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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 20.06.2007
Aktenzeichen: 21 A 4266/05
Rechtsgebiete: VwVfG, BeamtVG
Vorschriften:
VwVfG § 48 | |
BeamtVG § 31 |
Tatbestand:
Der Kläger, ein beamteter Lehrer, erlitt bei einem Vorrundenspiel zu dem im Rahmen eines Lehrersportfestes stattfindenden Mannschaftswettbewerb Fußball einen Unfall. Das Lehrersportfest wurde von der Bezirksregierung veranstaltet und war im Amtlichen Schulblatt ausgeschrieben worden. In der Ausschreibung wurde darauf hingewiesen, dass kein Dienstunfallschutz bestehe. Nachdem die Bezirksregierung den Unfall des Klägers zunächst als Dienstunfall anerkannt hatte, nahm sie nachträglich den Anerkennungsbescheid wieder zurück. Das VG wies die dagegen erhoben Klage ab. Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.
Gründe:
Die Anerkennung des Unfalls als Dienstunfall war rechtswidrig. Rechtsgrundlage für die Anerkennung eines Dienstunfalls ist § 31 Abs. 1 BeamtVG. Nach Satz 1 dieser Bestimmung ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist.
Das Fußballspiel, bei dem der Kläger den Unfall erlitten hat, war keine dienstliche Veranstaltung, die nach § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG zum Dienst gehört hätte.
Bei der Auslegung und Abgrenzung des Begriffs "dienstliche Veranstaltung" ist vom Sinn und Zweck der beamtenrechtlichen Unfallfürsorgeregelung auszugehen, der darin liegt, dass der Beamte vor den Folgen von Unfällen geschützt wird, die er außerhalb seiner privaten (eigenwirtschaftlichen) Sphäre im Bereich der in der dienstlichen Sphäre liegenden Risiken erleidet. Hieraus ergibt sich, dass eine Veranstaltung, um als dienstliche Veranstaltung anerkannt werden zu können, ihre entscheidende Prägung durch die dienstliche Sphäre erhalten muss. Sie muss materielle Dienstbezogenheit aufweisen und außerdem formell in die dienstliche Sphäre einbezogen sein. Unter der materiellen Dienstbezogenheit ist der Zusammenhang der Veranstaltung mit den eigentlichen Dienstaufgaben zu verstehen; sie muss dienstlichen Interessen dienen. Die formelle Dienstbezogenheit setzt voraus, dass die Veranstaltung in die dienstliche Sphäre einbezogen und damit - unmittelbar oder mittelbar - von der Autorität eines Dienstvorgesetzten getragen und in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen ist.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.5.1998 - 6 A 6426/96 -, Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Entscheidungssammlung, ES/C II 3.1 Nr. 67; BVerwG, Urteile vom 13.8.1973 - 6 C 26.70 -, ZBR 1974, 23, vom 31.1.1974 - 2 C 7.73 -, ZBR 1974, 236, und vom 14.12.2004 - 2 C 66.03 -, Schütz, a.a.O., Nr. 83.
Ob hier letztlich eine materielle Dienstbezogenheit zu bejahen ist, kann offen bleiben, denn es fehlt jedenfalls an der formellen Dienstbezogenheit. Die Entscheidung des Dienstherrn, ob er eine Veranstaltung in die dienstliche Sphäre einbezieht, bedarf keiner bestimmten Form, sie muss auch nicht ausdrücklich ergehen. Es kommt vielmehr darauf an, ob dem objektiven Verhalten eines für den betroffenen Beamten zuständigen Dienstvorgesetzten unter Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände eine solche Entscheidung zu entnehmen ist. Ob eine solche Entscheidung vorliegt, beurteilt sich aufgrund der Umstände des jeweiligen Einzelfalles.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 13.8.1973 - 6 C 26.70 -, a.a.O., S. 25.
Eine formelle Dienstbezogenheit ergibt sich nicht daraus, dass das Lehrersportfest von der Bezirksregierung S. veranstaltet und im Amtlichen Schulblatt als Veranstaltung im Rahmen der Lehrerfortbildung ausgeschrieben wurde. Diese Umstände könnten zwar für sich allein betrachtet dafür sprechen, dass das Sportfest formell in die dienstliche Sphäre einbezogen wurde. Dagegen spricht aber, dass bei der Ausschreibung des Sportfestes ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass für die Veranstaltung kein Dienstunfallschutz bestehe. Diese Aussage beinhaltet keine bloße - eventuell unzutreffende - Rechtsansicht, sondern lässt hinreichend klar erkennen, dass der Dienstherr die möglicherweise materiell dienstbezogene Veranstaltung gerade nicht formell als dienstliche Veranstaltung in die dienstliche Sphäre einbeziehen wollte. Anders kann der Ausschluss des Dienstunfallschutzes nicht verstanden werden, denn es liegt auf der Hand, dass der Dienstunfallschutz für eine formell und materiell dienstbezogene dienstliche Veranstaltung nicht durch eine Erklärung der Schulaufsichtsbehörde ausgeschlossen werden kann. Hingegen steht es dem Dienstherrn frei, darüber zu entscheiden, welche Veranstaltungen er insbesondere in Grenzfällen in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbeziehen will und welche nicht.
Vor diesem Hintergrund ergibt sich eine formelle Dienstbezogenheit auch nicht aus Ziffer 4 des Runderlasses des Kultusministeriums vom 29.12.1983 - Z B 2-25/07-0656/83 - (abgedruckt in Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil D, § 31 BeamtVG S. 44 ff.). Hiernach gilt die Teilnahme von Lehrern an Lehrgängen, Tagungen, Arbeitsgemeinschaften u.ä. im Sport als Dienst im Sinne des § 31 BeamtVG, wenn die Veranstaltungen von einer Schulaufsichtsbehörde genehmigt, veranstaltet bzw. durchgeführt werden und die Lehrkräfte dienstlich zur Teilnahme aufgefordert wurden bzw. ihnen die Gelegenheit zur Teilnahme dienstlich angeboten wurde. Das Lehrersportfest wurde zwar durch die Bezirksregierung S. veranstaltet und mit der Ausschreibung im Amtlichen Schulblatt wurde allen Lehrkräften die Gelegenheit zur Teilnahme dienstlich angeboten. Das Sportfest kann evt. auch mit "Lehrgängen, Tagungen, Arbeitsgemeinschaften u.ä. im Sport" gleichgesetzt werden. Durch den ausdrücklichen Ausschluss des Dienstunfallschutzes in der Ausschreibung im Amtlichen Schulblatt ist jedoch hinreichend deutlich erklärt worden, dass für das Lehrersportfest kein Dienstunfallschutz bestand, dass also dieses Sportfest anders als andere Sportveranstaltungen keine dienstliche Veranstaltung war.
Ob der Kläger subjektiv das Lehrersportfest und die dazu gehörenden Vorrundenspiele als dienstliche Veranstaltung angesehen hat, ist unerheblich. Denn die bloße subjektive Auffassung und Vorstellung eines Beamten kann einer Veranstaltung nicht den rechtlichen Charakter einer "dienstlichen" verleihen.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 13.8.1973 - 6 C 26.70 -, a.a.O. S. 26, und vom 31.1.1974 - 2 C 7.73 -, a.a.O., S. 240.
Ende der Entscheidung
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