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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 19.12.2007
Aktenzeichen: 21d A 767/07.BDG
Rechtsgebiete: BBG, StGB, BDG


Vorschriften:

BBG § 77
BBG § 54 Satz 2
BBG § 54 Satz 3
BBG § 55 Satz 2
StGB § 263
StGB § 266
StGB § 266 Abs. 1
StGB § 242
StGB § 246
BDG § 85
Die von der Schwere eines Dienstvergehens (hier: Zugriffsdelikt) ausgehende Indizwirkung kann u.U. entfallen, wenn Entlastungsgründe vorliegen, die in ihrer Gesamtheit geeignet sind, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen (hier: keine Aufsicht durch den vorgesetzten Filialleiter, so dass die Hemmschwelle zur Verwirklichung eines Dienstvergehens abgesunken war).
Tatbestand:

Der Beklagte steht als Lebenszeitbeamter im Dienst der Klägerin. Seit April 2002 war er als Fachverkäufer in einem T-Punkt der Deutschen Telekom AG tätig. Als ab Mitte des Jahres 2003 im T-Punkt erhebliche Handy-Fehlbestände auftraten, beschlossen die Mitarbeiter in dem T-Punkt, diese Fehlbestände durch sog. Upgrade-Buchungen zu verschleiern. In Abgang geratene Handys wurden dergestalt in die Kasse eingebucht, als seien sie anlässlich eines Handy-Vertragsabschlusses zu einem subventionierten Preis von zumeist 1 Euro an Endverbraucher abgegeben worden. Den Subventionspreis zahlten die Bediensteten sodann jeweils in die Kasse ein. Der Beklagte nahm ca. 7 bis 8 eigene Upgrade-Buchungen vor. Anlässlich einer Inventur fielen diese Vorgehensweise und die Tatsache auf, dass Mitarbeiter des T-Punktes mit Wissen des Leiters Verkaufswaren längerfristig zur privaten Nutzung mitgenommen hatten. Auch der Beklagte hatte Verkaufswaren mit nach Hause genommen. Ein Leihschein für diese Waren wurde erst am Inventurtag ausgefüllt. Wegen dieser Vorfälle leitete die Staatsanwaltschaft X ein Strafverfahren u.a. gegen den Beklagten ein und erhob wegen der Upgrade-Buchungen Anklage. Die Eröffnung des Hauptverfahrens lehnte das Landgericht X rechtskräftig ab, weil weder eine Strafbarkeit wegen versuchten Betrugs noch wegen Untreue, Urkundenfälschung oder Fälschen technischer Aufzeichnungen gegeben sei. Die Klägerin leitete ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein, führte ein Ermittlungsverfahren durch und erhob Disziplinarklage. Das VG verurteilte den Beklagten zu einer Geldbuße in Höhe von 250 Euro. Auf die Berufung der Klägerin änderte das OVG das Urteil ab und stufte den Beklagten wegen eines Dienstvergehens in das Amt eines Fernmeldesekretärs (Besoldungsgruppe A 6 BBesO) zurück.

Gründe:

Der Beklagte hat ihm obliegende Pflichten nach dem Bundesbeamtengesetz schuldhaft verletzt und ein Dienstvergehen im Sinne des § 77 BBG begangen.

Zutreffend hat das VG hinsichtlich der Upgrade-Buchungen einen Verstoß gegen die Gehorsamspflicht aus § 55 Satz 2 BBG bejaht, weil sich der Beklagte über eine Anordnung seines Dienstvorgesetzten hinweggesetzt hat, wonach Handys zum Subventionspreis nur im Falle eines Handy-Vertragsabschlusses oder einer entsprechenden Vertragsverlängerung abgegeben werden dürfen. Über diese Anordnung setzte sich der Beklagte vorsätzlich und somit schuldhaft hinweg, als er Upgrade-Buchungen vornahm, um Handy-Fehlbestände buchungstechnisch zu verschleiern. Ein Vertragsschluss oder eine Vertragsverlängerung lagen den Buchungen nicht zugrunde.

1. Ein Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht des § 54 Satz 3 BBG ist im Hinblick auf die Upgrade-Buchungen aber nicht feststellbar. Eine Strafbarkeit nach § 263 StGB sowie nach § 266 StGB kommt nicht in Betracht.

Das Landgericht hat im strafrechtlichen Zwischenverfahren in seinem das Hauptverfahren ablehnenden Beschluss zwar ohne rechtliche Bindungswirkung für das hier vorliegende Disziplinarverfahren, gleichwohl in der Sache aber überzeugend ausgeführt, dass ein Betrug nach § 263 StGB vorliegend auszuscheiden habe. Notwendiges Element für einen Betrug ist nämlich auch eine Vermögensverfügung, die hier als Unterlassen der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch die Deutsche Telekom AG in Betracht kommen kann. Das Landgericht hat hierzu zutreffend ausgeführt, wenn das irrtumsbedingte Verhalten des Geschädigten allein in dem Unterlassen liege, einen Anspruch überhaupt oder alsbald geltend zu machen, so könne eine unmittelbare vermögensmindernde Wirkung und damit eine Vermögensverfügung nur gegeben sein, wenn sich feststellen lasse, dass die Vermögenslage des Getäuschten bei rechtzeitiger Geltendmachung günstiger gewesen wäre, die Rechtsverfolgung also zu einem besseren Ergebnis geführt hätte.

Vgl. Lackner, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 10. Aufl., 1988, § 263 Rdnr. 107; Cramer, in: Schönke/Schröder, Kommentar zum StGB, 27. Aufl. 2006, § 263 Rdnr. 58, m.w.N.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung von Erfolgsaussichten von Schadensersatzansprüchen gegen Personen, die für den Verlust der Handys in dem T-Punkt verantwortlich sind, ist die Zeit der Täuschungshandlungen, also zunächst der Zeitraum Juli und August 2003. Zu dieser Zeit war es noch nicht hinreichend geklärt, dass der ehemalige Mitarbeiter B. für den Fehlbestand der Handys in dem T-Punkt verantwortlich war, weil er sie entwendet hatte. Nach den Angaben des Beklagten sind auch in der Folgezeit unberechtigt Upgrade-Buchungen bis zur Inventur im November 2003 vorgenommen worden. Nicht feststellbar war hingegen, ob der Beklagte selbst noch Upgrade-Buchungen vorgenommen hatte. Hierauf kommt es aber nicht entscheidend an. Ein Betrug zu Lasten der Deutschen Telekom AG scheidet deshalb aus, weil nicht hinreichend sicher zu erkennen ist, dass die Rechtsverfolgung durch die Deutsche Telekom AG in der Zeit von September bis November 2003 zu einem besseren finanziellen Ergebnis geführt hätte.

Auch eine Strafbarkeit des Beklagten wegen Untreue (§ 266 StGB) im Zusammenhang mit dem unberechtigten Upgrade-Buchungen hat der Senat nicht feststellen können. Der Beklagte hatte bereits eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Deutschen Telekom AG und der T-Mobile Deutschland GmbH nicht wahrzunehmen.

§ 266 Abs. 1 StGB enthält zwei Tatbestände: den Missbrauchstatbestand und den Treubruchtatbestand. Die erste Alternative schützt das Vermögen vor den Gefahren, die sich aus der Einräumung von Dispositionsbefugnissen im Außenverhältnis ergeben ("... eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten"). Die zweite Alternative betrifft die Risiken, die aus der Gewährung von Dispositionsbefugnissen im Innenverhältnis resultieren ("... obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen"). Für beide Alternativen errichtet § 266 eine Vermögensbetreuungspflicht ("dessen Vermögensinteressen zu betreuen hat").

Vgl. Tröndle/Fischer, Kommentar zum StGB, 54. Aufl. 2007, § 266 Rdnr. 6.

Vorliegend haben nicht Vermögensgefahren in Rede gestanden, die sich aus einer Dispositionsbefugnis des Beklagten im Außenverhältnis ergeben haben können. Gemeint ist hier nicht ein Missverhältnis von rechtlichem Können im Außenverhältnis und einem rechtlichen Nicht-Dürfen im Innenverhältnis. In Frage kam von vornherein allein der Treubruchtatbestand.

Der jeweilige Aufgabenkreis und der Umfang der Befugnisse des Beschäftigten bedarf näherer Feststellungen, um die Frage einer Vermögensbetreuungspflicht beantworten zu können. Eine Geschäftsbesorgung kann wesentliches und charakteristisches Merkmal der Beziehung zwischen den Beteiligten sein.

Vgl. Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, a.a.O., § 266 Rdnr. 23 a ff., m.w.N.

Einen entsprechenden eine Vermögensbetreuungspflicht begründenden Sachverhalt hat die Klägerin weder im Verhältnis zur Deutschen Telekom AG noch im Verhältnis zur T-Mobile Deutschland GmbH schlüssig aufgezeigt. Abgesehen hiervon hat der Senat ein solches Pflichtenverhältnis auch nicht erkennen können.

Beim Umgang mit fremdem Bargeld, fremden Waren etc. ist Voraussetzung, dass dem Täter nicht nur Allein- oder jedenfalls untergeordneter Mitgewahrsam hieran, sondern zugleich auch ein gewisses Maß an Dispositionsbefugnis bei seiner Ausübung eingeräumt sein muss. Als Täter des Treubruchtatbestands scheiden deshalb all diejenigen aus, die ausschließlich nach festen und detaillierten Regeln Geschäfte abzuschließen oder abzuwickeln haben und denen, soweit sie nicht bloße Gewahrsamsdiener sind, der Gewahrsam an Waren, Geld etc. nur für diese eng begrenzten Zwecke und den dafür erforderlichen Zeitraum eingeräumt ist.

Vgl. Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, a.a.O., § 266 Rdnr. 23 a.

Der Beklagte war zwar für die Materialbeschaffung und die Kontrolle des Materialflusses verantwortlich. Eine hinreichend bedeutsame und selbständige Pflicht des Beklagten gegenüber der Deutschen Telekom AG mit ausreichender Dispositionsbefugnis lässt sich aus dem Aufgabenzuschnitt des Beklagten nicht begründen. Es ist außerdem nicht ersichtlich, dass der Beklagte eine Untreue vorsätzlich begangen haben könnte. Vorsätzliches Handeln hätte sich auch auf darauf beziehen müssen, dass der Deutschen Telekom AG, obgleich nicht ihre Ware, sondern die von T-Mobile betroffen war, ein Vermögensnachteil zugefügt wurde. Es ist aber nicht feststellbar, dass der Beklagte überhaupt von der kooperationsvertraglichen Vereinbarung zwischen der Deutschen Telekom AG und der T-Mobile Deutschland GmbH wusste, wonach die Deutsche Telekom AG verpflichtet ist, Inventurdifferenzen bei Endgeräten und Zubehör (hier bei den Handys) der T-Mobile Deutschland GmbH zu den gültigen Einstandspreisen zu ersetzen. Deshalb scheidet ebenfalls Beihilfe zur Untreue aus. Der ehemalige Filialleiter des T-Punktes hat sich einer Untreue gegenüber der Deutschen Telekom AG nicht schuldig gemacht, weil auch er nicht vorsätzlich gehandelt hat. Schließlich scheidet eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der T-Mobile Deutschland GmbH aus. Die vorstehend beschriebenen Pflichten haben für den Beklagten in diesem Verhältnis nicht bestanden.

2. Der Beklagte hat auf Grund der Mitnahme der beiden Computerspiele ab Dezember 2002, des CD-Brenners im April oder Mai 2003 sowie eines Organizers zu einem nicht bekannten Zeitpunkt gegen die Wohlverhaltenspflicht des § 54 Satz 3 BBG verstoßen.

Strafrechtlicher Anknüpfungspunkt ist entweder § 242 StGB (Diebstahl), falls Zueignungsabsicht zum Zeitpunkt der Wegnahme der Sache vorgelegen hat, oder § 246 StGB (Unterschlagung), falls die Zueignung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt ist. Der Senat muss sich hierzu nicht festlegen, da der schuldhaft handelnde Beklagte ein sogenanntes Zugriffsdelikt begangen hat. Ein solches Delikt liegt vor, wenn ein Beamter auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift und damit den wertmäßigen Bestand der von ihm geführten Kasse unmittelbar verkürzt.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 17.1.1995 - 1 D 59.94 -, Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 1 und vom 8.10.1996 - 1 D 102.95 -, DokBer B 1997, 53.

Die Einstufung als Zugriffsdelikt ist unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung. Es kommt also nicht darauf an, ob der Beamte dienstliche Gelder oder Sachen mit Geldwert etwa durch Betrug, Diebstahl, Untreue, Unterschlagung erlangt hat.

Vgl. Köhler/Ratz, BDG, Kommentar, 3. Auflage 2003, S. 269 f., m.w.N.

Hier liegt ein eigennütziger Zugriff auf amtlich anvertraute oder zugängliche Waren vor, weil sich der Beklagte durch unmittelbaren Zugriff auf dienstliche Sachen unrechtmäßig bereichert hat. Es hat nicht nur ein Gebrauch der mitgenommenen Sachen vorlegen, sondern er hat sie sich im Sinne von §§ 242, 246 StGB zugeeignet. Eine von dem Bereichsleiter, dem Zeugen B, erlaubte oder geduldete Entleihpraxis dergestalt, dass Mitarbeiter des T-Punktes Waren über einen langen Zeitraum sich hatten ausleihen dürfen, gab es nicht. Nach seiner Aussage bestand für Mitarbeiter noch nicht einmal die Erlaubnis, Produkte aus Gründen der Fortbildung mit nach Hause zu nehmen und sich mit ihrer Anwendung vertraut zu machen. Soweit der ehemalige Filialleiter, der Beklagte in dem Verfahren 21d A 497/07.BDG, Kenntnis davon hatte, dass Handelsware von Mitarbeitern ausgeliehen wurde, kann dies dem Beklagten dieses Verfahrens nicht zum Vorteil gereichen, weil eine langandauernde Ausleihe mit einem - wie hier gegebenen strafrechtlich relevanten - Verbrauch der Sache in diesem Umstand nicht ihre Rechtfertigung finden kann.

Vom strafrechtlich grundsätzlich unerheblichen Gebrauch einer fremden Sache (furtum usus) ist ihr Verbrauch abzugrenzen. Um den strafrechtlich relevanten Zueignungsbegriff zu erfüllen, bedarf es einer - wenn auch nur vorübergehenden - Aneignung der Sache verbunden mit ihrer - auf Dauer angelegten - Enteignung.

Vgl. hierzu näher Eser, in: Schönke/Schröder, a.a.O., § 242 Rdnr. 47, m.w.N.

Im letzteren Fall kommt eine Enteignung des Berechtigten in Betracht, wenn der Wert der Sache durch den Gebrauch teilweise oder ganz entzogen worden ist. Dann muss dabei die Wertminderung über unwesentliche Einbußen hinausgehen. Ein Verbrauch kann etwa dann anzunehmen sein, wenn bereits auf Grund der vorübergehenden Benutzung aus dem fabrikneuen Gegenstand eine nur noch zu einem reduzierten Preis verkäufliche Gebrauchssache wird.

Vgl. Eser, in: Schönke/Schröder, a.a.O., § 242 Rdnr. 53, m.w.N.

Anders als im Verfahren ehemaligen Filialleiters des T-Punktes, der die entnommene Telefonanlage nicht ausgepackt hatte, ein Wertverlust auf Grund eines Gebrauchs also ausscheidet, liegt hier ein Gebrauch mit anschließendem Verbrauch der ausgeliehenen Sachen vor. Der Wert der Elektronikprodukte, der einem raschen Preisverfall unterliegt, ist durch den Gebrauch teilweise oder ganz entzogen worden. Denn aus den fabrikneuen Gegenständen wurden aufgrund der Benutzung nur noch zu einem reduzierten Preis verkäufliche Gebrauchssachen. Ob der Beklagte die mitgenommenen Sachen überhaupt zurückgeben wollte, musste daher nicht geklärt werden. Gegen einen Rückgabewillen spricht allerdings die lange Fortdauer des Besitzes sowie der Umstand, dass der Beklagte Leihscheine für diese Waren zum Zeitpunkt der Mitnahme nicht ausgefüllt hatte. Dies geschah erst am Inventurtag im November 2003.

...

3. Gegen den Beamten war daher eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen. Nach Abwägung der für und gegen den Beamten sprechenden Umstände hält der Senat die Zurückstufung in das Amt eines Fernmeldesekretärs (Besoldungsgruppe A 6 BBesO) für ausreichend, aber auch erforderlich. Bei der Maßnahmebemessung hat sich der Senat von den nachstehend wiedergegebenen Überlegungen leiten lassen:

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Ein Beamter, der durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Der Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3.5.2007 - 2 C 30.05 -, NVwZ 2007, 1196.

Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.

Vgl. BVerfG, 2. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 8.12.2004 - 2 BvR 52/02-, NJW 2005, 1344, 1346.

Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (z.B. materieller Schaden). Zudem kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme auch auf die persönlichen Verhältnisse und das sonstige dienstliche Verhalten des Beamten vor, bei und nach dem Dienstvergehen an, insbesondere auf die Frage, ob es mit seinem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder davon abweicht.

Vgl. hierzu eingehend BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, NVwZ 2006, 469, 471 f.; Urteil vom 22.6.2006 - 2 C 11.05 -, ZBR 2006, 385.

Bei der Bestimmung des Disziplinarmaßes ist auf die einzelnen Geschehenskomplexe abzustellen. Im Vordergrund steht insoweit das Zugriffsdelikt der Mitnahme der Elektroprodukte in einem Wert von 268,89 Euro, was als ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen im Kernbereich der Aufgaben des Beklagten zu werten ist. Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen regelmäßig geeignet, das Vertrrauensverhältnis zu zerstören, vgl. BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 19.2.2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 f., m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 15.8.2007 - 21d A 3599/06.BDG -, JURIS, so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur die sogenannten anerkannten Milderungsgründe dar. Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben; sie müssen in ihrer Gesamtheit geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf der Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände. Entlastungsgründe sind bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, NVwZ 2006, 469, 471 f. und vom 10.1.2007 - 1 D 15.05 -, Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 14.

Von der Höchstmaßnahme kann hier abgesehen werden.

Als durchgreifende Entlastungsgründe kommen vor allem die Milderungsgründe in Betracht, die in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des BVerwG zu den Zugriffsdelikten entwickelt worden sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3.5.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 695.

Der Beamte kann sich indes nicht auf einen der anerkannten Milderungsgründe berufen. Das Vorliegen des Milderungsgrundes der Geringwertigkeit der Sache ist zu verneinen, weil angesichts der zugeeigneten Waren mit einem Wert von 268,89 Euro die Grenze zu einer nicht mehr geringwertigen Sache, die ohne starre Festsetzung bei etwa 50 Euro liegt, vgl. BVerwG, Urteil vom 11.6.2002 - 1 D 31.01 -, NVwZ 2003, 108, 109; OVG NRW, Urteil vom 22.2.2006 - 21d A 2732/04.O -, RiA 2007, 134, deutlich überschritten ist. Ausnahmen von der Entfernung aus dem Dienst sind nach ständiger Rechtsprechung auch möglich, wenn ein weiterer anerkannter Milderungsgrund greift. Das kann der Fall sein bei einem Handeln aus einer unverschuldeten, unausweichlichen wirtschaftlichen Notlage, bei einer einmaligen unbedachten Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation oder wenn die Tat als Folge einer psychischen Zwangssituation des Täters zu werten wäre, oder wenn der Täter den Schaden vor Entdeckung wieder gutgemacht oder sich wenigstens dem Dienstherrn offenbart hat.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 3.9.1991 - 1 D 15.91 -, DokBer B 1992, 93; Urteil vom 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, NVwZ 2006, 469, 471 f.

So liegt es hier nach Lage des Falles aber nicht. Entsprechende Milderungsgründe hat der Beklagte auch nicht schlüssig aufgezeigt.

Die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung kann auch entfallen, wenn anderweitige Entlastungsgründe vorliegen, die in ihrer Gesamtheit geeignet sind, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf der Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände. Entlastungsgründe sind bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 20.1.2005 - 2 C 12.04 -, NVwZ 2006, 469, 471 f., vom 10.1.2007 - 1 D 15.05 -, Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 14, und vom 3.5.2007 - 2 C 30.05 -, NVwZ 2007, 1196, - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 695.

Solche Umstände liegen hier vor. Sie können hauptsächlich darin erblickt werden, dass in dem T-Punkt mit Duldung des Filialleiters eine Praxis eingerissen war, Waren dem Bestand für eigene Zwecke zu entnehmen; sogar der Filialleiter selbst hatte Waren aus dem Bestand des T-Punktes entnommen, was allerdings mit Leihschein und mit dem Ziel geschah, diese ggf. zu kaufen. Es hatte sich daher im T-Punkt für die dortigen Mitarbeiter offenbar eine Gruppendynamik entwickelt, der auch der Beklagte erlegen war. Eine tatsächlich ausgeübte Aufsicht durch den vorgesetzten Filialleiter bestand insoweit nicht mehr, so dass die Hemmschwelle zur Verwirklichung eines Dienstvergehens abgesunken war. Zugunsten des Beklagten ist ferner berücksichtigen, dass sein Persönlichkeitsbild keine härtere Ahndung erfordert. Insoweit ist in die Bewertung einzustellen, dass der Beklagte bislang seinen Dienst im Wesentlichen tadelsfrei verrichtet hat und disziplinar nicht vorbelastet ist. Das Vertrauen des Dienstherrn ist durch das Dienstvergehen des Beklagten zwar beeinträchtigt worden. Das Vertrauen seines Dienstherrn ist aber nicht endgültig verloren, da die Vertrauensbasis wiederherstellbar ist. Soweit der Beklagte im Hinblick auf die unberechtigten Upgrade-Buchungen ein zusätzliches innerdienstliches Dienstvergehen begangen hat, hat es sich auf das Disziplinarmaß nicht weiter ausgewirkt. Deshalb hat der Senat eine Zurückstufung des Beklagten als ausreichend angesehen, um dem Beklagten die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens nachhaltig vor Augen zu führen und ihn anzuhalten, künftig seine Beamtenpflichten strikt zu beachten.

Ende der Entscheidung

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