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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 25.05.2007
Aktenzeichen: 15 B 634/07
Rechtsgebiete: GO NRW


Vorschriften:

GO NRW § 62 Abs. 2 Satz 1
Die Pflicht des Bürgermeisters zur Vorbereitung von Ratsbeschlüssen gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 GO NRW besteht nur gegenüber dem Rat, so dass Fraktionen oder Ratsmitglieder daraus keine organschaftlichen Rechte ableiten können. Ihnen gegenüber kann allenfalls der Rat verpflichtet sein, auf entsprechenden Antrag hin keinen Sachbeschluss zu treffen.
Tatbestand:

Die antragstellenden Ratsmitglieder machen gegenüber dem Bürgermeister geltend, er habe Beschlussunterlagen für die Ratssitzung, in der über den Haushalt beschlossen wurde, zu spät erstellt. Sie erstreben, dem Bürgermeister im Wege einer einstweiligen Anordnung den Vollzug des Haushalts durch Personaleinstellungen vorläufig untersagen zu lassen. Der Antrag hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.

Gründe:

Ein hier in Betracht kommender körperschaftsinterner Unterlassungs- und Störungsbeseitigungsanspruch darauf, die Ausgabeermächtigung der Haushaltssatzung nicht durch Neueinstellungen in Anspruch zu nehmen, weil diese unter Verletzung organschaftlicher Rechte der Antragsteller beschlossen worden sei,

vgl. zu einem solchen Anspruch OVG NRW, Beschluss vom 21.5.2002 - 15 B 238/02 -, NWVBl. 2002, 434; Beschluss vom 12.2.1990 - 15 B 35/90 -, OVGE 42, 70 (71 f.),

besteht nicht.

Die Antragsteller rügen die Verletzung eines aus ihrem Mitgliedschaftsrecht im Rat abgeleiteten Informationsanspruchs deshalb, weil ergänzende Unterlagen zu Tagesordnungspunkt 5 der Ratssitzung vom 1.3.2007 (Haushaltssatzung und Haushaltssicherungskonzept für das Haushaltsjahr 2007 und das Investitionsprogramm für die Jahre 2006 bis 2010) erst am 24.2.2007 und mithin nur fünf Tage vor der Ratssitzung zur Verfügung gestellt worden seien. Damit steht allerdings nicht der allgemeine Informationsanspruch eines Ratsmitglieds in Rede,

vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 5.2.2002 - 15 A 2604/99 -, NWVBl. 2002, 381,

sondern die Erfüllung der Pflicht des Bürgermeisters aus § 62 Abs. 2 Satz 1 GO NRW, die Beschlüsse des Rates vorzubereiten. Diese Pflicht besteht unabhängig von einem Informationsverlangen des Rates. Demgegenüber setzt ein Verstoß gegen den allgemeinen Informationsanspruch des Ratsmitgliedes voraus, dass eine näher bezeichnete Information vom Bürgermeister erfolglos erbeten worden ist. Darauf wird die Beschwerde nicht gestützt.

Die Pflicht zur Vorbereitung der Ratsbeschlüsse besteht gegenüber dem Rat. Daher ist weder das einzelne Ratsmitglied noch eine Fraktion befugt, die Pflicht gegenüber dem Bürgermeister einzufordern. Vielmehr beschränkt sich insoweit die Möglichkeit, den Bürgermeister zur Erfüllung seiner Vorbereitungspflicht anzuhalten, darauf, dahingehende Beschlüsse des Rates anzuregen. Die Organteile sind damit abhängig von einer entsprechenden Willensbildung der Mehrheit der Ratsmitglieder.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29.4.1988 - 15 A 2207/85 -, DVBl. 1989, 164 (165); Kirchhof/Plückhahn, in: Held u.a., Kommunalverfassungsrecht NRW, Loseblattslg. (Stand: Januar 2007), § 62 GO Anm. 11.2; Erlenkämper, in: Articus/Schneider, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl., § 62 Anm. 4.1.

Eine prozessstandschaftliche Wahrnehmung der Rechte von Gemeindeorganen durch Organteile sehen weder die Verwaltungsgerichtsordnung noch die Gemeindeordnung vor.

Vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Loseblattslg. (Stand: April 2006), § 42 Abs. 2 Rn. 100; Burgi, Kommunalrecht, § 14 Rn. 13.

Mithin können die Antragsteller auch keinen körperschaftsinternen Unterlassungsanspruch auf die vermeintliche Verletzung der Pflicht des Bürgermeisters zur Vorbereitung der Ratsbeschlüsse stützen.

Dahinstehen kann, unter welchen Voraussetzungen der Rat aufgrund einer Verletzung der Pflicht des Bürgermeisters zur Ratsbeschlussvorbereitung gegenüber den Antragstellern verpflichtet gewesen wäre, von einer abschließenden Beschlussfassung in der Sache vorerst abzusehen. Jedenfalls können sich eine Ratsfraktion oder ein Ratsmitglied auf eine insoweit bestehende Entscheidungssperre nur dann berufen, wenn sie eine Vertagung der Beschlussfassung beantragt haben. Dies folgt aus dem auf das Verhältnis zwischen kommunalen Organen oder Organteilen übertragbaren Grundsatz der Organtreue. Dieser begründet die Obliegenheit von Ratsfraktionen und -mitgliedern, Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einer anstehenden Beschlussfassung aufgrund einer vermeintlich unzureichenden Beschlussvorbereitung in der verfahrensrechtlich gebotenen Form rechtzeitig geltend zu machen. Wird diese Obliegenheit verletzt, so ist die spätere Geltendmachung der Rechtsverletzung treuwidrig und deshalb unzulässig.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2.5.2006 - 15 A 817/04 -, S. 21 des amtlichen Umdrucks.

Ein solcher Vertagungsantrag ist hier nicht gestellt worden. Zwar hat sich der Antragsteller zu 4. in der Ratssitzung gegen die Beschlussfassung gewandt und eine fehlende Information gerügt. Insoweit sprechen die Antragsteller aber auch selbst nur von einem "konkludenten" Vertagungsantrag. Dies reicht nicht aus. Angesichts einer in Rede stehenden Berühmung, durch eine weitere Befassung des Rates mit der Angelegenheit in ihren Mitwirkungsrechten verletzt zu werden, waren die Antragsteller gehalten, ihre Rechte rechtzeitig und unmissverständlich durch einen förmlichen Vertagungsantrag zu wahren.

Vgl. zum Gesichtspunkt rechtzeitiger und unmissverständlicher Erklärung OVG NRW, Beschluss vom 25.4.1996 - 15 B 2786/95 -, NWVBl. 1996, 334 (335).

Das ist nicht geschehen.

Unabhängig von diesem fehlenden formalen Erfordernis spricht aber auch alles dafür, dass die in das Ermessen des Bürgermeisters gestellte Art der Vorbereitung des Ratsbeschlusses fehlerfrei erfolgt ist. Bei den nachgereichten Änderungen handelt es sich um Einzelpositionen des schon lange vorher bekannten Haushaltsentwurfs. Diese Änderungen sind gegenüber dem ursprünglichen Haushaltsansatz nach Haushaltsstellen aufgegliedert mit den unterschiedlichen Ansätzen früher und jetzt und den Haushaltsauswirkungen einschließlich Begründung übersichtlich dargestellt. Diese Vorbereitung hält sich sowohl in der Sache als auch vom zeitlichen Ablauf her in den Grenzen des Ermessensspielraums des Bürgermeisters zur Vorbereitung von Ratsbeschlüssen. Daher konnte sich der Rat auch ohne Verletzung der Mitgliedschaftsrechte der Antragsteller mit dieser Vorbereitung zufrieden geben, wie er es getan hat.



Ende der Entscheidung

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