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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 28.10.2003
Aktenzeichen: 20 D 116/01.AK
Rechtsgebiete: AbfAblV, DepV, TA Abfall, Deponierichtlinie


Vorschriften:

AbfAblV § 3
AbfAblV § 6
DepV § 3
DepV § 14
TA Abfall Nr. 11
Deponierichtlinie Art. 4
Deponierichtlinie Art. 6
Die Abfallablagerungsverordnung und die Deponieverordnung ergeben zusammen ein verbindliches System der Zuordnung von Abfällen zu jeweils durch konkrete Anforderungen charakterisierte Deponien, das sich gegenüber den Regelungen über die zur Ablagerung freigegebenen Abfälle in zuvor ergangenen Zulassungsentscheidungen für einzelne Deponien unmittelbar durchsetzt.
Tatbestand:

Die Klägerin betreibt eine sog. Klärschlamm- und Mineralstoffdeponie. Der vorzeitige Beginn der Errichtung der Deponie wurde nach Inkrafttreten der TA Abfall zugelassen; der nachfolgende Planfeststellungsbeschluss zur Errichtung und zum Betrieb der Deponie setzte Zuordnungskriterien nach Anhang B der TA Siedlungsabfall für Deponien der Deponieklasse II als Grenzwerte fest. Der Deponie ermangelt es an einer geologischen Barriere. Sie lagert auf Grundwasser führenden Kies-Sand-Schichten und ist mit einer die Anforderungen der Deponieverordnung übertreffenden mineralischen Dichtungsschicht als Basisabdichtung ausgestattet. Im Hinblick auf die Qualität der Basisabdichtung setzte die Beklagte die Zuordnungskriterien - über die Grenzwerte der TA Siedlungsabfall hinaus - neu fest. Nach Inkrafttreten der Abfallablagerungsverordnung ließ sie gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Nr. 3 AbfAblV den Weiterbetrieb der Deponie unter Zugrundelegung dieser (erhöhten) Zuordnungskriterien bis zum 31.5.2005 zu und wies darauf hin, dass für den über diesen Zeitpunkt hinausgehenden Betrieb der Deponie die Zuordnungskriterien der Deponieklasse II nach Anhang 1 AbfAblV einzuhalten seien; die Abfallablagerungsverordnung gehe der konkreten Zulassungsentscheidung vor. Die Klage der Klägerin auf Feststellung ihrer Berechtigung, auch ab dem 1.6.2005 Abfälle auf der Deponie abzulagern, wie sie aufgrund des Planfeststellungsbeschlusses und der nachfolgenden Zulassungsentscheidung zugelassen sind, hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Die Feststellungsklage ist unbegründet. Die von der Klägerin für maßgeblich gehaltenen, auf die zur Ablagerung freigegebenen Abfälle bezogenen Kriterien aus dem Planfeststellungsbeschluss und der nachfolgenden Zulassungsentscheidung sind durch das - die Anforderungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes an die Gemeinwohlverträglichkeit der Abfallablagerung konkretisierende - normative Regelungssystem der Abfallablagerungsverordnung und der Deponieverordnung (DepV) überholt, und die von der Klägerin für weiterhin maßgeblich erachteten Kriterien des Abfalls erfordern eine Ablagerung auf einer Deponie, an die Anforderungen zu stellen sind, denen die Deponie der Klägerin nicht vollständig genügt.

Die Zulässigkeit der Ablagerung von Abfällen auf der Deponie der Klägerin unter Ausschöpfung der genehmigten (erhöhten) Zuordnungskriterien bestimmt sich nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, wonach Abfälle, die nicht verwertet werden, gemeinwohlverträglich zu beseitigen sind, § 11 Abs. 1 KrW-/AbfG, und nach den zur Festlegung der konkreten Anforderungen an eine gemeinwohlverträgliche Abfallablagerung erlassenen Verordnungen.

Die Deponieverordnung und die Abfallablagerungsverordnung ergeben im Zusammenspiel ein in sich geschlossenes System, das mit Blick auf jede denkbare Abfallablagerung Deponieklassen vorgibt sowie in den jeweiligen Anforderungen umschreibt und für die einzelnen Deponieklassen spezifische Abfallkriterien bezeichnet. Die Verordnungen setzen zugleich die europarechtlichen Vorgaben der Deponierichtlinie, die in ihrem Art. 4 die Zuordnung jeder Deponie zu einer der Klassen "Deponien für gefährliche Abfälle", "Deponien für nicht gefährliche Abfälle" und "Deponien für Inertabfälle" vorgibt und in Art. 6 bestimmt, auf welchen Deponien welche Abfälle deponiert werden dürfen, in Bundesrecht um.

Das Zusammenspiel von Abfallablagerungsverordnung und Deponieverordnung mag sich, was auch die Forderung des Bundesrates, den Entwurf einer neuen Deponieverordnung "zeitnah nach dem 1.6.2005" vorzulegen, die sämtliche deponie- und ablagerungsspezifischen Belange in einer einzigen Verordnung zusammenfasst, widerspiegelt, etwas kompliziert darstellen, doch ist - unbeschadet insbesondere der durch das zeitlich gestaffelte Inkrafttreten der beiden Verordnungen aufgeworfenen und auch von der Klägerin gesehenen Frage des Unterfallens einer Deponie entweder unter das Regime der Abfallablagerungs- oder der Deponieverordnung - insgesamt eindeutig und hinreichend klar verständlich, dass die Verordnungen für jeden denkbaren Ablagerungsfall spezifische Anforderungen an die dafür konkret in den Blick genommene Deponie aufstellen, die zwingend eingehalten werden müssen, um die beabsichtigte Abfallablagerung gemeinwohlverträglich zu gestalten. Der Ansatz der Klägerin, ihre Deponie unterfalle nicht der Abfallablagerungsverordnung, orientiert sich nicht hinreichend an dem Ziel der Gemeinwohlverträglichkeit der Ablagerung, für die danach zu fragen ist, ob die für die konkrete Abfallablagerung in den Blick genommene Deponie die - sich nach der Gefährlichkeit des abzulagernden Abfalls im Einzelfall bestimmenden - Anforderungen der jeweils einschlägigen Deponieklasse erfüllt.

Die von der Klägerin zur Ablagerung vorgesehenen Abfälle dürfen aufgrund ihres über den Zuordnungskriterien für Deponien der Deponieklasse II (Anhang 1 zur AbfAblV) liegenden Schadstoffgehaltes nur auf einer Deponie der Deponieklasse III abgelagert werden; die Ablagerungsfähigkeit der Abfälle richtet sich deshalb allein nach den - u.a. die Anforderungen an diese Deponieklasse normierenden - Bestimmungen der Deponieverordnung.

Die von der Klägerin bei Klageerhebung in den Vordergrund gestellte Frage, ob die von ihr betriebene Deponie dem Regime der Abfallablagerungsverordnung unterfällt, stellt sich nach Inkrafttreten der Deponieverordnung und der damit einhergehenden umfassenden normativen Bestimmung der Anforderungen der Gemeinwohlverträglichkeit der Abfallablagerung nicht (mehr). Wie die Rechtslage vor Inkrafttreten der Deponieverordnung - mithin auch im Zeitpunkt der Klageerhebung - zu beurteilen war, ob also schon und allein aus der Abfallablagerungsverordnung zu schließen war, dass die im Planfeststellungsbeschluss und in den nachfolgenden bestandskräftigen Änderungsbescheiden enthaltenen Regelungen zu den abzulagernden Abfällen keine Geltung mehr beanspruchen konnten, weil es sich bei der Deponie der Klägerin um eine dem Regelungsbereich der Abfallablagerungsverordnung unterfallende Deponie handelte, bedarf keiner Entscheidung (mehr), weil für die Beurteilung des Feststellungsbegehrens der Klägerin die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats maßgeblich ist.

Hiernach ist die Ablagerung von Abfall der bislang zugelassenen Art, soweit sie über die Vorgaben der Deponieklasse II nach Anhang 1 zur AbfAblV hinausgeht, auf der Deponie der Klägerin nicht gemeinwohlverträglich, weil es der Deponie an einer geologischen Barriere ermangelt und diese damit den Anforderungen der Deponieverordnung an eine Deponie der Klasse III nicht entspricht. Abfälle der beschriebenen Art dürfen deshalb jedenfalls ab dem 1.6.2005 auf der von der Klägerin betriebenen Deponie nicht mehr abgelagert werden.

Dass eine geologische Barriere fehlt, räumt die Klägerin ein. Die Kies-Sand-Schicht kommt als geologische Barriere nicht in Betracht (wird ausgeführt). Auf die geologische Barriere kann nicht verzichtet werden. Ihr Fehlen wird insbesondere nicht durch die Qualität der eingebauten mineralischen Dichtungsschicht kompensiert. Die Klägerin hat zwar eine mineralische Dichtungsschicht eingebaut, die die Anforderungen der Deponieverordnung an diese künstliche Barriere übertrifft; das Vorbringen zu einer dadurch bewirkten Entbehrlichkeit der geologischen Barriere verkennt jedoch, dass die mineralische Dichtung Komponente des Basisabdichtungssystems ist und wegen des nach § 3 Abs. 1 Satz 1 DepV erforderlichen kumulativen Gegebenseins des Standortfaktors einer geologischen Barriere einerseits und der Basisabdichtung andererseits das Fehlen der geologischen Barriere nicht ausgleichen kann. Schwächen einzelner Komponenten der jeweiligen Barriere können vielmehr nur innerhalb der jeweils betroffenen Barriere aufgefangen werden (vgl. Ziff. 1 Nr. 1 des Anhangs 1 zur DepV).

Ein Verzicht ist ferner auch nicht nach § 14 DepV möglich. Für Altdeponien ist zwar ein Verzicht auf die geologische Barriere nicht generell ausgeschlossen (s. insbesondere § 14 Abs. 3 Satz 1 DepV), für die Deponie der Klägerin greift jedoch keine Ausnahmemöglichkeit. Begünstigt sind nach § 14 Abs. 2 Satz 1 DepV mit dem Verweis auf Nr. 11 TA Abfall nur solche Deponien, die bereits nach der TA Abfall als Altanlagen von diesem Erfordernis freigestellt waren. Nach Nr. 11.2 Buchstabe g TA Abfall aber gelten, wenn auf der Deponie im Zeitpunkt des Inkrafttretens der TA Abfall - 1.4.1991 - noch keine Abfälle abgelagert wurden, die Anforderungen an den Untergrund nach Nr. 9.3.2 TA Abfall. § 14 Abs. 2 DepV normiert damit - in Anwendung von Vertrauensschutzgesichtspunkten - ersichtlich den Gedanken, dass Abfall, der schon nach Maßgabe der Bestimmungen der TA Abfall nicht hätte abgelagert werden dürfen, auch nach der Deponieverordnung nicht soll abgelagert werden können. Auf der Deponie der Klägerin wurden vor dem 1.4.1991 noch keine Abfälle abgelagert, sodass die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Weiterbetrieb trotz Fehlens einer geologischen Barriere nicht gegeben sind. Damit entfällt auch die Möglichkeit einer weiteren Ablagerung der in Rede stehenden Abfälle - bis zum Ende der Ablagerungsphase - nach § 25 Abs. 2 Satz 1 DepV; diese Vorschrift stellt lediglich sicher, dass besonders überwachungsbedürftige Abfälle auf Deponien, die den Anforderungen der Deponieverordnung - seien es auch Übergangsregelungen - entsprechen, bis zum Ende der Ablagerungsphase deponiert werden können, und gelangt deshalb hier von vornherein nicht zur Anwendung.

Dass die Deponieverordnung das kumulative Vorhandensein von geologischer Barriere und Basisabdichtungssystem fordert, § 3 Abs. 1 Satz 1 DepV, ist ebenso wie die vorerörterte Behandlung von Altdeponien in Anbetracht des dem Verordnungsgeber zukommenden Gestaltungsspielraums im Bereich der Schadensvorsorge rechtlich unbedenklich.

Mit dem Multibarrierenkonzept wird auch dem Gedanken der Diversifikation Rechnung getragen, der verlangt, dass bei Versagen einer Barriere (zumindest) eine weitere intakte und andersartige Barriere zur Verfügung steht, in deren Beständigkeit gerade deshalb Vertrauen gesetzt werden kann, weil sie nicht der Art der durchbrochenen Barriere entspricht. Dabei wird davon ausgegangen, dass alle künstlichen Maßnahmen (hier also die mineralische Dichtungsschicht) zur Beherrschung der Emissionen einer Deponie auf Dauer ganz oder zumindest teilweise versagen, mithin von endlicher Funktion sind. Das der Deponierichtlinie wie der Deponieverordnung und der Abfallablagerungsverordnung zugrunde liegende Multibarrierenkonzept erfordert deshalb einen Deponiestandort, der auch im Falle des Versagens der künstlichen Basisabdichtung garantiert, dass die Emissionen, die von dem abgelagerten Abfall dann möglicherweise ausgehen, jedenfalls schadlos bleiben, weil eine weitere (geologische/natürliche) Barriere vorhanden ist. Die Sachgerechtigkeit des Konzepts wird nachhaltig dadurch unterstrichen, dass die in der Deponieverordnung normierten technischen Anforderungen mit den Bestimmungen der Deponierichtlinie übereinstimmen, nach der der Schutz des Bodens, des Grundwassers und des Oberflächenwassers während der Betriebs-/aktiven Phase durch eine Kombination aus geologischer Barriere und Basisabdichtungssystem zu erreichen ist (Nr. 3.1 Satz 2 des Anhangs I zur Deponierichtline), und deren Forderungen in Bundesrecht umsetzen. Europarechtlich vorgegeben ist, dass sich die geologische Barriere durch geologische und hydrogeologische Bedingungen in dem Gebiet unterhalb und in der Umgebung eines Deponiestandortes bestimmt, wobei ein ausreichendes Rückhaltevermögen gegeben sein muss, um einer Gefährdung für Boden und Grundwasser vorzubeugen. Die Deponiesohle und die Deponieböschungen müssen aus einer mineralischen Schicht bestehen, die bestimmte Anforderungen an Durchlässigkeit und Mächtigkeit erfüllt. Für den Fall, dass die geologische Barriere aufgrund ihrer natürlichen Beschaffenheit den genannten Anforderungen nicht entspricht, kann sie mit anderen Mitteln künstlich vervollständigt und verstärkt werden, sodass sie einen gleichwertigen Schutz gewährleistet, wobei die so geschaffene künstliche geologische Barriere mindestens einen halben Meter dick sein sollte (Nr. 3.2 des Anhangs I zur Deponierichtline). Indem die Deponierichtlinie in Kenntnis der Tatsache, dass in den Mitgliedstaaten nur wenige Deponiestandorte über die erforderliche natürliche Beschaffenheit verfügen, vgl. BR-Drs. 231/02, S. 80, darauf abstellt, dass den genannten Mindestanforderungen nicht genügende geologische Barrieren nachgebessert werden können, eröffnet sie die Abfallablagerung auch in diesen Fällen; nicht vorgesehen ist jedoch die Möglichkeit der Kompensierung einer nicht vorhandenen geologischen Barriere durch ein Übertreffen der Voraussetzungen des - kumulativ erforderlichen - Basisabdichtungssystems.

Dass die Grenzen des dem Verordnungsgeber zukommenden Gestaltungsspielraums mit den in der Deponieverordnung für den Weiterbetrieb von Altanlagen aufgestellten Anforderungen überschritten wären, ist durchgreifend weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Der Verordnungsgeber hat in § 14 DepV die Problematik bereits bestehender Deponien aufgegriffen und die Lösung in einer differenzierten Regelung an Vertrauensschutzerwägungen ausgerichtet. Mit der Möglichkeit der Zulassung des Weiterbetriebs von Anlagen, die den Anforderungen der Deponieverordnung nicht genügen, aber alle entsprechenden Anforderungen der Nr. 11 TA Abfall erfüllen, § 14 Abs. 2 Satz 1 DepV, werden unbillige Härten in hinreichendem Umfange vermieden. Denn den Deponiebetreibern musste bereits unter der Geltung der TA Siedlungsabfall und der TA Abfall bewusst sein, dass Abfall bestimmter Gefährlichkeit nach dem weiter entwickelten Stand der Bewertung nur auf Deponien bestimmter Qualität - insbesondere mit geologischer Barriere - abgelagert werden darf. Dieses Problembewusstsein musste sich zudem mit Erlass der Deponierichtlinie im Jahre 1999 bzw. der Abfallablagerungsverordnung im Jahre 2001 verstärken, sodass der Erlass der Deponieverordnung im Jahre 2002 nicht unerwartet sein konnte. Soweit die Deponieverordnung nicht auch diejenigen begünstigt, die darauf setzten, Abfall einer bestimmten Gefährlichkeit auf einer Deponie abzulagern, die den bereits bekannten regelmäßigen Anforderungen der TA Abfall von Beginn an nicht entsprach, wird angesichts der aufgezeigten Entwicklung des Abfallrechts keine schutzwürdige - insbesondere keine eigentumsrelevante (Art. 14 Abs. 1 GG) - Vertrauensposition vernachlässigt; vielmehr handelten entsprechende Deponiebetreiber von vornherein auf eigenes bzw. des Gebührenzahlers Risiko.

Dies zeigt auch und gerade der vorliegende Fall. Der Klägerin war das Fehlen der geologischen Barriere von Anfang an als ein Mangel bewusst. Sie konnte die Zulassung der Abfallablagerung nur unter Betrachtung der Deponie als Altanlage i.S. der TA Siedlungsabfall und damit für die zugehörigen Abfallkriterien erreichen und bemühte sich sodann - mit Erfolg - um eine Erhöhung der zunächst planfestgestellten Zuordnungskriterien im Wege der Ausnahme, um - wie sie selbst vorträgt - die von vornherein in den Blick genommenen Abfälle annehmen zu können. Sie ist damit das Risiko eingegangen, die Erhöhung der Zuordnungskriterien entweder überhaupt nicht oder nicht auf Dauer erreichen zu können. Mit Inkrafttreten der Deponieverordnung hat sich dieses Risiko realisiert; ein etwaiges Vertrauen der Klägerin, die bisherige Ablagerungspraxis fortsetzen zu dürfen, ist vor diesem Hintergrund nicht schutzwürdig.

Auch sonstige Bedenken gegen die Gültigkeit und Anwendbarkeit der Deponieverordnung bestehen nicht; die gesetzliche Grundlage der Rechtsverordnung findet sich (im Wesentlichen und bezogen auf die hier interessierenden Fragen) in §§ 12 und 36 c KrW-/AbfG; das Gesetz selbst bestimmt Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung, vgl. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Ebenso ist nichts ersichtlich oder vorgetragen, was gegen die Vereinbarkeit der Deponieverordnung mit den europarechtlichen Vorgaben der Deponierichtlinie spräche.

Vgl. zur Abfallablagerungsverordnung: VG Koblenz, Beschluss vom 4.12.2002 - 7 K 1389/01.KO -.

Insbesondere kann auch nach der Deponierichtlinie für den Weiterbetrieb bereits vorhandener Deponien nicht auf eine geologische Barriere verzichtet werden (vgl. Art. 14 Buchstabe a und Buchstabe c Satz 2 i.V.m. Anhang I Nrn. 1 und 3 zur Deponierichtlinie). Die Deponieverordnung basiert in ihren Aussagen zu Altanlagen auf § 36 c Abs. 2 KrW-/AbfG, der in Anlehnung an § 7 Abs. 2 BImSchG eine Regelung zur Umsetzung von Vorsorgeanforderungen für bestehende Deponien enthält. Die Pflicht zur Vorsorge gegen Beeinträchtigungen der in § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG genannten Schutzgüter ist Bestandteil der für alle Deponien geltenden allgemeinen Verpflichtung, Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit zu vermeiden. Danach können in die Deponieverordnung unmittelbar verbindliche Übergangs- und Schließungsfristen für bestehende Deponien aufgenommen werden, die nicht dem Stand der Technik entsprechen, wobei es § 36 c Abs. 2 KrW-/AbfG dem Verordnungsgeber ermöglicht, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf bestehende Deponien zu konkretisieren. Zugleich macht § 36 c Abs. 2 KrW-/AbfG deutlich, dass etwaiger Bestandsschutz zeitlich begrenzt ist.

Vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen - Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz, BT-Drs. 14/4599, S. 151.

Die Klägerin kann sich nicht mehr auf den Planfeststellungsbeschluss und nachfolgende bestandskräftige Änderungsbescheide berufen. Der Beschluss und die genannten Bescheide sind - soweit sie in den Bestimmungen über die zur Ablagerung freigegebenen Abfälle wegen der tatsächlichen Gegebenheiten der Deponie dem Zuordnungssystem aus Abfallablagerungsverordnung und Deponieverordnung widersprechen, also Abfälle zulassen, die eine Deponie der bei der Klägerin gerade nicht gegebenen Klasse III erfordern - überholt und für den weiteren Betrieb der Deponie nicht mehr beachtlich.

Die Verordnungen sind materielle Gesetze mit unmittelbarem Geltungsanspruch und Vorrang auch gegenüber entgegenstehenden älteren Regelungen in Verwaltungsakten. Sie unterwerfen aufgrund ihres - sie insbesondere von den Technischen Anleitungen abhebenden - normativen Charakters in Verbindung mit ihrer Konkretheit, die in den Grundregelungen keinen Raum für die Gestaltung des Einzelfalls durch Verwaltungsakt lässt, den Weiterbetrieb aller Deponien den Maßgaben materieller Annahmekriterien hinsichtlich des Abfalls einerseits und bestimmter Anforderungen an die Deponieklassen andererseits.

Vgl. Petersen/Krohn, AbfallR 2003, 60 ff.; Siederer/Nicklas, AbfallR 2003, 66 ff.; siehe auch BT-Drs. 14/8435, S. 1.

Ihre unmittelbare Geltung ist in den Verordnungen eindeutig angelegt. Sie enthalten klare Verhaltensanweisungen - "(Siedlungs-)Abfälle... dürfen nur abgelagert werden", § 6 DepV, § 3 AbfAblV -, die sich u.a. an die Deponiebetreiber richten, § 1 Abs. 2 Nr. 2 DepV, § 1 Abs. 2 Nr. 1 AbfAblV, und bußgeldbewehrt sind, § 24 DepV, § 7 AbfAblV. Die Loslösung des weiteren Betriebs der bereits laufenden und demgemäß grundsätzlich mit Zulassungsentscheidungen versehenen Deponien von den Befugnissen, die eben diese Zulassungsentscheidungen geben, wird durch die Regelungen in § 14 DepV und § 6 AbfAblV belegt; danach bedarf es einer Antragstellung und neuen Zulassungsentscheidung, damit auch nach Inkrafttreten der jeweiligen Verordnung Ablagerungen vorgenommen werden dürfen, die nach den neuen Normen so nicht zulässig wären, jedoch - so jedenfalls im typischen Fall - nach der bisherigen Gestaltung der Anlagenzulassung zulässig waren.

Gegen die rechtliche Möglichkeit, im Wege der Normsetzung Befugnisse zu entziehen, die im Wege der Einzelfallentscheidung durch Verwaltungsakt gewährt worden sind, bestehen im vorliegenden Zusammenhang schon deshalb keine rechtlichen Bedenken, weil die abfallrechtlichen Zulassungsentscheidungen angesichts der weitgehenden gesetzlichen Möglichkeiten späterer Änderung bei sich entwickelndem Stand, § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 KrW-/AbfG, keine nicht durch Übergangsregelungen aufzufangenden schützenswerten Vertrauenspositionen entstehen lassen können und zur Rechtsklarheit und Rechtssicherheit eine im Einzelfall vorzunehmende Modifizierung einzelner Zulassungsentscheidungen nicht geboten ist; denn die Verordnungen sind so gefasst, dass die Deponiebetreiber den Rahmen des ihnen Erlaubten verlässlich erkennen können.

Sonstige Umstände, die der Wirksamkeit und auch der Durchsetzung der Deponieverordnung im Fall der Klägerin entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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