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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 28.09.1999
Aktenzeichen: 19 B 1467/99
Rechtsgebiete: SchVG NRW, VwGO, ZPO, SchpflG NRW, VO-SF, SchMG NRW


Vorschriften:

SchVG NRW § 4
SchVG NRW § 4 Abs. 6 Satz 6
SchVG NRW § 4 Abs. 6 Satz 7
SchVG NRW § 7 Abs. 3
SchVG NRW § 7 Abs. 5
SchVG NRW § 8
SchVG NRW § 8 Abs. 1
SchVG NRW § 8 Abs. 2
SchVG NRW § 10
SchVG NRW § 12 Abs. 4
VwGO § 123 Abs. 1 Satz 2
VwGO § 123 Abs. 3
ZPO § 920
ZPO § 294
SchpflG NRW § 7 Abs. 5
VO-SF § 12 Abs. 4
SchMG NRW § 15
1. Zur Zulässigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Einrichtung einer sonderpädagogischen Fördergruppe an einer allgemeinen Schule.

2. Ein Anspruch auf Einrichtung einer sonderpädagogischen Fördergruppe besteht nur dann, wenn das Planungsermessen des Schulträgers auf Null reduziert ist.

3. Die Einrichtung einer sonderpädagogischen Fördergruppe kommt nur dann in Betracht, wenn mindestens drei Schüler hieran interessiert sind und eine Erhöhung der Zahl der Schüler in den nachfolgenden Jahrgängen zu erwarten ist.

4. Die Weigerung von Schulleitern, ein sonderpädagogisches Konzept für eine sonderpädagogische Fördergruppe zu entwickeln, ist unbeachtlich, wenn die Einrichtung einer solchen Gruppe generell von den Schulleitern abgelehnt wird.


Tatbestand:

Die Antragsteller begehrten mit dem beim VG eingegangenen Antrag vom 1.7.1999, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, zum Unterrichtsbeginn am 2.8.1999 eine sonderpädagogische Fördergruppe an einer allgemeinen Schule einzurichten. Das VG lehnte den Antrag ab. Das OVG wies die Beschwerde zurück.

Gründe:

Es spricht viel dafür, dass sich das vom VG gefundene Ergebnis unabhängig von der Frage, ob ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht ist, bereits aus anderen Gründen als richtig erweist, so dass an dessen Richtigkeit schon deshalb keine ernstlichen Zweifel bestehen.

Fraglich ist bereits, ob die Antragsteller antragsbefugt sind, d.h. ob überhaupt die Möglichkeit besteht, dass die Ablehnung der Einrichtung einer sonderpädagogischen Fördergruppe sie in eigenen Rechten verletzt (§ 42 Abs. 2 VwGO entsprechend). Die von ihnen begehrte Einrichtung einer sonderpädagogischen Fördergruppe, die gemäß § 4 Abs. 6 Satz 7 - SchVG NRW - als Teil der allgemeinen Schule geführt werden kann, wenn ein pädagogisches Konzept vorgelegt wird, das Möglichkeiten gemeinsamen Lernens vorsieht, ist - anders als die bloße Aufnahme in eine schon bestehende sonderpädagogische Fördergruppe - eine schulorganisatorische Maßnahme im Sinne des § 8 SchVG NRW, nämlich die Änderung einer öffentlichen Schule, die gemäß § 8 Abs. 1 SchVG NRW vom Schulträger beschlossen werden muss und nach § 8 Abs. 2 SchVG NRW der Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde bedarf. Unter welchen Voraussetzungen eine Gemeinde zur Durchführung schulorganisatorischer Maßnahmen verpflichtet ist, ist grundsätzlich in § 10 SchVG NRW bestimmt, der für den Bereich der sonderpädagogischen Förderung lediglich vorsieht, dass die Gemeinden verpflichtet sind, Schulen für Erziehungshilfe, Schulen für Geistigbehinderte, Schulen für Lernbehinderte und in der Primarstufe Schulen für Sprachbehinderte zu errichten und fortzuführen. Dem entspricht die Regelung in § 7 Abs. 3 - SchpflG NRW -, die für die Sekundarstufe I integrativen Unterricht in weiterführenden allgemeinen Schulen nur vorsieht, wenn das Bildungsziel der jeweiligen weiterführenden Schule erreicht werden kann (sog. zielgleicher Unterricht) und im Übrigen lediglich bestimmt, dass die Unterrichtung Schulpflichtiger mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die - wie unstreitig der Antragsteller zu 1) - das Bildungsziel der allgemeinen Schulen nicht erreichen können, in Schulversuchen erprobt wird. Es spricht deshalb viel dafür, dass § 4 SchVG NRW, der unter der Überschrift "Aufbau und Gliederung des Schulwesens" die Schulstufen und Schulformen benennt und im Absatz 6 bestimmt, unter welchen Voraussetzungen es sonderpädagogische Fördergruppen geben kann, lediglich den Schulträger zur Einrichtung sonderpädagogischer Fördergruppen ermächtigt, ohne zugleich subjektive Rechte von Eltern und Schülern zu begründen.

Aber selbst wenn man angesichts der Vorgaben des Benachteiligungsverbots des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, das bei Auslegung und Anwendung des Schulrechts zu beachten ist, vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, NJW 1998, 131 (133); Beyerlin, Schulische Integration und der Handlungsauftrag des Staates aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, RdJB 1999, 157 ff., und im Hinblick darauf, dass diese Vorschrift nach ihrem objektiven Regelungsgegenstand den Interessen behinderter Schulpflichtiger und ihrer Eltern zu dienen bestimmt ist, vgl. zu diesem Gesichtspunkt bei der Prüfung, ob ein Rechtssatz ein subjektiv öffentliches Recht eröffnet Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 1995, § 11 II 5, insb. Rdnr. 38, S. 230, unabhängig von der dargestellten Systematik des Schulverwaltungsrechts annehmen wollte, dass § 4 Abs. 6 Satz 6 SchVG NRW jedenfalls einen Anspruch darauf begründet, dass über die Einrichtung einer sonderpädagogischen Fördergruppe ermessensfehlerfrei entschieden wird, oder wenn man einen solchen Anspruch daraus ableiten wollte, dass die aufgrund § 7 Abs. 5 SchpflG NRW erlassene Verordnung über die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs und die Entscheidung über den schulischen Förderort - VO-SF - in § 12 Abs. 4 bestimmt, dass Förderort auch eine sonderpädagogische Fördergruppe als Teil einer allgemeinen Schule sein kann, so erscheint problematisch, ob ein Bedürfnis für den begehrten Rechtsschutz besteht. Der Senat verneint in ständiger Rechtsprechung ein Rechtsschutzinteresse für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, der auf die Errichtung einer Schule gerichtet ist, wenn die Durchführung der Maßnahme aus organisatorischen Gründen bis zum Schuljahresbeginn nicht mehr möglich ist.

OVG NRW, Beschlüsse vom 12.5.1992 - 19 B 1676/92 - und 13.6.1991 - 19 B 1476/91 -.

Angesichts der formalen Voraussetzungen für die Einrichtung einer sonderpädagogischen Fördergruppe (Erarbeitung eines pädagogischen Konzeptes gemäß § 4 Abs. 6 Satz 7 SchVG NRW, Beschluss des Schulträgers gemäß § 8 Abs. 1 SchVG, Genehmigung der zuständigen Schulaufsichtsbehörde gemäß § 8 Abs. 2 SchVG NRW i.V.m. § 1 der Verordnung über schulrechtliche Zuständigkeiten vom 30.3.1985, Bereitstellung von Personal und Räumlichkeiten) dürfte ein Unterrichtsbeginn zum 2.8.1999 bereits bei der Antragstellung beim VG am 1.7.1999, jedenfalls aber bei der Beschlußfassung am 30.7.1999 an allen Schulen in M. ausgeschlossen gewesen sein.

Für die Möglichkeit, eine sonderpädagogische Fördergruppe unabhängig vom Schuljahresbeginn einzurichten, spricht allerdings, dass bei dieser bloßen Änderung einer Schule die organisatorischen Anforderungen (z.B. Beschaffung von Personal und Räumlichkeiten) deutlich geringer sind als bei der Errichtung einer (mehrzügigen) Schule. Gegen die Möglichkeit, die Fördergruppe noch nach Beginn des Schuljahres und des Unterrichts einzurichten, könnte sprechen, dass ein pädagogisches Konzept, das Möglichkeiten gemeinsamen Lernens vorsieht, z.B. Teilnahme am Schulleben und an den Veranstaltungen der Schule, gemeinsame Planung und Durchführung von Projekten, zeitweilige oder dauernde - ggf. nur fachbezogene - Teilnahme am Unterricht der übrigen Klassen der Schule bzw. der Patenklasse oder -klassen, vgl. Ziff. 6.2 des Runderlasses des Ministeriums für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung vom 6.5.1997 zur Errichtung, Änderung und Auflösung von weiterführenden allgemeinen Schulen und Berufskollegs i.d.F. der Änderung vom 6.4.1999 - im Folgenden: Errichtungserlass - auch im Interesse der Schüler der übrigen Klassen bzw. Patenklassen sinnvoll nur für (mindestens) ein ganzes Schuljahr erstellt werden kann.

Aber selbst wenn man von einem zulässigen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ausgeht, bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des VG. Denn der Erlass einer Regelungsanordnung setzt gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO iVm §§ 920, 294 ZPO die Glaubhaftmachung überwiegender Erfolgsaussichten in der Hauptsache voraus, und solche ergeben sich aus dem Vortrag der Antragsteller nicht. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das Ermessen des Rates bei der Entscheidung über die Einrichtung einer sonderpädagogischen Fördergruppe dahin reduziert ist, dass er beschließen muss, eine Schule in M. im Schuljahr 1999/2000 dahin zu ändern, dass an ihr eine sonderpädagogische Fördergruppe eingerichtet wird.

Bei der Entscheidung über eine Schuländerung handelt es sich um eine Maßnahme mit planerischem Charakter, die folglich dem Gebot der gerechten Abwägung genügen muss. Dieses Gebot ist bei einer Schulorganisationsmaßnahme verletzt, wenn nicht alles an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge hätte eingestellt werden müssen, wenn das Gewicht der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt wird oder aber der Ausgleich zwischen den Belangen in einer Weise vorgenommen worden wird, die zur objektiven Bedeutung der Belange außer Verhältnis steht.

BVerwG, Beschluss vom 7.1.1992 - 6 B 32.91 -, DVBl. 1992, 1025 (1026); OVG NRW, Urteil vom 3.5.1991 - 19 A 2515/89 -,

Dabei ist es zulässig, dass die Verwaltung in Vorbereitung dieser Entscheidung die abwägungserheblichen Belange zusammenstellt und dem Rat einen Entscheidungsvorschlag macht, vgl. BVerwG, a.a.O., S. 1026, so dass der Senat davon absieht, den gegen die Oberbürgermeisterin der Stadt gerichteten Antrag von Amts wegen als einen gegen den für den Änderungsbeschluss zuständigen Rat der Stadt gerichteten Antrag auszulegen.

Dass ein solcher Entscheidungsvorschlag der Gemeindeverwaltung nur dahin gehen kann, eine sonderpädagogische Fördergruppe einzurichten, mit der Folge, dass dem gegen die Gemeindeverwaltung gerichteten Begehren der Antragsteller mit der Maßgabe stattgegeben werden müsste, dass diese verpflichtet ist, dem Rat einen entsprechenden Entscheidungsvorschlag zu unterbreiten und zugleich Überwiegendes dafür spricht, dass das Planungsermessen des Rates darauf reduziert ist, diesem Beschlussvorschlag zu folgen, ergibt sich aus dem zur Begründung der Zulassung geltend gemachten Vorbringen der Antragsteller nicht.

Im Rahmen eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung obliegt es den Antragstellern, sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen glaubhaft zu machen. Hierzu gehört bei einer schulorganisationsrechtlichen Maßnahme auch das Erreichen der erforderlichen Mindestzahl von Schülern.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24.9.1991 - 19 B 2652/91 -.

Die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht - und es ist auch sonst nicht ersichtlich -, dass eine ausreichende Zahl von Eltern, deren Kinder sonderpädagogischer Förderung bedürfen und für die die sonderpädagogische Fördergruppe der geeignete Förderort ist, bereit ist, ihre Kinder im Verlauf des Schuljahres 1999/2000 in eine erst nach Schuljahresbeginn eingerichtete sonderpädagogische Fördergruppe einer allgemeinen Schule wechseln zu lassen.

Schon aus dem vom Gesetzgeber gewählten Wort "Gruppe" folgt, dass die Einrichtung einer sonderpädagogischen Fördergruppe mehrere Schüler voraussetzt. Der Errichtungserlass konkretisiert dies dahin, dass die Einrichtung einer sonderpädagogischen Fördergruppe an einer allgemeinen Schule in der Regel acht Schülerinnen und Schüler voraussetzt. Da Fördergruppen jahrgangsübergreifend gebildet werden und in der Sekundarstufe I bis zu drei Jahrgänge, ausnahmsweise sogar mehr, umfassen können (Ziff. 6.2 des Erlasses), dürften für den ersten Jahrgang bei Einrichtung der Gruppe drei Schüler genügen, wenn abzusehen ist, dass die Zahl der Schüler sich in den folgenden Jahrgängen erhöhen wird.

Diese Auslegung entspricht den vom BVerfG zur Auslegung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG entwickelten Grundsätzen. Danach ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die zielgleiche wie die zieldifferente integrative Unterrichtung unter den Vorbehalt des organisatorisch, personell und von den sächlichen Voraussetzungen her Möglichen stellt. Dieser Vorbehalt ist Ausdruck dessen, dass der Staat seine Aufgabe, ein begabungsgerechtes Schulsystem bereitzustellen, von vornherein nur im Rahmen seiner finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten erfüllen kann, und erklärt sich daraus, dass der Gesetzgeber bei seinen Entscheidungen auch andere Gemeinschaftsbelange berücksichtigen und sich die Möglichkeit erhalten muss, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel für solche anderen Belange einzusetzen, wenn er dies für erforderlich hält. Der Gesetzgeber ist deshalb nicht verpflichtet, für das jeweilige Land alle Formen integrativer Beschulung bereitzuhalten.

BVerfG, a.a.O., S. 132 f.

Dem entspricht es, wenn das Land NRW, das die unterschiedlichsten Formen von Sonderschulen bereithält, nicht daneben vereinzelten Schülern die Möglichkeit eröffnet, an einer allgemeinen Schule mit erheblichem Personalaufwand (für den Antragsteller zu 1. z.B. unerläßliche durchgängige Doppelbesetzung) allein oder zu zweit in einer Fördergruppe und daneben mehr oder weniger häufig gemeinsam mit Schülern der übrigen Klassen unterrichtet zu werden.

Der Antragsteller zu 1) ist der einzige Schüler, der derzeit versucht, die Einrichtung einer sonderpädagogischen Fördergruppe gerichtlich durchzusetzen. (Wird ausgeführt). Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist es nicht Aufgabe der Antragsgegnerin, durch eine Umfrage bei den Sonderschulen festzustellen, ob Schüler, die nicht bereits in der Grundschule am integrativen Unterricht teilgenommen haben, in der Sekundarstufe I den Besuch einer sonderpädagogischen Fördergruppe wünschen. Der Schulträger kann allenfalls verpflichtet sein, über die Einrichtung einer sonderpädagogischen Fördergruppe ermessensfehlerfrei zu entscheiden, wenn ein entsprechendes Bedürfnis an ihn herangetragen wird. Ist nach alledem jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, daß eine im laufenden Schuljahr eingerichtete sonderpädagogischen Fördergruppe mehr als ein oder zwei Schüler haben würde, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Glaubhaftmachung einer ausreichenden Schülerzahl über die bloße "Interessenbekundung" der Eltern hinaus die Darlegung erfordert, dass für das Kind eine sonderpädagogische Fördergruppe zumindest auch ein geeigneter Förderort ist.

Zu den übrigen von den Beteiligten aufgeworfenen Fragen weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin:

Zutreffend dürfte die Auffassung der Antragsteller sein, dass die Weigerung der Schulleiter, ein pädagogisches Konzept zu erstellen, unbeachtlich ist, soweit diese hierfür pädagogische Gründe des Inhalts anführen, dass die Unterrichtsform der sonderpädagogischen Fördergruppe generell und unabhängig von den Gegebenheiten an der konkreten Schule ungeeignet sei. § 4 Abs. 6 Satz 7 SchVG NRW enthält die gesetzliche Wertung, dass die sonderpädagogische Fördergruppe eine Möglichkeit der sonderpädagogischen Förderung ist. Dem entspricht es, dass Förderort gemäß § 7 Abs. 5 SchpflG NRW i.V.m. § 12 Abs. 4 VO-SF auch eine sonderpädagogische Fördergruppe als Teil der allgemeinen Schule sein kann und dass der Errichtungserlass sowie die Verwaltungsvorschriften zur VO-SF weitere Regelungen zur Einrichtung einer sonderpädagogischen Fördergruppe treffen. Einwände der Schulleiter, durch die diese vom Gesetzgeber und vom Schulministerium getroffene Wertung generell in Frage gestellt wird, sind deshalb wegen der Bindung der Exekutive an die Legislative einerseits und an die Grundsatzentscheidungen der obersten Schulaufsichtsbehörde andererseits (vgl. hierzu § 15 Abs. 1 SchVG NRW) von vornherein unbeachtlich. Dies gilt insbesondere für die geäußerte nachhaltige Befürchtung, dass die Differenzierung der Schulformen nach Leistungsniveau, das durchgängig praktizierte Fachlehrerprinzip und die auf äußere Trennung angelegte Organisationsform der sonderpädagogischen Fördergruppe dem Integrationsgedanken im Kern widersprächen. Lediglich konkreten Einwänden der Schulleiter kommt im Rahmen ihrer Beteiligung gemäß § 15 SchMG NRW Bedeutung zu, ohne dass aber eine ablehnende Stellungnahme für den Schulträger bindend wäre. Um die erforderliche Mitarbeit der Schule bei der Erstellung eines pädagogischen Konzepts, das nach dem Errichtungserlass zunächst auch ein bloßes Rahmenkonzept sein kann, zu erreichen, muss der Schulträger sich gegebenenfalls um den Einsatz von Mitteln der Schulaufsicht (vgl. §§ 14, 15 SchVG NRW) bemühen.

Zweifelhaft ist, ob die vom BVerfG zur Auslegung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG entwickelten Grundsätze selbst bei ausreichender Schülerzahl und nach Erstellung eines pädagogischen (Rahmen-)Konzepts vorliegend dazu führen würden, daß das Planungsermessen des Schulträgers auf Null reduziert ist. Das BVerfG hat entschieden, dass die Überweisung eines behinderten Schülers an eine Sonderschule nicht schon für sich eine verbotene Benachteiligung darstellt, sondern nur dann, wenn sie den Gegebenenheiten und Verhältnissen des jeweils zu beurteilenden Falles ersichtlich nicht gerecht wird. Dies ist nicht nur dann anzunehmen, wenn Erziehung und Unterrichtung an der allgemeinen Schule seinen Fähigkeiten entsprächen und ohne besonderen Aufwand möglich wären, sondern auch dann, wenn der Besuch der allgemeinen Schule durch einen zwar besonderen, aber noch vertretbaren Einsatz von sonderpädagogischer Förderung ermöglicht werden könnte. Dabei ist neben der Frage des gebotenen und zu ermöglichenden Aufwandes und der Frage, ob Erziehung und Unterrichtung an der Regelschule mit sonderpädagogischer Förderung möglich sind, in die erforderliche Gesamtbetrachtung auch einzustellen, ob organisatorische Schwierigkeiten sowie schutzwürdige Belange Dritter, insbesondere anderer Schüler, der integrativen Beschulung nicht entgegenstehen.

Vgl. BVerfG, a.a.O., S. 133 f.

Ausgehend von diesen Erwägungen des BVerfG ist zumindest zweifelhaft, ob derzeit eine ablehnende Entscheidung des Schulträgers dem Benachteiligungsverbot ersichtlich nicht gerecht werden würde. (Wird ausgeführt)

Ende der Entscheidung

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