Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 30.07.2008
Aktenzeichen: 4 B 2056/07
Rechtsgebiete: EG, GlüStV, GG, StGB


Vorschriften:

EG Art. 43
EG Art. 49
GlüStV § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3
GG Art. 12 Abs. 1
StGB § 284 Abs. 1
Zur Zulässigkeit der Vermittlung von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008.
Tatbestand:

Der Antragsgegner untersagte der Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Vermittlung von Sportwetten an einen Wettveranstalter, der seinen Sitz in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union hat. Dem dagegen gerichteten vorläufigen Rechtsschutzantrag gab das VG statt. Auf die Beschwerde des Antragsgegners änderte das OVG den Beschluss und lehnte den Antrag ab.

Gründe:

(...)

Das VG hat dem einstweiligen Rechtsschutzantrag zu Unrecht entsprochen.

Nach der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung spricht Alles dafür, dass sich die streitige Ordnungsverfügung des Antragsgegners im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweist (a). Eine dies zu Grunde legende Abwägung des Suspensivinteresses der Antragstellerin und der für die Vollziehung der angegriffenen Ordnungsverfügung streitenden öffentlichen Interessen geht zu Lasten der Antragstellerin aus (b).

a) Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es bei Untersagungsanordnungen der vorliegenden Art maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, hier also auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats, ankommt.

Vgl. Senatsbeschluss vom 18.4.2007 - 4 B 1246/06 - Juris Rn. 55 f., m.w.N.; vgl. ferner (für eine finanzdienstaufsichtsrechtliche Verfügung) BVerwG, Urteil vom 27.2.2008 - 6 C 11.07 -, Juris Rn. 20, sowie BVerfG, Beschluss vom 22.11.2007 - 1 BvR 2218/ 06 -, Juris Rn. 38.

Ist der Anspruch des Klägers auf Aufhebung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes im maßgeblichen Zeitpunkt infolge einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage weggefallen, so ist der Kläger, was seine schutzwürdigen Interessen anlangt, hinreichend dadurch gesichert, dass - erstens - die Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht zu seinen Lasten verwertet werden darf, ohne ihm eine angemessene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, und er - zweitens - die Kostenlast durch eine Erledigungserklärung abwenden kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.4.1990 - 8 C 87.88 -, NVwZ 1991, 360.

Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 5.11.2007 auch unter Zugrundelegung der bis zum 1.1.2008 bestehenden Rechtslage nach summarischer Prüfung rechtmäßig war, wie sich aus der Senatsrechtsprechung, die den Beteiligten bekannt ist, ergibt.

Ermächtigungsgrundlage der streitigen Verfügung ist nunmehr § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.

Gemäß § 18 Abs. 3 GlüStV AG NRW ist in Fällen der vorliegenden Art weiterhin die örtliche Ordnungsbehörde - hier der Antragsgegner - für die Untersagung illegaler Sportwettenvermittlung zuständig. Eine Verlagerung dieser Zuständigkeit auf die Bezirksregierung Düsseldorf, wie das VG Köln mit Beschluss vom 21.2.2008 - 1 L 1849/07 - angenommen hat, hat der Gesetzgeber mit §§ 18 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c) GlüStV AG NRW, 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz nicht beabsichtigt.

Vgl. dazu näher etwa Senatsbeschluss vom 7.3.2008 - 4 B 298/08 -, Juris.

Es spricht ferner Alles dafür, dass das durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV eingeräumte Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 StGB) regelmäßig in derselben Weise zu Lasten des Sportwettenvermittlers auf Null reduziert ist, wie dies der Senat bei der Anwendung der §§ 14 Abs. 1 OBG, 15 Abs. 2 Satz 1 GewO angenommen hat.

Vgl. etwa Senatsbeschluss vom 11.8.2006 - 4 B 1444/06 - unter Hinweis auf Senatsbeschluss vom 8.11.2004 - 4 B 1270/04 - Juris.

Die Frage, ob Sportwetten Glücksspiele i.S.v. § 284 Abs. 1 StGB sind, ist nach Ansicht des Senats durch die höchstrichterliche Rechtsprechung im bejahenden Sinne geklärt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.6.2006 - 6 C 19.06 -, BVerwGE 126, 149; BGH, Urteile vom 14.3.2002 - I ZR 279/99 -, NJW 2002, 2175, vom 28.11.2002 - 4 StR 260/02 -, GewArch 2003, 332, sowie vom 1.4.2004 - I ZR 317/01 -, BGHZ 158, 343.

Von dieser Rechtsprechung abzurücken, geben auch die Ausführungen von Dannecker, Gutachterliche Stellungnahme zu der Frage, ob Oddset-Wetten Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB sind, 20.11.2007, keinen hinreichenden Anlass.

Die der angegriffenen Untersagungsverfügung zu Grunde zu legenden Rechtsvorschriften begegnen unter dem Blickwinkel von Art. 12 Abs. 1 GG keinen Bedenken. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die umfangreichen Ausführungen des 13. Senats des beschließenden Gerichts in seiner Entscheidung vom 22.2.2008 - 13 B 1215/07 -, Juris. Die dagegen gerichteten Einwände greifen nicht durch. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Vorschriften über den Vertrieb von Sportwetten. Die vom BVerfG in seinem Urteil vom 28.3.2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261, für besonders bedenklich gehaltene Spielteilnahme über das Internet oder über SMS ist bei Sportwetten nach § 4 Abs. 4 und § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV verboten. In § 10 Abs. 3 GlüStV ist zudem eine Begrenzung der Annahmestellen vorgesehen, die in § 5 Abs. 5 GlüStV AG NRW eine weitere Konkretisierung erfahren hat. Dass die gesetzlichen Regelungen damit hinter den Anforderungen zurückbleiben, die das Bundesverfassungsgericht formuliert hat, vermag der Senat nach summarischer Prüfung nicht zu erkennen.

Vgl. dazu auch BayVGH, Beschluss vom 2.6.2008 - 10 CS 08.1102 -, ZfWG 2008, 197.

Soweit geltend gemacht wird, der Gesetzgeber habe bisher keinerlei inhaltliche Kriterien betreffend Art und Zuschnitt von Sportwetten geschaffen, trifft dies nicht zu. Wetten können nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV lediglich als Kombinations- oder Einzelwetten auf den Ausgang von Sportereignissen erlaubt werden. Wetten während eines laufenden Sportereignisses sind durch § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV ausdrücklich verboten. Die Annahme der Antragstellerin, die Regelung im Glücksspielstaatsvertrag lasse der Sache nach alle überhaupt denkbaren Formen der Sportwetten zu, ist demnach unrichtig. Überdies sieht § 21 Abs. 1 Satz 2 GlüStV vor, dass Art und Zuschnitt der Sportwetten darüber hinaus in der Erlaubnis nach § 4 GlüStV zu regeln sind.

Ebenso wenig vermag der Senat zu erkennen, dass die Neuregelung des Sportwettenmonopols den Anforderungen des Spieler- und Jugendschutzes nicht genügt. Der Einwand der Antragstellerin, der 13. Senat des beschließenden Gerichts habe sich in dem angeführten Beschluss hauptsächlich auf das Verbot des Internetvertriebs gestützt und den stationären Vertrieb nicht hinreichend berücksichtigt, ist unberechtigt. Ausweislich des Beschlusses (vgl. Seite 9 f. des Beschlussabdruckes) hat der 13. Senat vielmehr auch auf die vielfältigen Regelungen zum Spielerschutz und die Verpflichtung zum Ausschluss der Teilnahme Minderjähriger am Glücksspiel in den Blick genommen. Soweit im Bereich des Vollzuges der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages und des nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetzes noch Defizite bestehen - etwa auch im Bereich der Werbung für Glücksspiel, wie die Antragstellerin im Einzelnen geltend macht -, rechtfertigt dies grundsätzlich nicht den Schluss, die Regelungen genügten nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, zumal noch kein Jahr seit ihrem Inkrafttreten verstrichen ist.

Vgl. auch BayVGH a.a.O.

Der Senat hat auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten keine durchgreifenden Bedenken gegen die vorliegend anzuwendenden Rechtsvorschriften.

Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Richtlinie Nr. 98/34/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 22.6.1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für Dienste der Informationsgesellschaft (Abl. 1998 Nr. L 204/37), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG vom 20.11.2006 (Abl. 2006 Nr. L 363/81). Soweit daraus eine Notifizierungspflicht hinsichtlich des nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetzes abgeleitet wird, vermag der Senat nicht zu ersehen, dass die vorliegend einschlägigen Vorschriften dieses Gesetzes (§§ 3 Abs. 1, 14 Abs. 1) der genannten Richtlinie unterfallen. Sollten andere Vorschriften des nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetzes - trotz der bereits erfolgten Notifizierung des Glücksspielstaatsvertrages - nach dieser Richtlinie notifizierungspflichtig sein, dürfte dies die Anwendung der genannten Normen nicht hindern.

Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 16.9.1997, C-279/94, Juris; so wohl auch Streinz u.a., Notifizierungspflicht von Glücksspielstaatsvertrag und Ausführungsgesetzen der Länder gemäß der Richtlinie Nr. 98/34/EG (Informationsrichtlinie), Seite 9 Fußnote 22.

Auch die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit (Art. 43 und 49 EG) werden nicht verletzt. Nationale Regelungen der hier in Rede stehenden Art schränken zwar die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr ein.

Vgl. EuGH, Urteile vom 6.3.2007, C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - Placanica u.a. -, Rdn. 43 f., und vom 6.11.2003, C-243/01 - Gambelli u.a. -, Rdn. 45 ff, jeweils Juris.

Solche Einschränkungen können aber durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, insbesondere durch den Verbraucherschutz, die Verhütung und Bekämpfung von Betrügereien sowie die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für Glücksspiele.

Vgl. EuGH, Urteil vom 13.9.2007, C-260/04 -, Kommission gegen Italienische Republik, Rdn. 27, Juris.

Die vorgesehenen Beschränkungen müssen allerdings verhältnismäßig sein, d. h. sie müssen geeignet sein, die Verwirklichung der angestrebten Ziele zu gewährleisten und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der Ziele erforderlich ist.

Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 6.3.2007, Placanica u.a., a.a.O., Rdn. 49.

Wegen der Besonderheiten des Glücksspiels billigt der EuGH den Mitgliedsstaaten dabei aber ein weites (Einschätzungs- und Gestaltungs-) Ermessen zu. So heißt es bereits in dem Urteil des EuGH vom 24.3.1994, C-275/92, Schindler, Rdn. 61, Juris:

"Diese Besonderheiten rechtfertigen es, dass die staatlichen Stellen über ein ausreichendes Ermessen verfügen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich bezüglich der Art und Weise der Veranstaltung von Lotterien, der Höhe der Einsätze sowie der Verwendung der dabei erzielten Gewinne aus dem Schutz der Spieler und allgemeiner nach Maßgabe der soziokulturellen Besonderheiten jedes Mitgliedstaates aus dem Schutz der Sozialordnung ergeben. Somit kommt den Staaten nicht nur die Beurteilung der Frage zu, ob eine Beschränkung der Tätigkeiten im Lotteriewesen erforderlich ist, sondern sie dürfen diese auch verbieten, sofern diese Beschränkungen nicht diskriminierend sind."

Diese Rechtsprechung hat der EuGH wiederholt bestätigt.

Vgl. Urteile vom 6.3.2007, Placanica u.a., a.a.O., Rdn. 48 sowie Urteil vom 6.11.2003, Gambelli, a.a.O. Rdn. 63.

Soweit die Anzahl der Wirtschaftsteilnehmer beschränkt wird mit dem Ziel, die Gelegenheit zum Glücksspiel zu vermindern, muss die Beschränkung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit in jedem Fall dem Anliegen gerecht werden, die Gelegenheiten zum Spiel wirklich zu vermindern und die Tätigkeiten in diesem Bereich kohärent und systematisch zu begrenzen.

Vgl. EuGH, Urteil vom 6.3.2007, Placanica u.a., a.a.O., Rdn. 53.

Ob die nationale Regelung tatsächlich den genannten Anforderungen entspricht, ist von dem nationalen Gericht zu prüfen.

Vgl. erneut EuGH, Urteil vom 6.3.2007, Placanica u.a., a.a.O., Rdn. 58.

Vorliegend spricht Alles dafür, dass die in den Blick zu nehmenden Regelungen des deutschen Rechts den dargestellten Maßstäben genügen. Dabei kann der Senat offen lassen, ob der EuGH die Forderung nach einer kohärenten und systematischen Begrenzung der Wetttätigkeit auf den gesamten Bereich des Glücksspiels, den monopolisierten Bereich oder nur auf den jeweils betroffenen einzelnen Glücksspielsektor - hier die Sportwetten - bezieht.

Vgl. dazu nur Beschluss des 13. Senats vom 22.2.2008 - 13 B 1215/07 - mit zahlreichen Nachweisen zu den unterschiedlichen Auffassungen.

Denn selbst wenn sämtliche Glücksspielsektoren in den Blick zu nehmen sind, ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages und des dazu erlassenen nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetzes dem Anliegen gerecht werden, das Glücksspiel systematisch und kohärent zu begrenzen. Aus dem Erfordernis einer kohärenten und systematischen Regelung folgt zur Überzeugung des Senats nicht, dass der Gesetzgeber gehalten ist, für alle Bereiche des Glücksspiels eine einheitliche, im wesentlichen inhaltsgleiche Regelung zu schaffen. Er kann den Glückspielmarkt vielmehr differenziert ausgestalteten Normen unterwerfen, die den Besonderheiten der verschiedenen Glücksspielarten Rechnung tragen. Dabei ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich auch gestattet, neu hinzukommende Glücksspielangebote, die zu einer wesentlichen Erweiterung der Glücksspielmöglichkeiten und erheblichen zusätzlichen Gefahren führen, stärkeren Begrenzungen zu unterwerfen als das bereits vorhandene Glücksspielangebot, um auf diese Art und Weise eine hinreichende Kanalisierung des Glücksspielbetriebs sicher zu stellen.

Vgl. dazu auch BayVGH a.a.O., Rn. 29.

Die Grenzen des gesetzgeberischen Spielraums sind erst dann überschritten, wenn die gesetzliche Regelung einzelner Glücksspielbereiche für sich genommen nicht erforderlich und geeignet ist oder die differenzierte Regelung verschiedener Glücksspielsektoren nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze nicht hinreichend sachlich gerechtfertigt ist. Die Merkmale "kohärent" und "systematisch" erweisen sich damit in der Sache (zugleich) als Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes.

Vgl. zu dessen Geltung im Europarecht etwa Oppermann, Europarecht, 2. Aufl., Rdn. 490 und 492; Streinz, EUV/EGV, 2003, GR-Charta Art. 20, Rdn. 6 ff.

Nach summarischer Prüfung ist davon auszugehen, dass die hier in den Blick zu nehmenden gesetzlichen Regelungen die aufgezeigten Grenzen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums nicht überschreiten. Soweit der Sektor der Pferdewetten angesprochen wird, ist darauf hinzuweisen, dass auch das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8.4.1922 (RGBl. I Seite 335, 393), zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.10.2006 (BGBl. I Seite 2407, 2149), Regelungen zur Beschränkung des Spielbetriebs enthält. Es sieht etwa im Rahmen der Erteilung der erforderlichen Erlaubnis Beschränkungen und Auflagen zu den Örtlichkeiten der Wettannahme und zu den Personen vor, die Wetten annehmen und vermitteln dürfen (§ 2 Abs. 2 Rennwett- und Lotteriegesetz). Außerdem ist in Rechnung zu stellen, dass die Pferdewetten ein Marktsegment bilden, das auf Grund seiner geringen Popularität und des hieraus folgenden geringen Umsatzniveaus (0,5 % des Gesamtumsatzes der Glücksspielanbieter) nicht mit dem erheblichen Suchtpotential sonstiger Sportwetten zu vergleichen sein dürfte.

Vgl. dazu auch Mitteilung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland an die Kommission der europäischen Gemeinschaften vom 20.5.2008, Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2007/4866, ZfWG 2008, Seite 173 (184), unter 97.

Gegen das Erfordernis einer systematischen und kohärenten Begrenzung der Glücksspielaktivitäten dürfte auch durch die gewerberechtlichen Regelungen des Glücksspiels an Spielautomaten nicht verstoßen worden sein. Die Vorschriften für diesen Glücksspielbereich sind ebenfalls maßgeblich durch das gesetzgeberische Anliegen bestimmt, die Gelegenheiten zum Spiel zu begrenzen. Der Gesetzgeber differenziert zwischen Spielautomaten, die lediglich in einer Spielbank (§ 33 h Nr. 1 GewO) betrieben werden dürfen, und solchen, die namentlich in Spielhallen und Gaststätten aufgestellt sind. Die Spielgeräte außerhalb von Spielbanken unterliegen für ihre technische Zulassung bestimmten Einschränkungen, die u.a. die Gefahr unangemessen hoher Verluste in kurzer Zeit ausschließen sollen (§ 33 e Abs. 1 Satz 1 GewO). Die Zulassung darf nur erteilt werden, wenn die Spielgeräte bestimmte Anforderungen erfüllen. Diese betreffen unter anderem den Höchsteinsatz und den Höchstgewinn, das Verhältnis der Anzahl der gewonnenen Spiele zur Anzahl der verlorenen Spiele, und das Verhältnis des Einsatzes zum Gewinn bei einer bestimmten Anzahl von Spielen (§ 33 f Abs. 1 Nr. 3 GewO). Nach der § 33 f Abs. 1 GewO konkretisierenden Spielverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.1.2006, BGBl. I Seite 280, ist der Verlust pro Stunde auf 80 Euro begrenzt (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 Spielverordnung), wobei dieser bei langfristiger Betrachtung auf höchstens 33 Euro fallen muss (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a) Spielverordnung). Der Gewinn pro Stunde darf 500 Euro nicht übersteigen (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 Spielverordnung). Darüber hinaus sind noch weitere Beschränkungen für diese Spielautomaten angeordnet, wie etwa der fünfminütige Stillstand der Geräte nach einer Stunde Laufzeit (§ 13 Abs. 1 Nr. 5 Spielverordnung). Daneben enthält die Spielverordnung weitere Maßnahmen zur Gewährleistung des Spielerschutzes wie z.B. das Verbot von Jackpotsystemen (§ 9 Abs. 2 Spielverordnung) und die Verpflichtung der Betreiber, Warnhinweise anzubringen und Spieler auf Beratungsmöglichkeiten hinzuweisen (§ 6 Abs. 4 Spielverordnung). Die auf die Begrenzung von Spielmöglichkeiten ausgerichtete Regelungskonzeption ist durch die Änderung der Spielverordnung zum 1. Januar 2006 hinsichtlich der höchstzulässigen Zahl von Spielgeräten in einer Spielhalle, der Mindestquadratmeterzahl, der Mindestspieldauer sowie der Verlustgrenze und die damit verbundenen Lockerungen nicht aufgegeben worden. Dies wird auch dadurch belegt, dass gleichzeitig wichtige Neuregelungen zum Spielerschutz geschaffen wurden, so etwa die bereits erwähnten Vorschriften über das Verbot von Jackpotsystemen, die Anbringung von Warnhinweisen und Hinweisen auf Beratungsmöglichkeiten sowie über das Verbot der unter Spielerschutzaspekten besonders problematischen Fun-Games. Ferner ist in den Blick zu nehmen, dass auch in dem Bereich der von der Spielverordnung erfassten Spiele Internetangebote nicht erlaubt, sondern nur stationär an bestimmten Orten aufgestellte Spielgeräte (vgl. §§ 1 f. Spielverordnung) zulässig sind.

Der von der Antragstellerin angesprochene Bereich der TV-Gewinnspiele rechtfertigt gleichfalls keine andere Beurteilung. Soweit es sich nicht um Geschicklichkeitspiele handelt, sind diese Gewinnspiele entweder wegen des geringfügigen Spieleinsatzes keine Glücksspiele - wie die Antragstellerin selbst hervorhebt - oder aber es greift das Verbot des § 284 StGB.

Vgl. zu den geplanten Beschränkungen für TV-Gewinnspiele etwa Süddeutsche Zeitung vom 11.7.2008, www.sueddeutsche.de.

Hiervon ausgehend ist ein Verstoß gegen das Kohärenzgebot nicht erkennbar.

Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Betrieb von Spielbanken, deren Zahl in Nordrhein-Westfalen auf vier beschränkt ist und die nur von Personen des öffentlichen Rechts oder durch solche juristische Personen des privaten Rechts betrieben werden dürfen, deren Anteile überwiegend dem Land Nordrhein-Westfalen gehören (vgl. §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 Spielbankgesetz NRW). Auch das Vorbringen in der Beschwerdeerwiderung zeigt insoweit keinen hier relevanten Verstoß gegen das Kohärenzgebot auf.

Der im Hinblick auf das Kohärenzgebot von der Antragstellerin ferner vorgetragene Einwand, dass durch den Glücksspielstaatsvertrag und das nordrheinwestfälische Ausführungsgesetz vorgesehene Staatsmonopol sei in Wirklichkeit nicht realisiert, trifft schon in tatsächlicher Hinsicht - jedenfalls bezogen auf die hier maßgeblichen Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen - nicht zu. Eine Veranstaltung von Sportwetten auf Grund der in der Beschwerdeerwiderung angesprochenen DDR-Erlaubnisse ist in Nordrhein-Westfalen nach wie vor nicht zulässig.

Vgl. dazu etwa Senatsbeschluss vom 8.11.2004 - 4 B 1270/04 -, juris, - sowie Beschluss vom 9. Januar 2007 - 4 B 1498/06 -.

Dass die Veranstaltung von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen im Übrigen insbesondere nicht den Anforderungen der §§ 2 und 3 GlüStV AG NRW entspricht, vermag der Senat anhand der Ausführungen in der Beschwerdeerwiderung nicht nachzuvollziehen. Dabei sei angemerkt, dass der in der Beschwerdeerwiderung thematisierte Internetwettbetrieb durch § 4 Abs. 4 GlüStV seit dem 1.1.2008 verboten ist.

Den Anforderungen der Lindman-Entscheidung an die Untersuchung der Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Maßnahmen

EuGH, Urteil vom 13.11.2003, C-42/02 , Lindman, Juris,

ist nach Auffassung des Senats in Nordrhein-Westfalen schon im Hinblick auf die Untersuchung von Meyer/Hayer, Das Gefährdungspotenzial von Lotterien und Sportwetten, Eine Untersuchung von Spielern aus Versorgungseinrichtungen, Mai 2005, erfüllt, die u.a. für das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW durchgeführt worden ist.

Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 22.11.2006 - 13 B 1799/06 -.

Für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 EG ist jedenfalls im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzverfahrens kein Raum.

Vgl. insoweit auch BVerfG, Beschluss vom 7.12.2006 - 2 BvR 2428/06, NJW 2007, 1521, Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 80 Rdn 164, Dörr, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., EVR Rdn 127, jeweils m.w.N.

Eine andere Beurteilung der Rechtmäßigkeit der streitigen Untersagungsverfügung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die von der Antragstellerin angeführte Übergangsbestimmung des § 25 Abs. 2 GlüStV. Denn entgegen dieser Vorschrift hat die Antragstellerin auch früher keine öffentlichen Glücksspiele erlaubt vermittelt, wie aus der Senatsrechtssprechung zur alten Rechtslage folgt.

b) Die danach vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Suspensivinteresse der Antragstellerin hinter die öffentlichen Interessen zurücktritt, die für die Vollziehung der aller Voraussicht nach rechtmäßigen Ordnungsverfügung streiten. Mit Blick auf die mangelnde Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren hält der Senat bereits die abstrakte Gefährlichkeit der Tätigkeit der Antragstellerin,

vgl. zu den von der Sportwettenvermittlung ausgehenden Gefahren näher Senatsbeschluss vom 28.6.2006 - 4 B 961/06 -, Juris,

für ausreichend, um einen Vorrang des Vollzugsinteresses zu bejahen.

Vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 4.7.2006 - 1 BvR 138/05 - (entgegen dem Beschluss vom 27.4.2005 - 1 BvR 223/05 -).

Unabhängig davon geht von der Sportwettenvermittlung durch die Antragstellerin jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Spielsucht und ihrer Folgen auch eine konkrete Gefahr aus.



Ende der Entscheidung

Zurück