Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 14.04.2004
Aktenzeichen: 18 B 1601/03
Rechtsgebiete: AAV, VwGO, AuslG, SGB III, ASAV, SGB I


Vorschriften:

AAV § 1
AAV § 5 Nr. 9
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
AuslG § 10
AuslG § 17
AuslG § 18
AuslG § 19
AuslG § 20
AuslG § 21
AuslG § 22
AuslG § 23
SGB III § 284 Abs. 1 Satz 1
SGB III § 284 Abs. 1 Satz 2
SGB III § 284 Abs. 5
SGB III § 285 Abs. 3
SGB III § 288 Abs. 1 Nr. 3
ASAV § 1
SGB I § 30 Abs. 3 Satz 2
In einem Verfahren über die Aufenthaltsgenehmigung zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit ist im Rahmen des § 1 AAV nicht inzident zu prüfen, ob eine Arbeitserlaubnis beansprucht werden könnte.
Gründe:

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die vom Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur zu prüfen sind, rechtfertigen keine Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Das VG ist sinngemäß zu Recht davon ausgegangen, dass der Erteilung der vom Antragsteller begehrten Aufenthaltsgenehmigung nach § 10 AuslG i.V.m. § 5 Nr. 9 der Arbeitsaufenthalteverordnung (AAV) dessen § 1 entgegensteht und es dementsprechend nicht darauf ankommt, ob der Antragsteller den Begriff des Künstlers in § 5 Nr. 9 AAV erfüllt.

Der Anwendung des § 10 AuslG, der den Anwerbestop für ausländische Arbeitnehmer (erstmals) gesetzlich festschreibt, steht nicht entgegen, dass dem Antragsteller bereits eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug erteilt worden ist. Die Vorschrift ist nämlich nicht nur bei der erstmaligen Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung, sondern auch bei jeder späteren Verlängerung zu beachten und kann bei einer solchen sogar erstmals anwendbar sein.

Vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 10 AuslG, Rn. 1 und 13.

Dies gilt namentlich für Ausländer, denen - wie hier - nach den §§ 17 bis 23 AuslG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist, wenn deren Verlängerung nach diesen Vorschriften ausscheidet, bevor die Voraussetzungen für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht vorliegen.

Vgl. Nr. 10.1.4.0 AuslG-VwV.

Nach § 1 AAV darf Ausländern für die Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit eine Aufenthaltsgenehmigung nur dann erteilt werden, wenn eine erforderliche Genehmigung zur Beschäftigung als Arbeitnehmer und eine sonstige erforderliche Berufsausübungserlaubnis in Aussicht gestellt oder erteilt sind.

Der Erteilung einer dementsprechenden Genehmigung oder Erlaubnis durch die Arbeitsverwaltung bedarf es für die vom Antragsteller angestrebte Tätigkeit. Dies folgt aus § 284 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Danach dürfen Ausländer eine Beschäftigung nur mit Genehmigung des Arbeitsamtes ausüben und von Arbeitgebern nur beschäftigt werden, wenn sie eine solche Genehmigung besitzen. Keiner Genehmigung bedürfen Ausländer lediglich in den in § 284 Abs. 1 Satz 2 SGB III und § 9 der Arbeitsgenehmigungsverordnung vom 17.9.1998 (BGBl. I S. 2899) aufgeführten Fällen, die auf den Antragsteller nicht zutreffen.

Die Erteilung oder Inaussichtstellung der danach erforderlichen Arbeitserlaubnis ist nach Lage der Akten weder ersichtlich noch vom Antragsteller vorgetragen worden.

Für eine inzidente Überprüfung, ob dem Antragsteller gegenüber dem Arbeitsamt ein Anspruch auf Erteilung bzw. Inaussichtstellung einer Arbeitserlaubnis zusteht, ist im vorliegenden Verfahren kein Raum, da diesbezüglich der Sozialrechtsweg gegeben ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25.6.1997 - 17 A 4432/94 -; Bäuerle, in GK-AuslR § 10 AuslG Rn. 21.

Die Verweisung auf die Erstreitung einer Arbeitserlaubnis bzw. deren Inaussichtstellung im Sozialrechtsweg führt nicht etwa auf einen Zirkelschluss. Denn die Erteilung der Arbeitserlaubnis für die hier angestrebte Erwerbstätigkeit setzt ihrerseits die vorherige Erteilung (oder Inaussichtstellung) der Aufenthaltsgenehmigung nicht voraus. § 284 Abs. 5 SGB III, der die Erteilung der Arbeitserlaubnis grundsätzlich vom Besitz der Aufenthaltsgenehmigung abhängig macht, ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Maßgeblich sind vielmehr die Bestimmungen der Anwerbestoppausnahmeverordnung (ASAV) vom 17.9.1998 (BGBl. I S. 2893), die die Erteilung der Arbeitserlaubnis in keiner Weise an den aufenthaltsrechtlichen Status des Ausländers knüpfen. Diese auf der Grundlage von § 288 Abs. 1 Nr. 3 SGB III erlassene Rechtsverordnung ist nach § 285 Abs. 3 SGB III i.V.m. § 1 ASAV einschlägig für Ausländer, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben und eine Beschäftigung im Bundesgebiet aufnehmen wollen.

Der Antragsteller hat - ungeachtet der Frage nach seinem Wohnsitz - jedenfalls seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland.

Gemäß § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Davon ausgehend hat nach der Rechtsprechung des BSG - vgl. Urteil vom 20.5.1987 - 10 RKg 18/85 -, InfAuslR 1988, 52, 53 - und des BVerwG - vgl. Urteil vom 23.2.1993 - 1 C 45.90 -, BVerwGE 92, 116, 114 f. - ein Ausländer seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet nur dann, wenn nach dem Ausländerrecht und der Handhabung der einschlägigen Ermessensvorschriften durch die (Ausländer-)Behörde davon auszugehen ist, dass der Ausländer nicht nur vorübergehend, sondern auf unabsehbare Zeit im Bundesgebiet bleiben kann.

Bei der danach vorzunehmenden Beurteilung kommt es grundsätzlich nicht auf die Dauer des bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet und die Art der bisher innegehabten Aufenthaltsgenehmigung an. Maßgeblich ist vielmehr die gegenwärtige aufenthaltsrechtliche Situation des Ausländers, also die Frage, ob und gegebenenfalls für welchen Zeitraum er weiterhin über ein Aufenthaltsrecht verfügt.

Vgl. BSG, Urteil vom 20.5.1987 und BVerwG, Urteil vom 23.2.1993, jeweils a.a.O.

Unerheblich ist es auch, ob dem Antragsteller nach den Bestimmungen der ASAV eine Arbeitserlaubnis und sodann nach der AAV eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden kann. Denn die Innehabung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland ist - schon auf der ersten Stufe - Anwendungsvoraussetzung für die Regeln der ASAV, die - erst auf der zweiten Stufe - die Erteilung einer Arbeitserlaubnis (und damit auch die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung) ermöglichen.

Nach allem hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im hier maßgeblichen Sinne nicht im Bundesgebiet, sondern im Ausland, weil er seinen bisherigen Inlandsaufenthalt nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen über den Familiennachzug (unstreitig) nicht fortführen darf und der Antragsgegner die zur Aufenthaltsbeendigung erforderlichen Maßnahmen mit der hier streitigen Ordnungsverfügung (Aufenthaltsbeschränkung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG) bereits eingeleitet hat.

Ende der Entscheidung

Zurück