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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 15.04.2005
Aktenzeichen: 21 A 4183/03
Rechtsgebiete: GG, BDSG, BVerfSchG


Vorschriften:

GG Art. 19 Abs. 4
BDSG § 3
BVerfSchG § 13 Abs. 1
Zur Frage, zu wessen Lasten die Unaufklärbarkeit der Richtigkeit von in den Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz gespeicherten personenbezogenen Daten geht, wenn der Kläger auf der Grundlage des § 13 Abs. 1 BVerfSchG die Anbringung eines Unrichtigkeitsvermerks begehrt.
Tatbestand:

Anlässlich eines Sicherheitsüberprüfungsverfahrens erfuhr der Kläger, dass in der über ihn beim Bundesamt für Verfassungsschutz geführten Personenakte gespeichert war, dass er langjähriger Angehöriger der "Marxistischen Gruppe" sei. Seinen Antrag auf Berichtigung dieser Eintragung lehnte das Bundesamt für Verfassungsschutz ab. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Dagegen legte die Beklagte Berufung ein. Im Verlauf des Berufungsverfahrens änderte das Bundesamt für Verfassungsschutz die Eintragung in der Personenakte des Klägers dahingehend, dass dort nunmehr gespeichert war, es lägen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht einer Zugehörigkeit des Klägers zur "Marxistischen Gruppe" begründeten. Mit seinem umgestellten Klageantrag wandte der Kläger sich auch gegen die Richtigkeit dieser Eintragung. Die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg.

Gründe:

Der Kläger hat einen Anspruch auf eine Verpflichtung der Beklagten, in den Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz - Personenakte - zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten, dass die über ihn gespeicherten Daten unrichtig sind, soweit aus ihnen hervorgeht, dass tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er langjähriges Mitglied der "Marxistischen Gruppe" sei.

Als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers kommt allein § 13 Abs. 1 BVerfSchG in Betracht. Danach hat das Bundesamt für Verfassungsschutz, wenn es feststellt, dass in Akten gespeicherte personenbezogene Daten unrichtig sind, oder wenn ihre Richtigkeit von dem Betroffenen bestritten wird, dies in der Akte zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten.

Die Vorschrift des § 13 Abs. 1 BVerfSchG begründet - wie das VG zutreffend festgestellt hat - einen subjektiv-öffentlichen und damit im Klageweg durchsetzbaren Anspruch. Dem steht nicht entgegen, dass § 13 Abs. 1 BVerfSchG seinem Wortlaut nach allein eine Verpflichtung des Bundesamtes für Verfassungsschutz ausspricht. Ebenso wie für in Dateien gespeicherte personenbezogene Daten folgt auch für in Akten gespeicherte personenbezogene Daten aus dem durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Recht auf informationelle Selbstbestimmung

- vgl. dazu im Einzelnen: BVerfG, Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. -, BVerfGE 65, 1 = DÖV 1984, 156 = DVBl. 1984, 128 = NJW 1984, 419; BVerwG, Urteil vom 3.9.1991 - 1 C 48/88 -, BVerwGE 89, 14 = Buchholz 403.11 § 19 BDSG Nr. 1 = DÖV 1992, 116 = DVBll. 1992, 298 = NJW 1992, 451 - ein Anspruch des Einzelnen auf Berichtigung unrichtig gespeicherter Daten.

Die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 13 Abs. 1 BVerfSchG sind gegeben.

Die Angabe, es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger langjähriges Mitglied der "Marxistischen Gruppe" sei, ist in den Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz gespeichert.

Bei dieser Angabe handelt es sich um personenbezogene Daten. Zur Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann auf die Begriffsbestimmung in § 3 Abs. 1 BDSG zurückgegriffen werden, wonach personenbezogene Daten Einzelangaben über die persönlichen oder sachlichen Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person sind. Zu den Angaben über die persönlichen oder sachlichen Verhältnisse einer Person zählen alle Informationen, die über die Bezugsperson etwas aussagen. Insbesondere zählen dazu sowohl äußerliche, körperliche Merkmale, als auch innere, geistige Zustände (Einstellungen, Motive, Wünsche), ferner Handlungen, Äußerungen und sonstige Verhaltensweisen einer Person. Ebenso erfasst werden die sozialen, wirtschaftlichen und sonstigen Beziehungen zur Umwelt.

Vgl. dazu im Einzelnen: Dammann, in: Simitis, Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz, 5. Aufl. 2003, § 3 Rn. 7, 10 und 11.

Diese Voraussetzungen erfüllt die hier in Rede stehende Angabe, da das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Mitgliedschaft in einer Gruppierung eine Beziehung des Betroffenen zu seiner Umwelt wiedergibt.

Die streitgegenständlichen personenbezogenen Daten sind auch unrichtig im Sinne von § 13 Abs. 1 BVerfSchG.

Unrichtig im Sinne von § 13 Abs. 1 BVerfSchG sind personenbezogene Daten dann, wenn sich deren Unrichtigkeit positiv feststellen lässt oder wenn eine Unaufklärbarkeit der Unrichtigkeit zu Lasten der Beklagten geht.

Vorliegend kann die Unrichtigkeit der streitgegenständlichen personenbezogenen Daten nicht positiv festgestellt werden. Dafür fehlt es an Beweismitteln, auf die zur Aufklärung des Sachverhalts zurückgegriffen werden könnte. Als ein solches Beweismittel käme vorliegend allein die Vernehmung der vom Bundesamt für Verfassungsschutz mit A, B und C bezeichneten Informanten als Zeugen in Betracht. Eine Vernehmung dieser Zeugen ist aber nicht möglich, da diese nicht zur Verfügung stehen. Ihre Namen sind nicht bekannt und werden auch vom Bundesamt für Verfassungsschutz unter Hinweis auf nachrichtendienstliche Gründe insbesondere des Quellenschutzes und des Geheimhaltens der nachrichtendienstlichen Erkenntnismethoden und Arbeitsweisen berechtigterweise nicht bekannt gegeben.

Die mithin bestehende Unaufklärbarkeit der Unrichtigkeit der streitgegenständlichen personenbezogenen Daten geht zu Lasten der Beklagten mit der Folge, dass der Kläger so zu stellen ist, als wenn er die Unrichtigkeit tatsächlich bewiesen hätte. Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Erwägungen:

§ 13 Abs. 1 BVerfSchG begründet in zwei Fällen eine Verpflichtung des Bundesamtes für Verfassungsschutz zum Tätigwerden: Zum einen besteht eine Pflicht zur Anbringung eines Unrichtigkeitsvermerks, wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz feststellt, dass in seinen Akten gespeicherte personenbezogene Daten unrichtig sind. Zum anderen besteht eine Pflicht zur Anbringung eines Bestreitensvermerks, wenn die Richtigkeit von in den Akten gespeicherten personenbezogenen Daten von dem Betroffenen bestritten wird.

Dies hat für einen Betroffenen, der - wie vorliegend der Kläger - der Auffassung ist, über ihn in den Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz gespeicherte personenbezogene Daten seien unrichtig, folgende Konsequenzen:

Zur Begründung einer Pflicht des Bundesamtes für Verfassungsschutz zur Anbringung eines Bestreitensvermerks reicht es aus, dass der Betroffene die Richtigkeit der über ihn gespeicherten Daten bestreitet. Um eine Verpflichtung zur Anbringung eines Unrichtigkeitsvermerks zu begründen, genügt dies aber nicht. Dafür bedarf es grundsätzlich der Feststellung, dass die gespeicherten Daten tatsächlich unrichtig sind.

Insoweit entstehen keine Probleme, wenn die Aufklärung des Sachverhalts zu einem eindeutigen Ergebnis führt. Schwierigkeiten treten aber auf, wenn sich - wie hier - nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts weder die Unrichtigkeit noch die Richtigkeit der gespeicherten Daten feststellen lässt. Dann stellt sich die Frage, zu wessen Lasten dieser Mangel der Aufklärbarkeit geht.

Bei der Beantwortung dieser Frage ist zunächst in den Blick zu nehmen, dass das Gesetz ausdrücklich sowohl einen Unrichtigkeits- als auch einen Bestreitensvermerk vorsieht. Daraus ergibt sich Folgendes: Würde es zur Begründung einer Verpflichtung zur Anbringung eines Unrichtigkeitsvermerks ausreichen, die Richtigkeit der gespeicherten Daten zu bestreiten, ohne dass die Unrichtigkeit tatsächlich feststeht, bliebe für die gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit der Verpflichtung zur Anbringung eines Bestreitensvermerks kein Raum mehr. Angesichts dessen ergibt die Unterscheidung zwischen Unrichtigkeits- und Bestreitensvermerk nur dann einen Sinn, wenn für die Begründung einer Pflicht zur Anbringung des Unrichtigkeitsvermerks gefordert wird, dass sich die Unrichtigkeit der gespeicherten Daten tatsächlich feststellen lässt. Ist eine derartige Feststellung nicht möglich, verbleibt es bei dem bloßen Bestreitensvermerk.

Ein derartiges Verständnis des § 13 Abs. 1 BVerfSchG sichert einen hinreichenden Schutz für den Betroffenen. Mit der Möglichkeit, durch das bloße Bestreiten der Richtigkeit der gespeicherten Daten die Anbringung eines Bestreitensvermerks zu erreichen, kann er verhindern, dass von ihm für unrichtig gehaltene Daten unverändert in den Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz gespeichert bleiben. Für jeden, der die Akten einsieht oder dem der Akteninhalt mitgeteilt wird, wird aufgrund des angebrachten Bestreitensvermerks deutlich, dass die gespeicherten Daten nach Auffassung des Betroffenen unrichtig sind. Erstrebt der Betroffene nicht nur einen Bestreitens-, sondern weitergehend einen Unrichtigkeitsvermerk, ist dafür die Feststellung der Unrichtigkeit der gespeicherten Daten erforderlich. Kann eine derartige Feststellung nicht getroffen werden, muss der Betroffene damit zufrieden sein, dass lediglich ein Bestreitensvermerk angebracht ist.

Ausgehend von diesen Erwägungen müsste die Unaufklärbarkeit der Unrichtigkeit der gespeicherten Daten grundsätzlich zu Lasten des Betroffenen gehen mit der Folge, dass ein auf die Anbringung eines Unrichtigkeitsvermerks gerichtetes Begehren nur dann Erfolg hätte, wenn tatsächlich festgestellt werden könnte, dass die gespeicherten Daten unrichtig sind. Für die vorliegende Fallgestaltung hätte dies zur Folge, dass der Kläger den Beweis zu führen hätte, dass keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er langjähriges Mitglied der "Marxistischen Gruppe" ist.

Bei der Frage der Verteilung der Beweislast kann aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass ein auf die Anbringung eines Unrichtigkeitsvermerks gerichtetes Begehren in der Regel eine in den Akten befindliche Angabe zum Vorliegen eines tatsächlichen Umstandes zum Gegenstand hat (wie hier die Angabe, es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte für eine langjährige Mitgliedschaft des Klägers in der "Marxistischen Gruppe"). Das bedeutet für den Betroffenen, dass er regelmäßig den Beweis für das Nichtvorhandensein der tatsächlichen Umstände zu führen hätte (wie hier der Nachweis des Fehlens entsprechender tatsächlicher Anhaltspunkte). Er befindet sich damit in der Situation der sogenannten Negativbeweisführung.

Vgl. dazu allgemein BGH, Urteile vom 13.12.1984 - III ZR 20/83 -, NJW 1985, 1774, und vom 8.10.1992 - I ZR 220/90 -, MDR 1993, 751 = NJW-RR 1993, 746, jeweils m.w.N.

Nach allgemeinen Grundsätzen hat die Erforderlichkeit einer negativen Beweisführung zwar nicht zur Folge, dass sich die Beweislast umkehrt. Es reicht aber für ein Obsiegen des Beweispflichtigen aus, wenn er die Umstände widerlegt, die nach dem substantiierten Vortrag der anderen Partei für das Positive sprechen.

Vgl. BGH, Urteile vom 13.12.1984 - III ZR 20/83 -, a.a.O., und vom 8.10.1992 - I ZR 220/90 -, jeweils m.w.N.

Diese allgemeinen Erwägungen kommen für die im vorliegenden Zusammenhang relevante Frage der Beweislastverteilung hinsichtlich der Feststellung der Unrichtigkeit von in den Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz gespeicherten personenbezogenen Daten zur Anwendung, da sich der Betroffene, der auf der Grundlage des § 13 Abs. 1 BVerfSchG die Anbringung eines Unrichtigkeitsvermerks erstrebt, in der Regel in derselben (Beweis-)Situation befindet, wie sie im Fall der Notwendigkeit einer negativen Beweisführung vorliegt.

Für den Erfolg des Begehrens des Klägers würde es danach ausreichen, wenn er Umstände widerlegen könnte, die nach Auffassung des Bundesamtes für Verfassungsschutz dafür sprechen, dass tatsächliche Anhaltspunkte für eine langjährige Mitgliedschaft des Klägers in der "Marxistischen Gruppe" bestehen.

Ein Widerlegen von "für das Positive sprechende" Umstände ist aber nur dann möglich, wenn solche überhaupt in einer Weise vorgebracht werden, dass sie einem Widerlegen zugänglich sind. Die Umstände müssen also in tatsächlicher Hinsicht in einer Weise substantiiert sein, dass es möglich ist, ihre Unrichtigkeit zu belegen. Dafür müssen konkret fassbare tatsächliche Umstände dargelegt werden, die dem Betroffenen einen Ansatzpunkt für ein Widerlegen zu liefern vermögen. Insbesondere muss ein konkreter Tatsachenkern dargetan werden, der einer Überprüfung auf dessen Richtigkeit zugänglich ist.

Fehlt es an einem diesen Anforderungen genügenden Vorbringen, kann dem Beweispflichtigen nicht vorgehalten werden, die Umstände nicht widerlegt zu haben. Vielmehr ist darauf abzustellen, dass die "für das Positive sprechenden" Umstände nicht hinreichend dargetan sind mit der Folge, dass eine Unaufklärbarkeit entscheidungserheblicher tatsächlicher Umstände zu Lasten der sich auf diese berufenden Partei geht.

Für den vorliegend in Rede stehenden Fall eines auf § 13 Abs. 1 BVerfSchG gestützten Anspruchs auf Anbringung eines Unrichtigkeitsvermerks bedeutet dies: Es obliegt zunächst dem Bundesamt für Verfassungsschutz, Umstände für das von diesem angenommene Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für eine langjährige Mitgliedschaft des Klägers in der "Marxistischen Gruppe" in einer Weise darzulegen, die es dem Kläger ermöglicht, diese zu widerlegen. Sodann sind diese Umstände darauf hin zu überprüfen, ob sie die in Rede stehende Annahme des Bundesamtes für Verfassungsschutz tragen. Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, stellt sich die weitere Frage, ob der Kläger die angeführten Umstände auch widerlegt hat.

Ausgehend von diesen Erwägungen fehlt es vorliegend schon daran, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz Umstände für seine Annahme, es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte für eine langjährige Mitgliedschaft des Klägers in der "Marxistischen Gruppe", nicht in einer Weise dargelegt hat, dass dem Kläger ein Widerlegen möglich wäre.

Wie die Beklagte auf Rückfrage in der mündlichen Verhandlung durch ihre Terminsvertreterin ausdrücklich bestätigt hat, wird die Annahme des Bundesamtes für Verfassungsschutz, dass tatsächliche Anhaltspunkte für eine langjährige Mitgliedschaft des Klägers in der "Marxistischen Gruppe" bestehen, von der Gesamtschau der in das gerichtlichen Verfahren eingeführten Erkenntnisse getragen. Diese Gesamtschau stützt sich im Kern auf die Aussagen der mit A, B und C bezeichneten Informanten. Die in diesem Zusammenhang vom Bundesamt für Verfassungsschutz gemachten Angaben lassen aber die erforderliche Darlegung eines konkreten Tatsachenkerns, der ein Widerlegen möglich macht, vermissen. Den Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz sind keine Umstände zu entnehmen, die für den Kläger einen greifbaren Ansatzpunkt darstellen könnten, mittels dessen er deren Richtigkeit widerlegen könnte.

Schon die Tatsache, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die Namen der Informanten nicht aufgedeckt hat, hat zur Folge, dass der Kläger in seinen Möglichkeiten, die Glaubwürdigkeit der Informanten zu erschüttern und damit deren Aussagen zu widerlegen, weitgehend eingeschränkt ist.

Gänzlich ausgeschlossen wird ein Widerlegen aber dadurch, dass es dem wiedergegebenen Inhalt der Aussagen der Informanten an jeglicher Konkretisierung fehlt. Es bleibt bei den pauschalen Erklärungen, der Informant kenne den Kläger als langjährigen Angehörigen der "Marxistischen Gruppe", der Kläger sei dem Informanten von unterschiedlichen Aktivitäten der Gruppe zweifelsfrei als Teilnehmer visuell bekannt, der Kläger sei dem Informanten aus "MG-Zusammenhängen" bekannt, der Kläger habe "schon immer" zur "Marxistischen Gruppe" gehört, der Informant sei sich sicher gewesen, den Kläger Anfang der achtziger Jahre als Angehörigen der Marxistischen Gruppe kennen gelernt zu haben, sowie der Informant habe vom Ansehen und mit Namen die Ehefrau des Klägers als Angehörige der "Marxistischen Gruppe" erkannt. Keiner dieser Erklärungen lässt sich ein konkreter Tatsachenkern entnehmen, der dem Kläger auch nur einen Ansatzpunkt für ein Widerlegen liefern könnte.

Gleiches lässt sich für die Äußerungen zur Überprüfung der Zuverlässigkeit der Informanten feststellen. Auch insoweit bleibt es bei lediglich pauschalen, jeglichen Tatsachenkern vermissen lassenden Erklärungen, nachrichtendienstliche Informationsquellen würden stets und so auch hier auf ihre Glaubwürdigkeit und Berichtserheblichkeit und deren Aussage auf den Wahrheitsgehalt hin überprüft sowie die Informanten hätten stets überprüfbar zutreffende Informationen geliefert. Auch diese Erklärungen sind einem Widerlegen schon im Ansatz nicht zugänglich.

Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass die vom Bundesamt für Verfassungsschutz zur wesentlichen Grundlage seiner Annahme, es lägen tatsächliche Anhaltspunkte für eine langjährige Mitgliedschaft des Klägers in der "Marxistischen Gruppe" vor, gemachten Umstände einen konkret fassbaren Tatsachenkern, der einem Widerlegen zugänglich ist, vermissen lassen. Dies hat zur Folge, dass die Unaufklärbarkeit der Unrichtigkeit dieser in den Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz gespeicherten personenbezogenen Daten zu Lasten der Beklagten geht, was wiederum bedeutet, dass der Kläger so zu stellen ist, als wenn er die Unrichtigkeit tatsächlich bewiesen hätte.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht daraus, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz sich aus nachrichtendienstlichen Gründen insbesondere des Quellenschutzes und des Geheimhaltens der nachrichtendienstlichen Erkenntnismethoden und Arbeitsweisen daran gehindert sieht, weitere Einzelheiten insbesondere zu den Informanten und deren Aussagen zu benennen, und darüber hinaus aufgrund der in einem Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO ergangenen Entscheidung des BVerwG vom 7.11.2002 - 2 AV 2.02 - zu Recht die (vollständigen) Vorlage der zum Kläger geführten Personenakte verweigert hat. Insbesondere vermögen diese Umstände die angenommene Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht in Frage zu stellen.

Vom Bundesamt für Verfassungsschutz behauptete, aber berechtigterweise geheim gehaltene Tatsachen dürfen von den Gerichten bei der Sachentscheidung im Rahmen der Sachverhaltswürdigung nur unter strengen Voraussetzungen zu Lasten des Rechtssuchenden berücksichtigt werden. Nicht gerichtsverwertbare Tatsachen müssen als solche naturgemäß unberücksichtigt bleiben. Welches Gewicht einer wegen der Geheimhaltungsbedürftigkeit nicht näher substantiierten Angabe zukommt, hat das Gericht, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Regeln über die Beweislast, bei der Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch im Rahmen der Sachverhaltswürdigung zu beurteilen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.2.1996 - 1 B 37.95 -, Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 24 = DVBl. 1996, 814 = NVwZ-RR 1997, 133, und Urteil vom 1.7.1975 - I C 44.70 -, BVerwGE 49, 44.

Ausgehend davon ist in Blick zu nehmen, dass ohne jeden konkret fassbaren Tatsachenkern bleibende Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz die dem Betroffenen - wie hier dem Kläger - zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten sehr weitgehend einschränken, wenn nicht sogar vollständig ausschließen. Der Betroffene wird dadurch in seinem grundrechtlich über Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes in erheblicher Weise beeinträchtigt. Eine derartige Beeinträchtigung könnte allein durch solche entgegenstehende Gesichtspunkte gerechtfertigt sein, denen ein derartiges Gewicht zukommt, dass die grundrechtlich geschützte Rechtsposition des Betroffenen zurücktreten muss.

Derartige Gesichtspunkte sind vorliegend nicht ersichtlich. Den vom Bundesamt für Verfassungsschutz geltend gemachten Gründen des Quellenschutzes und des Geheimhaltens der nachrichtendienstlichen Erkenntnismethoden und Arbeitsweisen kann kein derartiges Gewicht beigemessen werden, dass die grundrechtlich geschützte Rechtsposition des Klägers zurücktreten müsste.

Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen: Zunächst ist es auf der Grundlage des dem Senat vorliegenden Erkenntnisstandes nicht nachvollziehbar, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz sich nicht in der Lage sieht, nähere Angaben zur Person und/oder zu den Bekundungen desjenigen Informanten zu liefern, der als Informationsquelle ohnehin nicht mehr zur Verfügung steht. Ebenso wenig erklärlich ist, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz sich daran gehindert sieht, auch nur eine einzige Veranstaltung der "Marxistischen Gruppe" zu benennen, an der der Kläger teilgenommen haben soll (wird ausgeführt). Die Beklagte hat auch nicht hinreichend überzeugend darzulegen vermocht, dass von der "Marxistischen Gruppe" und deren Angehörigen nach wie vor ein derartiges Gefahrenpotential ausgehen könnte, das es gerechtfertigt erscheinen lassen könnte, dass grundrechtlich geschützte Rechtspositionen eines Einzelnen - wie hier des Klägers - zurücktreten müssten (wird ausgeführt). Auch für ein gerade von der Person des Klägers ausgehendes besonderes Gefährdungspotential fehlt jeder Anhalt (wird ausgeführt).

Ende der Entscheidung

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