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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 03.06.2009
Aktenzeichen: 15 A 996/09
Rechtsgebiete: GO NRW, LWG
Vorschriften:
GO NRW § 8 | |
LWG § 53 |
2. Die Grenzen dieser Regelungsbefugnis ergeben sich aus dem Zweck der Ermächtigung, den ordnungsgemäßen Betrieb der Einrichtung im Rahmen des Widmungszwecks sicherzustellen, sowie - abgesehen von Gleichbehandlungsgebot - aus dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
3. An der Wirksamkeit einer Satzungsregelung, nach der die Gemeinde die Stelle innerhalb des angeschlossenen Gebäudes bestimmt, an der ein Fettabscheider einzubauen ist, bestehen Zweifel.
Tatbestand:
Der beklagte Bürgermeister ordnete gegenüber den Mitgliedern einer Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft an, dass an einer bestimmten Stelle im Hause im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums ein Fettabscheider einzubauen sei, der durch die Gaststättennutzung des Sondereigentums eines Teileigentümers notwendig geworden war. Dagegen erhoben Wohnungseigentümer Klage, der das VG stattgab, weil es in der konkreten Festlegung des Einbauortes durch die Verfügung einen Ermessensmangel sah, der auf der mangelnden Berücksichtigung von Interessen der Kläger beruhte. Die dagegen beantragte Zulassung der Berufung lehnte das OVG ab.
Gründe:
Der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht gegeben. Der Beklagte hat keinen tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt. An der Richtigkeit der Annahme des VG, dass die angefochtene Verfügung an einem Ermessensfehler leide, weil sie den Einbau des Fettabscheiders "in dem unter der Kellertreppe gelegenen abgetrennten Teil des sogenannten Fahrradkellers" anordnet, bestehen keine ernstlichen Zweifel.
Richtig ist, dass nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Abwassersatzung (AWS) die Stadt u. a. die Einbaustelle einer Abscheideranlage bestimmt, wobei die Wünsche des Anschlussnehmers nach Möglichkeit berücksichtigt werden. Es bedarf hier keiner Klärung, ob die Vorschrift gegen höherrangiges Recht verstößt, was allerdings naheliegend ist. Die eine öffentliche Abwasseranlage betreibende Gemeinde ist nämlich keineswegs befugt, jedwedes Detail der Benutzung der Anlage zu regeln. Die Befugnis nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GO NRW, eine öffentliche Abwasseranlage zu betreiben, und die Pflicht dazu nach § 53 Abs. 1 des Landeswassergesetzes (LWG) umfassen die Ermächtigung, das Benutzungsverhältnis unter anderem durch Satzung zu regeln (Anstaltsgewalt).
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.10.2002 - 15 B 1355/02 -, NWVBl. 2003, 104 (105).
Die Grenzen der Regelungsbefugnis ergeben sich aus dem Zweck der Ermächtigung, den ordnungsgemäßen Betrieb der Einrichtung im Rahmen des Widmungszwecks sicherzustellen, sowie - abgesehen vom Gleichbehandlungsgebot - aus dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7.5.2009 - 15 B 354/09 -, Seite 5 des amtlichen Umdrucks; Urteile vom 28.11.1994 - 22 A 2478/93 -, NWVBl. 1995, 313, und vom 2.2.1966 - III A 1213/62 -, DÖV 1967, 170 (171).
Daher bestehen zwar keine Bedenken gegen eine Satzungsregelung, die die Gemeinde berechtigt, den Einbau eines Fettabscheiders zu verlangen, wenn dies zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Abwasseranlage geboten ist. Wo der Anschlussnehmer diese Anlage auf seinem Grundstück errichtet, ist jedoch zuvörderst seine Sache. Hier ist lediglich ein Recht der Gemeinde denkbar, einer vom Anschlussnehmer bestimmten Einbaustelle zu widersprechen, wenn diese dem Zweck der Fettabscheideranlage entgegen steht. Von daher spricht vieles dafür, dass die Gemeinde grundsätzlich nur befugt ist, über das Ob des Einbaus einer Fettabscheideranlage zu entscheiden. Erst wenn der Anschlussnehmer den Einbau nicht vornimmt und die Gemeinde die Einbauverfügung im Wege der Ersatzvornahme vollstrecken will, darf sie die Einbaustelle bestimmen.
Ähnlich bei der kommunalaufsichtlichen Ersatzvornahme, bei der ein von der Gemeinde auszuübendes Ermessen auf die Aufsichtsbehörde übergeht, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.8.2007 - 15 B 1328/07 -, NWVBl. 2008, 69 (70).
Wenn die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 AWS über die Regelungsbefugnis des Antragsgegners, die Einbaustelle des Fettabscheiders festlegen zu dürfen, überhaupt wirksam sein sollte, ist sie jedenfalls im Sinne des VG dahin zu verstehen, dass bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft die durch die spezifische Nutzung eines Wohnungseigentümers erst herbeigeführte Notwendigkeit des Einbaus eines Fettabscheiders bei der Wahl der Einbaustelle zu berücksichtigen ist.
Bei einer in das Ermessen der Behörde gestellten Entscheidung sind nämlich alle wesentlichen Gesichtspunkte einzubeziehen.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 24.9.1996 - 1 C 9.94 -, BVerwGE 102, 63 (70), und vom 23.9.1992 - 6 C 2.91 -, BVerwGE 91, 24 (39); Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG, 7. Aufl., § 40 Rn. 79; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 114 Rn. 178.
Dass die Interessen des Anschlussnehmers dabei von wesentlicher Bedeutung sind, ergibt sich schon aus der Ermächtigungsnorm des § 8 Abs. 1 Satz 2 AWS selbst, die anordnet, dass "Wünsche des Anschlussnehmers nach Möglichkeit berücksichtigt werden". Auch der Sache nach gehören die Interessen des Anschlussnehmers zu den wesentlichen Gesichtspunkten bei der Auswahl der Stelle des Einbaus eines Fettabscheiders, denn es geht um die Nutzung des Eigentums des Anschlussnehmers, nämlich wie die Räumlichkeiten im Hause genutzt werden sollen. Das bedeutet, dass auch möglicherweise konfligierende Interessen mehrerer Eigentümer in den Blick zu nehmen sind, gegebenenfalls auch die Interessen mehrerer Eigentümer, die jeweils für sich das Grundstück in einer Weise nutzen, die den Einbau eines Fettabscheiders erforderlich macht.
Ende der Entscheidung
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