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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 16.10.2003
Aktenzeichen: 19 B 1851/03
Rechtsgebiete: SchVG NRW


Vorschriften:

SchVG NRW § 21 a
Das zweite Vorschlagsrecht des Schulträgers ist verbraucht, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung seines ersten Vorschlags einen Personalvorschlag auf der Grundlage der ersten Stellenausschreibung vorlegt und die Schulaufsichts- und Ernennungsbehörde nicht zur Neuausschreibung der Stelle verpflichtet ist.

Die Schulaufsichts- und Ernennungsbehörde ist nicht zur Neuausschreibung der Stelle verpflichtet, wenn (mindestens) eine Bewerbung noch vorliegt, der verbliebene Bewerber ausweislich der schulfachlichen Beratung die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, den besonderen Anforderungen der zu besetzenden Stelle in besonderem Maße entspricht und der Schulträger Gelegenheit gehabt und genommen hat, eine Stellungnahme zur Person des verbliebenen Bewerbers abzugeben.

Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ist auch das Ermessen der Schulaufsichts- und Ernennungsbehörde zur Neuausschreibung nicht auf Null reduziert.


Tatbestand:

Die Antragstellerin ist Schulträger des P.-Gymnasiums. Die Antragsgegnerin schrieb als zuständige Schulaufsichts- und Ernennungsbehörde die freie Schulleiterstelle des Gymnasiums aus und lehnte den Vorschlag der Antragstellerin, die Schulleiterstelle mit C. zu besetzen, ab. Nach der Ablehnung des Vorschlags der Antragstellerin nahm C. seine Bewerbung zurück, so dass die Beigeladene als einzige Bewerberin verblieb. Die Antragstellerin beantragte bei der Antragsgegnerin, die Schulleiterstelle erneut auszuschreiben, damit sie ihr zweites Vorschlagsrecht ausüben könne. Die Antragsgegnerin lehnte eine Neuausschreibung der Stelle ab. Das VG gab dem Antrag der Antragstellerin statt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Schulleiterstelle vorläufig nicht zu besetzen und die Stelle erneut auszuschreiben. Auf die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen lehnte das OVG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.

Gründe:

Der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsanspruch liegt nicht vor. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie zur Sicherung ihres zweiten Schulträgervorschlagsrechts gemäß § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW einen Anspruch auf Verpflichtung der Antragsgegnerin hat, die freie Schulleiterstelle am Städtischen P.-Gymnasium vorläufig nicht zu besetzen und die Schulleiterstelle erneut auszuschreiben.

Dem Begehren der Antragstellerin steht entgegen, dass sie ihr zweites Vorschlagsrecht gemäß § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW nicht mehr ausüben kann. Nach dieser Vorschrift kann der Schulträger innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung seines ersten Vorschlags (§ 21 a Abs. 1 Satz 1 SchVG NRW) einen zweiten Vorschlag vorlegen. Die Frist zur Vorlage eines zweiten Vorschlags zur Besetzung der freien Schulleiterstelle am Städtischen P.-Gymnasium ist jedoch bereits abgelaufen. Dabei kann offen bleiben, ob die Frist von zwei Monaten gemäß § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW, wie die Antragsgegnerin meint, mit der am 15.4.2003 erfolgten Bekanntgabe des Bescheides der Antragsgegnerin vom 9.4.2003 über die Ablehnung des ersten Vorschlags der Antragstellerin oder mit dem am 30.06.2003 erfolgten Eingang des Schreibens der Antragstellerin vom 16.6.2003, in dem sie auf die Erhebung einer Klage gegen den Bescheid vom 9.4.2003 und den Widerspruchsbescheid vom 26.5.2003 "verzichtete", oder ob die genannte Frist, wie die Antragstellerin meint, ebenso Margies/Roeser, Schulverwaltungsgesetz Kommentar, 33. Aufl., 1995, § 21 a Rdn 21, mit dem am 2.7.2003 erfolgten Eintritt der Unanfechtbarkeit des am 2.6.2003 zugestellten Widerspruchsbescheides der Antragsgegnerin vom 26.5.2003 zu laufen begann. Die Frist des § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW ist nach der für die Antragstellerin günstigsten Betrachtungsweise spätestens am 2.9.2003 abgelaufen. Bis zu diesem Zeitpunkt hat sie aber von ihrem Recht auf Vorlage eines zweiten Vorschlags zur Besetzung der Schulleiterstelle keinen Gebrauch gemacht. Sie hat mit Schreiben vom 16.6.2003 lediglich angekündigt, ihr zweites Vorschlagsrechts ausüben zu wollen, und die Antragsgegnerin gebeten, vor der Ausübung des zweiten Vorschlagsrechts die Schulleiterstelle erneut auszuschreiben. Soweit die Antragstellerin mit ihrer Bitte um Neuausschreibung schlüssig zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die Besetzung der Schulleiterstelle mit der Beigeladenen ablehnt, liegt darin nicht die Anbringung eines Vorschlags im Sinne des § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW. Ein Vorschlag im Sinne des § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW und auch des § 21 a Abs. 1 Satz 1 SchVG NRW ist nur die Benennung eines aus der Sicht des Schulträgers geeigneten Bewerbers. Das ergibt sich aus dem Zweck des Vorschlagsrechts, dem Schulträger nicht nur ein Recht auf Anhörung einzuräumen, sondern ihm Gelegenheit zu geben, die aus seiner Sicht bedeutsamen Umstände für die Besetzung der betreffenden Stelle mit einem eigenen Personalvorschlag vorzubringen.

OVG NRW, Beschluss vom 8.2.1996 - 19 B 3564/95 -.

Ob die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 32 VwVfG NRW), wenn es sich bei der Frist gemäß § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG nicht um eine Ausschlussfrist im Sinne des § 32 Abs. 5 VwVfG NRW handeln sollte, oder der Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung, vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 29.11.1995 - 19 A 2776/94 -, m. w. N., oder eventuell auch eine analoge Anwendung des § 21 a Abs. 2 SchVG NRW rechtliche Ansatzpunkte dafür bieten, die Versäumung der Frist des § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG als unschädlich anzusehen, bedarf keiner näheren Erörterung. Die Antragstellerin hat ihr Recht auf einen zweiten Vorschlag bislang nur deshalb nicht ausgeübt, weil sie der Auffassung ist, dass die Antragsgegnerin vor der Ausübung des zweiten Vorschlagsrechts zur Neuausschreibung der Schulleiterstelle verpflichtet sei. Dieser Aspekt rechtfertigt es jedoch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt, der Antragstellerin die Möglichkeit zu eröffnen, ihr Recht auf einen zweiten Vorschlag noch ausüben zu können. Eine Pflicht der Antragsgegnerin zur Neuausschreibung der freien Schulleiterstelle am Städtischen P.-Gymnasium mit dem Ziel, der Antragstellerin die Ausübung ihres zweiten Vorschlagsrechts gemäß § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW zu ermöglichen, ist gesetzlich nicht vorgeschrieben; sie lässt sich entgegen der Auffassung des VG und der Antragstellerin auch nicht aus dem Sinn und Zweck des § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW oder dem systematischen Zusammenhang der Regelungen in § 21 a Abs. 1 Sätze 1 und 3 und Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW herleiten.

Nach § 21 a Abs. 1 Satz 3 SchVG NRW werden die Bewerber um Stellen der Leiter und deren ständige Vertreter an Schulen, deren Träger Gemeinde oder Gemeindeverbände sind, durch Stellenausschreibung ermittelt. Eine solche Stellenausschreibung ist durch die Antragsgegnerin, die hierzu als zuständige Schulaufsichts- und Ernennungsbehörde verpflichtet ist (§ 7 Abs. 3 LBG NRW i.V.m § 21 a Abs. 1 Satz 3 SchVG NRW), in Bezug auf die Schulleiterstelle des Städtischen P.-Gymnasiums erfolgt (Abl NRW 1, 2002, S. 154). Darüber hinaus hat auch die Antragstellerin von der ihr eröffneten Möglichkeit, selbst die Schulleiterstelle auszuschreiben, vgl. zur Befugnis des Schulträgers, selbst die Stellen der Schulleiter und deren ständige Vertreter auszuschreiben: Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Schulverwaltungsgesetzes, LT-Drs. 11/4075, S. 7, Gebrauch gemacht (Abl NRW 1, 2002, S. 118). Innerhalb der Bewerbungsfristen haben sich vier Bewerber gemeldet. Drei der Bewerber haben ihre Bewerbung vor der Ausübung des ersten Vorschlagsrechts der Antragstellerin zurückgezogen. Die nach Ablauf der Bewerbungsfristen eingegangene Bewerbung des C. ist von der Antragsgegnerin zugelassen worden, um der Antragstellerin "als kommunalfreundliches Entgegenkommen eine Erweiterung des Bewerberfeldes zuzubilligen". Dieser hat seine Bewerbung nach der Ablehnung des Vorschlags der Antragstellerin zurückgezogen. Die Beigeladene ist damit die einzige verbliebene Bewerberin.

Eine Pflicht der Antragsgegnerin, die Schulleiterstelle vor und zur Ausübung des zweiten Vorschlagsrechts der Antragstellerin erneut auszuschreiben, ist ausdrücklich weder beamtenrechtlich noch in § 21 a SchVG NRW vorgeschrieben. Nach dem Wortlaut des § 21 a Abs. 1 Satz 3 SchVG NRW kommt es nur darauf an, dass überhaupt eine Ermittlung der Bewerber durch Stellenausschreibung erfolgt. Dass die Stellenausschreibung etwa auf Antrag des Schulträgers mehrfach erfolgen muss, lässt sich dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht entnehmen. Auch § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW enthält keine dahingehende Regelung.

Eine Pflicht der Antragsgegnerin zur erneuten Stellenausschreibung vor Ausübung des zweiten Vorschlagsrechts ergibt sich entgegen der Auffassung des VG und der Antragstellerin auch nicht aus dem Sinn und Zweck des § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW oder dem systematischen Zusammenhang der Regelungen in § 21 a Abs. 1 Sätze 1 und 3 und Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW. Eine erneute Stellenausschreibung hätte vielmehr zur Folge, dass ein erneutes Besetzungsverfahren eingeleitet wird und das erste Vorschlagsrecht der Antragstellerin gemäß § 21 a Abs. 1 Satz 1 SchVG NRW wiederauflebt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.2.1996 - 19 B 3564/95 -.

Das zweite Vorschlagsrecht der Antragstellerin gemäß § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW ist insoweit systematisch ein anderes als das erste. Es kann, wenn die Antragstellerin nicht von der Möglichkeit einer eigenen zweiten Stellenausschreibung Gebrauch gemacht und auch sonst keine weiteren Bewerber benannt hat, jedenfalls dann allein auf der Grundlage des Ergebnisses der ersten Stellenausschreibung ausgeübt werden, wenn (mindestens) eine Bewerbung noch vorliegt, der verbliebene Bewerber ausweislich der schulfachlichen Beratung (§ 21 a Abs. 1 Satz 2 SchVG NRW) die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen erfüllt und den besonderen Anforderungen der zu besetzenden Stelle in besonderem Maße (sehr gut) entspricht sowie der Schulträger Gelegenheit gehabt und genommen hat, eine Stellungnahme zur Person des verbliebenen Bewerbers abzugeben.

So auch in Bezug auf die Voraussetzungen für das Vorliegen eines besonderen Ausnahmefalles im Sinne des § 21 a Abs. 2 Satz 2 SchVG NRW: OVG NRW, Beschluss vom 8.2.1996 - 19 B 3564/95 -.

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Ausweislich der schulfachlichen Beratung erfüllt die Beigeladene alle laufbahnrechtlichen Voraussetzungen. Sie entspricht den Anforderungen an die zu besetzende Stelle in besonderem Maße (sehr gut). Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 3.1.2003 eine ausführliche Stellungnahme (auch) zu der Bewerbung der Beigeladenen vorgelegt. Bei dieser Sachlage und vor dem Hintergrund, dass (auch) die Fristgebundenheit des zweiten Vorschlagsrechts gemäß § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW dem Anliegen des Gesetzgebers dient, freie Stellen möglichst rasch zu besetzen, und dass im Kollisionsfall das Ernennungsrecht des Landes (Art. 58 LV NRW) Vorrang gegenüber dem Schulträgervorschlagsrecht und den sonstigen Schulträgerinteressen hat, OVG NRW, Beschlüsse vom 30.11.1999 - 19 B 1512/99 -, und 8.2.1996 - 19 B 3564/95 -, lässt sich die Verpflichtung zur erneuten Ausschreibung weder aus dem Sinn und Zweck des § 21 a Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW noch aus dem systematischen Zusammenhang der Regelungen in § 21 a Abs. 1 Sätze 1 und 3 und Abs. 3 Satz 3 SchVG NRW herleiten. Die Antragstellerin kann zwar nicht zwischen mehreren Bewerbern auswählen und lediglich eine (erneute) Stellungnahme zu der einzigen verbliebenen Bewerberin abgegeben. Dem Interesse der Antragstellerin als Schulträger ist aber im Sinne des § 21 a SchVG NRW dadurch gedient, dass die Antragsgegnerin als Schulaufsichts- und Ernennungsbehörde die Einwände der Antragstellerin gegen die einzige verbliebene Bewerberin in die Entscheidungsfindung einbeziehen muss. Die begründete negative Stellungnahme des Schulträgers ermöglicht und verpflichtet die Ernennungsbehörde, die Gründe und Interessen des Schulträgers in die Entscheidung über die Besetzung der Stelle einzubeziehen und das Ergebnis der vorausgegangenen schulfachlichen Beratung noch einmal zu überprüfen. Ergebnis dieser Ermessensprüfung kann nach den Umständen des Einzelfalls auch die Entscheidung für eine erneute Ausschreibung sein.

OVG NRW, Beschluss vom 8.2.1996 - 19 B 3564/95 -.

Ob der Befugnis der Antragsgegnerin, die Schulleiterstelle am Städtischen P.-Gymnasium erneut auszuschreiben und damit ein neues Besetzungsverfahren einzuleiten, ein gerichtlich durchsetzbarer subjektiver Anspruch der Antragstellerin als Schulträger auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Neuausschreibung der Stelle korrespondiert, bedarf hier keiner näheren Erörterung. Das Ermessen der Antragsgegnerin ist jedenfalls nicht in der Weise reduziert, dass jede andere Entscheidung als die Neuausschreibung der freien Schulleiterstelle ermessensfehlerhaft wäre.

Einer dahingehenden Ermessensreduzierung, die den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung rechtfertigen könnte, steht abgesehen von den berechtigten beamtenrechtlichen Interessen der Beigeladenen auf Fortsetzung des laufenden Ernennungsverfahrens jedenfalls entgegen, dass als Ergebnis der ersten Ausschreibung der Schulleiterstelle am Städtischen P.-Gymnasium eine geeignete Bewerberin gefunden worden ist. Die Beigeladene erfüllt alle laufbahnrechtlichen Voraussetzungen und entspricht den Anforderungen an die zu besetzende Stelle in besonderem Maße. Die Antragstellerin als Schulträger hatte zudem Gelegenheit, zur Bewerbung der Beigeladenen Stellung zu nehmen, und hiervon auch Gebrauch gemacht. Vor diesem Hintergrund und mit Rücksicht darauf, dass ein öffentliches Interesse an der möglichst raschen Besetzung der freien Schulleiterstelle besteht und das Ernennungsrecht des Landes Vorrang gegenüber dem Schulträgervorschlagsrecht und den sonstigen Schulträgerinteressen hat, besteht unter Ermessensgesichtspunkten kein zwingender Anlass zur Neuausschreibung, zumal die Antragstellerin nach der Ablehnung ihres ersten Vorschlags die Möglichkeit hatte, durch eine eigene Ausschreibung weitere geeignete Bewerber zu finden, und die Antragsgegnerin dem Interesse der Antragstellerin an einer Auswahl unter mehreren Bewerbern bereits dadurch Rechnung getragen hat, dass sie C. in das Auswahlverfahren einbezogen hat, obwohl seine Bewerbung erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist bei der Antragstellerin eingegangen war.

Ende der Entscheidung

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