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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 19.12.2007
Aktenzeichen: 21d A 497/07.BDG
Rechtsgebiete: BBG, StGB, BDG


Vorschriften:

BBG § 54 Satz 3
BBG § 77
BBG § 77 Abs. 1 Satz 2
StGB § 242
StGB § 263
StGB § 266
StGB § 266 Abs. 1
BDG § 3
Das Treue- und Loyalitätsverhältnis zum Dienstherrn kann unter dem Gesichtspunkt der Daseinsvorsorge, die auch in der Form des Verwaltungsprivatrechts durch (beherrschenden) Einfluss des Staates in einer juristischen Person des Privatrechts gewährleistet werden kann, einen weitergehenden Pflichtenkanon für den beurlaubten Beamten begründen.
Tatbestand:

Der Beklagte war Fernmeldebetriebsinspektor gewesen und ist mittlerweile Ruhestandsbeamter. Er wurde im Jahr 2002 für die Dauer von 3 Jahren ohne Bezüge beurlaubt und auf der Grundlage eines mit der Deutschen Telekom AG abgeschlossenen Arbeitsvertrages als Leiter eines T-Punktes eingesetzt. Als ab Mitte des Jahres 2003 in dem T-Punkt erhebliche Handyfehlbestände auftraten, beschlossen der Beklagte und seine Mitarbeiter, diese Fehlbestände durch sog. Upgrade-Buchungen zu verschleiern. In Abgang geratene Handys wurden dergestalt in die Kasse eingebucht, als seien sie anlässlich eines Handyvertragsabschlusses (in Form einer Vertragsverlängerung) zu einem subventionierten Preis von zumeist 1 Euro an Endverbraucher abgegeben worden. Den Subventionspreis zahlten die Bediensteten sodann jeweils in die Kasse ein. Der Beklagte nahm 5 eigene Upgrade-Buchungen vor und wusste von 10 bis 20 Upgrade-Buchungen seiner Mitarbeiter. Anlässlich einer Inventur fielen diese Vorgehensweise und die Tatsache auf, dass Mitarbeiter des T-Punktes mit Wissen des Beklagten Verkaufswaren längerfristig zur privaten Nutzung mitgenommen hatten. Der Beklagte wies den Inventarprüfer darauf hin, dass er gegen einen Leihschein ein Telefongerät nach Hause mitgenommen habe; er entrichtete kurze Zeit später den Kaufpreis. In der Folgezeit wurde wegen des vorstehenden Sachverhalts die Insichbeurlaubung des Beklagten widerrufen und der mit ihm geschlossene Arbeitsvertrag gekündigt. Wegen dieser Vorfälle leitete die Staatsanwaltschaft X ein Strafverfahren u. a. gegen den Beklagten ein und erhob wegen der Upgrade-Buchungen Anklage. Die Eröffnung des Hauptverfahrens lehnte das Landgericht X rechtskräftig ab, weil weder eine Strafbarkeit wegen versuchten Betrugs noch wegen Untreue, Urkundenfälschung oder Fälschen technischer Aufzeichnungen gegeben sei. Die Klägerin leitete ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein und führte ein Ermittlungsverfahren durch. Die Disziplinarklage wies das VG ab. Die Berufung der Klägerin wurde vom OVG zurückgewiesen.

Gründe:

Ein Dienstvergehen im Sinne des § 77 BBG hat der beklagte Ruhestandsbeamte nicht begangen, da er ihm obliegende Pflichten nach dem Bundesbeamtengesetz nicht verletzt hat. Weichenstellend ist, dass der Beklagte zu der Zeit, als sich die ihm angeschuldigten Geschehensabläufe ereignet haben, als in sich beurlaubter Beamter auf der Grundlage eines privatrechtlichen Arbeitsvertrages in einem T-Punkt tätig war. Daher betrifft das disziplinarrechtlich zu beurteilende Verhalten des Beklagten seinen außerdienstlichen Pflichtenkreis.

Nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen hat die Beurlaubung eines Beamten vor allem zur Folge, dass dieser für den betreffenden Zeitraum von der ihm obliegenden Dienstleistungspflicht befreit ist, so dass eine Dienstpflichtverletzung eines beurlaubten Beamten sich aus Rechtsgründen nur als außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG darstellen kann. Demgegenüber bleibt das Treue- und Loyalitätsverhältnis zum Dienstherrn uneingeschränkt bestehen. Der Beamte bleibt beamtenrechtlich pflichtgebunden, soweit sich aus der Natur und der Art des Urlaubs (§ 13 Abs. 1 SUrlV i. V. m. § 3 Abs. 3 PostPersRG) nichts anderes ergibt. Insbesondere unterliegt er weiter den sich aus § 54 Satz 3 BBG ergebenden Dienstpflichten zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten außerhalb des Dienstes.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.3.2004 - 1 D 15.03 -, NVwZ-RR 2004, 867.

Nicht eingeschränkt wird in der Zeit der In-Sich-Beurlaubung die Pflicht zur Beachtung von Rechtsvorschriften, die - wie beispielsweise die Strafgesetze - wichtigen Gemeinschaftsinteressen dienen, als Bestandteil der Pflicht des Beamten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten. Die allgemeine Gesetzestreue eines Beamten stellt nach wie vor eine wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums dar. Ein außerdienstlicher Verstoß gegen Rechtsnormen, die wichtige Gemeinschaftsinteressen schützen, ist geeignet, das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Dienstausübung des Berufsbeamten zu erschüttern.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.10.2002 - 1 DB 10.02 -, ZBR 2003, 94, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 5.6.2002 - 2 BVR 2257/06 -, juris.

Das Treue- und Loyalitätsverhältnis zum Dienstherrn kann vorliegend nicht unter dem Gesichtspunkt der Daseinsvorsorge, die auch in Gestalt des Verwaltungsprivatrechts durch (beherrschenden) Einfluss des Staates in einer juristischen Person des Privatrechts gewährleistet werden kann, einen weitergehenden Pflichtenkanon für den beurlaubten Beamten begründen.

Vgl. für den Bereich der Abfallverwertung und -beseitigung im Wege der öffentlichen Aufgabenerfüllung durch eine GmbH mit einem Mehrheitsgesellschaftsanteil des öffentlich-rechtlichen Dienstherrn OVG NRW, Beschluss vom 1.8.2007 - 21d A 1673/05.O -.

Denn der Bund hält zwar noch Anteile an der Deutschen Telekom AG, der Bundesanteil beträgt aber seit dem Jahr 2001 weniger als 50 %.

Vgl. hierzu http://www.bundesfinanzministerium.de unter "Privatisierungs- und Beteiligungspolitik" und "Deutsche Telekom AG"; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 14.3.2006 - 1 BvR 2087/03 -, BVerfGE 115, 205 = NVwZ 2006, 1041, 1042: Ein beherrschender Einfluss des Bundes auf die Unternehmensführung der Deutschen Telekom AG ist auf Grund der Regelungen in § 3 des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost (BAPostG) und in § 32 der Satzung der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost (BAPostSa) ausgeschlossen.

Bei der Einbindung des vom Dienst beurlaubten Beamten in ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis zur Deutschen Telekom AG obliegt es allerdings zunächst dem Unternehmen, von seinen arbeitsrechtlichen Befugnissen - wie es hier geschehen ist - Gebrauch zu machen, bevor es die ihm zustehenden Dienstherrnbefugnisse wahrnimmt (vgl. Art. 143 b Abs. 3 Satz 2 GG, § 1 Abs. 1 Satz 1 PostPers-RG). Aufgabe des Bundes als Dienstherrn ist es grundsätzlich nur noch, im Rahmen seiner fortbestehenden Verantwortung Rechtsaufsicht auszuüben, und im Übrigen dann einzugreifen, wenn die privatrechtlichen Sanktionen zur Wahrung der Belange des Dienstherrn nicht ausreichen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.3.2004 - 1 D 15.03 -, a. a. O.

Bei der Prüfung des § 54 Satz 3 BBG ist bei einem außerdienstlichen Verhalten die Regelung des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG konkretisierend zu berücksichtigen. Die Erfordernisse des Berufs im Sinne von § 54 Satz 3 BBG ergeben sich aus dem "Amt" des Beamten und dem "Ansehen" des Beamtentums im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG. Die Tatbestandsmerkmale "Amt" und "Ansehen" sind daher, weil das Merkmal "dieser Beruf erfordert" ausfüllend, bereits bei der Prüfung zu würdigen, ob eine Pflichtverletzung im Sinne von § 54 Satz 3 BBG vorliegt. Unter "Amt" im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG ist dabei das Amt im konkret-funktionellen Sinn zu verstehen. Da in Fällen der Beurlaubung vom Dienst ein konkret-funktionelles Amt nicht mehr gegeben ist, kann unter diesen Umständen eine außerdienstliche Pflichtwidrigkeit grundsätzlich nur dadurch in Betracht kommen, dass das Verhalten des Beamten das berufserforderliche Ansehen des Beamtentums beeinträchtigt hat oder zumindest geeignet ist, es zu beeinträchtigen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.3.2004 - 1 D 15.03 -, a. a. O.

Der Beklagte hat wichtigen Gemeinschaftsinteressen dienende Rechtsvorschriften im Wege des ihm vorgeworfenen Verhaltens nicht verletzt.

1. Hinsichtlich der angeschuldigten fünf Upgrade-Buchungen kommt eine Strafbarkeit nach § 263 StGB nicht in Betracht. Das Landgericht hat im strafrechtlichen Zwischenverfahren in seinem das Hauptverfahren ablehnenden Beschluss zwar ohne rechtliche Bindungswirkung für das hier vorliegende Disziplinarverfahren, gleichwohl in der Sache aber überzeugend ausgeführt, dass ein Betrug nach § 263 StGB vorliegend auszuscheiden habe. Notwendiges Element für einen Betrug ist nämlich auch eine Vermögensverfügung, die hier als Unterlassen der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch die Deutsche Telekom AG in Betracht kommen kann. Das Landgericht hat hierzu zutreffend ausgeführt, wenn das irrtumsbedingte Verhalten des Geschädigten allein in dem Unterlassen liege, einen Anspruch überhaupt oder alsbald geltend zu machen, so könne eine unmittelbar vermögensmindernde Wirkung und damit eine Vermögensverfügung nur gegeben sein, wenn sich feststellen lasse, dass die Vermögenslage des Getäuschten bei rechtzeitiger Geltendmachung günstiger gewesen wäre, die Rechtsverfolgung also zu einem besseren Ergebnis geführt hätte.

Vgl. Lackner, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 10. Aufl., 1988, § 263 StGB Rdnr. 107; Cramer, in: Schönke/Schröder, Kommentar zum StGB, 27. Aufl. 2006, § 263 Rdnr. 58, m. w. N.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung von Erfolgsaussichten von Schadensersatzansprüchen gegen Personen, die für den Verlust der Handys in dem T-Punkt verantwortlich sind, ist die Zeit der Täuschungshandlungen, also - hier bezogen auf den Beklagten - der Zeitraum Juli und August 2003. Zu dieser Zeit war es noch nicht hinreichend geklärt, dass der ehemalige Mitarbeiter B. für den Fehlbestand der Handys in dem T-Punkt verantwortlich war, weil er sie entwendet hatte.

Auch eine Strafbarkeit des Beklagten wegen Untreue (§ 266 StGB) im Zusammenhang mit dem unberechtigten Upgrade-Buchungen hat der Senat nicht feststellen können. Zwar wird es im rechtlichen Ansatz zutreffend sein, mit der Klägerin davon auszugehen, dass der Beklagten als Leiter des T-Punktes eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Deutschen Telekom AG wahrzunehmen hatte.

§ 266 Abs. 1 StGB enthält zwei Tatbestände: den Missbrauchstatbestand und den Treubruchtatbestand. Die erste Alternative schützt das Vermögen vor den Gefahren, die sich aus der Einräumung von Dispositionsbefugnissen im Außenverhältnis ergeben ("... eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten"). Die zweite Alternative betrifft die Risiken, die aus der Gewährung von Dispositionsbefugnissen im Innenverhältnis resultieren ("... obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen"). Für beide Alternativen errichtet § 266 eine Vermögensbetreuungspflicht ("dessen Vermögensinteressen zu betreuen hat").

Vgl. Tröndle/Fischer, Kommentar zum StGB, 54. Aufl. 2007, § 266 Rdnr. 6.

Vorliegend haben nicht Vermögensgefahren in Rede gestanden, die sich aus einer Dispositionsbefugnis des Beklagten im Außenverhältnis ergeben haben können. Gemeint ist hier nicht ein Missverhältnis von rechtlichem Können im Außenverhältnis und einem rechtlichen Nicht-Dürfen im Innenverhältnis. In Frage kam von vornherein allein der Treubruchtatbestand. Im Hinblick darauf wird eine Vermögensbetreuungspflicht des Beklagten als damaliger Filialleiter zu bejahen sein, denn die Leitung einer Verkaufsfiliale stellt in der Regel keine nur ganz untergeordnete Tätigkeit dar. Sie umfasst vielmehr eine bestimmte Selbständigkeit und Verantwortlichkeit im Umgang mit dem anvertrauten Vermögen, typischerweise also den Waren und dem vereinnahmten Geld.

Vgl. BGH, Urteil vom 21.10.2003 - 1 StR 544/02 -, wistra 2004, 105.

Eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der T-Mobile Deutschland GmbH scheidet entgegen der Auffassung der Klägerin hingegen aus. Die vorstehend beschriebenen Pflichten haben in diesem Verhältnis nicht bestanden, zumal wenn eine Geschäftsbesorgung wesentliches und charakteristisches Merkmal der Beziehung zwischen den Beteiligten ist.

Vgl. Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, a. a. O., § 266 Rdnr. 23 a ff., m. w. N.

Die gegenüber der Deutschen Telekom AG bestehende Vermögensbetreuungspflicht dürfte der Beklagte auch durch die unberechtigten Upgrade-Buchungen verletzt haben. Vertiefende Ausführungen hierzu bedarf indessen nicht. Denn die Upgrade-Buchungen bewirkten - wie die Prozessbevollmächtigte der Klägerin 2007 näher ausgeführt hat - eine Nachbestellung des entsprechenden Artikels. In der Nachlieferung von Waren kann aber ein Vermögensnachteil oder eine schadensgleiche Vermögensgefährdung - zur schadensgleichen Vermögensgefährdung vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2006 - 2 StR 499/05 -, NJW 2007, 1760 - nicht erblickt werden. Denn die Waren wurden dem Berechtigten nicht aufgrund der Nachbestellung entzogen. Unmittelbare Folge des pflichtwidrigen Handelns des Beklagten war allein die Beseitigung des Handy-Fehlbestands. Dass die neugelieferten Handys gefährdet waren, von dem Mitarbeiter B. entwendet zu werden, war dem Beklagten zum Zeitpunkt der unberechtigten Upgrade-Buchungen im Sommer 2003 nicht bekannt. Gegenteilige Feststellungen hat der Senat auch nicht treffen können.

Aber auch, soweit ein pflichtwidriges Unterlassen in Rede steht, kann der Senat eine Untreue des Beklagten nicht bejahen. Der Vorwurf der Klägerin geht dahin, dass der Beklagte nach Bekanntwerden von illegalen Vorkommnissen im Herbst 2003 in der von ihm geleiteten Filiale gebotenes Einschreiten unterlassen habe, in Kenntnis dessen, dass im T-Punkt gestohlen worden sei. Allerdings war der Beklagte seit Ende August 2003 bis Ende September 2003 im Urlaub, so dass ohnehin nur ein knapper Zeitraum von Anfang Oktober bis Mitte November 2003 als Tatzeitraum in Frage kommt.

Da die Treupflicht eine gesteigerte Garantenpflicht darstellt, kann die Untreuehandlung sowohl darin bestehen, dass der Täter eine Gelegenheit zur Vermögensmehrung nicht ausnutzt, als auch darin, dass er innerhalb der sachlichen und zeitlichen Grenzen seiner Aufgaben Vermögenswerte nicht vor Schäden schützt, und zwar gleichgültig ob ein Schaden aufgrund natürlicher Ursachen oder durch das Handeln anderer droht. Erforderlich ist eine besonders qualifizierte Garantenbeziehung zu dem fremden Vermögen, die auch die Verfolgung der wirtschaftlichen Ziele des Geschäftsherrn umfasst und damit in der Regel zugleich auf eine Vermögensvermehrung gerichtet ist. Beim Umgang mit fremdem Bargeld, fremden Waren etc. bedeutet dies - wie im Ansatz bereits dargelegt -, dass dem Täter nicht nur Allein- oder jedenfalls untergeordneter Mitgewahrsam hieran, sondern zugleich auch ein gewisses Maß an Dispositionsbefugnis bei seiner Ausübung eingeräumt sein muss. Als Täter des Treubruchtatbestands scheiden deshalb all diejenigen aus, die ausschließlich nach festen und detaillierten Regeln Geschäfte abzuschließen oder abzuwickeln haben und denen, soweit sie nicht bloße Gewahrsamsdiener sind, der Gewahrsam an Waren, Geld etc. nur für diese eng begrenzten Zwecke und den dafür erforderlichen Zeitraum eingeräumt ist.

Eine besonders qualifizierte Garantenstellung mit hinreichend bestehender Selbständigkeit des Pflichtigen wird hier im Verhältnis zur Deutschen Telekom AG, aber nicht im Verhältnis zu T-Mobile zu bejahen sein, zumal dem Beklagten im Rahmen vorgegebener Ziele und allgemeiner Richtlinien, Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen (etwa hinsichtlich der Festlegung der Schichtpläne für seine Mitarbeiter und der Beurteilungen der Mitarbeiter) gelassen wurde, so dass ihm die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet war.

Vgl. hierzu allgemein Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, a. a. O., § 266 Rdnr. 23 a, m. w. N.

Ein Pflichtenverhältnis zu T-Mobile scheidet hingegen mangels vertraglicher Beziehung von vornherein aus. Auch bestand kein Vertragsverhältnis zwischen dem Beklagten und T-Mobile im Sinne eines Kommissionsvertrags (§§ 383 ff. HGB).

Vgl. hierzu etwa OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.7.1999 - 2b Ss 182/99 - 66/99 I -, NJW 2000, 529.

Ebenso hat die Klägerin ein faktisches Treueverhältnis zwischen ihnen nicht nachvollziehbar dargelegt. Auch die insoweit getroffene Vereinbarung zwischen dem damaligen Verkaufsleiter, dem Zeugen ..., und dem Beklagten vom 30. Juli 2002 hilft hier entgegen der Auffassung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht weiter, da gerade keine Vereinbarung zwischen T-Mobile und dem Beklagten getroffen worden ist und - zudem - "Gegenstand des Commitments" die Festlegung von Parametern für die Vermarktung von subventionierten Endgeräten in Verbindung mit der Generierung von Anschlussvertragsverhältnissen ("Endgeräte-Bundles") war. T-Mobile unmittelbar betreffende Drittrechte und -pflichten sind in der Vereinbarung nicht begründet worden.

Der Senat muss auch nicht abschließend klären, ob ein Nachteil im Sinne des Untreuetatbestandes zu bejahen ist. Der Begriff des Nachteils ist gleichbedeutend mit dem des Vermögensschadens in § 263 StGB, so dass eine rechtlich-wirtschaftliche Vermögensauffassung maßgeblich ist.

Vgl. etwa Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, a. a. O., § 266 Rdnr. 39, m. w. N.

Er kann auch im Ausbleiben einer Vermögensvermehrung liegen.

Vgl. Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, a. a. O., § 266 Rdnr. 46, m. w. N.

Nach dem Wortlaut des § 266 StGB kann ein Schaden nur zum Nachteil desjenigen von Bedeutung sein, dem gegenüber eine Vermögensbetreuungspflicht wahrzunehmen war. Insofern kam als Geschädigter hier allein die Deutsche Telekom AG in Betracht, die gleichwohl, obzwar nicht ihre Waren betroffen waren, sondern die von T-Mobile, einen Schaden erlitten hat, weil entsprechend der "Zusatzvereinbarung 2 Endgeräte und Zubehör für T-Com/SH" zum Kooperationsvertrag Inventurdifferenzen von der Deutschen Telekom AG der T-Mobile Deutschland GmbH zu ersetzen waren.

Eine Verwirklichung des Untreuetatbestandes scheitert indessen an seinem subjektiven Tatbestand. Der Vorsatz des Täters, der ein Willens- sowie ein Wissenselement enthält, muss neben der Pflichtverletzung die Zufügung des Vermögensnachteils umfassen. An seine Bejahung sind insbesondere in Fällen, in denen es - wie hier - an einem eigensüchtigen Handeln fehlt, strenge Anforderungen zu stellen.

Vgl. etwa BGH, Urteil vom 27.2.1975 - 4 StR 571/74 -, NJW 1975, 1234; Beschluss vom 25.5.2007 - 2 StR 469/06 -, wistra 2007, 384.

Da vorliegend für absichtliches Handeln oder Handeln mit direktem Vorsatz nichts ersichtlich ist, konnte sich die weitere Prüfung auf die Frage beschränken, ob der Beklagte mit Eventualvorsatz gehandelt hat, der von einer bewussten Fahrlässigkeit abzugrenzen ist. Ein Handeln mit bedingtem Vorsatz war aber nicht feststellbar.

Die Schuldformen des bedingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlässigkeit unterscheiden sich lediglich darin, dass der bewusst fahrlässig Handelnde mit der als möglich erkannten Folge nicht einverstanden ist und deshalb auf ihren Nichteintritt vertraut, während der bedingt vorsätzlich Handelnde mit dem Eintreten des schädlichen Erfolges in der Weise einverstanden ist, dass er ihn billigend in Kauf nimmt oder dass er sich wenigstens mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet. Da die Grenzen dieser beiden Schuldformen eng beieinander liegen, müssen die Merkmale der inneren Tatseite besonders sorgfältig durch tatsächliche Bestandteile aufgelöst werden. Weiß ein Täter um die Pflichtwidrigkeit seines Handelns, so ergibt sich allein daraus noch nicht, dass er den möglichen Erfolg billigt.

Vgl. BGH, Beschluss vom 20.11.1986 - 4 StR 633/86 -, NStZ 1987, 362.

Hiervon ausgehend hat der Beklagte nicht vorsätzlich der Deutschen Telekom AG einen Vermögensnachteil zugefügt. Der Senat hat nicht feststellen können, dass der Beklagte überhaupt von der kooperationsvertraglichen Vereinbarung zwischen der Deutschen Telekom AG und der T-Mobile Deutschland GmbH wusste. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte angegeben, sich seinerzeit keinerlei Gedanken darüber gemacht zu haben, wen der mit dem Fehlbestand einhergehende Schaden treffen würde. Er habe zwar im Jahre 2003 gewusst, dass die Handys keine Ware der Telekom seien, sondern es sich um Ware der T-Mobile gehandelt habe. Hieraus lässt sich aber nicht ableiten, dass der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt einordnen konnte, wem ein Schaden entstanden sein könnte, insbesondere ob (auch) die Deutsche Telekom AG ein finanzieller Nachteil bei einem Verlust von Handys treffen würde. Auch der Zeuge ... konnte nicht bestätigen, dass der Beklagte von der Verpflichtung der Deutschen Telekom AG Kenntnis hatte, Inventurdifferenzen T-Mobile ersetzen zu müssen. Er hat lediglich angegeben, hiervon hätte der Beklagte Kenntnis haben müssen, weil die Frage dieser Verbindlichkeiten Inhalt von Fortbildungsveranstaltungen gewesen sei. Ob und in welchem Umfang der Beklagte hieran teilgenommen hatte, konnte der Zeuge jedoch nicht mitteilen. Alles in allem war nicht feststellbar, dass der Beklagte um die Verpflichtung der Deutschen Telekom AG wusste, Inventurdifferenzen bei Endgeräten und Zubehör T-Mobile zu den gültigen Einstandspreisen ersetzen zu müssen. Nach Maßgabe des auch im Verfahren nach dem Bundesdisziplinargesetz fortgeltenden Grundsatz "in dubio pro reo" - BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 = NVwZ 2006, 469; vgl. auch BT-Drucks. 14/4659 S. 35 - zu § 3 BDG - konnte daher ein (außerdienstliches) Dienstvergehen insoweit nicht bejaht werden.

2. Die Mitnahme des Telefongeräts Ende August 2003 hat ebenfalls nicht gegen die Wohlverhaltenspflicht des § 54 Satz 3 BBG verstoßen. Strafrechtlicher Anknüpfungspunkt kann § 242 StGB (Diebstahl) oder § 246 StGB (Unterschlagung) sein. Gemeinsames Merkmal ist - soweit hier von Belang - die Zueignung der Sache. Um den Zueignungsbegriff zu erfüllen, bedarf es einer - wenn auch nur vorübergehenden - Aneignung der Sache verbunden mit ihrer - auf Dauer angelegten - Enteignung.

Vgl. hierzu näher Eser, in: Schönke/Schröder, a. a. O. § 242 Rdnr. 47, m. w. N.

Unabhängig davon, ob und in welchem Umfang es eine von dem Zeugen ... (geduldete) Entleihpraxis in den T-Punkt-Filialen im Bereich ... gegeben hat, scheidet eine Enteignung des Berechtigten hier aus. Sie ist von dem Gebrauch der Sache (hier: die Telefonanlage) abzugrenzen und kommt in Betracht, wenn der Wert der Sache durch den Gebrauch teilweise oder ganz entzogen worden ist. Dann muss dabei die Wertminderung über unwesentliche Einbußen hinausgehen. Ein Verbrauch kann etwa dann anzunehmen sein, wenn bereits aufgrund der vorübergehenden Benutzung aus dem fabrikneuen Gegenstand eine nur noch zu einem reduzierten Preis verkäufliche Gebrauchssache wird.

Vgl. Eser, in: Schönke/Schröder, a. a. O., § 242 Rdnr. 53, m. w. N.

Der Beklagte hatte allerdings die Telefonanlage nach Mitnahme nicht ausgepackt und nicht - wie er es nach seinem nicht wiederlegten Vorbringen versuchen wollte - auf ihre Gebrauchsfähigkeit in seinem neuen Haus getestet. Nicht nur ein Wertverlust der Sache aufgrund ihres Gebrauchs scheidet demnach aus, sondern eine Zueignung der Sache überhaupt. Der äußere Umstand, dass der Beklagte (als möglicher Kunde) Ende August 2003 einen Leihschein ausgefüllt hat, spricht entscheidend gegen eine Zueignung der Sache. Auch wäre es für den Beklagten in der Tat ein Leichtes gewesen, den Leihschein gar nicht auszufüllen und die Telefonanlage einfach mitzunehmen. Der Beklagte dürfte - hierauf weist das Verwaltungsgericht zu Recht hin - in diesem Fall nach der Lebenserfahrung unentdeckt geblieben sein.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat sich der Beklagte auch nicht der Untreue schuldig gemacht, weil Mitarbeiter des T-Punktes Handelsware mitgenommen hatten. Dass die Mitnahme unter Umständen strafrechtlich relevantes Zueigungsgeschehen darstellte, war dem Beklagten nicht bekannt, jedenfalls ist dies ihm nicht nachweisbar. Er hat nur eingeräumt, dass "das Ausleihen von Handelsware" geübte Praxis im T-Punkt gewesen sei. Abgesehen hiervon erfolgte die Mitnahme von Produkten durch die Mitarbeiter des T-Punktes wohl überwiegend ohne Ausfüllen eines Entleihscheins, so dass nicht feststellbar ist, dass der Beklagte von den Mitnahmen überhaupt nähere Kenntnis hatte. Entleihscheine sind von Mitarbeitern des T-Punktes im großen Umfang nachträglich erst im November 2003 ausgefüllt worden.

Ende der Entscheidung

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