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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 26.10.2007
Aktenzeichen: 2 A 3597/05
Rechtsgebiete: AFBG
Vorschriften:
AFBG § 2 Abs. 1 Satz 1 in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.1.2002, BGBl. I S. 402, und der Änderung durch die Verordnung zur Ersetzung von Zinssätzen vom 5.4.2002, BGBl. I S. 1250 |
Tatbestand:
Den Antrag des Klägers auf Förderung einer beruflichen Aufstiegsfortbildung zum "Fachwirt für Finanzberatung" in Teilzeitform lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, der Fortbildungsgang sei nicht förderungsfähig, da auch unter Berücksichtigung des Internet gestützten Unterrichts die für eine Förderung erforderliche Mindeststundenzahl von 400 Unterrichtsstunden nicht erreicht werde. Das VG wies die Klage ab. Die Berufung hatte keinen Erfolg.
Gründe:
Als Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Aufstiegsfortbildungsförderung kommen nur die Vorschriften der §§ 1, 2, 6 und 10 ff. Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz - AFBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.1.2002, BGBl. I S. 402, und der Änderung durch die Verordnung zur Ersetzung von Zinssätzen vom 5.4. 2002, BGBl I S. 1250, in Betracht, da maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für den sich auf eine Förderung des Maßnahmebeitrages beschränkenden Antrag des Klägers hier der Zeitpunkt der Auszahlung des entsprechenden Zuschussanteils nach § 24 Abs. 1 Satz 2 AFBG zu Beginn der Maßnahme im Mai 2003 ist.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFBG ist förderungsfähig die Teilnahme an solchen Fortbildungsmaßnahmen öffentlicher und privater Träger, die einen Abschluss in einem nach § 25 des hier maßgeblichen Berufsbildungsgesetzes vom 14.8.1969, BGBl. I S. 1112, in der Fassung der am 1.1.2003 in Kraft getretenen Änderung durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl. I S. 4621, (BBiG) oder nach § 25 der hier maßgeblichen Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.9.1998, BGBl. I S. 3074, und der Änderung durch das Gesetz zur Umstellung von Gesetzen und Verordnungen im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie sowie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf Euro vom 10.11.2001, BGBl. I S. 2992, (HwO) anerkannten Ausbildungsberuf, einen vergleichbaren bundes- oder landesrechtlich geregelten Berufsabschluss oder einen sonstigen Nachweis über eine entsprechende berufliche Qualifikation voraussetzen.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Beurteilungsgrundlage für die vom Kläger beantragte Förderung sind seine Angaben im Förderungsantrag zum Förderungsplan und Förderungsziel. Danach begehrt er die Förderung der Fortbildung zum Fachwirt für Finanzberatung (IHK). Die hierfür maßgeblichen Zulassungsvoraussetzungen finden sich in § 2 der Besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung zum Fachwirt für Finanzberatung/zur Fachwirtin für Finanzberatung der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund vom 27.2.1997. (wird ausgeführt)
Die in § 2 dieser Rechtsvorschriften genannten Zulassungsvoraussetzungen für die Fortbildungsprüfung zum Fachwirt/zur Fachwirtin für Finanzberatung erfüllen die in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFBG an die Förderungsfähigkeit einer solchen Fortbildung zu stellenden Anforderungen nicht, weil sie eine Zulassung zur Prüfung auch dann ermöglichen, wenn der Prüfling eine Berufsausbildung im Sinne des § 25 BBiG bzw. des § 25 HwO noch nicht abgeschlossen und auch nicht einen sonstigen Nachweis über eine entsprechende berufliche Qualifikation erbringt.
Denn nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 dieser Vorschrift ist zur Prüfung auch zuzulassen, wer eine mit Erfolg abgelegte Fortbildungsprüfung zum Fachberater für Finanzdienstleistungen und danach eine mindestens zweijährige Berufspraxis nachweist. Daraus folgt, dass die Fortbildung zum Fachwirt für Finanzberatung auch ohne die in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFBG geforderte berufliche Qualifikation für die Fortbildungsmaßnahme erreicht werden kann, und diese Maßnahme deshalb nicht förderungsfähig ist.
Denn die Zulassung zur Prüfung zum Fachberater für Finanzdienstleistungen setzt nicht voraus, dass der Prüfbewerber einen berufsqualifizierenden Abschluss erlangt hat oder über eine entsprechende berufliche Qualifikation im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFBG verfügt. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 der Besonderen Rechtsvorschriften der IHK Dortmund für die Fortbildungsprüfung zum Fachberater/zur Fachberaterin für Finanzdienstleistungen vom 27.2.1997 ist zur Prüfung nämlich auch derjenige zuzulassen, der lediglich eine mindestens zweijährige berufliche Praxis in Tätigkeiten nachweist, die der beruflichen Fortbildung zum Fachberater für Finanzdienstleistungen dienlich ist und inhaltlich wesentliche Bezüge zum Bereich der Finanzdienstleistungen aufweist.
Eine berufliche Qualifikation entspricht nur dann einer Berufsausbildung nach § 25 BBiG, § 25 HwO oder sonstigem Bundes- oder Landesrecht, wenn sie Fähigkeiten vermittelt, die von ihrem Gewicht und Umfang her mit den Fähigkeiten vergleichbar sind, die im Rahmen einer geordneten Berufsausbildung nach den genannten Vorschriften verlangt werden. Nach dem in § 1 Abs. 2 BBiG normierten allgemeinen Rechtsgrundsatz hat die Berufsausbildung eine breit angelegte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Sie hat ferner den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen. Als Ausbildungszeit für einen solchen geordneten Ausbildungsgang in den hier in erster Linie in Frage kommenden kaufmännischen Berufen ist jeweils eine Zeit von drei Jahren vorgeschrieben (vgl. jeweils § 2 der Verordnungen über die Berufsausbildung zum Bankkaufmann/zur Bankkauffrau vom 30.12.1997 - BGBl. I 1998 S. 51 -, zum Versicherungskaufmann/zur Versicherungskauffrau vom 22.7.2002 - BGBl. I S. 2795 -, zum Kaufmann/zur Kauffrau in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft vom 11.3.1996 - BGBl. I S. 462 - oder zum Industriekaufmann/zur Industriekauffrau vom 23.7.2002 - BGBl. I S. 2764 -). Unter diesen Voraussetzungen vermitteln diese Ausbildungen die zur Berufsausübung erforderlichen Fähigkeiten und schließen mit einer Prüfung ab, in der der Erwerb ausreichender fachlicher Fertigkeiten, Kenntnisse und Berufserfahrung nachzuweisen ist.
Hiervon ausgehend kann eine entsprechende berufliche Qualifikation im Sinne der dritten Alternative des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFGB erst dann angenommen werden, wenn eine berufliche Tätigkeit sich auf einen Zeitraum erstreckt, der den Erwerb der für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse sowie der erforderlichen Berufserfahrung gewährleistet. Einen Anhaltspunkt für die Dauer einer solchen beruflichen Tätigkeit kann hier zunächst § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung zum Fachwirt/zur Fachwirtin für Finanzberatung selbst geben. Danach kann ein Prüfungsbewerber ohne den speziell geforderten berufsqualifizierenden Abschluss nämlich erst dann zur Prüfung zugelassen werden, wenn er eine mindestens sechsjährige Berufspraxis nachweist. Diese Regelung zeigt auf, unter welchen Voraussetzungen eine entsprechende berufliche Qualifikation im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFBG hier vorliegen soll. Sie berücksichtigt, dass eine Ausbildung zum Kaufmann regelmäßig drei Jahre dauert und die zu einem Abschluss in diesem Beruf notwendigen Voraussetzungen beim Fehlen eines Abschlusses nur durch eine berufliche Tätigkeit von mindestens der doppelten Ausbildungszeit erworben werden können. Dies zeigt auch die Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung zum Fachwirt/zur Fachwirtin für Finanzberatung, nach der eine Zulassung eines Prüfungsbewerbers mit einer Abschlussprüfung in einem kaufmännischen oder verwaltenden Ausbildungsberuf außerhalb des in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Vorschrift genannten spezialisierten Bereichs eine mindestens dreijährige Berufspraxis erfordert. Auch in diesem Fall benötigt der Bewerber eine Zeit von insgesamt sechs Jahren, nämlich drei Jahre Ausbildung und drei Jahre praktische Berufstätigkeit, um zur Prüfung als Fachwirt/Fachwirtin für Finanzberatung zugelassen werden zu können. Diese Gewichtung von Zeiten entsprechender Berufstätigkeit stimmt schließlich auch mit der vom Gesetzgeber in § 40 Abs. 2 Satz 1 BBiG vorgenommenen Wertung überein. Danach ist zur Ausbildungsabschlussprüfung auch zuzulassen, wer nachweist, dass er mindestens das Zweifache der Zeit, die als Ausbildungszeit vorgeschrieben ist, in dem Beruf tätig gewesen ist, in dem er die Prüfung ablegen will. Auch der Gesetzgeber selbst geht danach offensichtlich davon aus, dass eine qualifizierte Berufsausbildung als Prüfungsvoraussetzung durch eine entsprechende Berufstätigkeit nur dann ersetzt werden kann, wenn diese Berufstätigkeit die doppelte Ausbildungszeit gedauert hat.
Zu dieser gesetzgeberischen Wertung im Widerspruch steht jedoch die Möglichkeit, als Fachberater für Finanzdienstleistungen mit einer anschließenden lediglich mindestens zweijährigen Berufspraxis zur Prüfung als Fachwirt für Finanzberatung zugelassen zu werden. Denn in diesem Fall reichten bei einer Gesamtschau der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 der Besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung zum Fachberater/zur Fachberaterin für Finanzdienstleistungen und der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung zum Fachwirt/zur Fachwirtin für Finanzberatung jeweils vorgeschriebenen Zeiten der Berufspraxis eine Berufstätigkeit von insgesamt lediglich vier Jahren aus, um zur Prüfung zugelassen werden zu können. Das bedeutet, dass ein Prüfungsbewerber, der überhaupt keine Berufsausbildung absolviert, sondern lediglich die Prüfung zum Fachberater für Finanzdienstleistungen abgelegt hat, die Prüfung zum Fachwirt für Finanzberatung unter den Voraussetzungen von nur vier Jahren Berufstätigkeit ablegen kann. Damit kann eine Prüfungszulassung zum Fachwirt/zur Fachwirtin für Finanzberatung auch ohne eine entsprechende berufliche Qualifikation im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFGB erreicht werden.
Setzt die Maßnahme aber nicht zumindest zwingend den Nachweis einer entsprechenden beruflichen Qualifikation voraus, dient sie nicht der beruflichen Fortbildung im Sinne des § 1 AFBG. Sie baut nämlich dann nicht wie für eine solche Fortbildung typisch auf eine in ausreichender Weise gefestigten Grundlage beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen auf. Deshalb handelt es sich bei dieser Fortbildung nicht mehr um eine berufliche Aufstiegsfortbildung.
Die vom Kläger demgegenüber in der mündlichen Verhandlung besonders vorgetragene Auffassung, der Gesetzgeber habe in der Gesetzesbegründung unter Hinweis auf bestimmte Beispiele wie etwa den Technischen Fachwirt (HwK) die Fortbildungsbiographien flexibler gestalten wollen mit der Folge, dass auch der hier zu beurteilende Abschluss des Fachberaters/der Fachberaterin für Finanzdienstleistungen nach dem Willen des Gesetzgebers als vorgezogene Teilprüfung für den Fachwirt für Finanzberatung anzuerkennen sei, wird durch die Gesetzesmaterialien nicht gestützt. Zwar hat der Kläger zutreffend darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber auf Seite 16 der Begründung des Entwurfes eines Gesetzes der Bundesregierung zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes vom 10.10.2001 (BT-Drucks. 14/7064) den Technischen Fachwirt (HwK) erwähnt und erläutert, dass dieser Fachwirt, der danach zur Befreiung von Teil III der Meisterprüfung führt, nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz gefördert werden soll. Die Qualifikation eines solchen Technischen Fachwirtes als vorgezogene anerkannte Teilprüfung zur Meisterprüfung ist jedoch mit dem hier in Rede stehenden Abschluss eines Fachberaters für Finanzdienstleistungen nicht vergleichbar. Denn anders als im Fall des Fachberaters für Finanzdienstleistungen setzt die Zulassung zur Prüfung zum Technischen Fachwirt neben weiteren Kriterien eine bestandene Gesellenprüfung im Handwerk oder eine mit Erfolg abgeschlossene Berufsausbildung im Sinne des § 25 BBiG (so § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung zum/zur Technischen Fachwirt (HwK)/Technischen Fachwirtin (HwK) der Handwerkskammer Berlin - Stand September 2006 - oder jedenfalls eine mindestens 6-jährige einschlägige Berufspraxis im kaufmännischen und/oder gewerblichen Bereich (so § 2 Nr. 3 der Besonderen Rechtsvorschriften für die Fortbildungsprüfung zum/zur Technischen Fachwirt/Technischen Fachwirtin (HwK) der Handwerkskammer Hamburg vom 12.12.1997) voraus. Sie entspricht damit den Anforderungen, die der Senat oben für die Förderungsfähigkeit einer Aufstiegsfortbildungsmaßname gestellt hat und die der Fachberater für Finanzdienstleistungen, wie oben dargestellt, gerade nicht erfüllen muss. Im Übrigen stammt das vom Kläger angeführte Zitat nicht aus der Begründung zu § 2 des Gesetzentwurfes hinsichtlich der Voraussetzungen der Förderungsfähigkeit einer Fortbildungsmaßnahme, sondern dient der Erläuterung, dass Zwischenprüfungen nach Maßnahmeabschnitten, die voll auf die (End-)Meisterprüfung anrechenbar sind, nicht schon als erstes Fortbildungsziel im Sinne des § 6 Abs. 1 AFBG angesehen werden dürfen, die die Förderung der weiteren Fortbildung zur Meisterprüfung ausschließen. Nur in diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber durch die Änderung des § 6 AFBG eine "flexiblere und den individuellen Fortbildungsbiographien besser gerecht werdende Förderpraxis", vgl. Trebes/Reifers, Kommentar zum Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, Stand April 2006, § 6 Anmerkung 2, ermöglichen wollen. Von der Voraussetzung einer entsprechenden beruflichen Qualifikation als Merkmal der grundsätzlichen Förderungsfähigkeit einer Fortbildungsmaßnahme im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AFBG ist er damit jedoch nicht abgerückt.
Dass der Kläger mit seiner Ausbildung zum Industriekaufmann über einen Berufsabschluss im Sinne des § 25 BBiG verfügt, ist rechtlich unerheblich, da § 2 AFBG die Voraussetzungen regelt, die die Fortbildungsmaßnahme objektiv erfüllen muss, um als Aufstiegsfortbildung förderungsfähig zu sein. Die darüber hinaus erforderlichen persönlichen Voraussetzungen der Förderungsfähigkeit sind dagegen in § 6 AFBG geregelt.
Ende der Entscheidung
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