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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 03.04.2009
Aktenzeichen: 15 A 4652/06
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 128
VwGO § 154 Abs. 1
VwGO § 155 Abs. 2
VwGO § 158
VwGO § 161 Abs. 2
Zur Änderung der erstinstanzlichen Kostenquotelung bei teilweiser Klagerücknahme und Erledigung der berufungsbefangenen Resthauptsache im Berufungsverfahren.
Tatbestand:

Der Kläger focht einen Verwaltungsakt an, mit dem ein Anschluss- und Benutzungszwang hinsichtlich der öffentlichen Entwässerungsanlage verfügt wurde. Erstinstanzlich nahm er die gegen den Anschlusszwang gerichtete Klage zurück und verfolgte sie nur hinsichtlich des Benutzungszwangs weiter. Dieser Klage gab das VG statt. Das VG verurteilte den Kläger gemäß § 155 Abs. 2 VwGO in die Kosten hinsichtlich des zurückgenommenen Klageteils und den Beklagten gemäß § 154 Abs. 1 VwGO wegen des erfolgreichen Klageteils. Den Streitwert setzte es für den Anschlusszwang auf 12.000,-- Euro, für den Benutzungszwang auf 4.000,-- Euro fest. Unter Verwechselung der Streitwerte der beiden Klageteile setze es eine Kostenquote von 1/4 für den Kläger und 3/4 für den Beklagten fest. Im Laufe des Berufungsverfahrens des Beklagten schuf dieser erstmals eine Rechtsgrundlage für den verfügten Benutzungszwang. Die Beteiligten erklärten daraufhin die Hauptsache für erledigt. Das OVG legte die Kosten des Berufungsverfahrens dem Beklagten auf und änderte die erstinstanzliche Kostenquote auf 3/4 für den Kläger und 1/4 für den Beklagten.

Gründe:

Nachdem die Beteiligten die berufungsbefangene Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist insoweit gemäß §§ 125 Abs. 1, 87a Abs. 1 und 3 VwGO durch den Berichterstatter entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung das Verfahren einzustellen und das angegriffene Urteil in diesem Umfange für wirkungslos zu erklären sowie gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten zu entscheiden.

Soweit es um die Kosten des Verfahrens über den allein berufungsbefangen gewesenen Benutzungszwang geht, trägt der Beklagte die Kosten. (wird ausgeführt) Mit Rücksicht auf die von der Gemeinde herbeigeführte Rechtsänderung haben die Beteiligten die Hauptsache für erledigt erklärt, so dass es der Billigkeit entspricht, die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen. Dies gilt für den Benutzungszwang auch für die erstinstanzliche Entscheidung.

Soweit das VG über die Kosten der insoweit zurückgenommenen Klage gegen den angeordneten Anschluss entschieden hat, verbleibt es bei seiner Entscheidung nach § 155 Abs. 2 VwGO, diese Kosten dem Kläger aufzuerlegen. Das VG hat die zwei Klagegegenstände, nämlich den angeordneten Anschluss einerseits, hinsichtlich dessen der Kläger die Klage erstinstanzlich zurückgenommen hat, und den weiter streitbefangen gebliebenen Benutzungszwangs andererseits streitwertmäßig mit 12.000,-- Euro für den Anschlusszwang und mit 4.000,-- Euro für den Benutzungszwang veranschlagt und die Kosten der zurückgenommenen Klage gegen den Anschlusszwang dem Kläger auferlegt. Irrtümlich hat es dabei den Streitwertanteil bezüglich des zurückgenommenen Teils der Klage mit 4.000,-- Euro statt richtig mit 12.000,-- Euro angesetzt und kam somit wegen des Erfolgs der Klage im Übrigen zu der Kostenquote von 1/4 für den Kläger und 3/4 für den Beklagten.

Bei dieser Konstellation stellt sich nicht die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, inwieweit eine nach § 158 VwGO grundsätzlich unanfechtbare Kostenentscheidung bei nur teilweiser erstinstanzlicher Erledigung berufungsbefangen werden kann.

Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 8.9.2005 - 3 C 50.04 -, NJW 2006, 536 (538); Beschluss vom 7.8.1998 - 4 B 75.98 -, NVwZ-RR 1999, 407 (408); Urteil vom 29.1.1993 - 8 C 32.92 -, Buchholz 448.0 § 12 WPflG Nr. 182, S. 27 f.; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 158 Rn. 33 ff.; Bader, in: Bader u. a., VwGO, 4. Aufl., § 158 Rn. 3.

Es geht nämlich nicht um den Bestand der erstinstanzlichen Kostengrundentscheidung bezüglich des zurückgenommenen Klageteils zu Lasten des Klägers, sondern darum, wie das Berufungsgericht eine ihrem Inhalt nach hinzunehmende Kostengrundentscheidung bezüglich des zurückgenommenen Teils der Klage zu behandeln hat, wenn die erstinstanzliche Kostenentscheidung insgesamt irrtümlich den Streitwertanteil des rechtshängig gebliebenen Klageteils am Gesamtstreitwert zu hoch bemisst. Insoweit handelt es sich um Kosten des berufungsbefangenen Teils der Klage, die dem Zugriff des Berufungsgerichts unterliegen. Die erstinstanzlich dem Beklagten zugewiesene Quote kann damit keinen Bestand haben. Die Gesamtkostenentscheidung hat alle Kosten zu verteilen. Deshalb ist die insoweit unvollständig gewordene erstinstanzliche Kostenentscheidung bezüglich des zurückgenommenen Klageteils für den Kläger quotenmäßig zu korrigieren. Da die Unvollständigkeit auf der Korrektur der Kostenquote des Beklagten durch das Berufungsgericht beruht, erstreckt sich dessen Entscheidungskompetenz auch auf die Kostenquote des Klägers.

Vgl. zur vergleichbaren Problematik der Kompetenz des Rechtsmittelgerichts, nach einer Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung die dadurch unrichtig gewordene erstinstanzliche Kostenquotelung ändern zu können, OVG NRW, Beschluss vom 12.9.2006 - 13 A 3656/04 -, NVwZ-RR 2007, 212.

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