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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 11.02.2008
Aktenzeichen: 2 A 959/05
Rechtsgebiete: BAföG, SGB X
Vorschriften:
BAföG § 11 Abs. 2 | |
BAföG § 26 | |
BAföG § 27 | |
BAföG § 28 Abs. 3 Satz 1 | |
SGB X § 45 |
2. Der sich aus einem Treuhandverhältnis ergebende Anspruch des Treugebers gegen den Treunehmer auf Herausgabe des Treuguts kommt grundsätzlich als vom Vermögen des Auszubildenden nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG abzuziehende Schuld in Betracht. Voraussetzung dafür ist, dass der Auszubildende den Inhalt und das Bestehen des Treuhandverhältnisses im Zeitpunkt der Antragstellung substantiiert darlegt und nachweist.
3. Der Abschluss und die Ernstlichkeit eines behaupteten Treuhandverhältnisses zwischen dem Auszubildenden und einem Familienangehörigen oder einer Person, zu der ein sonstiges Verhältnis besonderer persönlicher Nähe besteht, muss durch äußerlich erkennbare und objektiv nachweisbare Merkmale (objektive Indizien) nachgewiesen werden. Der Beweisantritt durch das Zeugnis von Familienangehörigen vermag fehlende objektive Beweisanzeichen nicht zu ersetzen und die Beweiskraft vorhandener gewichtiger Gegenindizien nicht zu erschüttern.
Tatbestand:
Die Klägerin hatte für ihr Studium der Pädagogik vom Beklagten Ausbildungsförderung bezogen und in den entsprechenden Formularanträgen Fragen nach Einnahmen aus Kapitalvermögen, bestehenden Forderungen und Rechten, Bank- und Sparguthaben sowie Schulden verneint. Nachdem sich nach Abschluss des Studiums herausgestellt hatte, dass die Klägerin Freistellungsbeträge in Anspruch genommen hatte, legte sie auf Aufforderung des Beklagten offen, dass sie während des Studiums Inhaberin eines Schuldbuchkontos bei der Bundesschuldenverwaltung (heute: Bundesrepublik Deutschland - Finanzagentur) gewesen war, auf dem sich Guthaben aus Bundesschatzbriefen befunden hatten. Der Beklagte nahm daraufhin die Bewilligungsbescheide zurück und forderte von der Klägerin einen Teil der geleisteten Ausbildungsförderung zurück. Die Klägerin machte geltend, die Vermögenswerte hätten ihr nicht zugestanden, sondern seien ihr nur treuhänderisch übertragen worden. Die langjährige Lebensgefährtin ihres Vaters, als deren Erbin sie eingesetzt sei, habe ihr seit Jahren für den Fall ihres Todes wechselnde Vermögenswerte übertragen, damit die Klägerin ggf. problemlos anfallende Beerdigungs- und Beratungskosten tragen könne. Nach Fälligkeit der Bundesschatzbriefe habe sie die entstandenen Guthaben jeweils an die Lebensgefährtin des Vaters zurückzahlen müssen. Das VG wies die Klage gegen die Rückforderungsbescheide ab. Die Berufung hatte keinen Erfolg.
Gründe:
Die Klage ist auch in Bezug auf den Änderungsbescheid des Beklagten vom 7.11.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung M. vom 11.12.2003 fristgerecht erhoben.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bescheide über die Bewilligung von Ausbildungsförderung und die Erstattung der Leistungen sind § 45 Abs. 1 und 2 SGB X in der Fassung der Bekanntmachung vom 18.1.2001, BGBl I, S. 130, und § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 der Vorschrift ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme liegen vor.
Die Bewilligung von Ausbildungsförderung war rechtswidrig, weil die Höhe des anzurechnenden Vermögens der Klägerin in diesem Zeitraum ihren monatlichen Bedarf für ihre Ausbildung sicherstellte. Der Klägerin stand Ausbildungsförderung für das Studium der Erziehungswissenschaften nur nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 Satz 1 BAföG in seiner bis zum 7.12.2004 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 6.6.1983, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.3.2001, BGBl I, S. 390, zu. Danach sind auf den Bedarf im Sinne des § 11 Abs. 1 BAföG Einkommen und Vermögen des Auszubildenden anzurechnen. Die Klägerin verfügte im nach § 28 Abs. 2 BAföG jeweils maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung über Vermögen im Sinne der §§ 26 ff. BAföG in einer den Förderungsanspruch im streitigen Umfang ausschließenden Höhe. Denn sie war Inhaberin von Forderungen in entsprechender Höhe aus Bundesschatzbriefen. Ihre daraus resultierenden Forderungen gelten nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 BAföG als Vermögen der Klägerin.
Die bei der Bundesschulden- bzw. Bundeswertpapierverwaltung (seit dem 1.8.2006 aufgegangen in der Bundesrepublik Deutschland - Finanzagentur GmbH, im Folgenden: Bundesschuldenverwaltung) vorhandenen Guthaben aus Bundesschatzbriefen (Typ B) gehörten als Forderungen nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 BAföG zum Vermögen der Klägerin. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BAföG gelten als Vermögen im ausbildungsförderungsrechtlichen Sinne bewegliche und unbewegliche Sachen (Nr. 1) sowie Forderungen und sonstigen Rechte (Nr. 2). Einschränkungen des Vermögensbegriffs ergeben sich lediglich aus § 27 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BAföG. Forderungen, die nicht unter den abschließenden Katalog des § 27 Abs. 2 BAföG und nicht unter die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG ausgenommenen Gegenstände fallen, zählen damit ungeachtet ihrer spezifischen Rechtsnatur, ihres Ursprungs und Inhalts zum Vermögen im förderungsrechtlichen Sinne.
Vgl. Humborg, in: Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 5. Aufl., Stand: Februar 2007, § 27 Rdnr. 4 und 6.
Die Klägerin war nach zivilrechtlichen Grundsätzen Inhaberin des auf ihren Namen eingerichteten Schuldbuchkontos. In dieser Eigenschaft standen ihr zivilrechtlich als Gläubigerin zu den genannten Stichtagen Forderungen gegenüber der Bundesschuldenverwaltung als Schuldnerin in Höhe der oben aufgezeigten Guthaben zu. Denn durch den Kontoerrichtungsvertrag wird der Kontoinhaber Gläubiger der Auszahlungsforderung gegenüber dem Bankinstitut. Aus wessen Mitteln das eingezahlte Geld stammt und ob auf dem Konto Geld verbucht wird, das möglicherweise einem Dritten zuzuordnen ist, ist demgegenüber unerheblich. Die Gläubigerstellung des Kontoinhabers wird dadurch nicht berührt.
Vgl. BGH, Urteil vom 18.10.1994 - XI ZR 237/93 -, BGHZ 127, 229.
War die Klägerin damit zivilrechtlich Inhaberin der Forderungen aus den Bundesschatzbriefen, galten die Forderungen auch förderungsrechtlich als ihr Vermögen. Denn weder handelt es sich um Forderungen, die dem Ausschlusskatalog des § 27 Abs. 2 BAföG unterfallen - dies ist unstreitig und bedarf keiner weiteren Begründung -, noch war die Klägerin im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 1 BAföG aus rechtlichen Gründen gehindert, die Forderungen zu verwerten.
Rechtliche Verwertungshindernisse können sich zum Einen aus gesetzlichen oder diesen gleichstehenden Verboten ergeben (vgl. etwa §§ 134 bis 136 BGB), die hier ersichtlich nicht vorliegen. Nach der Rechtsprechung des BVerwG erfasst die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG zum Anderen solche einer rechtsgeschäftlichen Verfügungsbeschränkung unterliegenden Gegenstände, auf die ein ausbildungsbedingter Verwertungszugriff rechtlich und tatsächlich - ganz oder teilweise - objektiv unmöglich ist. Ist die Zugriffsmöglichkeit auf den Vermögensgegenstand dagegen trotz rechtsgeschäftlicher Verfügungsbeschränkung weiterhin objektiv gegeben, ist der Gegenstand angesichts des Grundsatzes der Nachrangigkeit staatlicher Ausbildungsförderung, wonach individuelle Ausbildungsförderung nur beansprucht werden kann, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel nicht anderweitig zur Verfügung stehen, nicht nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG vom Vermögen des Auszubildenden ausgenommen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.2.2000 - 5 B 182/99 -, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 17.1.1991 - 5 C 71.86 -, BVerwGE 87, 284.
Nach diesen Maßgaben unterlagen die in Rede stehenden Bundesschatzbriefe keinem rechtlichen Verwertungshindernis im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG. Die Klägerin hatte als Kontoinhaberin vollen Zugriff auf das Guthaben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht bei Berücksichtigung des von der Klägerin behaupteten rechtsgeschäftlich vereinbarten Treuhandverhältnisses zwischen ihr und der Lebensgefährtin ihres Vaters, Frau L.. Die daraus allenfalls resultierende relative Verfügungsbeschränkung (§ 137 Satz 2 BGB) kann schon von Rechts wegen nicht dazu führen, dass der Klägerin der ausbildungsbedingte Zugriff auf die Bundesschatzbriefe rechtlich objektiv unmöglich wurde (vgl. § 137 Satz 1 BGB). Aus den vorstehenden Erwägungen folgt zugleich, dass auch diejenigen Vermögensgegenstände, die der Auszubildende treuhänderisch für einen Dritten verwaltet, förderungsrechtlich zu seinem Vermögen zählen. Denn abgesehen von den in § 27 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BAföG geregelten Ausnahmetatbeständen gelten die in § 27 Abs. 1 Satz 1 BAföG genannten Vermögensgegenstände einschränkungslos als Vermögen des Auszubildenden.
Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 28.6.2007 - 4 LA 39/06 -, NVwZ-RR 2007, 779.
Eine rechtliche Grundlage für eine weiter gehende Einschränkung des förderungsrechtlichen Vermögensbegriffs besteht nicht.
Vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.9.2007 - 12 S 2539/06 -.
Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass von diesem ihrem Vermögen zuzurechnenden Betrag im Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung bestehende Schulden nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG abzuziehen waren. Schulden im Sinne dieser Regelung sind alle gegen den Auszubildenden bestehenden Verbindlichkeiten zur Erbringung von Leistungen. Dabei reicht es aus, dass der Auszubildende mit der Geltendmachung der Verbindlichkeit - insbesondere auch während des streitgegenständlichen Bewilligungszeitraumes - ernstlich rechnen muss. Voraussetzung dafür, dass eine Forderung als Schuld berücksichtigt wird, ist dagegen nicht, dass sie bei Antragstellung nach Bestand, Umfang und Fälligkeit rechtlich bereits konkretisiert ist.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12.3.1984 - 16 A 434/83 -, FamRZ 1985, 222; Bay. VGH, Beschluss vom 21.5.2007 - 12 ZB 07.160 -; VGH Bad.Württ., Urteil vom 17.9.2007 - 12 S 2539/06 -; Humborg, a.a.O., § 28 Rdnr. 10.
Als eine danach von dem Vermögen abzuziehende Schuld kann auch ein gegenüber dem Auszubildenden bestehender Herausgabeanspruch aus einem Treuhandverhältnis in Betracht kommen. Kennzeichnend für ein zivilrechtliches Treuhandverhältnis sind übereinstimmende Vertragserklärungen, wonach dem Treuhänder vom Treugeber eine Rechtsposition eingeräumt wird, die der Treuhänder im eigenen Namen sowie im Interesse des Treugebers und eventuell auch im eigenen Interesse nach Maßgabe einer rechtlichen Bindung ausüben soll, wobei es einen typischen Treuhandvertrag nicht gibt. Für das Zustandekommen eines Treuhandverhältnisses gelten die allgemeinen Regeln des BGB, für die Rechtsbeziehungen insbesondere die §§ 662 ff. BGB.
Vgl. zum Ganzen Dilcher, in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, §§ 90 - 240, 12. Auf. 1980, Einleitung zu §§ 104 - 185, Rdnr. 58 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 16.2.2006 - 28 U 173/05 -.
Auf die Unterscheidung zwischen einem offen gelegten und einem sogenannten verdeckten Treuhandverhältnis kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Auch ein verdecktes Treuhandgeschäft kann grundsätzlich zivilrechtlich wirksam vereinbart werden.
Vgl. Dilcher, a.a.O., Rdnr. 59.
Verdeckte Treuhandverhältnisse haben auch nicht wegen des Rechtsscheins der Vermögensinhaberschaft oder wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben, wie das Verwaltungsgericht meint, förderungsrechtlich von vornherein grundsätzlich außer Betracht zu bleiben.
Vgl. in diesem Sinne aber wohl OVG Saarl., Beschluss vom 23.2.2007 - 3 Y 13/06 -; OVG Bremen, Urteil vom 21.2.2007 - 2 A 245/05 -,: Bay. VGH, Beschlüsse vom 22.1.2007 - 12 BV 06.2105 -, FamRZ 2007, 1201, und vom 28.2.2007 - 12 ZB 06.2581 -, Schl.-H. OVG, Urteil vom 21.11.2007 - 2 LB 29/07 -.
Der Treuhänder erzeugt nicht den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft, sondern das Treugut ist zivilrechtlich grundsätzlich als Sondervermögen des Treuhänders anzusehen, vgl. Dilcher, a.a.O., Rdnr. 59, und Vorbemerkung zu § 90, Rndr. 22; Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl. 2007, vor § 903 Rdnr. 33 und 37, das lediglich in bestimmten Fällen - wie zum Beispiel im Vollstreckungsfall - aufgrund wirtschaftlicher Betrachtung von der Zuordnung zum Vermögen des Treuhänders ausgenommen wird. Für eine solche wirtschaftliche Betrachtung bietet das Ausbildungsförderungsrecht jedoch, wie oben dargestellt, keine Grundlage. Insofern verbleibt es auch im Ausbildungsförderungsrecht bei der Vermögensinhaberschaft des Treuhänders, sodass hier für eine Würdigung der Vermögenszuordnung unter Rechtsscheinsgesichtspunkten kein Raum ist.
Vgl. im Ergebnis ebenso zu Treuhandverhältnissen im Bereich der Arbeitslosenhilfe BSG, Urteile vom 24.5.2006 - B 11a AL 7/05 R - und - B 11a AL 49/05 R -, sowie vom 13.9.2006 - B 11a AL 19/06 -.
Die Berufung auf ein (verdecktes) Treuhandverhältnis ist dem Auszubildenden entgegen dem angefochtenen Urteil auch nicht grundsätzlich wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben versagt, weil er sich mit seinem Vortrag in unauflösbaren Widerspruch zu seinem anderweitigen Verhalten setze, wenn er zugleich den Finanzbehörden durch Erteilung eines Freistellungsauftrages deutlich gemacht habe, dass die Vermögenswerte einschließlich der erzielten Erträge allein ihm zuzuordnen seien. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben in Gestalt eines venire contra factum proprium erfordert grundsätzlich, dass der Handelnde einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, auf den sich sein Gegenüber verlassen darf.
Vgl. BGH, Urteil vom 5.6.1997 - X ZR 73/95 -, und Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 242 Rdnr. 55.
Daran fehlt es hier, denn der Freistellungsauftrag einerseits und die Berufung auf das Treuhandverhältnis andererseits betreffen verschiedene Rechtsverhältnisse. Der Freistellungsauftrag ist eine Anweisung des Kontoinhabers an die kontoführende Bank, ihm die aus dem Kontoguthaben resultierenden Kapitalerträge bis zur Höhe des Sparerfreibetrages unversteuert gutzuschreiben, also vom Zinsabschlag auszunehmen. Weder gibt der Kontoinhaber mit der Erteilung des Freistellungsauftrages zugleich eine Erklärung gegenüber den Finanzbehörden noch eine solche gegenüber Dritten wie z.B. dem Ausbildungsförderungsamt ab. Angaben über den Freistellungsauftrag werden diesen Stellen lediglich weitergeleitet. Die Voraussetzungen, unter denen der BGH aufgrund besonderer Umstände ein treuwidriges Verhalten angenommen hat, obwohl es sich nicht im Rahmen desselben Schuldverhältnisses vollzogen hat, sodass durch das frühere Verhalten auch kein schutzwürdiges Vertrauen der Gegenseite begründet werden konnte, vgl. BGH, Urteil vom 20.9.1995 - VIII ZR 52/94 -, BGHZ 130, 371 ff., liegen nicht vor. Die Erteilung von Freistellungsaufträgen in dem einen und die Berufung auf ein Treuhandverhältnis in einem anderen Rechtsverhältnis beruhen nicht auf solchen besonderen Umständen, die es rechtfertigen könnten, die Berufung auf das Treuhandverhältnis grundsätzlich als rechtsmissbräuchlich bzw. treuwidrig anzusehen. Insofern verbleibt es vielmehr bei dem Grundsatz, dass die Rechtsordnung widersprüchliches Verhalten im Allgemeinen zulässt.
Kommt danach auch der sich aus einer Treuhandvereinbarung ergebende Anspruch des Treugebers gegen den Treunehmer auf Herausgabe des Treuguts (vgl. § 667 BGB) als vom Vermögen abzuziehende Schuld des Auszubildenden nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG grundsätzlich in Betracht, setzt dies allerdings voraus, dass der Auszubildende, der sich auf eine solche Schuld beruft, deren Inhalt und Bestehen im Zeitpunkt der Antragstellung substantiiert darlegt und nachweist.
Dabei sind hohe Anforderungen an den Nachweis der Behauptung des Auszubildenden zu stellen, es handele sich bei einem bestimmten Vermögen um treuhänderisch verwaltetes Vermögen eines Dritten.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28.2.2007 - 4 E 1153/06 -, FamRZ 2007, 943, vom 13.4.2007 - 4 E 1477/06 - und vom 5.7.2007 - 4 E 289/06 -.
Denn Abreden zwischen dem Auszubildenden und einem Dritten über auf Konten des Auszubildenden befindliche Gelder begründen nicht ohne weiteres die Annahme, es handele sich um ein Treuhandverhältnis. Bei den im Rahmen der Ausbildungsförderung behaupteten Treuhandvereinbarungen handelt es sich häufig um Absprachen über Geldanlagen, die von Dritten zwecks günstigerer Streuerlast oder zur Verschleierung der Vermögensverhältnisse auf den Namen des Auszubildenden erfolgt sein sollen. Wirtschaftlich sollen die Gelder aber weiter dem Dritten zuzuordnen sein. Solche Absprachen bewegen sich einerseits innerhalb der weiten rechtsgeschäftlich zulässigen Gestaltungsmöglichkeit des Zivilrechts. Andererseits ist den sich aus der Inanspruchnahme öffentlicher Unterstützungsleistungen ergebenden rechtlichen Besonderheiten wie vor allem dem Grundsatz der Nachrangigkeit der Gewährung von staatlicher Ausbildungsförderung bzw. der Familienabhängigkeit der Förderung im Sinne der §§ 1 und 11 Abs. 2 BAföG Rechnung zu tragen.
Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.9.2007 - 12 S 2539/06 -.
Wird eine solche Abrede - wie hier - zwischen dem Auszubildenden und einem Dritten getroffen, der aus seiner nahen Verwandtschaft bzw. einem Verhältnis besonderer persönlicher Nähe stammt, kommt entscheidend hinzu, dass es innerhalb eines Familienverbundes typischerweise an einem Interessengegensatz mangelt und somit zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten förderungsrechtlich missbraucht werden können. Da als innere Tatsache häufig nicht zweifelsfrei feststellbar ist, ob eine Vermögenszuwendung zwischen Familienangehörigen oder sonstigen ähnlich nahestehenden Personen auf einem Leistungsaustauschverhältnis beruht oder ob diese in familiären Beziehungen ihren Grund hat, ist es auch im Interesse einer effektiven Missbrauchsbekämpfung in diesen Fällen geboten und zulässig, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit der behaupteten Vertragsgestaltung strenge Anforderungen zu stellen. Diese verlangen für eine entsprechende Überzeugungsbildung die Darlegung äußerlich erkennbarer und objektiv nachweisbarer Merkmale, die die behauptete treuhänderische Bindung stützen.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.11.1995 - 2 BvR 802/90 -, FamRZ 1996, 153, m.w.N.; BFH, Urteil vom 7.6.2006 - IX R 4/04 -, NJW 2006, 3743.
Auf der Grundlage dieser Beurteilungsmaßstäbe kann ein Treuhandverhältnis eines Auszubildenden mit Familienangehörigen oder sonstigen ähnlich nahestehenden Personen regelmäßig nur dann angenommen werden, wenn die Treuhandabrede durch objektive Umstände nachgewiesen ist, die die Annahme rechtfertigen, dass eine rechtlich verbindliche Treuhandabrede getroffen worden ist. Ein solches Indiz kann etwa die Vorlage einer schriftlichen Vereinbarung aus der Zeit der Begründung des Vertragsverhältnisses oder eines dieser hinsichtlich der objektiven Aussagekraft vergleichbaren Beweismittels darstellen. Denn unter Berücksichtigung der oben dargestellten Besonderheiten eines solchen Rechtsverhältnisses in den Fällen der Ausbildungsförderung des Treuhänders ist ein Missbrauch dieser zivilrechtlichen Gestaltungsmöglichkeit in erster Linie dadurch auszuschließen, dass ein Treuhandverhältnis von Anfang an in einer Weise begründet wird, die zu jeder Zeit, ohne auf die beteiligten Personen zurückgreifen zu müssen, einen Nachweis des Vertrages möglich macht. Dadurch wird weder die Schriftlichkeit als Wirksamkeitsvoraussetzung für das Treuhandverhältnis noch seine Offenlegung verlangt. Dem Auszubildenden ist es jedoch nicht zuletzt im Hinblick auf die im Ausbildungsförderungsrecht enthaltene Strafbewehrung auch im eigenen Interesse zuzumuten, die die Treuhand begründenden Willenserklärungen in der besonders nachhaltigen Form der Schriftlichkeit zu dokumentieren.
Fehlen solche Indizien oder liegen bei einer Gesamtschau aller in Betracht zu ziehenden Umstände gewichtige objektive Indizien dafür vor, dass eine ernstliche Treuhandabrede nicht getroffen worden ist, fehlt der Nachweis einer Treuhand und ist damit das Bestehen eines Herausgabeanspruchs, der eine Schuld im Sinne des § 28 Abs. 3 BAföG begründen könnte, nicht erwiesen. Der Beweisantritt durch das Zeugnis von Familienangehörigen vermag in diesen Fällen grundsätzlich weder fehlende objektive Beweisanzeichen zu ersetzen noch die Beweiskraft vorhandener gewichtiger Gegenindizien zu erschüttern.
Auf der Grundlage dieser Beurteilungsmaßstäbe ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Klägerin die streitbefangenen Bundesschatzbriefe lediglich treuhänderisch für die Lebensgefährtin ihres Vaters verwaltet hat. Es fehlt an hinreichenden objektiven, d.h. nach außen erkennbaren Beweisanzeichen für das Bestehen einer Treuhandabrede zwischen der Klägerin und Frau L.. Vielmehr liegen gewichtige Indizien dafür vor, dass die behauptete Treuhandvereinbarung nicht getroffen wurde.
So fehlt es etwa an der Schriftlichkeit der Vereinbarung, die es der Klägerin ermöglicht hätte, Abschluss, Inhalt und Ernsthaftigkeit der behaupteten Treuhand zu dokumentieren. Auch andere objektive Umstände, welche die Behauptung einer Treuhandvereinbarung stützen könnten, liegen nicht vor: Die Klägerin hat zum Beispiel den Zufluss des Geldes von der angeblichen Treugeberin an sie nicht nachgewiesen. Dass nämlich die Bundesschatzbriefe entsprechend der von Frau L. behaupteten "Wertpapierübertragung" überhaupt von Frau L. selbst erworben und dann von ihr unmittelbar an die Klägerin übertragen wurden, ist nicht belegt. Ausweislich der Jahreskontoauszüge der Bundesschuldenverwaltung führte allein die Klägerin das Depot; über die Herkunft des Geldes und den ursprünglichen Erwerber der Schatzbriefe existiert dagegen kein objektiver Nachweis. Ferner fehlt es an einem Nachweis dafür, dass Frau L. die Kapitalerträge, soweit sie ihr zugeflossen sind, versteuert hat, wozu sie als wirtschaftlich Begünstigte und Berechtigte verpflichtet gewesen wäre (vgl. §§ 44 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1 Nr. 7, 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG). So hatte die Klägerin ausweislich des Jahreskontoauszuges der Bundesschuldenverwaltung allein für das Jahr 1998 aufgrund des fällig gewordenen Bundesschatzbriefes B Zinsen in Höhe von 9.338,40 DM erwirtschaftet. Nicht nachgewiesen ist des Weiteren der Rückfluss der Verkaufserlöse an Frau L.. Zwar hat die Klägerin insofern in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Kontoauszüge vorgelegt, aus denen sich Überweisungen von ihrem Girokonto bei der Commerzbank an Frau L. und Gutschriften von Beträgen aus Erlösen von Bundesschatzbriefen ergeben. Hierbei handelt es sich aber zum Einen nur um Auszüge aus den Jahren 1999 und 2000, während ein Beleg über den Erlös des zum 1.3.1998 fällig gewordenen Bundesschatzbrief B fehlt, der zum 31.12.1997 mit 21.044, 40 DM valutierte. Zum Anderen stimmen auch die Gutschriften aus den Einlöseabrechnungen der Bundesschatzbriefe C und D nicht mit den vorgelegten Jahreskontoauszügen der Bundesschuldenverwaltung überein. (wird ausgeführt) Der Rückfluss dieses Geldes an Frau L. ist - auch ungeachtet der widersprüchlichen Kontoauszüge - nicht belegt.
Im Übrigen sprechen die von der Klägerin erteilten Freistellungsaufträge aus den Jahren 1998 bis 2000 sowie der Umstand, dass Frau L. keine Vollmacht für das bei der Bundesschuldenverwaltung geführte Schuldbuchkonto hatte, sodass sie die Rechtsstellung als angebliche Treugeberin, der die Vermögenswerte aus den Bundesschatzbriefen weiterhin zustehen sollten, nicht ohne weiteres hätte wahrnehmen und durchsetzen können, als äußerlich erkennbare Gegenindizien gegen den Abschluss der behaupteten Treuhandvereinbarung. Ein ebensolches Gegenindiz ist auch die fehlende durchgängige Trennung der Vermögensbestandteile bei der Klägerin. Die aus den Bundesschatzbriefen erlösten Geldbeträge wurden, soweit ersichtlich, ihrem Girokonto gutgeschrieben, über das auch weitere Einnahmen und Ausgaben der Klägerin abgewickelt wurden. Nimmt man hinzu, dass sich die gutgeschriebenen Beträge schon nicht vollständig mit den tatsächlichen Erlösen aus den Schatzbriefen deckten und die Abgänge an Frau L. wiederum nicht deckungsgleich mit den Gutschriften waren, so liegt eine klare Trennung der Vermögensbestandteile beim Treunehmer, die es ermöglicht hätte, die Einhaltung der behaupteten Treuhandvereinbarung nachzuzeichnen, nicht vor. Schließlich ergibt sich aus den vorgelegten Kontoauszügen auch, dass die Klägerin die behauptete Abrede nicht eingehalten hat. Nach der Erklärung der Frau L. über den Inhalt der Abrede sollten die aus den Schatzbriefen erlösten Beträge nach Fälligkeit der Wertpapiere an Frau L. zurückfließen. Die Klägerin sollte somit verpflichtet sein, die Bundesschatzbriefe erst nach Fälligkeit einzulösen. Aus dem vorgelegten Girokontoauszug ergibt sich jedoch, dass die Klägerin den Bundesschatzbrief D schon vor Fälligkeit verkauft hat. Nachweislich abredewidriges Verhalten spricht jedenfalls dann gegen das Vorliegen einer Treuhandabrede, wenn es - wie hier - auf der anderen Seite an objektiven Anhaltspunkten dafür fehlt, dass der angebliche Treugeber auf den Abredeverstoß reagiert hat.
Kann sich die Klägerin damit mangels nachgewiesener Treuhandvereinbarung auf ihr Vermögen mindernde Schulden im Sinne des § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG nicht berufen, übersteigt das gemäß § 28 Abs. 2 BAföG im jeweiligen Zeitpunkt der Antragstellung anzurechnende Vermögen auch unter Einrechnung des Freibetrages nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BAföG in der damals geltenden Höhe teilweise ihren Bedarf nach § 11 BAföG, so dass ein Leistungsanspruch für die hier streitige Dauer der Ausbildung in der in den angefochtenen Bescheiden genannten Höhe nicht bestand. Die Bedarfsberechnung ist zwischen den Beteiligten unstreitig und lässt Fehler nicht erkennen.
Die Voraussetzungen für die Annahme einer unbilligen Härte im Sinne des § 29 Abs. 3 BAföG liegen nicht vor. Denn Umstände, welche die Vermögensanrechnung ganz oder teilweise unbillig erscheinen ließen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Auch die weiteren Voraussetzungen einer Rücknahme der Bewilligungsbescheide nach § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X sind gegeben. Insbesondere kann sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn die Bewilligung von Ausbildungsförderung beruhte hier auf Angaben, die die Klägerin zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Grob fahrlässig handelt der Begünstigte, wenn er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X. Die Feststellungen, ob diese Voraussetzungen vorliegen, sind in der Regel einzelfallabhängig, vgl. BSG, Beschlüsse vom 27.2.2002 - B 7 AL 184/00 B -, und vom 29.9.1998 - B 1 KR 43/97 B -, beide juris, und erfordern ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit sowohl objektiv als auch subjektiv gesteigertes Verschulden.
Vgl. BGH, Urteile vom 12.1.1988 - VI ZR 158/87 -, NJW 1988, 1265, und vom 30.1.2001 - VI ZR 49/00 -, MDR 2001, 569.
Das Verhalten der Klägerin war grob fahrlässig. Wer Sozialleistungen beantragt, ist nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I, verpflichtet, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Hieraus folgt in Verbindung mit der in Absatz 2 der Vorschrift geregelten Verwendung von Vordrucken, dass die Klägerin die Antragsunterlagen vollständig und zutreffend auszufüllen hatte. Daran fehlt es, denn die Klägerin hat in ihren jeweiligen Anträgen weder Angaben zu Einnahmen aus Kapitalvermögen (z.B. Sparzinsen) noch Angaben zu sonstigen Forderungen und Rechten sowie Bank- und Sparguthaben und Schulden gemacht. Die Nichtangabe von Vermögenswerten, nach denen im Formularvordruck ausdrücklich gefragt worden ist, stellt im Regelfall einen besonders schweren Sorgfaltsverstoß dar. Umstände, die hier eine andere Beurteilung rechtfertigten, sind weder dargetan noch ersichtlich. Als Inhaberin des streitigen Kontos, für dessen Erträge sie z.T. auch Freistellungsaufträge erteilt hatte, war der Klägerin bekannt, dass sie gegenüber der Bundesschuldenverwaltung und auch unter steuerlichen Gesichtspunkten Vermögensberechtigte war. Soweit sie davon ausgegangen sein will, die fraglichen Geldbeträge an Frau L. zurückzahlen zu müssen, änderte dies nichts an ihrer Stellung als Vermögensberechtigte. Sie hätte dies durch entsprechende Angaben in der Rubrik Schulden und Lasten kenntlich machen müssen. Die Klägerin ließ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt daher objektiv in besonders schwerem Maße außer Acht, indem sie bei den differenzierenden Fragen in den Formularanträgen nach Einkommen, Vermögen und Schulden Angaben unterließ. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Klägerin der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit aus subjektiven Gründen erspart bleiben könnte. Die Klägerin war zu Beginn des Studiums bereits 25 Jahre alt, hatte eine abgeschlossene Berufsausbildung und war aufgrund von Arbeitslosigkeit beim Arbeitsamt registriert. Schon deshalb erforderte es für sie keine schwierigen, sondern nur einfachste, naheliegende Überlegungen um zu erkennen, dass die auf ihrem Konto befindlichen Guthaben einen Vermögenswert darstellten, der der Ausbildungsförderungsstelle gegenüber anzugeben war.
Auch die Voraussetzungen des § 45 Abs. 4 SGB X liegen vor. Ermessensfehler sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Erstattung der geleisteten Zahlungen kann der Beklagte nach § 50 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 SGB X verlangen.
Ende der Entscheidung
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