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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 23.09.2003
Aktenzeichen: 15 A 4700/01
Rechtsgebiete: KAG NRW


Vorschriften:

KAG NRW § 8
Wird eine Fahrbahn jenseits der in der Straßenbaubeitragssatzung festgelegten anrechenbaren Breite - etwa durch Anlegung einer Busspur - verbreitert, handelt es sich bei der Ausbaumaßnahme nicht um eine beitragsfähige Erweiterung.
Tatbestand:

Die beklagte Stadt erneuerte die Fahrbahn einer Straße zwischen den einmündenden Straßen K. und W. und verbreiterte sie in diesem Zusammenhang in dem Teilstück zwischen den einmündenden Straßen W. und M., um dort eine Busspur anzulegen. Das andere Teilstück zwischen K. und M. wies schon vor dem Ausbau die für das erstgenannte Teilstück vorgesehene Breite auf. Infolge der Verbreiterung musste Grunderwerb getätigt und der Gehweg verlegt werden. Der Kläger wurde wegen zweier Anliegergrundstücke zu Straßenbaubeiträgen herangezogen. Die dagegen gerichtete Klage hatte in beiden Instanzen teilweise Erfolg, indem der Beitrag um den Aufwand für den Grunderwerb und die Gehwegverlegung gekürzt wurde.

Gründe:

Im berufungsbefangenen Umfang finden die angegriffenen Bescheide keine Ermächtigung in § 8 KAG NRW in Verbindung mit der Satzung der Stadt W. über die Erhebung von Straßenbaubeiträgen nach § 8 KAG NRW für straßenbauliche Maßnahmen im Gebiet der Stadt W. (SBS). Nach § 8 Abs. 1 und 2 KAG NRW und § 1 Abs. 1 und 2 SBS erhebt die Stadt Beiträge zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung und Erweiterung von Straßen von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Die Verbreiterung der Straße G. im Bereich zwischen W. und M. stellt keine beitragsfähige Maßnahme dar, insbesondere keine beitragsfähige Erweiterung im oben genannten Sinne.

Die Erweiterung einer Straße ist ein Unterfall der Verbesserung.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.1.1975 - II B 389/74 -, S. 7 des amtl. Umdrucks; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl., § 32 Rn. 26, 29.

Eine Verbesserung liegt vor, wenn durch die Ausbaumaßnahme die Ausgestaltung der Anlage entsprechend ihrer bisherigen verkehrstechnischen Konzeption, hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung (Erweiterung), hinsichtlich der funktionalen Aufteilung der Gesamtfläche oder hinsichtlich der Art der Befestigung vorteilhaft verändert wird. Diese vorteilhafte Veränderung ist unter verkehrstechnischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Maßgebend ist also, ob der Verkehr bei Zugrundelegung der bisherigen verkehrstechnischen Konzeption (Trennsystem, Mischfläche, Fußgängerstraße) auf der neu gestalteten Anlage zügiger, geordneter, unbehinderter oder reibungsloser abgewickelt werden kann als vorher.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.8.2002 - 15 A 583/01 -, NWVBl. 2003, 58 (60).

Daraus ergibt sich, dass nicht jede beliebige Verbreiterung eine Straße eine beitragsfähige Erweiterung ist, sondern dass die Beitragsfähigkeit voraussetzt, dass die Verbreiterung eine positive verkehrliche Auswirkung hat und damit durch den zusätzlichen Gebrauchsvorteil an der Straße den Gebrauchswert der erschlossenen Grundstücke steigert und den Eigentümer somit einen wirtschaftlichen Vorteil gewährt.

Vgl. zum Begriff des wirtschaftlichen Vorteils: OVG NRW, Urteil vom 28.8.2001 - 15 A 465/99 -, NWVBl. 2002, 150 (151).

Ab einer bestimmten Breite der Straße bzw. Teileinrichtung führt eine weitere Verbreiterung nicht mehr zu positiven verkehrlichen Auswirkungen, die einen so verstandenen wirtschaftlichen Vorteil für die Anlieger bewirken. Vielmehr können derartige Verbreiterungen etwa städtebaulich oder aus sonstigen Gründen angezeigt sein und damit allein einen Vorteil der Allgemeinheit bewirken. Die Stadt W. hat diese Abgrenzung zwischen dem Vorteil der Anlieger und dem Vorteil der Allgemeinheit in Übereinstimmung mit § 8 Abs. 4 Satz 4 KAG NRW in ihrer Straßenbaubeitragssatzung nicht nur bei der Festsetzung von Anliegeranteilen am Aufwand für den Ausbau einzelner Teileinrichtungen verschiedener Straßenkategorien vorgenommen, sondern auch bei der Festsetzung anrechenbarer Breiten der flächigen Teileinrichtungen, im hier maßgeblichen Fall der Fahrbahn einer Hauptverkehrsstraße auf 8,5 m. Mit dieser Regelung hat der Satzungsgeber entschieden, dass nur ein Fahrbahnausbau bis zu 8,5 m Breite den Anliegern wirtschaftliche Vorteile gewährt, ein darüber hinaus gehender Ausbau demgegenüber nur dem Vorteil der Allgemeinheit dient und damit die diesen Ausbau betreffenden Kosten dem Gemeindeanteil zuzuschlagen sind.

Vgl. zur Funktion der Festsetzung anrechenbarer Breiten: OVG NRW, Urteil vom 18.10.1989 - 2 A 2172/87 -, Gemhlt. 1990, 258; Driehaus, a.a.O., § 30 Rn. 41.

Diese unmittelbar nur der Ermittlung des umlagefähigen Aufwands dienende satzungsrechtliche Vorschrift hat aber auch Bedeutung für die satzungsrechtliche Beitragsfähigkeit einer Erweiterung. Eine Erweiterung, die jenseits der anrechenbaren Breiten vorgenommen wird, begründet nach der satzungsrechtlichen Wertung keinen wirtschaftlichen Vorteil für die Anlieger und ist somit nicht beitragsfähig.

So liegt der Fall hier. Die vorgenommene Verbreiterung der Fahrbahn zwischen W. und M. erstreckt sich auf eine Fläche jenseits der anrechenbaren Breite. Das ergibt sich allerdings noch nicht allein aus dem Umstand, dass die Fahrbahnbreite vor dem Ausbau durchschnittlich 15,52 m betrug und in Folge des Ausbaus auf 16,11 m anstieg. Denn es handelt sich dabei um Durchschnittsbreiten des gesamten abgerechneten Teilstücks der Straße zwischen K. und W., die hinsichtlich der Fahrbahn vor dem Ausbau zwischen K. und M. etwa 16 bis 17,5 m, zwischen W. und M. aber nur 10 bis 10,5 m breit war. Die hier in Rede stehende Verbreiterung bezieht sich allein auf das noch nicht verbreiterte letztgenannte Teilstück. Bei einer solchen Konstellation, in der eine in den Breitenverhältnissen sehr variierende Straße im schmalen Teilstück verbreitert wird, kann eine beitragsfähige, für die Anlieger vorteilsrelevante Erweiterung vorliegen, auch wenn die anrechenbare Durchschnittsbreite überschritten ist. Die Regelung über Durchschnittsbreiten (hier in § 4 Abs. 2 Nr. 1 SBS), die die Ermittlung der anrechenbaren Breite durch Teilung der Fläche der Teileinrichtung durch die Länge der Längsachse vorschreibt, dient nämlich nur dazu, die Abrechnung zu vereinfachen. Sie trägt der Tatsache Rechnung, dass die Breiten der Straßen schwanken und an manchen Stellen Überbreiten vorliegen, während in anderen Bereichen die höchst zulässige Breite nicht erreicht wird. In derartigen Fällen erscheint es angemessen, die Durchschnittsbreite zu Grunde zu legen, um nicht den Herstellungsaufwand für möglicherweise zahlreiche, nur geringfügige Flächen errechnen zu müssen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5.6.1985 - 2 A 1402/83 -, S. 18 des amtl. Umdrucks.

Die Durchschnittsbreitenregelung schließt es daher nicht aus, die Gewährung eines wirtschaftlichen Vorteils durch Erweiterung derjenigen Teilstücke anzunehmen, die zuvor die anrechenbare Breite nicht erreicht haben.

Jedoch fehlt es hier an der satzungsrechtlichen Beitragsfähigkeit deshalb, weil auch im Teilstück W./M. die Erweiterung vollständig jenseits der anrechenbaren Breite von 8,5 m erfolgte.

Ende der Entscheidung

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