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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 08.08.2003
Aktenzeichen: 18 B 2511/02
Rechtsgebiete: AuslG, VwGO, AG VwGO NRW, VwVfG NRW
Vorschriften:
AuslG § 55 Abs. 2 | |
AuslG § 56 Abs. 1 | |
AuslG § 56 Abs. 3 | |
AuslG § 66 Abs. 1 | |
AuslG § 71 Abs. 3 | |
VwGO § 80 Abs. 2 Satz 2 | |
VwGO § 80 Abs. 5 | |
AG VwGO NRW § 8 | |
VwVfG NRW § 39 Abs. 1 | |
VwVfG NRW § 45 Abs. 1 Nr. 2 |
2. Eine Duldung und die ihr beigefügte Auflage des Verbots einer Erwerbstätigkeit sind Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung, bei der ein Rechtsbehelf nach dem nordrhein-westfälischen Landesrecht keine aufschiebende Wirkung entfaltet (§ 8 AG VwGO NRW).
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin mit dem vorrangig weiter verfolgten Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Nebenbestimmung "Erwerbstätigkeit nicht gestattet" in der am 24.10.2002 ausgestellten Duldung anzuordnen, ist für die Zeit bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides erfolgreich.
Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Bei dem Verbot einer Erwerbstätigkeit, das der Antragsgegner der an die Antragstellerin gerichteten Duldung beigefügt hat, handelt es sich um eine Auflage im Sinne von § 56 Abs. 3 Sätze 2 und 3 AuslG sowie § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW, die mit dem Widerspruch bzw. der Anfechtungsklage angegriffen werden kann.
Vgl. zur isolierten Anfechtung von Nebenbestimmungen BVerwG, Urteil vom 22.11.2000 - 11 C 2.00 -, Juris = DVBl. 2001, 405 (Ls), und vom 19.3.1996 - 1 C 34.93 -, BVerwGE 100, 335 = DVBl. 1997, 165 = DÖV 1997, 161 = NVwZ-RR 1997, 317 = InfAuslR 1996, 392 = Buchholz 402.240 § 12 Nr. 9.
Der Aussetzungsantrag ist auch im Übrigen zulässig. Die Antragstellerin hat das zutreffende Rechtsmittel des Widerspruchs erhoben. Ein solcher ist nicht, wie schon Nr. 71.3 AuslG-VwV klarstellt, durch die Sonderregelung des § 71 Abs. 3 AuslG ausgeschlossen. Dies ergibt sich bereits aus ihrem eindeutigen Wortlaut, der den Widerspruch lediglich gegen die Versagung einer Duldung ausschließt. Der Sinn und Zweck der Vorschrift erfordert keine erweiternde Auslegung. Mit ihr soll im Falle der Ablehnung einer Duldung bei regelmäßig vollziehbarer Ausreisepflicht das Verfahren gestrafft und beschleunigt werden.
Vgl. hierzu BT-Drucks. 11/6321, 81.
Für den Beschleunigungsgedanken ist jedoch vom Ansatz her kein Raum mehr gegeben, wenn die Duldung selbst nicht unmittelbar im Streit steht, die Behörde also selbst gegenwärtig gar keine Aufenthaltsbeendigung durchsetzen will.
Vgl. Funke/Kaiser, in: GK-AuslR, § 56 AuslG Rn. 47; a.A. Renner, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 56 AuslG Rn. 11.
Die Antragstellerin besitzt ferner das erforderliche Rechtsschutzinteresse für den vorliegenden Antrag. Ihr Widerspruch hat nicht bereits per Gesetz die aufschiebende Wirkung ausgelöst (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Bei der hier streitigen Auflage handelt es sich um eine Maßnahme in der Verwaltungsvollstreckung, für die nach nordrhein-westfälischem Landesrecht aufgrund der Ermächtigung in § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen ist (§ 8 AG VwGO NRW).
Ebenso Hess.VGH, Beschluss vom 6.4.2001 - 12 TG 368/01 -, InfAuslR 2001, 378 = EZAR 045 Nr. 19 = AuAS 2001, 149 zum hess. Landesrecht; a.A. OVG Berlin, Beschluss vom 4.6.1998 - 8 SN 66.98 -, NVwZ-Beil. 1998, 82; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 6.4.2000 - 10 S 2583/99 -, AuAS 2000, 184 = VBlBW 2000, 325.
Hierfür ist nicht erforderlich, dass die Auflage unmittelbar der Durchsetzung der Ausreisepflicht dient. Es genügt vielmehr, dass die Auflage ebenso im Vollstreckungsverfahren ergeht wie die Duldung selbst, die nach ihrer gesetzlichen Konzeption ein spezifisch vollstreckungsrechtliches Institut darstellt.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.9.1997 -.1 C 3.97 -, BVerwGE 105, 232 = NVwZ 1998, 297 = InfAuslR 1998, 12 = AuAS 1998, 17 = EZAR 045 Nr. 7 = DVBl. 1998, 278 = DÖV 1998, 247 = Buchholz 402.240 § 55 AuslG 1990 Nr. 2.
Dem steht nicht entgegen, dass im Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) weder die ausländerrechtliche Duldung noch die hier in Rede stehende Auflage als Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung geregelt sind.
In diesem Sinne aber OVG Berlin, Beschluss vom 4.6.1998 a.a.O.
Das Ausländergesetz enthält für die Erzwingung der Aufenthaltsbeendigung Sonderregelungen, die die Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NRW verdrängen. Davon ausgehend hat der Senat bereits entschieden, dass die ausländerrechtliche Abschiebungsandrohung eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung im Sinne des § 8 AG VwGO NRW darstellt.
OVG NRW, Beschluss vom 20.10.1997 - 18 B 834/96 -, EZAR 601 Nr. 9.
Nichts anderes gilt für die Duldung. Dies folgt schon daraus, dass sie innerhalb der durch die Abschiebungsandrohung eingeleiteten Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung ergeht, die Ausreisepflicht eines geduldeten Ausländers unberührt bleibt (§ 56 Abs. 1 AuslG) und der Ausländer grundsätzlich unverzüglich nach Erlöschen der Duldung ohne erneute Androhung und Festsetzung abgeschoben wird (§ 56 Abs. 6 Satz 1 AuslG). Die Duldung erschöpft sich aber nicht nur in der zeitweisen Aussetzung der Abschiebung. Sie dient vielmehr in ihrer Gesamtheit der Vollstreckung der Ausreisepflicht. Die Ausländerbehörde erhält durch die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung die Möglichkeit, Vollstreckungshindernisse zu beseitigen. Dazu kann sie der Duldung Auflagen beifügen, die beispielsweise geeignet sind, ein wegen mangelnder Mitwirkung des Ausländers entstandenes Vollstreckungshindernis zu beseitigen. Namentlich kann die Duldung eines Ausländers, der - wie hier - wegen Passlosigkeit nicht abgeschoben werden kann und dem deshalb eine Duldung erteilt werden muss (§ 55 Abs. 2 AuslG), mittels Auflage räumlich beschränkt oder die Erwerbstätigkeit eingeschränkt oder ganz untersagt werden. Daraus folgt zugleich, dass auch die einer Duldung beigefügten Auflagen dem selben Zweck wie die Duldung dienen und damit ebenfalls zu den Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung gehören.
Vgl. Fehrenbacher, Die Vollziehbarkeit von Nebenbestimmungen einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung, ZAR 2002, 193, 196.
Die Beschwerde ist zum Teil begründet. (Wird ausgeführt)
Ende der Entscheidung
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