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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 31.01.2005
Aktenzeichen: 18 B 915/04
Rechtsgebiete: AuslG, AufenthG, VwGO


Vorschriften:

AuslG § 69 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
AuslG § 42 Abs. 1
AuslG § 42 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
AufenthG § 81 Abs. 3
AufenthG § 81 Abs. 4
AufenthG § 102 Abs. 1 S. 3
AufenthG § 58 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
VwGO § 80 Abs. 5
1. Die durch die Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung unter der Geltung des Ausländergesetzes eingetretenen Wirkungen nach § 69 AuslG bleiben gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 AufenthG beachtlich. Ist keine Fiktionswirkung eingetreten, so hat es damit gleichfalls sein Bewenden.

2. § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG kann eine Fiktionswirkung nur vermitteln, wenn die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes beantragt worden ist.

3. Die allgemeine Interessenabwägung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO fällt zu Ungunsten des Ausländers aus, wenn eine Aussetzung der Vollziehung in Bezug auf die verfügte Ausweisung für ihn nicht von Nutzen ist, weil er aus einem anderen Rechtsgrund ohnehin vollziehbar ausreisepflichtig ist.


Tatbestand:

Der Antragsteller, ein libanesischer Staatsangehöriger, war im Besitz einer bis zum 19.4.1999 gültigen Aufenthaltsbefugnis, deren Verlängerung er am 29.4.1999 beantragte. Durch rechtskräftiges Urteil vom 13.2.2002 wurde er wegen Verstoßes gegen das BTM-Gesetz zu einer Einheitsjugendstraße von zwei Jahren und einem Monat verurteilt. Darauf hin wies der Antragsgegner ihn durch Verfügung vom 31.7.2003 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aus der Bundesrepublik Deutschland aus und lehnte seinen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung ab. Seinen nach Widerspruchserhebung gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO lehnte das VG ab. Die von ihm dagegen eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Das Aussetzungsbegehren muss ungeachtet der dargelegten Beschwerdegründe hinsichtlich der Ausweisung schon deshalb erfolglos bleiben, weil insoweit jedenfalls die allgemeine Interessenabwägung zu Ungunsten des Antragstellers ausfällt. Sein Interesse an einer Vollziehungsaussetzung in Bezug auf die Ausweisung ist als nur gering zu veranschlagen. Zum einen war er schon bei Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung mangels einer Aufenthaltsgenehmigung im Sinne von § 42 Abs. 1 AuslG ohnehin ausreisepflichtig und ist dies auch weiterhin nach § 50 Abs. 1 des am 1.1.2005 in Kraft getretenen Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), weil er nicht den nach diesem Gesetz nunmehr erforderlichen Aufenthaltstitel besitzt. Zum anderen ist die Ausreisepflicht auch vollziehbar, denn der Antragsteller hat es - worauf es hier allein ankommt - versäumt, rechtzeitig vor Ablauf der früher inne gehabten Aufenthaltsbefugnis deren Verlängerung zu beantragen (§ 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AuslG/§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG).

Vgl. hierzu OVG NRW Beschlüsse vom 25. 4.1995 - 18 B 3183/93 -, NWVBl. 1995, 438 = EZAR 030 Nr. 2 = NVwZ-RR 1996, 173, vom 11.3.2002 - 18 B 849/01 -, AuAS 2002, 148, und vom 26.5. 2003 - 18 B 509/02 -.

Die vorangegangene Aufenthaltsbefugnis des Antragstellers war gültig bis zum 19. 4.1999. Deren Verlängerung hat er erst unter dem 29.4.1999 beantragt. Dieser Verlängerungsantrag konnte eine Fiktionswirkung des erlaubten Aufenthalts nicht auslösen, weil der Antragsteller sich in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung,

vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 3. 6.1997 - 1 C 7.96 -, InfAuslR 1997, 391 (394); vgl. auch OVG NRW, Beschlüsse vom 24. 9.1992 - 18 B 3863/92-, vom 20.5.1996 - 18 B 424/95- und vom 7.5.1999 - 1 B 732/99 -, InfAuslR 1999, 451,

nicht rechtmäßig im Sinne des § 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AuslG im Bundesgebiet aufhielt. Daran hat sich nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes nichts geändert. Die im Falle der Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung unter der Geltung des Ausländergesetzes vorgesehenen Rechtsfolgen bleiben unverändert. Eine danach eingetretene Fiktionswirkung ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 AufenthG weiterhin beachtlich. War - wie hier - bisher keine Fiktionswirkung eingetreten, so hat es damit mangels einer Regelung im Aufenthaltsgesetz gleichfalls sein Bewenden. In einem derartigen Fall hilft auch der an die Stelle des § 69 AuslG getretene § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG nicht weiter. Dieser kann von vornherein eine Fiktionswirkung nur vermitteln, wenn die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes beantragt worden ist. Denn die von § 69 Abs. 3 AuslG ebenso wie von § 81 Abs. 4 AufenthG geforderte Kontinuität des rechtmäßigen Aufenthalts kann nur durch das bei der Antragstellung geltende Recht gewahrt werden. Deshalb verbietet sich auch ein Rückgriff auf die Senatsrechtsprechung zu § 69 Abs. 2 und 3 AuslG, nach der diese Norm auch auf Anträge anwendbar war, die noch unter der Geltung des Ausländerrechts 1965 gestellt worden waren und nach dessen § 21 Abs. 3 Satz 1 eine Erlaubnisfiktion ausgelöst hatten.

Vgl. OVG NRW Beschluss vom 12.3.1991 - 18 B 333/91 -, NVwZ 1991, 910.

Damit wurde mangels einer mit dem jetzigen § 102 Abs. 1 Satz 3 AufenthG vergleichbaren Regelung lediglich entschieden, dass sich die Frage nach der Fortgeltung einer unter der Geltung des Ausländergesetzes 1965 eingetretenen Erlaubnisfiktion für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Ausländergesetzes 1990 nach dem neuen Recht beurteilt.

Eine Aussetzung der Vollziehung in Bezug auf die verfügte Ausweisung wäre unter den hier gegebenen Umständen für den Antragsteller nicht von Nutzen. Jene würde auch nicht seine Rechtsposition in Bezug auf die Verfolgung seines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels verbessern. Unbeschadet dessen, dass dieser Antrag aus den dargelegten Gründen keine im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu sichernde Rechtsposition bewirkt hat und deshalb der hierauf gerichtete Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO unzulässig ist,

- vgl. hierzu zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 15.4.2004 - 18 B 471/02 -, NWVBl. 2004, 391 -

wäre der Antragsteller selbst bei einem Erfolg des gegen die Ausweisungsverfügung gerichteten Aussetzungsantrags wegen der aufgezeigten vollziehbaren Ausreisepflicht gezwungen, sowohl sein Begehren auf Aufhebung der Ausweisung als auch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit den dafür in der Hauptsache gegebenen Rechtsbehelfen vom Ausland aus zu verfolgen.

Zu Ungunsten des Antragstellers ist bei der Interessenabwägung schließlich zu berücksichtigen, dass nach dem Gesamteindruck, den der Senat aus den vorliegenden Verwaltungsvorgängen gewonnen hat, ...(wird ausgeführt) angenommen werden muss, dass von dem Antragsteller schon während der Dauer des Hauptsacheverfahrens weiterhin die Gefahr der Begehung von Straftaten ausgeht und es ihm auch deshalb - selbst unter Einbeziehung seiner persönlichen und familiären Interessenlage, namentlich seines langjährigen Aufenthalts in Deutschland - zuzumuten ist, das weitere Verfahren von seinem Heimatland aus abzuwarten.



Ende der Entscheidung

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