 17.9.2003 (GV. NRW. S. 570) gewährt worden wäre. In dieser Bescheinigung wird unter der Rubrik "Stand des Studienkontos" ein "verbleibendes Guthaben" von 8 Semestern ausgewiesen und als letztes voraussichtliches Semester mit Guthaben nach dem Studienkonten- und -finanzierungsgesetz das Wintersemester 2008/2009 genannt. Der Kontoauszug stellt also lediglich die Rechtslage zum Kontostand nach dem Studienkonten- und -finanzierungsgesetz im Zeitpunkt des Erlasses des Kontoauszugs dar. Er gewährt daher nicht losgelöst vom Bestand dieses Gesetzes einen Anspruch auf ein kostenfreies Erststudium in vorgegebener Höchstzeit. Insbesondere liegt in dem Kontoauszug und dortigen Mitteilung des verbleibenden Guthabens sowie der Benennung des voraussichtlich letzten Semesters mit Guthaben keine Zusicherung, dass auch bei geänderter Rechtslage keine allgemeine Abgabe für das Erststudium in der Zukunft erhoben wird.

Vgl. zum förmlichen Wegfall von Restguthaben: § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Aufhebung des Studienkonten und -finanzierungsgesetzes vom 21.3.2006 (GV. NRW. S. 119 = Art. 1 des Gesetzes zur Sicherung der Finanzierungsgerechtigkeit im Hochschulwesen); zur Frage, ob Restguthaben verfassungsrechtlich Eigentum sind, und zum Vertrauen auf den Bestand von Restguthaben: Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 14/725, S. 31 f.

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