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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 03.01.2006
Aktenzeichen: 20 D 118/03.AK
Rechtsgebiete: LuftVG, VwVfG, UVPG, VwGO


Vorschriften:

LuftVG § 6 Abs. 4
LuftVG § 6 Abs. 4 Satz 2
LuftVG § 8
LuftVG § 8 Abs. 5
LuftVG § 8 Abs. 5 Satz 3
LuftVG § 8 Abs. 5 Satz 3 2. Satzteil
LuftVG § 10 Abs. 8
VwVfG § 51
VwVfG §§ 48 f
UVPG § 3c
UVPG § 3c Abs. 1
UVPG § 3c Abs. 1 Satz 1
UVPG § 3c Abs. 1 Satz 3
UVPG § 3e
UVPG § 3e Abs. 1 Nr. 2
UVPG § 25
VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 113 Abs. 1 Satz 1

Entscheidung wurde am 02.05.2006 korrigiert: das Aktenzeichen muß statt 20 D 118/03.AK u.a. richtig 20 D 118/03.AK lauten
1. Zur Klagebefugnis einer ausländischen Gemeinde wegen Lärmauswirkungen eines in Deutschland gelegenen Flugplatzes auf ihr Gemeindegebiet

2. Zur planerischen Abwägung bei der Genehmigung der Konversion eines ehemaligen militärischen Flugplatzes zu einem zivilen Verkehrsflughafen, insbesondere

- zur Annahme der Notwendigkeit einer Nachfragebefriedigung,

- zur Folgenabschätzung bei Angebotsplanung und

- zur Lärmbewertung ("Fluglärmkriterien ...." von Griefahn, Janssen, Scheuch, Spreng)

3. Zur UVP-Pflichtigkeit einer Konversion und zu den Rechtsfolgen einer unzureichenden Abklärung


Tatbestand:

Die Kläger - Gemeinden sowie Privatpersonen aus der Umgebung des nahe der Grenze zum Königreich der Niederlande gelegenen ehemaligen Militärflugplatzes L. - wenden sich gegen einen auf § 6 Abs. 4 Satz 2, § 8 Abs. 5 LuftVG gestützten Bescheid der Beklagten, durch den zugunsten der Beigeladenen die Änderung der Nutzung des Flugplatzes vom militärischen zu einem zivilen Betrieb zugelassen wurde (Konversionsgenehmigung).

Gründe:

Die Klagen sind zulässig. Die Kläger können zumindest Belange einbringen und deren unzureichende Berücksichtigung geltend machen. (wird ausgeführt)

Für das Bestehen eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf gerechte Abwägung eigener Belange und für die prozessuale Wahrnehmung dieses Rechtes durch die klagende niederländische Gemeinde und einen dort ansässigen Niederländer ist unerheblich, dass die besorgten Wirkungen einer Ausnutzung der Konversionsgenehmigung außerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland auftreten. Dem Luftverkehrsrecht lässt sich - ebenso wie dem sonstigen Umweltrecht - nicht entnehmen, dass die grenzüberschreitenden Wirkungen unbeachtlich oder mit anderen Maßstäben zu messen wären; ob insofern eine Differenzierung, insbesondere eine solche gegenüber anderen Staaten der EU zulässig wäre, kann dahinstehen. Die Klagebefugnis folgt dann der Möglichkeit der Berufung auf die Rechte, für deren Wahrung die VGe zuständig sind.

Vgl. zur Klagebefugnis von Ausländern im Umweltrecht BVerwG, Urteil vom 17.12.1986 - 7 C 29.85 -, BVerwGE 75, 285; Saarl. OVG, Urteil vom 23.9.1997 - 8 M 10/93 -; Kopp-Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Auflage, § 42 Rdnr. 90 m.w.N. Diese Betrachtung findet ihre Bestätigung im Staatsvertrag, der zur Ermöglichung des Flugverkehrs vom Flughafen der Beigeladenen unter Inanspruchnahme niederländischen Luftraums zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande geschlossen worden ist. Soweit dort unter Art. 7 Abs. 4 die verfahrensrechtliche Gleichbehandlung niederländischer juristischer und natürlicher Personen mit Deutschen angesprochen ist, ist das zwar auf die Zukunft bezogen, aber letztlich doch nur im Sinne einer Bestätigung; es spricht nämlich nichts dafür, dass mit einer solchen eher beiläufigen Erklärung in dem Vertrag eine Änderung des Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrechts beabsichtigt war. Der Staatsvertrag schneidet der niederländischen Gemeinde und dem dort lebenden niederländischen Kläger nicht die Möglichkeit ab, sich auf eine Verletzung zumindest des Rechts auf gerechte Abwägung zu berufen. Zwar ist nicht zu verkennen, dass es ohne den Staatsvertrag nicht zu der besorgten Belastung durch Überflüge kommen könnte. Der Vertrag ist insofern als eine Ursache des beklagten Lärmgeschehens zu sehen, die jedenfalls nach deutscher Rechtslage - vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.3.1986 - 1 BvL 81/79 -, BVerfGE 72, 66 - eigenständig angegangen werden könnte. Ob dies auch für die Niederlande entsprechend zu sehen ist, ob also die klagende Gemeinde und ihr ebenfalls klagender Einwohner nach niederländischem Recht die Möglichkeit haben, gegen die Ratifizierung des Vertrags mit der Behauptung anzugehen, der so ermöglichte Flugverkehr führe zu relevanten Beeinträchtigungen, braucht nicht entschieden zu werden. Denn es bestehen jedenfalls durchgreifende Bedenken dagegen, den Staatsvertrag, dessen Ausgestaltung in vielfältiger Hinsicht von politischen Gewichtungen und Rücksichtnahmen sowie pauschalen Betrachtungen bestimmt ist, im konkreten Nachbarschaftsverhältnis als Schranke für die Überprüfbarkeit der auf detaillierten Ausgleich angelegten Abwägung zu verstehen. In diesem Sinne ist von einer Gleichstufigkeit der beiden Ursachen - Bescheid der Beklagten und Ratifizierung des Staatsvertrags durch das Königreich der Niederlande - auszugehen, bei der keinem Ansatz ein zwingender Vorrang im Sinne etwa der Unmittelbarkeit oder der letzten und entscheidenden Ursache zukommt.

Die Kläger sind in Bereichen möglicher nachteiliger Auswirkungen des Luftverkehrs ansässig, der aufgrund der angefochtenen Genehmigung zu erwarten ist. Sie zielen mit ihren Rügen zumindest auch auf eine Verletzung ihres Anspruchs auf gerechte Abwägung des Interesses, von dem nach den räumlichen Gegebenheiten der Anlage der Beigeladenen zuzuordnenden und als störend wahrnehmbaren Lärm des zugelassenen zivilen Flugverkehrs verschont zu bleiben. Ungeachtet der Bedeutung und der Tragweite früheren militärischen Fluglärmgeschehens im Einzelnen ist darin jedenfalls ein abwägungserheblicher Belang zu sehen, weil ungeachtet der sonstigen klägerseitig angesprochenen Unterschiede bei einerseits militärischem und andererseits zivilem Flugbetrieb zumindest die sachliche Rechtfertigung und damit korrespondierend die Kriterien für das, was einzelnen Bürgern zuzumuten ist, wofür also Akzeptanz erwartet werden kann, unterschiedlich sind. Wegen der vielfältigen Faktoren, die bei der Lärmbewertung von Bedeutung sind und die etwa von dem Lärmanlass über die prägenden akustischen Merkmale bis hin zu der nach der räumlichen Lage zu bestimmenden anerkennenswerten Lärm- bzw. Ruheerwartung reichen, geht es nicht an, die nicht mehr abwägungserhebliche "geringfügige Lärmbelastung"

- BVerwG, Urteil vom 20.4.2005 - 4 C 18.03 -, NVwZ 2005, 933 - jenseits offensichtlichen Nicht-Betroffenseins über eine starre, mit lärmphysikalischen Werten zu bezeichnende Grenze zu definieren.

Vgl. zu den dabei auftretenden Problemen auch das von der Beigeladenen in Bezug genommene Urteil des Bay. VGH vom 20.5.2003 - 20 A 02.40015 -.

Die zulässigen Klagen haben Erfolg. Die Genehmigung in der Gestalt der Widerspruchsbescheide leidet an Fehlern, die mit Erfolg geltend zu machen die Kläger befugt sind. Für das zugelassene Vorhaben der Beigeladenen ist zwar die Planrechtfertigung als Grundlage jeder planerischen Abwägung und Entscheidung gegeben. Die die Entscheidung wesentlich prägende Abwägung ist jedoch mängelbehaftet; ferner ist der Frage der Umweltverträglichkeit nicht in der gebotenen Weise nachgegangen worden.

Ob das Fehlen einer Planrechtfertigung den Klagen, in denen eine enteignungsrechtliche Vorwirkung der planerischen Entscheidung nicht in Rede steht, zum Erfolg verhelfen könnte - vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 19.5.2005 - 4 VR 2000.05 -, NVwZ 2005, 940 -, sei dahingestellt. Die Planrechtfertigung kann dem Vorhaben der Beigeladenen jedenfalls nicht abgesprochen werden. (wird ausgeführt)

Die den Kern der Zulassungsentscheidung ausmachende Abwägung der beteiligten Belange erweist sich als fehlerhaft. Die Beklagte hat die Bedeutung, die dem Vorhaben der Beigeladenen aus dem Blickwinkel des öffentlichen Interesses beizumessen ist, und das Gewicht der Belange der Kläger nicht mit der erforderlichen Genauigkeit und Differenzierung erfasst und das Ziel eines gerechten Ausgleichs verfehlt. Die Zumutbarkeit der Veränderung der Umgebungssituation für die Kläger korrespondiert mit der Tragfähigkeit der für die Veränderung sprechenden Belange der Allgemeinheit. Das Interesse der Beigeladenen an wirtschaftlichen Vorteilen aus dem Flughafenbetrieb kommt insofern zum Tragen, als die Befriedigung öffentlicher Interessen im Bereich der weithin privatwirtschaftlich bestimmten Infrastruktur des Luftverkehrs eine stabile wirtschaftliche Basis benötigt. Denn ein in der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung als "Verkehrsflughafen" bezeichneter Flugplatz wird ungeachtet einer privatrechtlichen Organisationsform im öffentlichen Interesse betrieben, er soll dem allgemeinen Verkehr dienen (vgl. § 6 Abs. 3 LuftVG).

Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.4.2005 - 4 C 18.03 -, a.a.O.

Nach den Erwägungen der Beklagten sprechen für das Vorhaben der Beigeladenen die Notwendigkeit, eine Nachfrage zu befriedigen und die Infrastruktur zu stärken, wobei der Flughafen ein Wachstumsmotor innerhalb eines Euregionalen Zentrums für Luftverkehr, Logistik und Gewerbe darstellen soll, was für die Entwicklungsmöglichkeiten entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen erfordere. Die Lärmwirkungen des Flugverkehrs träten hinter diesem öffentlichen Anliegen zurück. Der Lärm führe an keinem der in die Berechnung einbezogenen Einzelpunkte zu einer erheblichen Belästigung, erst recht nicht zu unzumutbaren oder gesundheitsgefährdenden Werten. Im zugrunde gelegten Schutzkonzept ergebe sich nur beim Richtwert für die "Vermeidung der Störung von Erholung/Rekreation (außen)" eine die Schwelle der Geringfügigkeit überschreitende Lärmwirkung. Dieser Überschreitung stünden die erheblichen privaten und öffentlichen Interessen an der fliegerischen Nutzung gegenüber. Zudem treffe der Lärm auf Gebiete mit verminderter Schutzwürdigkeit. Der frühere militärische Fluglärm habe an einzelnen betrachteten Punkten hohe Belastungen verursacht, habe auch Nachtstunden und Wochenenden nicht gänzlich ausgenommen und behalte im Sinne einer Vorbelastung auch nach wenigen Jahren der Pause noch Bedeutung.

Gegen den Rahmen, die Ansätze und die zur Anwendung gekommenen Wertungsmaßstäbe dieser Abwägungen ist aus rechtlicher Sicht nichts einzuwenden. Eine Nachfrage nach Verkehrsleistungen zu befriedigen ist ebenso dem Interesse der Allgemeinheit zuzuordnen wie der Einsatz von Infrastruktureinrichtungen als zukunftsorientiertes Element wirtschaftlicher Entwicklung. Einen Flughafen als Ausgangs- und Mittelpunkt eines überörtliche Bedeutung entfaltenden Wirtschaftszentrums zu sehen und zu fördern, ist ohne Bedenken als im Einschätzungsermessen der Exekutive liegend anzuerkennen. Richtig ist auch die Erwägung, die Zielerreichung durch die Gestaltung des rechtlichen Rahmens absichern zu müssen.

Im Einzelnen ist jedoch zu bemerken: Es ergeben sich nachhaltige Zweifel am Bestehen einer - im Wortsinn verstandenen - Notwendigkeit einer Nachfragebefriedigung durch die Schaffung der Möglichkeit zivilen Flugverkehrs auf der ehemals militärisch genutzten Liegenschaft. Dass die in Anspruch zu nehmenden Leistungen bisher nicht oder nur zu - in Relation zu sonstigen Landesteilen - spürbar erschwerten Bedingungen geboten worden sind, ist nicht ersichtlich. Es versteht sich von selbst, dass Flugverkehr nicht allenthalben "vor Ort" angeboten werden kann. Die Beklagte weist im Anschluss unter anderem an den Gutachter X. daher auch wiederholt auf das für die nicht ferne Zukunft zu erwartende Erreichen der Kapazitätsgrenzen der nächstgelegenen Großflughäfen hin. Das ist ein sicherlich anzuerkennender Aspekt im Rahmen vorsorgender Infrastrukturplanung; das Gewicht freilich bedarf einer näheren Betrachtung. Es ist insbesondere einzustellen, dass Flughäfen, wenn sich ihre Inanspruchnahme der Kapazitätsgrenze nähert, bestrebt sind, durch technische oder betriebliche Ausweitung zusätzliche Nachfrage zu befriedigen, wenn nicht sogar noch anzuziehen. Dass dies auch und gerade für die Flughäfen Düsseldorf und Schiphol zutrifft, ist aus allgemeiner Berichterstattung bekannt. Insofern sind, wenn nicht - wie für den Flughafen Hahn geltend gemacht - eine gesellschaftsrechtliche und wirtschaftliche Verknüpfung besteht, die gut ausgelasteten Flughäfen offensichtlich und aus wirtschaftlicher Betrachtung nachvollziehbar nicht bereit, Verkehr aufnahmebereiten Anlagen zu überlassen. Die Ableitung einer Notwendigkeit der Nachfragebefriedigung aus dem Grad der Inanspruchnahme anderer Flughäfen setzt daher eine räumlich umfassendere und koordinierende wertend-gewichtende Entscheidung voraus, um öffentliches Verkehrsinteresse im Einzelfall zum Tragen zu bringen. Die Sichtweise von einzelnen Vorhaben her birgt die Gefahr in sich, dass sich mehrere Flughäfen auf einen Verkehr ausrichten, der letztlich doch von dem am stärksten frequentierten Flughafen noch aufgenommen wird, und damit Konkurrenzsituationen auftreten, die einer Verkehrsinfrastruktur abträglich sind; die verlässliche und sichere Erfüllung der öffentlichen Verkehrsaufgaben - insbesondere der Betriebspflicht bei Flughäfen - setzt eine auch finanziell solide Basis voraus. Von erheblichem Gewicht wäre die Erwägung zur Notwendigkeit einer Nachfragebefriedigung am Flughafen der Beigeladenen daher etwa und insbesondere dann, wenn ein landesweites Konzept diese Anlage mit einer Ergänzungs- oder Auffangfunktion für einen anderen Flughafen - nach den räumlichen Gegebenheiten wäre hier an den Flughafen Düsseldorf zu denken -, aufführen würde, wodurch freilich das Gewicht eines öffentlichen Interesses an einer Ausdehnung des Verkehrs an dem anderen Flughafen gemindert würde. Die Frage, ob eine bestehende, großzügig ausgestattete Anlage in der Nähe des bevölkerungsreichsten Teils des Landes in ihrer Leistungsfähigkeit noch gestärkt werden soll oder ob eine Verkehrsverteilung vorzuziehen ist, entzieht sich zwingenden rechtlichen Kriterien und ist ggf. auf politischer Ebene zu beantworten. Der dazu maßgeblich heranzuziehenden NRW-Luftverkehrskonzeption 2010 aus dem Dezember 2000 ist in dieser Hinsicht allerdings nichts zu entnehmen, was die Betrachtung der Beklagten stärkt. Weder wird für den Flughafen Düsseldorf eine Vorstellung dahin deutlich, an den Flughafen herangetragener Bedarf solle anderweitig befriedigt werden, noch ist für den Konversionsflughafen mehr als eine Bestätigung des Konversionsziels gemäß dem GEP enthalten. Dass seitens der Exekutive keine zwingenden Vorgaben gemacht werden können, welcher Flughafen welche Ausstattung erhalten und welchen Verkehr abzuwickeln habe, bedarf keiner Erläuterung. Es geht hier allein um die Frage, ob und inwieweit öffentliche Interessen bezüglich der Verkehrsinfrastruktur und damit zusammenhängend auch der Wirtschaftsförderung sowie sonstiger landesplanerischer Vorstellungen mit einem vom Flughafenbetreiber verfolgten Konzept einhergehen oder kollidieren; daraus ergeben sich wesentliche Aspekte für die die Zulassungsentscheidung prägende Abwägung. Im konkreten Zusammenhang bedeutet dies, dass das Landesinteresse derzeit dahin geht, den Flughafen Düsseldorf zu stärken - ausdrücklich angesprochen werden Bahnverlängerung und Betriebserweitung gemäß Zweibahnsystem - und damit eine Auffangfunktion der Anlage der Beigeladenen jedenfalls keine Absicherung erfahren hat. Dem GEP 99 kann im Sinne einer Notwendigkeit zur Befriedigung bestehender Nachfrage ebenfalls nichts entnommen werden. Die zivile fliegerische Nutzung des ehemals militärischen Flugplatzes ist hier in ein umfassenderes Konzept eingegliedert. So heißt es gemäß der ersten Änderung aus dem Jahre 2000 in den Zielsetzungen für die Luftfahrt "nach Entlassung aus der militärischen Trägerschaft ist der Militärflugplatz als `Euregionales Zentrum für Luftverkehr, Gewerbe und Logistik` zu betreiben. Das vorhandene Standortpotential ist mit seiner Magnetfunktion für die Ansiedlung von Unternehmen entsprechend zu nutzen und weiterzuentwickeln". In den Erläuterungen ist auf gute Marktchancen für die Ansiedlung von Unternehmen rund um eine Start- und Landebahn verwiesen und die Absicht einer militärischen Mitbenutzung als Nato-Reserveflugplatz angesprochen. Bei den Bereichen für gewerbliche und industrielle Nutzung (GIB) ist eine zu schützende zweckgebundene Nutzung für flughafenaffine Gewerbe-, Industrie-, Dienstleistungs- und Logistikbetriebe festgeschrieben.

Nach alledem stellt die von der Beklagten bezeichnete Notwendigkeit der Befriedigung einer Nachfrage im Rahmen der planerischen Entscheidung keine nennenswerte Untermauerung des öffentlichen Interesses an der zivilen Nutzung des Flugplatzes dar. Dem entspricht es, dass die Beigeladene und auch die Beklagte die Angebotsfunktion des Flughafens betonen und die entscheidende Bedeutung in der Infrastruktur- und Wirtschaftsförderung sehen. Mit diesem Angebot geht auch die sachverständige Betrachtung des Gutachters X. konform, die darauf zielt, ein mögliches Nachfragepotential abzuschätzen. Damit gewinnt für die Abwägung entscheidende Bedeutung die von der Regionalplanung unter Aufgreifen von Vorstellungen insbesondere der Standortgemeinde sowie des Kreises, die diese schon frühzeitig durch die Gründung der Beigeladenen unterstrichen haben, im GEP festgeschriebene Funktion eines Flughafens in Verbindung mit Industrie und Gewerbe. Diese Grundentscheidung ist getragen von einem planerischen Gestaltungswillen, der ungeachtet alternativer Konversionsmöglichkeiten für die Liegenschaft oder alternativer Ansätze einer Wirtschaftsförderung als legitim anzuerkennen ist. Es bedarf daher bei der Anfechtung der luftverkehrsrechtlichen Zulassung keiner Auseinandersetzung mit den Rügen der Kläger, andere Konversionsmöglichkeiten seien gegenüber der Entscheidung für den in der Machbarkeitsstudie im Einzelnen vorgestellten Nutzungsmix unter Einschluss zivilen Luftverkehrs vorzugswürdig.

Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 19.5.2005 - 4 VR 2000.05 -, a.a.O.

Allerdings greifen die Erwägungen der Beklagten zur Untermauerung des öffentlichen Interesses an der zivilen Nutzung des Flugplatzes in dem genehmigten Umfang zu kurz. Denn die Problematik der von der Beklagten und der Beigeladenen als Angebot verstandenen Planungsentscheidung liegt darin, dass die Entwicklung auch nicht nur einigermaßen verlässlich zu prognostizieren ist und daher eine Gewichtung für ein konkretes Szenario nicht möglich ist. Die Beklagte ist die Schwierigkeit in der Weise angegangen, dass sie die Summe der Beiträge einzelner vom Gutachter überprüfter Marktsegmente zugrunde gelegt und danach auf eine Lärmauswirkung geschlossen hat, die nur in einzelnen Punkten die Schwelle der Geringfügigkeit überschreite und ein Gebiet betreffe, dessen Schutzwürdigkeit durch Vorbelastung an Fluglärm bereits gemindert sei. Die zutreffend für erforderlich gehaltene rechtliche Absicherung der Rahmenbedingungen für eine wirtschaftlich erfolgreiche Nutzung hat sie in einer Zulassung gesehen, die letztlich nur für vier Nachtstunden grundsätzliche Freiheit von Luftverkehr gewährleistet, in einer weiteren Stunde Verspätungsflüge zulässt sowie in weiteren nur schwere Strahlflugzeuge ausnimmt und im Übrigen bis zur Grenze der Kapazität sowie der zugunsten des niederländischen Luftraums vertraglich fixierten Beschränkungen jeglichen Verkehr ermöglicht. Das ist im Ergebnis nicht zu billigen. Dabei mag dahinstehen, ob, wie die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung behauptet hat, die Kapazität ihres Flugplatzes bei einem Verkehr gemäß dem Flugbetriebsszenario, das der Sachverständige X. für etwa 15 Jahre nach Betriebsaufnahme vorgestellt hat und das den Lärmbetrachtungen zugrunde liegt, erschöpft ist. Denn der zu konstatierende Mangel hängt nicht entscheidend mit einer möglichen Lärmentwicklung zusammen, die das gutachtlich ermittelte Maß übersteigt. Fehlerhaft ist vielmehr, dass die Beklagte mit der weiten Zulassung auch Entwicklungen ermöglicht, die mit dem verlautbarten Ziel, das - wie gesagt - von öffentlichen Interessen mit der Eignung, Belange Dritter zu überwinden, getragen ist, nicht in der vorgestellten Weise konform sind und dabei gerade Punkte berühren, die für die Belange der Umgebung und damit für eine Abwägung relevant sind. Das BVerwG - Urteil vom 20.4.2005 - 4 C 18.03 -, a.a.O. - hat ausgesprochen, dass eine Planungsentscheidung, die fliegerische Möglichkeiten über einen bestehenden Bedarf hinaus einräumt, wegen der nach Eintritt der Bestandskraft der behördlichen Entscheidung nur bedingt möglichen Rückführung des Zugelassenen abwägungsfehlerhaft sein kann, wenn eine Entscheidung auf der Basis eines aktuellen und konkreten Bedarfs zu anderen Ergebnissen führen könnte. Der Senat geht davon aus, dass diese Erwägungen auf die vorliegende Konversionsgenehmigung mit dem Offenhalten jeglicher Entwicklung des Flugbetriebs zu übertragen sind. Für die Abwägungsentscheidung kann es von Bedeutung sein, welcher Verkehr mit welchen - etwa zeitlichen - Auswirkungen den Flughafen prägen wird. Wird bei einer Zulassungsentscheidung nicht die Konstellation zugrunde gelegt, die wegen des Lärmgeschehens besonderes ungünstig für die Umgebung ist und für die nicht einfach Akzeptanz zu erwarten ist, so kann sich bei Unmöglichkeit einer verlässlichen Prognose ein Abwägungsdefizit ergeben. Die mangelnde Vorhersehbarkeit eines an einen Flughafen herangetragenen Nutzungsinteresses kann nicht dazu führen, ein Mehr an Möglichkeiten einzuräumen als bei der Befriedigung eines abgeschätzten Bedarfs. Dem wird nicht bereits durch den vorhandenen Bestand an Anlagen und das Erfordernis, bei Erweiterungen gegebenenfalls Planungsverfahren durchführen zu müssen, hinreichend Rechnung getragen.

Hinsichtlich der Situation der Flughafenumgebung, der die Abwägung gerecht werden muss, insbesondere der Lärmschutzbelange, ist die Betrachtung der Beklagten ebenfalls fehlerhaft. Insofern ist allerdings vorab festzuhalten, dass die nach gängigen Kriterien bestimmten Größenordnungen des zu erwartenden Lärmgeschehens allein keine durchgreifenden Bedenken gegen die Zulassung zivilen Flugbetriebs auf der Anlage der Beigeladenen tragen. Die Tauglichkeit des Wegs der Belastungsermittlung und der Kriterien der Bewertung des Lärms im Hinblick auf die Grenze, jenseits derer die Belastung und Belästigung keinesfalls oder nicht mehr ohne Ausgleich hinzunehmen wäre, ist zu bejahen. Die Beklagte folgt insofern den Kriterien und den fachwissenschaftlichen Erkenntnissen, die auch der Senat anerkannt hat und die im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Widerspruchsbescheide nicht als überholt zu betrachten waren oder als zweifelhaft geworden hätten näher hinterfragt werden müssen.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 10.12.2004 - 20 D 134/00.AK u. a. -, sowie vom 13.12.2005 - 20 D 119/03.AK -.

Die Abweichungen von den noch geltenden Regelungen des Fluglärmgesetzes, insbesondere die Berechnung mit dem Halbierungsparameter q = 3 und auf der Basis der sog. AzB99 entsprechen dem aktuellen Stand der Bewertung von Fluglärmgeschehen. Soweit die Kläger für sich andere als die von der Beklagten genannten Werte zur Bestimmung der Zumutbarkeit reklamieren, insbesondere diejenigen von Ortscheid-Wende befürworten, vernachlässigen sie, dass die Aussagen von Griefahn/Janßen/Scheuch/Spreng in den "Fluglärmkriterien für ein Schutzkonzept bei wesentlichen Änderungen oder Neuanlagen von Flughäfen/Flugplätzen" (Synopse) aus unterschiedlichen Ansätzen resultieren und umfassend, vielfach abgesichert sowie in langer eigener Erfahrung entwickelt worden sind, woraus eine besondere Überzeugungskraft folgt. Auch die beanstandete Berechnung unter Einstellung der Richtungsverteilung im An- und Abflug entspricht weiterhin dem Stand der wissenschaftlichen Betrachtung (vgl. Spreng/Költzsch in "Fluglärm 2004", Stellungnahme des Interdisziplinären Arbeitskreises für Lärmwirkungsfragen beim Umweltbundesamt, Kapitel 1) und könnte als ein seit langem in die Berechnung und Wertung einbezogenes Element nicht ohne weiteres ersetzt oder aufgegeben werden, ohne Folgerungen für die bisher unter seinem Einfluss gewonnenen Erkenntnisse und getroffenen Aussagen über belästigende Wirkungen zu überprüfen. Ohne Gewicht in dem Gesamtgefüge der Lärm- und -wirkungsabschätzung ist auch der Einwand gegen den Ansatz von 60 % des Verkehrsaufkommens für die sechs verkehrsreichsten Monate. Vor dem Hintergrund der Unsicherheit über die Entwicklung des Flugverkehrs auf der Anlage der Beigeladenen ist diese Abschätzung ohne weiteres plausibel und spricht nichts für einen Mangel zu Lasten der Kläger. ... Auch bloße Lärmbelästigungen müssen - mit allen Konsequenzen eines Abwägungsmangels - in die Abwägung einbezogen werden.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.4.2005 - 4 VR 1005.04 -, ZUR 2005, 317.

Insofern sieht der Senat den Lärm unter Berücksichtigung der auch von den Klägern in Bezug genommenen Prägung ihres Wohnumfeldes bzw. ihres Gemeindegebietes im Sinne einer naturgeprägten ruhigen Landschaft und des Charakters der Fluglärmereignisse in ihrer klaren Erkennbarkeit und möglichen Zuordnung zur Anlage der Beigeladenen nebst dem An- und Abschwellen bei unterschiedlicher, nicht vorherzusehender Spitze als noch und schon abwägungserhebliche Belästigung an. Daher ist das Abwägungspotential im Hinblick auf den Lärm jedenfalls größer als von der Beklagten in Anwendung des Richtwertes "Vermeidung der Störung von Erholung/Rekreation (außen)" zugrunde gelegt.

In der Argumentation mit der Vorbelastung des Geländes durch den militärischen Flugbetrieb kann der Beklagten ebenfalls nicht gefolgt werden. (Wird ausgeführt)

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass die fehlerfreie Einräumung eines so breit angelegten Flugbetriebs, wie er sich aus dem angefochtenen Bescheid ergibt, voraussetzt, dass die Spannweite möglicher Entwicklungen in gerechter planerischer Abwägung abgedeckt ist. Dabei geht es selbstverständlich nicht um einzelne Flugereignisse, die auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen wären; denn eine bewertende Zulassung jedes einzelnen Verkehrsvorgangs ist einer prinzipiell nutzeroffenen Infrastrukturanlage fremd. Es geht nur um Tendenzen und Prägungen, soweit sie wegen ihrer unterschiedlichen Charakteristika die Interessenlage und die Gewichtung von Belangen beeinflussen. Eine solche Betrachtung ist erforderlich, weil sich der Flugverkehr in einem Bereich abspielt, der von privatwirtschaftlichen und öffentlichen Interessen bestimmt ist, wobei erst ein hinzutretendes öffentliches Interesse es rechtfertigt, Dritte über die Grenze der Geringfügigkeit hinaus zu beeinträchtigen. Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.4.2005 - 4 VR 1005.04 -, a.a.O.

Die Beklagte hat sich insgesamt gesehen unangemessen durch eine Gleichsetzung von Luftverkehr und öffentlichem Interesse leiten lassen und infolge dessen die Umgebungsbelange nicht überzeugend als überwunden bezeichnet. Wenn - wie vorliegend - nach den Konkretisierungen im GEP der zivile Flugverkehr in eine allgemeine Entwicklung der ehemals militärischen Liegenschaft eingeordnet wird und auch von Sachverständigen die isolierte Schaffung eines zivilen Verkehrsflughafens nicht befürwortet wird, weil insofern keine hinreichenden Entwicklungsmöglichkeiten gesehen werden, bedarf etwa insbesondere eine Tendenz hin zu einem Billigflugverkehr, wie sie schon Gegenstand von Widersprüchen war und nicht zuletzt wegen der gegenüber manchen Flughäfen erweiterten zeitlichen Nutzungsmöglichkeit nahe liegt, näherer Betrachtung. Dabei ist vorliegend nicht erheblich, ob ein solcher Verkehr am Flughafen der Beigeladenen als von öffentlichen Interessen getragen bezeichnet werden kann oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass sich insofern Fragen aufdrängen, die sich die Beklagte in ihrer Abwägung nicht gestellt hat. Sie betreffen vorrangig die klägerseitig betonte wirtschaftliche Basis für einen solchen Betrieb - wobei die allein auf die Erfüllung der Sicherheitsanforderungen bezogene Betrachtung der Beklagten angesichts des GEP und der erstrebten Strukturförderung zu kurz greift - und die Berechtigung der Zulassung von Flugverkehr außerhalb der Tagzeit, was für einen Frachtverkehr dringend erforderlich sein mag, bei einem Billigflugverkehr aber lediglich eine Attraktivitätssteigerung bewirkt. Der Hinweis der Beigeladenen, das Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen werde auch mit einem Billigflieger-Flughafen erreicht, greift ebenfalls zu kurz. Damit wird ein Problemfeld angesprochen, das zwar von herausragender Bedeutung ist, jedoch nicht schlechthin zur Überwindung entgegenstehender Belange dienen kann. Als wesentliche Begründung im Zusammenhang mit einem - in unterschiedlicher Größenordnung bezeichneten - Arbeitsplatzwegfall infolge des Abzugs der britischen Streitkräfte wird das Arbeitsplatzargument schon deshalb entkräftet, weil drei Jahre vergangen waren, bevor die Beigeladene den Betrieb aufnahm, und das Potential an Arbeitsplätzen von Art und Umfang der fliegerischen und sonstigen gewerblichen Nutzung abhängt. Dass im Übrigen ein gesteigertes öffentliches Interesse an der Schaffung von Arbeitsplätzen gerade in der Region des Flugplatzes besteht, ist nicht belegt - das Argument der Arbeitsplätze kann so jeder Flughafen für Erweiterungen in Anspruch nehmen, was nach den Erfahrungen des Senats auch geschieht. Letztlich läuft das Arbeitsplatzargument - ebenso wie der bereits behandelte Aspekt der "Notwendigkeit" des Flughafens zur Nachfragebefriedigung - auf die Befürwortung einer Stärkung der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung des Raumes hinaus, was - wie oben gesagt - Anerkennung verdient, aber nicht pauschal jegliche gegenläufige Belange überwindet. In der Konkretisierung und Hinterfragung bleibt die Beklagte auch in den Widerspruchsbescheiden recht allgemein. Ihre Betrachtungsweise lehnt sich - wie auch die Rechtsprechungszitate belegen - eng an die Ausführungen des BVerwG es zur Planrechtfertigung an, von der die Abwägungsentscheidung und die dabei erforderliche Gewichtung jedoch zu trennen sind. (wird ausgeführt)

Soweit keine Entwicklung verlässlich vorherzusehen ist und auch nicht alle denkbaren Möglichkeiten der Entwicklung abwägend abgearbeitet worden sind, wohl auch nicht fundiert abgearbeitet werden können, ist es erforderlich, Steuerungsmöglichkeiten offen zu halten, um nicht hinreichend abgewogene Alternativen gegebenenfalls ohne die Hürde von Wiederaufgreifen oder Widerruf, vgl. §§ 51, 48 f VwVfG, zeitnah abwägend beurteilen zu können. Als Möglichkeiten stehen insofern beispielsweise Beschränkungen des Betriebsumfangs zur Verfügung, sei es in zeitlicher Hinsicht, wie es etwa schon im Beschluss des Senats vom 31.3.2003 - 20 B 1260/01.AK - angelegt war, sei es durch Kapazitätsvorgaben unterhalb des Maximums nach dem Flugbetriebsszenario für 2015. ...

Der Mangel der zu pauschalen Betrachtung der beteiligten Belange berührt die Interessensphäre der Kläger, wie schon daraus folgt, dass nunmehr gerade auch Zeiten regelmäßig mit Fluglärm belastet werden können, in denen früher eine hohe Ruheerwartung berechtigt war.

Der Mangel der Abwägung ist im Sinne der allgemeinen Rechtsgrundsätze zu Planungsentscheidungen - vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.2.2002 - 9 B 63.01 -, UPR 2002, 275 - offensichtlich und von Bedeutung für das Abwägungsergebnis. Offensichtlich ist alles das, was zur äußeren Seite der Abwägung gehört, also auf objektiv fassbaren Sachumständen beruht. Dazu zählen insbesondere Fehler und Irrtümer, die die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials, das Erkennen und Einstellen der wesentlichen Belange und deren Gewichtung betreffen und sich insbesondere aus den Unterlagen ergeben. Dem ist der oben bezeichnete Mangel zuzuordnen, zumal er in seinem Kern bereits Gegenstand der Widersprüche war. Auch die Relevanz für das Abwägungsergebnis ist zu bejahen. Es ist ausgeschlossen, dass der für die Zulassung des zivilen Verkehrs auf dem ehemals militärischen Flugplatz erforderliche Interessenausgleich vorbehaltlich einer - hier nicht zugrunde zu legenden - anderweitigen Einordnung der Liegenschaft in das Geflecht der öffentlichen Belange hinsichtlich der Flughafeninfrastruktur und der regionalen Wirtschaftsförderung ohne flankierende Regelungen gefunden werden kann.

Die Rechtsfolge des Mangels ist die Aufhebung der Änderungsgenehmigung, weil eine Fehlerbehebung - wenn sie letztlich auch nur spürbar unterhalb der Schwelle der planerisch zwingend nicht mehr ohne Ausgleich zuzumutenden Umgebungsbelastung liegende Beeinträchtigungen betreffen dürfte - an die Grundelemente der Funktionszuweisung für den Flughafen und die dadurch mitbedingte Ausgestaltung des zulässigen Betriebs rührt und die fachplanerische Entscheidung somit in zentralen Punkten trifft. Unter diesen Voraussetzungen scheidet die bei Änderungsgenehmigungen der vorliegenden Art ungeachtet der Zulässigkeit einer entsprechenden Anwendung des § 10 Abs. 8 LuftVG grundsätzlich eröffnete Möglichkeit einer bloßen Verpflichtung zur Ergänzung der Entscheidung aus.

Vgl. zur prinzipiellen Möglichkeit BVerwG, Beschluss vom 20.2.2002 - 9 B 63.01 -, a.a.O., und zu den Voraussetzungen BVerwG, Urteil vom 18.3.1998 - 11 A 55.96 -, NVwZ 1998, 1071; Beschluss vom 3.4.1990 - 4 B 50.89 -, UPR 1990, 336, und Urteil vom 7.7.1978 - 4 C 79.76 u.a. -, a.a.O.

Die angefochtene Änderungsgenehmigung unterliegt darüber hinaus auch deshalb der Aufhebung, weil der Frage der Umweltverträglichkeit nicht in der erforderlichen Weise nachgegangen worden ist. Im Rahmen ihrer zulässigen Klagen können die Kläger gemäß den vom EuGH entwickelten Grundsätzen diesen verfahrensrechtlichen Mangel so wie einen Verstoß gegen zu ihren Gunsten ergangene Verfahrensvorschriften mit Erfolg geltend machen. Weitere Fragen, die Anlass geben könnten, den EuGH anzurufen, stellen sich zur Umweltverträglichkeitsprüfung nicht, da sich die entscheidenden Zusammenhänge aus dem innerstaatlichen Recht ergeben.

Nach § 8 Abs. 5 Satz 3 LuftVG in der seit dem 3.8.2001 geltenden Fassung gemäß Art. 17 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27.7.2001 (im weiteren: Umsetzungs-Gesetz) muss das Genehmigungsverfahren für die zivile Nutzung eines aus der militärischen Trägerschaft entlassenen ehemaligen Militärflugplatzes den Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) entsprechen, wenn die zivile Nutzung mit baulichen Änderungen oder Erweiterungen verbunden ist, für die nach dem vorgenannten Gesetz eine UVP durchzuführen ist. Eine Übergangsregelung für laufende Konversionsverfahren ist weder speziell bei der Änderung des Luftverkehrsgesetzes noch im Umsetzungs-Gesetz vorgesehen. Auch der Umstand, dass die angesprochene Ergänzung des § 8 Abs. 5 Satz 3 LuftVG erst nach dem Erlass der Änderungsgenehmigung in Kraft getreten ist, ändert an der Verbindlichkeit im vorliegenden Fall nichts, da das behördliche Verfahren mit dem Wirksamwerden der Änderungsgenehmigung noch nicht abgeschlossen war, der geänderten Rechtslage mithin noch Rechnung getragen werden konnte. Welche Anforderungen bei der gerichtlichen Prüfung zugrunde zu legen sind, bestimmt sich nicht nach prozessrechtlichen Regeln, sondern nach dem Geltungsanspruch der betreffenden Normen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3.11.1994 - 3 C 17.92 -, BVerwGE 97, 79; Kopp/Schenke, a.a.O., § 113 Rdnrn. 30 ff. m.w.N.

Maßgeblich ist danach, ob § 8 Abs. 5 Satz 3 2. Satzteil LuftVG nur auf Konversionsverfahren zielt, die neu eingeleitet werden, oder auch Fälle noch laufender Verwaltungsverfahren erfasst. Für Ersteres könnte sprechen, dass sich die UVP-Frage wegen der verfahrensrechtlichen Einbindung bereits im Stadium vor dem Bescheiderlass stellt. Andererseits aber ist ein Widerspruchsverfahren anerkanntermaßen auch geeignet, verfahrensrechtliche Schritte wie etwa Anhörung oder sonstige Beteiligung nachzuholen, sodass die verfahrensrechtlichen Schritte nicht prinzipiell eine Grenze mit der behördlichen Erstentscheidung finden. Für eine möglichst große Reichweite der gebotenen Anwendung der Änderung sprechen der Regelungszusammenhang und der Normzweck. Das Umsetzungs-Gesetz dient insgesamt der Anpassung des deutschen Rechts an europarechtliche Anforderungen, wobei neben neuen Anforderungen auch Mängel gegenüber schon bestehenden Anforderungen behoben werden sollen.

Vgl. BT-Drucks. 14/4599 vom 14.11.2000 unter "A. Problem" des Gesetzesentwurfs der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS/DIE GRÜNEN; BT-Drucks. 14/5204 vom 31.1.2001 unter "A. Problem und Ziel" des Gesetzentwurfs der Bundesregierung.

Speziell zur Änderung des § 8 Abs. 5 Satz 3 LuftVG ist im erstgenannten Entwurf auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-435/97 (Urteil vom 16.9.1999, DVBl. 2000, 214 - nur Leitsatz -) verwiesen, aus dem sich ein Nachbesserungsbedarf für die Fälle der Umstrukturierung eines Flugplatzes für überwiegend kommerzielle Nutzung ergebe. Das Ziel, eine nach der Rechtsprechung des EuGH unzulässige Freistellung von Vorhaben von den Anforderungen aus den UVP-Richtlinien zu beheben, spricht eindeutig dafür, es jedenfalls überall dort nicht mehr zu einem Verstoß gegen EU-Recht kommen zu lassen, wo das Verfahren noch entsprechend ergänzt werden kann. Das war vorliegend im Widerspruchsverfahren, in dem die UVP-Problematik im Übrigen vielfach gerügt worden war, möglich. Dem steht nicht entgegen, dass es sich um ein Verwaltungsverfahren handelt, das allein wegen Drittwidersprüchen noch keine Beendigung gefunden hatte. Grundsätzlich führt auch ein von Dritten eingeleitetes Widerspruchsverfahren zur neuen Prüfung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Lediglich dann ist eine Grenze zu ziehen, wenn der Drittwiderspruch unzulässig ist oder berechtigterweise nur auf einen Ausschnitt der für die Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheides maßgeblichen Umstände bezogen sein kann; hier darf der Widerspruch von der Behörde nicht zum Anlass für eine Verschlechterung der Position des durch den angegriffenen Bescheid Begünstigten genommen werden.

Vgl. Kopp/Schenke, a.a.0., § 68 Rdnrn. 9 und 12, m.w.N.

So ist es aber hier nicht. Die Widersprüche der Kläger waren aus den zur Zulässigkeit der Klage angeführten Gründen zulässig und Mängel in der Behandlung der UVP-Frage konnten die Kläger - wie unten noch ausgeführt werden wird - geltend machen. Erwägungen zu einer Verletzung von Eigentumsrechten, die zur Bindung an die Rechtslage beim Erlass des Ausgangsbescheides führen können - vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 10.4.1968 - 4 C 35.67 -, DVBl. 1968, 597; Geis in Sodan/Ziekow, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, § 68 Rdnrn. 197 f. -, greifen bei der Konversionsgenehmigung nach § 8 Abs. 5, § 6 Abs. 4 LuftVG von vornherein nicht ein.

§ 8 Abs. 5 Satz 3 LuftVG nimmt zweifach auf das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung Bezug, nämlich auf der Voraussetzungs- und auf der Folgenseite. Die "Anforderungen" jenes Gesetzes, deren Maßgeblichkeit für das luftverkehrsrechtliche Genehmigungsverfahren die Rechtsfolge ist, sind auf die allgemeinen und speziellen verfahrensmäßigen Schritte und Regelungen bezogen, während die Frage nach der Erforderlichkeit dieser Schritte vorab in Anwendung des Abschnitts 1 des Teils 2 des Gesetzes ("Voraussetzungen für eine Umweltverträglichkeitsprüfung") zu beantworten ist. Weitere Voraussetzung nach § 8 Abs. 5 Satz 3 LuftVG ist, dass die zivile Nutzung mit baulichen Änderungen oder Erweiterungen verbunden ist, die den Bezugspunkt für die Feststellung zur UVP-Pflichtigkeit darstellen. Ob diese Kriterien, die immerhin das in den zugrundeliegenden Richtlinien des Rates vom 27.6.1985 (85/337/EWG) und vom 3.3.1997 (97/11/EG) verwandte Merkmal des Baus aufgreifen, letztlich hinreichend sind, obwohl sie die für die Umgebung wesentlichen Elemente des Betriebs und der "Umwidmung" vorhandener Baulichkeiten ausblenden, sei dahingestellt. Jedenfalls ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH vom Vorliegen der gesetzlichen Kriterien auszugehen. Nach den im Änderungsbescheid aufgeführten Maßnahmen kommt es neben der Hindernisbeseitigung und der Schaffung technischer Einrichtungen insbesondere zu Arbeiten an den Roll- und Abrollbahnen und zur Arrondierung des Vorfeldes, wozu insgesamt knapp 8 ha versiegelt werden, sowie zur Herrichtung der Abfertigungsräumlichkeiten. Diese Arbeiten stehen nachvollziehbar im Zusammenhang mit dem geplanten zivilen Luftverkehr und seinen vom militärischen Betrieb verschiedenen Anforderungen (Abfertigung, Vorfeld). Eine Trennung der Baumaßnahmen in luftseitige, technische Kapazität und landseitige Abfertigungskapazität - vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 15.9.1999 - 11 A 22.98 -, Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 17 - ist hier schon vom Wortlaut des Gesetzes her nicht angezeigt, der an den Zweck der Nutzung und nicht an den Betriebsumfang anknüpft. Auch der EuGH hat in seinem Urteil vom 16.9.1999 - C-435/97 -, das nach dem oben genannten Gesetzentwurf Anlass zur Ergänzung des § 8 Abs. 5 Satz 3 LuftVG gegeben hat, keinen Ansatzpunkt erkennen lassen, der auf eine Differenzierung zwischen den dort ebenfalls die Luft- wie die Landseite betreffenden Änderungen schließen ließe.

Für die Frage, ob eine UVP-Pflichtigkeit gegeben ist, ist - in Übereinstimmung mit der angesprochenen Begründung des Gesetzentwurfs - § 3e UVPG heranzuziehen. Dies gilt ungeachtet der Übergangsvorschrift des § 25 UVPG, da die dort vorgesehene zeitliche Staffelung mit dem Ziel der Änderung des § 8 Abs. 5 Satz 3 LuftVG, einen erkannten Mangel in der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben zu beheben, unvereinbar wäre. Der Verweis auf das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Voraussetzungsseite des § 8 Abs. 5 Satz 3 LuftVG meint das Gesetz in der Fassung der im selben Artikelgesetz enthaltenen Änderungen. § 3e UVPG scheidet auch nicht deshalb aus, weil für das zu ändernde Vorhaben nicht als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht. Zwar ist für den militärischen Flugplatz keine UVP durchgeführt worden und war eine solche auch nicht zwingend erforderlich, jedoch erfüllte der Flugplatz bereits das Größenkriterium für eine UVP-Pflicht nach Nr. 14.12.1 der Anlage 1 zum UVPG und besaß damit bei Wegfall der militärischen Nutzung die entsprechende Qualifikation.

Vgl. zur Unterscheidung zwischen UVP-Pflicht einerseits bei Schaffung, andererseits bei Änderung der Anlage Sangenstedt, in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht Band III, § 3e UVPG Rdnrn. 10 f.

Eine andere Betrachtung würde im Übrigen auch § 8 Abs. 5 Satz 3 LuftVG in wesentlicher Beziehung leer laufen lassen, weil die weitere Vorschrift zur UVP-Pflicht bei Änderung, § 3b Abs. 3 UVPG, Konversionsfälle bei größeren Militärflugplätzen ausklammern würde, da hier eine erstmalige Überschreitung der maßgeblichen Größenordnung - 1500 m Start- und Landebahngrundlänge - nicht zu erwarten wäre. Andererseits kann angesichts der speziellen Regelung der UVP-Frage im Luftverkehrsgesetz entgegen der klägerseitig geäußerten Ansicht § 3b Abs. 3 UVPG auch nicht als Lückenfüllung für den Wegfall des Grundes herangezogen werden, der bisher zur Freistellung von der UVP-Pflicht geführt hatte.

Nach der hier einschlägigen Regelung des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG ist in einer Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3c Abs. 1 Satz 1 und 3 UVPG festzustellen, ob die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann; bejahendenfalls ist eine UVP durchzuführen. Diese Vorprüfung erfolgt durch eine Einschätzung der Behörde aufgrund einer überschlägigen Prüfung anhand der Kriterien nach Anlage 2 zum UVPG, § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG. Die Beklagte hat die Frage von Umweltauswirkungen in ihrer Zulassungsentscheidung zweifellos nicht ausgeblendet. Es bestehen aber durchgreifende Bedenken, ihre Befassung mit diesem Problemkreis als eine § 3c Abs. 1 UVPG genügende Vorprüfung zu qualifizieren. Dem steht maßgeblich entgegen, dass die Beklagte durchweg und nachhaltig die nach ihrer Ansicht aus Rechtsgründen gegebene Irrelevanz von Fragen der UVP betont hat; vor diesem Hintergrund kann die Aussage, es ergebe sich nichts, was für erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen spreche, nicht verlässlich als auf alle Aspekte der Anlage 2 zum UVPG bezogen und hinreichend fundiert angesehen werden. Materiell ergeben sich zudem Bedenken wegen des Ausblendens von möglichen Entwicklungen nach dem Abklingen des militärischen Flugbetriebs und im Hinblick etwa auf die Erholungsfunktion des Raumes gerade an Wochenenden. Wegen Fehlens einer in sich geschlossenen Dokumentation der Vorprüfung - vgl. zu deren Sachgerechtigkeit Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 3c UVPG Rdnr. 30 - bleibt auch unklar, ob die Frage nach möglichen erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen unter hinreichender Beachtung der Aussagen des EuGH zur Ausnahme von der UVP aufgrund einer Einzelfallprüfung beantwortet worden ist; im Urteil vom 16.9.1999 wird darauf abgehoben, dass das Vorhaben keine erheblichen Auswirkungen besorgen lässt. Den Voraussetzungen für einen Verzicht auf die UVP ist im gerichtlichen Verfahren in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter nachzugehen. Die Vorprüfung des Einzelfalls ist ein eigenständig ausgestalteter Verfahrensschritt, der mit einer eindeutigen Aussage abzuschließen ist und dessen Ergebnis - bei Verneinung der UVP-Pflicht - bekanntgegeben werden muss. In dem wiederholt genannten Urteil hat der EuGH die Verpflichtung des innerstaatlichen Gerichts zur Überzeugungsbildung hinsichtlich der Richtigkeit des Verzichts auf eine UVP für einen Fall ausgesprochen, in dem eine sachverständig erstellte Umweltverträglichkeitsstudie vorlag und die Öffentlichkeit unterrichtet worden war. Eine vergleichbare Basis der gerichtlichen Prüfung hat die Beklagte, obwohl die Problematik schon im Widerspruchsverfahren auf dem Tisch lag, nicht unterbreitet.

Nach alldem ist die Berechtigung des Unterlassens einer UVP nicht in der rechtlich gebotenen Weise dargetan. Eine von der Beklagten und der Beigeladenen angesprochene Anknüpfung bereits bei der Grundvoraussetzung des Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 85/337/EWG, also bei der Frage nach "möglicherweise erheblichen Auswirkungen" kommt insofern nicht in Betracht, weil das gesamte System mit zwingender UVP oder UVP bei besonderen Voraussetzungen bzw. deren Unterbleiben bei bestimmten Voraussetzungen darauf angelegt ist, in geordneter Weise sicherzustellen, dass jedenfalls kein Projekt der UVP entzogen wird, soweit es nicht nach einer Gesamtbetrachtung keine erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt besorgen lässt (siehe Urteil des EuGH vom 16.9.1999, a.a.O.). Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit entbehren insoweit schon deshalb jeglicher Berechtigung, weil die Einzelfallprüfung einen Weg eröffnet, ohne unangebrachten Aufwand oder wesentliche Verzögerungen die europarechtlich geforderte Gewährleistung zu bieten.

Hinsichtlich der in den vorliegenden Klageverfahren zu ziehenden Konsequenzen aus dem der Änderungsgenehmigung anhaftenden Mangel ist von der Rechtsprechung des EuGH auszugehen, da auf diesem Weg die erforderliche einheitliche Durchsetzung im Sinne der Effektivität des Europäischen Umweltrechtes gewährleistet wird. In dem wiederholt genannten Urteil vom 16.9.1999 hat der EuGH ausgeführt, dass sich der Einzelne vor einem Gericht eines Mitgliedsstaates gegenüber den nationalen Stellen auf die Vorgaben für die UVP berufen kann. Das ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht dahin zu verstehen, im Sinne einer Popularklage könne sich jedermann zum Sachwalter des Umweltrechts machen. Denn auch die Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung des Art. 3 der Richtlinie 2003/35/EG vom 26.5.2003 differenziert zwischen "Öffentlichkeit" und der - stärker einzubindenden - "betroffenen Öffentlichkeit". Das legt es nahe, für die Möglichkeit, Mängel in Bezug auf die UVP mit Erfolg geltend zu machen, eine anderweitig begründete Beziehung zu dem jeweils in Rede stehenden Vorhaben zu verlangen. Dem entspricht im deutschen Recht eine anders als über das bloße Verfahrensrecht hinsichtlich der UVP begründete Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Ist in diesem Sinn die Anrufung des Gerichts sachlich berechtigt, ist der Verfahrensverstoß zu prüfen und gegebenenfalls mit zur Grundlage der Entscheidung zu machen. Der Bestätigung der Rechtsprechung zur Befugnis des Einzelnen, sich auf Mängel hinsichtlich der UVP zu berufen - vgl. EuGH, Urteil vom 7.1.2004 - C-201/02 -, NUR 2004, 517 -, liegt ebenfalls ein Sachverhalt zugrunde, in dem die mögliche Betroffenheit der Klägerin durch das Vorhaben außer Zweifel stand.

Wegen der Rechtsfolge im Einzelnen verweist der EuGH in der vorgenannten Entscheidung mit den Maßgaben auf das innerstaatliche Recht, dass die Folgen nicht ungünstiger sein dürfen als bei vergleichbaren Konstellationen nach innerstaatlichem Recht und jedenfalls eine effektive Durchsetzung des Rechtes gewährleistet sein muss. Daraus ist abzuleiten, dass in Befolgung des Äquivalenzprinzips die Verletzung drittschützender Verfahrensvorschriften in Betracht zu ziehen ist. Soweit nach innerstaatlichen Rechtsgrundsätzen die Relevanz solcher Verfahrensfehler im Allgemeinen nur bei der Möglichkeit einer anderen Entscheidung angenommen wird - vgl. zur UVP etwa BVerwG, Beschluss vom 23.2.1994 - 4 B 35.94 -, DVBl. 1994, 763 -, mag dies im Hinblick auf das Effektivitätsprinzip gewissen Bedenken begegnen, weil ein solches Kriterium wiederum dazu führen würde, über die Umweltbelange außerhalb des durch die Richtlinie 85/337/EWG vorgegebenen Rahmens und Systems der Vorhabensprüfung zu befinden. Das kann aber dahinstehen, weil ein mögliches Einwirken des Mangels auf die Abwägungsentscheidung vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 18.11.2004 - 4 CN 11.03 -, BVerwGE 122, 207 - ebenso einzustellen ist, wie ein Bezug zu den Klägern, vgl. etwa 1.2, 1.4, 2.1, 2.3.1, 2.3.4, 3.4 der Anlage 2 zum UVPG.

Der nach alledem auch hinsichtlich der Kläger relevante Verfahrensfehler hat gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Aufhebung der Änderungsgenehmigung zur Folge. Eine Beschränkung der Rechtsfolge etwa auf ein ergänzendes Verfahren, vgl. § 10 Abs. 8 LuftVG, scheidet aus. Es handelt sich insofern nicht um einen allgemeinen Grundsatz, wie etwa bei der oben erörterten ergänzenden Entscheidung, sondern um eine speziell für Verfahren besonderen Aufwandes vorgesehene Regelung, die als solche schon nicht verallgemeinerungsfähig ist; für die Genehmigungsverfahren allgemeiner Art mangelt es im Übrigen auch an der Vergleichbarkeit der verfahrensrechtlichen Anforderungen. Es mag daher dahinstehen, ob die Möglichkeit der Fehlerbehebung im ergänzenden Verfahren - bei unterstellt offenem Verfahrensausgang - überhaupt in Fällen zu bejahen ist, in denen gegebenenfalls die Abwägungsgrundlage betroffen sein kann.



Ende der Entscheidung

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