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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 06.06.2008
Aktenzeichen: 17 A 1506/05
Rechtsgebiete: IHK-G, Beitragsordnung, HGB
Vorschriften:
IHK-G § 2 Abs. 1 | |
IHK-G § 3 Abs. 2 | |
Beitragsordnung § 1 Abs. 1 | |
Beitragsordnung § 7 Abs. 1 | |
HGB §§ 105 ff. | |
HGB §§ 161 ff. |
Tatbestand:
Die Klägerin, eine KG, wendet sich gegen einen IHK-Beitrag. Sie machte geltend, der festgesetzte Beitrag sei mit der Richtlinie 69/335/EWG i.d.F. der Richtlinie 85/303/EWG nicht vereinbar. Die Anfechtungsklage hatte in beiden Rechtszügen keinen Erfolg.
Gründe:
Der zunächst - sinngemäß - geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht gegeben. Die Antragsbegründung ist nicht geeignet, die Gründe der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung in Frage zu stellen.
Die Klägerin rügt die Nichtvereinbarkeit des erhobenen IHK-Beitrages mit der Gesellschaftssteuerrichtlinie des Rates vom 17.7.1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (69/335/EWG) in der Fassung der Richtlinie des Rates vom 10.6.1985 (85/303/EWG; nachfolgend: Richtlinie). Unter Bezugnahme auf den Beschluss des EuGH vom 21.3.2002 - C-264/00 -, EuGHE I 2002, 3333 und sein Urteil vom 29.9.1999 - C-56/98 -, EuGHE I 1999, 6427, vertritt sie die Auffassung, dass die Höhe des Beitrags entgegen den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, für ihr Unternehmen nicht annähernd einen Kostendeckungsbezug habe. Das Antragsvorbringen greift nicht durch.
Es kann offen bleiben, ob - wie hier - eine Kommanditgesellschaft eine Kapitalgesellschaft im Sinne von Art. 3 der Richtlinie ist. Jedenfalls verstößt die beanstandete Erhebung des IHK-Beitrages nicht gegen diese Richtlinie.
Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.9.2001 - 14 S 2726/00 -, GewArch 2002, 83, VG Gießen, Urteil vom 24.9.2003 - 8 E 2022/01 -, juris, sowie Jahn, Zur Entwicklung des Beitragsrechts der Industrie- und Handelskammern - Ein Rechtsprechungsreport 2000 bis 2004 -, GewArch 2005, 169.
Sie soll die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital harmonisieren. Sie ist nur auf Kapitalgesellschaften und vergleichbare Personenvereinigungen anzuwenden (Art. 3). Sie enthält Angaben zu den Vorgängen, die der Gesellschaftssteuer unterliegen (Art. 4), und zur Erhebung der Steuer (Art. 5 bis 9). Schließlich bestimmt Art. 10, dass neben der Gesellschaftssteuer grundsätzlich keine weiteren Steuern oder Abgaben aufgrund des steuerbaren Sachverhalts (Buchstabe a), der Einlagen, Darlehen oder Leistungen im Rahmen dieses Sachverhalts (Buchstabe b) oder der der Ausübung einer Tätigkeit vorangehenden Eintragung oder sonstigen Formalität, der die Gesellschaft aufgrund der Rechtsform unterworfen werden kann (Buchstabe c), erhoben werden dürfen, es sei denn, es liegt eine der in Art. 12 genannten Ausnahmen vor.
Der Senat hat unter Berücksichtigung der umfangreichen und gefestigten Rechtsprechung des EuGH, vgl. nur: Urteile vom 28.6.2007 - C-466/03 -, juris und Urteil vom 11.6.1996 - C-2/94 -, GewArch 1996, 472, keinen Zweifel daran, dass der IHK-Beitrag nicht vom Anwendungsbereich des Art. 10 der Richtlinie erfasst wird. Da der IHK-Beitrag an keine der in Art. 4 der Richtlinie genannten Vorgänge anknüpft, könnte er allenfalls dem Verbot des Art. 10 Buchstabe c der Richtlinie unterfallen. Dies ist indes nicht der Fall.
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist dieses Verbot dadurch gerechtfertigt, dass diese Steuern oder Abgaben zwar nicht auf die Kapitalzuführungen als solche, wohl aber wegen der wesentlichen Formalitäten im Zusammenhang mit der Rechtsform der Gesellschaft, also des Instruments zur Kapitalsammlung, erhoben werden, so dass die Beibehaltung dieser Steuern und Abgaben auch die Erreichung des mit der Richtlinie verfolgten Ziels, den freien Kapitalverkehr zu fördern, gefährden würde. Hieraus hat der EuGH geschlossen, dass die vorgenannte Norm grundsätzlich weit dahin auszulegen ist, dass er nicht nur die formalen, der Ausübung der Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft vorangehenden Verfahren erfasst, sondern auch die Formalitäten, die eine Bedingung für die Ausübung und Fortführung einer solchen Gesellschaft darstellen.
Vgl. EuGH, Urteile vom 28.6.2007, a.a.O., und vom 11.6.1996, a.a.O.
Diese Voraussetzungen liegen hier ersichtlich nicht vor. Der IHK-Beitrag ist von der Rechtsform des Inhabers des Gewerbebetriebs unabhängig. Nach § 3 Abs. 2 IHK-G. in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Beitragsordnung wird er von den Kammerzugehörigen erhoben. Hierzu gehören natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhalten und gewerbesteuerpflichtig sind, § 2 Abs. 1 IHK-G. Die den Beitrag auslösende Kammerzugehörigkeit ist auch keine Bedingung für die Entstehung und Fortführung der Gesellschaft, vgl. §§ 161 ff. i.V.m. §§ 105 ff. HGB. Er steht mithin nicht im Zusammenhang mit Formalitäten, die Voraussetzung für die Ausübung und Fortführung der Tätigkeit der Klägerin wären. Der IHK-Beitrag deckt vielmehr die im Gesamtinteresse aller Kammerzugehörigen erbrachten Leistungen einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft ab, §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 2 IHK-G, und orientiert sich am Gewerbeertrag, § 7 Abs. 1 der Beitragsordnung, der vom Inhaber eines Gewerbebetriebes - unabhängig von seiner Rechtsform - erwirtschaftet wird.
Eine andere Bewertung ist auch nicht im Hinblick auf die vom Antragsteller im Zulassungsantrag in Bezug genommenen Entscheidungen des EuGH veranlasst. Im Gegenteil wird die hier vertretene Rechtsansicht von diesen Entscheidungen nachhaltig untermauert. Der EuGH hat gestützt auf die vorstehend dargestellten Kriterien zur Auslegung des Art. 10 Buchstabe c der Richtlinie in dem Beschluss vom 21.3.2002, a.a.O., und im Urteil vom 29.9.1999, a.a.O., ausgeführt, dass die notarielle Beurkundung eines Vertrages über die Gründung einer Kapitalgesellschaft bzw. für die Kapitalerhöhung, Änderung der Firma und die Sitzverlegung, an die die Notargebühren anknüpfen, eine zwingende Förmlichkeit sei, der eine Gesellschaft aufgrund ihrer Rechtsform unterworfen sei. Sie sei eine Bedingung für die Ausübung und Fortführung der Tätigkeit der Kapitalgesellschaft. Wie zuvor dargestellt, verhält es sich beim IHK-Beitrag indes anders. Wie insbesondere Rdn. 29 des Urteils vom 29.9.1999, auf die Rdnr 31 des Beschlusses vom 21.3.2002 verweist, verdeutlicht, stellt sich die in dem Zulassungsantrag unter Bezugnahme auf die Rdn. 32 des Beschlusses vom 21.3.2002 problematisierte Frage, ob die (nach Art. 10 der Richtlinie verbotene) Abgabe abweichend als Gebühr nach Art. 12 Abs. 1 Buchstabe e der Richtlinie gerechtfertigt sein könnte, erst, wenn - anders als hier - die Abgabe unter Art. 10 der Richtlinie fällt.
Vgl. zum Prüfungsaufbau auch EuGH, Urteil vom 28.6.2007, a.a.O., Rdn. 38.
Die im Zulassungsantrag aufgeworfene Frage, ob die Abgabe an die Industrie- und Handelskammer, wie in deren Beitragssatzung festgelegt, eine Steuer im Sinne der Richtlinie darstellt, führt nicht auf den weiter geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Frage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer bedeutenden Rechtsentwicklung des Rechts der Klärung bedarf und die für die Entscheidung erheblich sein wird, oder wenn die in der Berufungsentscheidung zu erwartende Klärung von Tatsachenfragen verallgemeinerungsfähige, d.h. eine unbestimmte Vielzahl von Fällen betreffende Auswirkungen entfaltet.
Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 2.10.1984 - 1 B 114.84 -, InfAuslR 1985, 130 f. (zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Hiervon ausgehend, ist die aufgeworfene Frage nicht klärungsbedürftig. Wie zuvor ausgeführt, lässt sich der gefestigten Rechtsprechung des EuGH ohne weiteres entnehmen, dass der erhobene IHK-Beitrag vom Anwendungsbereich des Art. 10 der Richtlinie nicht umfasst wird.
Ende der Entscheidung
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