Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 15.04.2005
Aktenzeichen: 21 A 2152/03.A
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 60 Abs. 2
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7 Satz 1
AufenthG § 60 Abs. 7 Satz 2
1. Posttraumatische Belastungsstörungen sind in Sri Lanka behandelbar und begründen regelmäßig kein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

2. Das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann daher auch bei Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung allenfalls in spezifischen Umständen des Einzelfalls begründet sein.

3. Einzelfall einer Klägerin, der die notwendige medizinische Behandlung im Falle der Rückkehr nach Sri Lanka dort nicht zugänglich ist.


Tatbestand:

Die 1957 geborene Klägerin ist srilankische Staatsangehörige tamilischer Volkszugehörigkeit. Sie lebt seit 1992 in Deutschland. Ihr erster Asylantrag blieb ohne Erfolg. Mit dem im Jahre 2002 gestellten Folgeantrag machte die Klägerin unter Vorlage von Bescheinigungen von Fachärzten und Psychologen unter anderem geltend, sie leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Dies gehe darauf zurück, dass sie mehrere Jahre lang - mit Unterbrechungen - in einem Soldatenlager festgehalten, dort misshandelt und vergewaltigt worden sei und in der Folge drei Kinder zur Welt gebracht habe, die ihr jeweils weggenommen worden seien. Das eingeholte Gutachten eines Gynäkologen bestätigte, dass die - unverheiratete und allein lebende - Klägerin mindestens eine Geburt hinter sich hat. Die Klage hatte im Berufungsverfahren Erfolg, soweit sie auf die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gerichtet war.

Gründe:

Für die Klägerin ist hinsichtlich des Staates Sri Lanka ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anzuerkennen.

Das Verfahren war im Hinblick auf die Feststellung zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gemäß § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG wegen der auf Seiten der Klägerin in Rede stehenden bedeutsamen Rechtsgüter jedenfalls im Wege der Ermessensreduzierung gemäß §§ 51 Abs. 5, 49 VwVfG wiederaufzugreifen.

Vgl. dazu allgemein BVerwG, Urteile vom 7.9.1999 - 1 C 6.99 -, InfAuslR 2000, 16. und vom 20.10.2004 - 1 C 15.03 -, NVwZ 2005, 462.

Ebenso wie vormals § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG setzt § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG voraus, dass für den Ausländer in dem Zielstaat der Abschiebung eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht (wird ausgeführt, m.w.N.).

Hiervon ausgehend ist die Beklagte verpflichtet, zu Gunsten der Klägerin festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf den Staat Sri Lanka vorliegen. Für die Klägerin besteht bei Rückkehr nach Sri Lanka eine erhebliche konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit. Dies ergibt sich allerdings nicht schon allein aus dem Vorbringen der Klägerin, sie leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung, denn die Behandlung psychischer Erkrankungen einschließlich posttraumatischer Belastungsstörungen ist in Sri Lanka grundsätzlich sichergestellt (dazu 1.). Es ist jedoch aufgrund der spezifischen Ausprägung ihrer Erkrankung und ihrer individuellen Situation nicht zu erwarten, dass die Klägerin in der Lage sein wird, sich die erforderliche Behandlung in Sri Lanka zu beschaffen (dazu 2.). § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG entfaltet insoweit keine Sperrwirkung (dazu 3.).

1. Ein Abschiebungshindernis ergibt sich nicht allein aus dem Umstand, dass die Klägerin an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet (hierzu a). Die Behandlung psychischer Erkrankungen einschließlich posttraumatischer Belastungsstörungen ist vielmehr in Würdigung der zur Verfügung stehenden einschlägigen Erkenntnisquellen in Sri Lanka grundsätzlich sichergestellt; Betroffene können regelmäßig auf die dort vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten verwiesen werden (hierzu b).

a) Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin an einer posttraumatischen Belastungsstörung erkrankt und insoweit behandlungsbedürftig ist.

Unter einer posttraumatischen Belastungsstörung versteht man eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes, die bei fast jedem Menschen eine tiefe Verzweifelung hervorrufen würde. Typische Merkmale dieser psychischen Erkrankung sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Intrusionen, Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Vermeidungsverhalten hinsichtlich traumaassoziierter Aktivitäten oder Situationen, andauernde Gefühle von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit ('numbing') sowie vegetative Übererregungssymptome ('hyperarousal'). Die Erkrankung tritt regelmäßig innerhalb von sechs Monaten nach dem belastenden Ereignis auf.

Vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 260. Auflage 2004, Stichwort "Belastungsstörung, posttraumatische"; Haenel, ZAR 2003, 18 (19 f.); aus juristischer Sicht: Middeke, DVBl. 2004, 150; Marx, InfAuslR 2000, 357; Birck, ZAR 2002, 28.

Für die Klägerin wird in den vorliegenden Bescheinigungen übereinstimmend das Vorliegen einer reaktiven Depression sowie einer posttraumatischen Belastungsstörung festgestellt. Insoweit ist es entgegen der Ansicht der Beklagten unerheblich, dass nicht sämtliche der vorgelegten fachärztlichen und psychologischen Bescheinigungen alle Anforderungen erfüllen, die an die gutachterliche Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung zu stellen wären.

Vgl. hierzu allgemein OVG NRW, Beschluss vom 30.12.2004 - 21 A 4813/04.A -; ferner VG Braunschweig, Urteil vom 19.3.2004 - 6 A 66/03 -, NVwZ-RR 2005, 65; VG Sigmaringen, Urteil vom 8.10.2003 - A 7 K 12635/02 -, Asylmagazin 2004, 38; VG Stuttgart, Beschluss vom 28.1.2003 - 6 K 5156/02 -, InfAuslR 2003, 283; Middeke, DVBl. 2004, 150 (153); Müller, Asylmagazin 2003, 5 (6).

Die vorgelegten fachärztlichen und psychologischen Stellungnahmen genügen jedenfalls den an im gerichtlichen Verfahren verwertbare Bescheinigungen zu stellenden Grundanforderungen insoweit, als sie jeweils von einem Facharzt auf einschlägigem Gebiet bzw. einer Psychologin und aufgrund hinreichender Befassung mit der Klägerin erstellt worden sind (wird ausgeführt).

Der den Bescheinigungen zu entnehmende Befund ist auch nicht aus anderen Gründen in Frage zu stellen. Ob die Schilderung der Klägerin in allen Einzelheiten zutreffend ist, unterliegt zwar nach wie vor Zweifeln. Es erscheint aber jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die von ihr geschilderten und in den ärztlichen und psychologischen Bescheinigungen als geschehen zugrunde gelegten traumatisierenden Ereignisse sich jedenfalls im Wesentlichen zugetragen haben, was im vorliegenden Zusammenhang ausreicht.

Vgl. zur insoweit gegebenen gerichtlichen Prüfungskompetenz OVG NRW, Beschluss vom 5.1.2005 - 21 A 3093/04.A -, NVwZ-RR 2005, 358, m.w.N.,

Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren durchgängig - wenn auch mit deutlichen Unsicherheiten hinsichtlich Zeit und auch Ort des Geschehens - sowie ausweislich der vorgelegten Bescheinigungen vom Jahre 2002 an auch den behandelnden Ärzten und Psychologen gegenüber angegeben, sie sei mehrere Jahre (mit Unterbrechungen) in einem Soldatenlager festgehalten und dort häufig misshandelt und vergewaltigt worden (wird ausgeführt).

b) Allein aus dem Umstand, dass die Klägerin an posttraumatischer Belastungsstörung erkrankt ist und dringender Behandlungsbedarf besteht, ergibt sich gleichwohl für sie kein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Denn es ist davon auszugehen, dass posttraumatische Belastungsstörungen in Sri Lanka jedenfalls soweit behandelbar sind, dass der Eintritt existenzieller Leibes- und Lebensgefahren nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, entsprechende Behandlungskapazitäten zur Verfügung stehen und betroffene Rückkehrer aus Deutschland Zugang zu den entsprechenden Einrichtungen sowie eine Behandlung in einem mindestens zur Vermeidung schwerer Folgen ausreichenden Umfang erhalten können.

Diese Bewertung stützt sich auf die aussagekräftigen und hinreichend aktuellen Auskünfte der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 23.9.2004 und vom 11.3.2004 an das VG Düsseldorf, vom 29.7.2003 an das VG Münster, vom 3.7.2003 an die Stadt Bochum, vom 23.1.2003 an das VG Arnsberg, vom 5.12.2002 an VG Gelsenkirchen, vom 31.5.2002 an die Stadt Moers, vom 30.5.2002 an das VG Münster und vom 24.5.2002 an das VG Düsseldorf sowie des Auswärtigen Amtes vom 23.10.2000 an das VG Dresden (aa). Andere Stellungnahmen namentlich des Sachverständigen Keller-Kirchhoff und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe stellen diese nicht durchgreifend in Zweifel (bb).

Die Behandelbarkeit posttraumatischer Belastungsstörungen in Sri Lanka bejahen ebenfalls: VG Augsburg vom 13.10.2003 - 2 K 02.30452 -; VG Bayreuth, Urteil vom 20.2.2003 - 4 K 02.31094 -; VG Gelsenkirchen, etwa Urteile vom 24.3.2004 - 19 a K 547/03.A - und vom 1.4.2003 - 6a K 1744/01.A -; VG Düsseldorf, etwa Urteil vom 4.3.2003 - 18 K 2353/01.A -; VG Münster, etwa Urteil vom 9.12.2003 - 9 K 663/02.A - und Beschluss vom 4.2.2005 - 9 L 1722/04.A -; ablehnend dagegen VG Frankfurt, Urteil vom 22.1.2003 - 9 E 1483/01.A -; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 18.4.2000 - 12 L 4639/99 - (auf der Grundlage des Erkenntnisstands im Jahre 2000).

aa) Nach Angaben des Auswärtigen Amtes bzw. der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland bestehen in Sri Lanka Möglichkeiten für die Behandelbarkeit posttraumatischer Belastungsstörungen, und die Kapazitäten sind insoweit nicht ausgeschöpft. Für die Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen kommen danach in Sri Lanka namentlich die staatliche psychiatrische Klinik in Angoda nahe Colombo, die Organisation Sahanaya, 96/20 Kitulwatte Road, Colombo 8, sowie das Family Rehabilitation Centre (FRC), 73 Gregory's Road, Colombo 7, in Betracht.

Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland hat unter anderem in den Auskünften vom 23.9.2004 an das VG Düsseldorf, vom 23.1.2003 an das VG Arnsberg und vom 5.12.2002 an das VG Gelsenkirchen das psychiatrische Krankenhaus in Angoda nahe Colombo als Institution benannt, in der eine ambulante Behandlung der Erkrankung "posttraumatische Belastungsstörung" möglich ist. Die Botschaft bezieht sich dafür auf Angaben des Direktors des Krankenhauses, Medical Superintendant Dr. Jayan Mendis. Kapazitätsprobleme bestünden nicht. Die Klinik verfüge über ein "großes" Team von Psychiatern und Psychologen (so die Auskunft vom 23.9.2004; konkrete Zahlen sind allerdings nicht genannt). Ein Termin zur ambulanten Behandlung könne innerhalb von vier Wochen vergeben werden; es sei aber auch möglich, einen Patienten sofort nach der Abschiebung in das Krankenhaus zu überweisen. Unterschiede zwischen in Sri Lanka "ansässigen" Personen und Rückkehrern aus dem Ausland würden nicht gemacht. Die Behandlung sei kostenlos. Eine psychotherapeutische Betreuung sei dort nicht möglich (Auskunft vom 5.12.2002). Sofern es erforderlich ist, können Patienten in der Klinik aber wohl auch stationär aufgenommen werden (Auskünfte vom 3.7.2003 an die Stadt Bochum und vom 31.5.2002 an die Stadt Moers).

Weiterhin wird die Organisation "Sahanaya", 96/20 Kitulwatte Road, Colombo 8, benannt, die unter anderem eine Tagesklinik unterhalte (Auskünfte der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 29.7.2003 an das VG Münster, vom 23.1.2003 an das VG Arnsberg und vom 5.12.2002 an das VG Gelsenkirchen). Das Personal bestehe aus einem Team von Psychiatern, Psychologen und Sozialarbeitern und Volontären aus anderen Ländern, von denen viele unentgeltlich auf freiwilliger Basis für "Sahanaya" arbeiteten (Auskunft vom 29.7.2003). Der medizinische Leiter von "Sahanaya" Dr. Gnanissara habe erklärt, posttraumatische Belastungsstörungen seien dort behandelbar; psychotherapeutische Behandlungen würden durchgeführt; tamilischsprachiges Fachpersonal sei verfügbar. Außerdem gebe es im Bereich der Tagesklinik keinerlei Kapazitätsprobleme. Derzeit (Dezember 2002) würden in der Tagesklinik ca. acht bis zehn Patienten täglich behandelt; möglich sei aber die Behandlung von ca. 40 Personen. Lediglich im Bereich des Rehabilitationsprogramms sei die dortige Obergrenze von 50 Personen fast erreicht. Normalerweise werde einmalig ein Betrag von 100 Rupien (etwas mehr als ein Euro) erhoben; bei Bedürftigkeit erfolge die Behandlung kostenlos (Auskünfte vom 5.12.2002 und vom 23.1.2003).

Beim schließlich weiter benannten FRC handelt es sich den Auskünften der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland namentlich vom 5.12.2002 an das VG Gelsenkirchen und vom 30.5.2002 an das VG Münster zufolge um eine Nichtregierungsorganisation, die aus dem westlichen Ausland, u.a. vom UNHCR, finanziert wird. Sie unterhält danach Büros in Colombo, Mannar, Vavuniya, Anuradhapura, Polonnaruwa, Trincomalee, Batticaloa, Kalmunai, Ampara und Monaragala. Diesen Büros sei eine Klinik angeschlossen, in der die Behandlungen erfolgen könnten. Die Behandlung durch das FRC sei kostenfrei. Das Behandlungsprogramm beinhalte medizinische Versorgung, Beratung, Physiotherapie und Beschäftigungstherapie. Es stehe tamilischsprachiges Fachpersonal zur Verfügung, so (im Mai 2002) der Arzt Dr. Yogasundaram. Im Jahre 2000 seien im FRC insgesamt 1.466 und im Jahre 2001 1.638 Personen behandelt worden (Auskünfte vom 30.5.2002 und vom 24.5.2002; auch Keller-Kirchhoff vom 18.11.2002 an das VG Gelsenkirchen).

Das FRC hat auf offenbar wiederholte ("erneute") Anfrage der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Ende 2002 mitgeteilt, dass bislang jede Person beim FRC einer Behandlung habe zugeführt werden können, wenn die Behandlung durch das Mandat des FRC gedeckt gewesen sei (Auskunft vom 5.12.2002). Das Mandat umfasse allerdings lediglich die Behandlung solcher posttraumatischen Belastungsstörungen, die direkt durch den militärischen Konflikt in Sri Lanka verursacht worden seien (Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 24.5.2002 an VG Düsseldorf). Dies dürfte aber regelmäßig für Rückkehrer aus Deutschland, die aufgrund von Geschehnissen im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg in Sri Lanka traumatisiert sind, kein Problem darstellen; hierzu könnten sie auch ärztliche Unterlagen vorlegen. Der Auskunft vom 24.5.2002 zufolge könnte in dieser Beschränkung des Mandats, die vom FRC offenbar besonders hervorgehoben wird, der Grund für abweichende Angaben hinsichtlich der vorhandenen Kapazitäten für die Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen liegen. Denn in der Tat seien nach Einschätzung des FRC für die Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen, die nicht auf kriegsbedingten Ereignissen beruhten, sehr begrenzt.

Nach weiterer Auskunft des FRC hätten sich bislang nur wenige Personen mit posttraumatischen Belastungsstörungen dort zwecks Behandlung registrieren lassen; diese Personen seien einer Behandlung zugeführt worden. Die zeitlichen Abstände der Betreuung und der Zeitraum, über den sich die Betreuung erstrecke, würden nach Behandlungsbedarf bestimmt; therapeutische Maßnahmen könnten danach wöchentlich und monatlich erfolgen (Auskunft vom 5.12.2002).

Eine Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung ist nach der Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 11.3.2004 an das VG Düsseldorf ferner in den District Hospitals der einzelnen srilankischen Provinzen sowie im General Hospital in Colombo und im Base Hospital möglich. Allerdings ist nach der Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 30.5.2002 an das VG Münster in diesen Häusern kein psychiatrisches Fachpersonal vorhanden; die Behandlung erfolge durch Allgemeinmediziner. In der Auskunft vom 11.3.2004 fehlen dazu nähere Angaben.

Auch Medikamente zur Behandlung psychischer Erkrankungen einschließlich posttraumatischer Belastungsstörungen, insbesondere Antidepressiva und Neuroleptika sowie Benzodiazepine und andere Schlafmittel, sind nach den Auskünften der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 11.3.2004 an das VG Düsseldorf, vom 23.1.2003 an das VG Arnsberg, vom 5.12.2002 an das VG Gelsenkirchen, vom 25.9.2002 an das OVG NRW und vom 31.5.2002 an die Stadt Moers sowie dem Gutachten des Sachverständigen Keller-Kirchhoff vom 18.11.2002 an das VG Gelsenkirchen in Sri Lanka erhältlich. In den staatlichen Krankenhäusern und mithin kostenfrei sind danach etwa Trimipramin(e), Doxepin (50 und 75 mg), Amitriptylin(e) (10 und 25 mg), Clomipramin(e) (10, 25 und 50 mg) sowie Lithium Carbonate 250 mg verfügbar, weiterhin Cloxipol (Zuclopenphixol Salts), Fluanxol (Flupentixol Salts), Haldol (Haloperidol), Leponex (Cloazapine), Melleril (Thioridazine HCI) und Risperdal (Risperdione), nach der Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 7.10.2003 an das Bundesamt ferner das Medikament Olanz mit dem Wirkstoff Olanzapin(e), in Deutschland unter anderem unter dem Handelsnamen "Zyprexa" vertrieben. Weitere Medikamente, so Maprotiline 25 mg, Paroxetine 20 mg, Trazodonc 25 mg, Sertraline 50 mg und Fluoxitin/Fluoxetine 20 mg und Zyprexa sind nicht im staatlichen kostenfreien Gesundheitssektor, aber in privaten Krankenhäusern oder Apotheken erhältlich.

bb) Diese hinreichend aktuellen, hinsichtlich der relevanten Fragen aussagekräftigen Auskünfte werden durch andere, in der Tendenz abweichende Stellungnahmen nicht durchgreifend in Frage gestellt.

Die Ausführungen des Sachverständigen Keller-Kirchhoff in seinen Stellungnahmen vom 18.11.2002 an das VG Gelsenkirchen, vom 4.2.2002 für die Rechtsanwaltskanzlei I. /X. sowie vom 9.8.2001 und vom 8.8.2000 für das VG Dresden rechtfertigen keine andere Beurteilung. Zunächst verhalten sich dessen Ausführungen nicht zu der Organisation "Sahanaya" und stellen die entsprechenden Angaben der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland bzw. des Auswärtigen Amtes insoweit nicht in Frage. Die Klinik Angoda, die General Hospitals und darüber hinaus die Psychiatrie von Mullariyawa benennt auch Keller-Kirchhoff in der Stellungnahme vom 18.11.2002 als Einrichtungen für die Behandlung psychiatrischer Erkrankungen. Soweit er dabei als Problem darstellt, dass die Diagnosen unterschiedlich ausfallen könnten und statt einer posttraumatischen Belastungsstörung auch eine schwere Depression diagnostiziert werden könne, kann als gerichtsbekannt unterstellt werden, dass dergleichen auch in Deutschland vorkommt und angesichts der Ähnlichkeit der Symptomatik derartiger psychischer Erkrankungen, die - so auch im vorliegenden Fall - in Form der Komorbidität vorliegen können, weder verwunderlich noch in einem Maße schädlich ist, dass der Eintritt schwerer Folgen für die Gesundheit der Betreffenden konkret zu befürchten wäre.

Zum FRC weist Keller-Kirchhoff zwar darauf hin, dass nach Angaben der Organisation die Mitarbeiterschaft bzw. die Zahl der in Sri Lanka überhaupt tätigen Psychologen bei weitem nicht ausreiche, um die große Anzahl von Patienten/Opfern, die über das ganze Land verteilt lebten, zu behandeln. Außerdem bestünden beim FRC finanzielle Engpässe. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass keine Behandlungskapazitäten zur Verfügung stehen. Denn es kommt nicht darauf an, wie viele potentielle Patienten ggf. zu behandeln wären; maßgeblich ist vielmehr, ob für die tatsächlich um Hilfe Nachsuchenden genügend Behandlungskapazitäten gegeben sind. Diese sind nach den oben genannten Auskünften des Auswärtigen Amtes bzw. der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland nicht ausgeschöpft. Es spricht vielmehr Vieles dafür, dass ein erheblicher Teil der in Sri Lanka lebenden psychisch Kranken sich nicht in Behandlung begibt, wie auch den Angaben der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in der Auskunft vom 5.12.2002 und mittelbar der Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 23.12.2003 bzw. - inhaltsgleich - vom 14.1.2004 zu entnehmen ist. Für diese Zurückhaltung mag es eine Reihe von Gründen geben, so eine fatalistische Grundhaltung, der Glaube an Karma, das Unterdrücken und Ignorieren psychischer Probleme und die in der Gesellschaft verbreitete Stigmatisierung psychisch Kranker (vgl. Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 14.1.2004/23.12.2003).

Die Einschränkungen, die Keller-Kirchhoff zufolge hinsichtlich der Behandlung speziell von Rückkehrern bestehen, stehen den Feststellungen in den oben zitierten Auskünften der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland nicht entgegen, wonach eine Behandlung erfolgt, sobald die Erkrankung durch das Mandat des FRC gedeckt ist. Denn die Einschränkung der Behandlung von Rückkehrern erfolgt (wenn überhaupt) auch nach Keller-Kirchhoff nur im Hinblick auf allgemeine psychische Erkrankungen, die mit dem Flüchtlingsschicksal der Betreffenden sowie der Entwurzelung und Reintegration in Sri Lanka zusammenhängen. Dies entspricht gerade nicht dem Krankheitsbild der posttraumatischen Belastungsstörung, die nach den Angaben des FRC in sein Mandat fällt. Wenn das FRC Keller-Kirchhoff zufolge ausgeführt hat, Rückkehrer aus Deutschland benötigten ein Unterstützungsprogramm, das ihre besonderen Probleme abdeckt ("need a support programme that should answer some of their special problems"), mag das zutreffen, bedeutet aber nicht, dass Rückkehrer, die sich wieder in Sri Lanka aufhalten und unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden, von der Behandlung ausgeschlossen wären. Sobald sich die Rückkehrer wieder in Sri Lanka angesiedelt haben, dürfte auch aus Sicht des FRC kein Grund bestehen, sie als Hilfe Suchende prinzipiell abzulehnen, sofern sie im Übrigen die entsprechenden Anforderungen erfüllen. Im Übrigen weist Keller-Kirchhoff darauf hin, dass selbst für Patienten Hilfe vermittelt werde, die unter nicht unmittelbar kriegsbedingten psychischen Störungen litten.

Soweit Keller-Kirchhoff in den Stellungnahmen vom 9.8.2001 und vom 4.2.2002 auf die Schwierigkeiten bei der Erreichbarkeit der weiteren Einrichtungen des "War-Trauma & Psychological Support Programme" in Vavuniya sowie der Organisation "Shantiam" oder "Shanthiham" in Jaffna verweist, hat sich die Situation mittlerweile geändert. Hinsichtlich der Reise- und Aufenthaltsmöglichkeiten sind deutliche Verbesserung eingetreten (vgl. Keller-Kirchhoff selbst in der Stellungnahme vom 18.11.2002). Zum "War-Trauma & Psychological Support Programme" ist in der Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 5.12.2002 allerdings ausgeführt, die Organisation leiste im Wesentlichen beratende, keine medizinische Hilfe. Keller-Kirchhoff gibt in der Stellungnahme vom 18.11.2002 einschränkend an, aktuell - also zum damaligen Zeitpunkt - würden nur noch traumatisierte Kinder behandelt.

Auch die Stellungnahmen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 14.1.2004/23.12.2003 und aus März 2003 stellen die Auskünfte der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland bzw. des Auswärtigen Amtes nicht durchgreifend in Frage. Auch diesen Stellungnahmen zufolge sind psychische Erkrankungen in Sri Lanka grundsätzlich behandelbar. Allerdings sei eine angemessene stationäre und/oder ambulante Behandlung psychiatrischer und/oder psychischer Erkrankungen nur selten, in einigen Landesteilen gar nicht möglich. Die Kapazitäten seien sehr beschränkt. Knapp 20 Millionen Menschen stünden nur 32 Psychiater zur Verfügung. Der WHO-Mindeststandard für eine Bevölkerung dieser Größenordnung liege bei 480 Psychiatern. "Fachexperten" seien sich einig, dass die Zahl von ausgebildeten Psychiatern und die Bemühungen bei der Ausbildung von Pflegepersonal im Psychiatrie-Bereich "auf keinen Fall ausreichend" seien. Nur in sieben der 24 Distrikte des Landes könnten Patienten eine gewisse Form psychiatrischer Behandlung erhalten.

Diese Angaben sind im Wesentlichen auf psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten bezogen und haben für die Frage der Behandelbarkeit posttraumatischer Belastungsstörungen nur begrenzte Aussagekraft. Sie stimmen insoweit mit Angaben der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland bzw. des Auswärtigen Amtes überein, als diese gleichfalls darauf hinweisen, die Behandlungskapazitäten für psychiatrische Hilfe seien in Sri Lanka sehr begrenzt (Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 31.5.2002 an die Stadt Moers). Zunächst muss aber die Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen nicht zwingend durch Psychiater erfolgen, sondern wird auch in Deutschland häufig von Psychologen oder anderen Therapeuten vorgenommen. Für die gleichfalls auf psychiatrische Versorgung bezogene Angabe der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, "Fachexperten" seien sich einig, dass die Zahl von ausgebildeten Psychiatern und die Bemühungen bei der Ausbildung von Pflegepersonal im Psychiatrie-Bereich "auf keinen Fall ausreichend" sei, werden Namen nicht genannt. Unter den sieben Distrikten, in denen jedenfalls eine gewisse Form von psychiatrischer Hilfe gegeben sei, sind immerhin die von Tamilen bevorzugten Distrikte Colombo, Batticaloa und Jaffna. Ferner fehlt es auch insoweit daran, dass die theoretisch erforderliche Kapazität zu der tatsächlich gegebenen Nachfrage in Beziehung gesetzt würde. Die Stellungnahme vom März 2003 beruht überdies auf Schätzungen bzw. Zahlen aus dem Jahre 1999. Ihr liegt damit eine Situation zugrunde, die sich etwa hinsichtlich der Reisemöglichkeiten und der Möglichkeit, in Colombo Aufenthalt zu nehmen, sowie hinsichtlich der Versorgung der nördlichen Gebiete inzwischen deutlich verbessert hat.

Insgesamt ist festzustellen, dass sich die vom Auswärtigen Amt bzw. der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland erteilten Auskünfte konkret zu allen insoweit relevanten Fragen wie Ort und Art der Einrichtungen, Behandlungsangebot, Kapazität und Auslastung, Kosten, Verfügbarkeit tamilischsprachiger Betreuung (was allerdings von geringer Relevanz ist, da in Deutschland erst recht kein tamilischsprachiges Fachpersonal zur Verfügung steht) und Verfügbarkeit von Medikamenten verhalten. Namentlich die Frage ausreichender Kapazität (in Bezug zur konkreten Nachfrage) ist erörtert mit dem Ergebnis, dass offenbar nach Auskunft der Organisationen jeder, der dort nachfragt, bis jetzt habe behandelt werden können. Dabei liegt namentlich die vom FRC angegebene Zahl der Behandlungsfälle für die Jahre 2000 und 2001 (für 2000 von Keller-Kirchhoff bestätigt) mit rund 1.500 nicht niedrig, für 1999 sogar doppelt so hoch, wenn sich auch darunter nur wenige an posttraumatischer Belastungsstörung Erkrankte befunden haben dürften. Auch ist das Auswärtige Amt in den den erteilten Auskünften zugrunde liegenden gerichtlichen Anfragen bereits gebeten worden, die abweichenden Einschätzungen anderer Stellen und die niedrige Zahl von 25 praktizierenden Psychiatern in seine Beurteilung einzubeziehen (vgl. Anfragen des VG Düsseldorf vom 15.3.2002 und des VG Münster vom 22.4.2002).

Den Stellungnahmen Keller-Kirchhoffs und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe scheint abgesehen davon, dass sie im Wesentlichen von einem theoretisch gegebenen Bedarf, nicht aber von der konkreten Nachfrage ausgehen, demgegenüber ein im vorliegenden Zusammenhang untauglicher Maßstab zugrunde zu liegen. Dafür sprechen beispielsweise die Ausführungen in der Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 14.1.2004, wonach eine westlichen Standards entsprechende Behandlung in Sri Lanka nicht verfügbar sei. Verlangt werden kann indessen keine optimale, sondern nur eine zur Vermeidung erheblicher konkreter Gesundheitsgefahren hinreichende Versorgung.

Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 6.9.2004 - 18 B 2661/03 -.

Dabei hat jede - auch eine in anderer Hinsicht möglicherweise qualitativ schlechtere - psychotherapeutische Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung im Heimatland der Betreffenden den bedeutsamen Vorteil, dass eine Behandlung in der Muttersprache möglich ist und damit die dem Erfolg der Therapie nachhaltig entgegenstehende Sprachbarriere entfällt, vgl. näher OVG NRW, Beschluss vom 16.12.2004 - 13 A 1140/04.A -, m.w.N.; OVG Hamburg, Beschluss vom 2.4.2003 - 3 Bs 439/02 -, Asylmagazin 2003, 33 (34); VG Augsburg, Urteil vom 13.10.2003 - Au 2 K 02.30452 -, wobei ins Gewicht fällt, dass gerade tamilische Frauen nach den Erfahrungen des Senats zumeist auch nach mehreren Jahren in Deutschland allenfalls über rudimentäre Deutschkenntnisse verfügen. Soweit bekannt, gibt es Psychologen oder Therapeuten, die Tamil sprechen, in Deutschland nicht.

An dieser Beurteilung ändern schließlich die Auswirkungen der Flutwelle vom 26.12.2004, die die Küstengebiete im Osten und Süden Sri Lankas verwüstet und dort mehr als 30.000 Todesopfer gekostet hat (FAZ vom 4.1.2005; FR vom 10.1.2005), nicht grundsätzlich etwas. Es steht zwar zu befürchten, dass eine große Zahl Menschen durch diese Ereignisse "traumatisiert" worden ist. Abgesehen davon, dass nicht feststeht - gesicherte Erkenntnisse können insoweit naturgemäß noch nicht vorliegen -, wie hoch die Zahl derer ist, die infolgedessen dauerhaft psychisch erkranken werden, ist aber nicht anzunehmen, dass die insbesondere im Raum Colombo gegebenen, oben näher erörterten Behandlungsmöglichkeiten durch den möglichen Anstieg der Zahl Behandlungsbedürftiger nunmehr solchen Hilfesuchenden, die aufgrund der Bürgerkriegsereignisse an einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden, verschlossen sind.

Es gibt keine Erkenntnisse, dass die oben genannten Einrichtungen vollständig oder auch nur in wesentlichen Teilen von dem Tsunami zerstört worden wären. Sie sind überwiegend im Raum Colombo gelegen, der von der Flutwelle nur vergleichsweise geringfügig betroffen ist; Zerstörungen in größerem Ausmaß hat es dort nicht gegeben. So ist die Klinik Angoda nahe Colombo etwa 10 km im Landesinneren gelegen, die Klinik "Sahanaya" in der Kitulwatte Road im Stadtgebiet von Colombo mindestens 3 km von der Küste entfernt. Auch die Büros des FRC befinden sich zum überwiegenden Teil deutlich im Landesinneren und/oder in von der Flutwelle nicht betroffenen Gebieten.

Im Übrigen ist anzunehmen, dass Opfer der Flutkatastrophe, so sich bei ihnen eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, wegen dieses Leidens nicht sämtlich oder auch nur in erheblicher Zahl medizinische Hilfe in Anspruch nehmen werden, dies zumal in Colombo. Insoweit ist zum einen auf die obigen Ausführungen zur in Sri Lanka verbreiteten Zurückhaltung zu verweisen, sich wegen psychischer Erkrankungen in Behandlung zu begeben und zum anderen darauf, dass Colombo vom überwiegenden Teil der betroffenen Gebiete weit entfernt ist, weshalb die internationalen Hilfeorganisationen vielfach Hilfe vor Ort anbieten. Gerade das FRC sieht, wie oben dargelegt, sein Mandat überdies auf im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg Traumatisierte beschränkt.

Die Feststellung, dass posttraumatische Belastungsstörungen in Sri Lanka grundsätzlich behandelbar sind, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass in Einzelfällen eine erhebliche Verschlimmerung der Erkrankung aufgrund des Phänomens der sogenannten "Retraumatisierung" mit der Folge eintreten kann, dass der Betreffende einer erfolgversprechenden Behandlung nicht mehr zugänglich ist. Ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AuslG kann insoweit nur ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls angenommen werden.

Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 18.1.2005 - 8 A 1242/03.A -, S. 15 des Urteilsabdrucks; Beschluss vom 13.4.2005 - 8 A 930/04.A -.

Unter dem Begriff der "Retraumatisierung" wird die durch äußere Ursachen oder Bedingungen, die dem zugrunde liegenden traumatischen Erlebnis gleichen, ähneln oder auch nur Anklänge daran haben, ausgelöste Reaktualisierung der inneren Bilder des traumatischen Erlebens in der Vorstellung und den körperlichen Reaktionen des Betroffenen verstanden, die mit der vollen oder gesteigerten Entfaltung des Symptombildes der ursprünglichen traumatischen Reaktion auf der körperlichen, psychischen und sozialen Ebene einhergeht.

Vgl. Marx InfAuslR 2000, 357 (360); zu insoweit bestehenden begrifflichen Unsicherheiten vgl. Gutachten Enders-Comberg vom 9.11.2003, S. 41.

Ein Wiedererleben der traumatisierenden Situation(en) und sogenannte Flashbacks gehören allerdings bereits zum Krankheitsbild der posttraumatischen Belastungsstörung (sogenanntes B-Kriterium).

Vgl. Herzig/Fischer/Foka in Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Asylpraxis - Traumatisierte Flüchtlinge, 2. Auflage 2001, S. 40; Lösel/Bender, Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, a.a.O., S. 194.

Dergleichen kann von ganz unterschiedlichen "Triggern" - beispielsweise Gerüchen, Fernsehbildern, Geräuschen - ausgelöst werden, die auch außerhalb Sri Lankas vorkommen, und hat nicht zwingend zur Folge, dass der Betreffende einer Behandlung nicht mehr zugänglich ist. Vielmehr werden derartige Beeinträchtigungen im Rahmen der dargestellten allgemein zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten im Regelfall zumindest soweit therapiert werden können, dass keine der § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG genannten Folgen zu befürchten ist. Der von Asylsuchenden vielfach vorgetragenen Behauptung, dass posttraumatische Belastungsstörungen grundsätzlich niemals im Heimatland behandelt werden könnten, widerstreitet für Sri Lanka ferner bereits der Umstand, dass dort wie ausgeführt diverse Behandlungseinrichtungen für diese Erkrankung bestehen, in denen posttraumatisch belastete srilankische Staatsangehörige seit Jahren versorgt werden. Den Gutachten des Facharztes für Nervenheilkunde und Psychotherapeutische Medizin Dr. Enders-Comberg vom 9.11.2003 und vom 4.12.2003 an das VG Gelsenkirchen zufolge gibt es auch keine durch wissenschaftliche Untersuchungen abgesicherte Erkenntnis dahin, dass in Fällen der durch Folter oder andere Misshandlung durch Organe der Herrschaftsmacht hervorgerufenen posttraumatischen Belastungsstörung eine erzwungene Rückkehr des Betreffenden in das Herkunftsland stets oder jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Retraumatisierung führt, die eine erfolgversprechende Behandlung unmöglich machen oder jedenfalls wesentlich erschweren würde. Hinreichend gesichert scheine für Opfer von Naturkatastrophen (lediglich), dass die Rückführung zu einer Verschlechterung der psychischen Situation führen könne; dies sei auch für Opfer, die durch Menschen traumatisiert worden seien, anzunehmen. Dass und warum dies zwingend dazu führen sollte, dass die Betreffenden einer Behandlung nicht mehr zugänglich wären, ist nicht erkennbar.

Ob die erzwungene Rückkehr des Betreffenden trotz grundsätzlicher Behandelbarkeit der posttraumatischen Belastungsstörung im Heimatland ausnahmsweise aufgrund besonderer Gegebenheiten Folgen hat, die auf ein Abschiebungshindernis im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen (können), weil etwa ein psychischer Zusammenbruch mit dauerhaften Folgen, der eine erfolgversprechende Behandlung dort unmöglich machen würde, oder gar akute Suizidgefahr konkret droht, ist demgemäß nach den Umständen des Einzelfalls zu beantworten. Wird dergleichen geltend gemacht, ist allerdings zu verlangen, dass unter Angabe näherer Einzelheiten nachvollziehbar dargelegt wird, aufgrund welcher konkreten Anhaltspunkte des Einzelfalls - insoweit mögen beispielsweise das Fehlen familiärer oder sonst stützender Bindungen sowie anderer protektiver Faktoren und/oder der bisherige Krankheitsverlauf eine Rolle spielen - das ausnahmsweise anzunehmen und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit prognostizierbar sein soll.

2. Für die Klägerin ist zwar nicht aufgrund drohender Retraumatisierung, aber aufgrund sonstiger besonderer Umstände ihres Einzelfalls trotz der im Grundsatz gegebenen Behandlungsmöglichkeit der bei ihr vorliegenden Erkrankung, auf die ein Betroffener regelmäßig verwiesen werden kann, ausnahmsweise ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anzuerkennen. Sie wird nämlich nach Einschätzung des Senats unter den Bedingungen in Sri Lanka überhaupt nicht in der Lage sein, sich die in ihrem Fall dringend erforderliche und grundsätzlich zugängliche Behandlung in Sri Lanka zu beschaffen. Unter diesen Umständen besteht die konkrete Gefahr, dass es bei ihr im Heimatland zu schweren psychischen Beeinträchtigungen bis hin zu existenzbedrohenden Zuständen kommt. Diese Einschätzung beruht auf den Feststellungen in den ärztlichen und psychologischen Bescheinigungen und ihrer speziellen Krankengeschichte und Situation, aber auch auf dem persönlichen Eindruck, den die Klägerin in den durchgeführten Erörterungsterminen gemacht hat (wird ausgeführt).

3. In der vorliegenden Konstellation ist endlich nicht anzunehmen, dass § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Sperrwirkung entfaltet mit der Folge, dass Abschiebungsschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a AufenthG zu gewähren wäre.

Trotz bestehender konkreter erheblicher Gefahr ist die Anwendbarkeit des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Verfahren eines einzelnen Ausländers gesperrt, wenn dieselbe Gefahr zugleich einer Vielzahl weiterer Personen im Abschiebezielstaat droht.

Vgl. zu §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG: BVerwG, Urteile vom 27.4.1998 - 9 C 13.97 -, NVwZ 1998, 973, vom 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324 (327), und vom 4.6.1996 - 9 C 134.85 -, InfAuslR 1996, 289 (290).

Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr einer Bevölkerungsgruppe, d.h. einer großen Zahl der im Abschiebezielstaat lebenden Personen, gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt und eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der potentiell Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung des Innenministeriums befunden werden soll. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG kann demnach anwendbar sein, wenn in dem betreffenden Land eine größere Gruppe von Personen von einer bestimmten Krankheit betroffen und damit derselben Gefahr ausgesetzt ist.

Vgl. zu § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG BVerwG, Urteil vom 29.7.1999 - 9 C 2/99 -; OVG Hamburg, Beschluss vom 2.4.2003 - 3 Bs 439/02 -, Asylmagazin 2003, 33.

Das ist vorliegend schon deshalb nicht anzunehmen, weil die Annahme eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gerade an die besonderen Umstände in der Person der Klägerin anknüpft. Im Übrigen ist festzustellen, dass inzwischen zwar bei einer erheblichen, wenn nicht der ganz überwiegenden Zahl jedenfalls von Folgeantragstellern mit dem Herkunftsland Sri Lanka geltend gemacht wird, sie litten an einer posttraumatischen Belastungsstörung und dürften deshalb nicht nach Sri Lanka abgeschoben werden. Jedoch heißt das nicht gleichzeitig, dass das Vorbringen richtig ist. Darüber, dass eine so große Zahl von Menschen in Sri Lanka tatsächlich an einer posttraumatischen Belastungsstörung erkrankt ist, dass von einer Gefahr gesprochen werden könnte, der eine Bevölkerungsgruppe allgemein ausgesetzt ist, liegen gesicherte Erkenntnisse nicht vor. Deshalb kann dahinstehen, ob in einer Vielzahl von bürgerkriegsbedingt Traumatisierten überhaupt eine Bevölkerungsgruppe im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG gesehen werden kann. Dagegen streitet allerdings, dass es sich um psychische Erkrankungen mit vielfältigem Symptombild und unterschiedlichen Ausprägungsgraden handelt, bei denen eine einheitliche Feststellung nicht zu treffen sein dürfte.

Vgl. einerseits OVG NRW, Beschlüsse vom 16.12.2004 - 13 A 1140/04.A -, S. 6 des Urteilsabdrucks, und vom 16.2.2004 - 14 A 548/04.A -, m.w.N.; andererseits etwa OVG Hamburg, Beschluss vom 2.4.2003 - 3 Bs 439/02 -, Asylmagazin 2003, 33; VG Potsdam, Urteil vom 21.6.2004 - 12 K 2435/02.A -, Asylmagazin 2004, 31; VG Ansbach, Urteil vom 17.2.2004 - An 19 03.32099 -; VG Frankfurt a.M., Urteil vom 27.9.2001 - 2 E 30645/97, NVwZ-Beilage 2003, 13; S. auch Nachweise bei Middeke, DVBl. 2004, 150 (157).

Ende der Entscheidung

Zurück