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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 24.01.2005
Aktenzeichen: 4 E 1437/04
Rechtsgebiete: VwGO, StBerG, RBerG


Vorschriften:

VwGO § 67 Abs. 1 Satz 5
VwGO § 162 Abs. 2 Satz 1
StBerG § 1 Abs. 1
StBerG § 1 Abs. 2
StBerG § 3 Abs. 1 Nr. 1
StBerG § 32 Abs. 1
StBerG § 33
RBerG Art. 1 § 4 Abs. 3
Steuerberater dürfen nach § 67 Abs. 1 Satz 5 VwGO vor dem Oberverwaltungsgericht als Prozessbevollmächtigte nur in Rechtsstreitigkeiten auftreten, die Steuer- und Monopolsachen betreffen.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht durch eine der in § 67 Abs. 1 VwGO genannten Personen eingelegt worden ist.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist nicht Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Er ist - ausweislich des Briefkopfes - Steuerberater, vereidigter Buchprüfer und Rechtsbeistand auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts, des Handels- und Gesellschaftsrechts.

Allerdings sind gemäß § 67 Abs. 1 Satz 5 VwGO in "Abgabenangelegenheiten" vor dem Oberverwaltungsgericht als Prozessbevollmächtigte u.a. auch Steuerberater zugelassen. Unter den Begriff der "Abgabenangelegenheiten" i.S.d. § 67 Abs. 1 Satz 5 VwGO sind jedoch nach Auffassung des Senats nur Rechtsstreitigkeiten betreffend Steuer- und Monopolsachen nach § 1 Abs. 1 StBerG i.d.F. der Bekanntmachung vom 4.11.1975 (BGBl. I S. 2735), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5.7.2004 (BGBl. I S. 1427, 1442), zu fassen. Ausgeschlossen ist die Vertretung in Streitigkeiten um sonstige Abgaben, weil sich darauf die berufsrechtliche Zulassung der Steuerberater zur Rechtsberatung nicht bezieht (vgl. §§ 32 Abs. 1, 33 StBerG).

So auch Bay.VGH, Beschluss vom 8.4.1998 - 7 B 97.3556 - juris; Bader, VwGO, 2. Aufl., § 67 Rn. 24; Eyermann/Fröhler, VwGO, 11. Aufl., § 67 Rn. 9; ferner Brandt/Sachs, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 2. Aufl., Rn. 315f; noch offen gelassen, der Tendenz nach aber bereits in diesem Sinne: OVG NRW, Beschluss vom 20.3.2000 - 4 E 62/00 - juris; a. A. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 67 Rn. 38b; Redeker/v. Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 67 Rn. 9g; Sodan/Ziekow, VwGO, § 67 Rn. 91.

Dafür sprechen zum einen die Gesetzesmaterialien,

BT-Drucks. 13/3993, S. 11, zu Nr. 4 und insbes. 13/4069, S. 1, zu Nr. 5,

die darauf hinweisen, dass Angehörige der steuer- und wirtschaftsberatenden Berufe gemäß Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG auch vor dem BFH als Prozessvertreter zugelassen sind, dass deren Zulassung dem konzentrierten, rechtskundigen Prozessieren auch vor dem OVG diene und dass vor den VG in Abgabenangelegenheiten typischerweise Angehörige der wirtschafts- und steuerberatenden Berufe aufträten, so dass bei der notwendigen Einschaltung eines Rechtsanwalts vor dem OVG sich ein weiterer Prozessvertreter mit der Folge vermeidbarer Mehrarbeit neu in den Streitstoff einarbeiten müsse. Allerdings ist in Verfahren vor den VG angesichts der insoweit geltenden Regelung des § 67 Abs. 2 Satz 3 VwGO zur Vermeidung von Verstößen gegen das Rechtsberatungsgesetz eine Prozessvertretung durch Steuerberater (und Wirtschaftsprüfer) nur in Steuer- und Monopolsachen zulässig. Die Erlaubnis nach dem Steuerberatungsgesetz berechtigt nur zur Hilfeleistung in "Steuersachen" (vgl. §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 32 Abs. 1, 33 StBerG). Die Erhebung eines Mitgliedsbeitrags für eine IHK stellt aber keine Steuersache im Sinne von § 1 Abs. 1 und 2 StBerG dar,

so zutreffend VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 6.9.1996 - 9 S 2152/96 -, DVBl 1997, 659,

sondern eine sonstige Angelegenheit im Sinne des Art. 1 § 4 Abs. 3 RBerG,

vgl. zur Einstufung als "sonstige Angelegenheit" ferner: Bay.VGH, a.a.O., für einen Beitrag zu einer Steuerberaterkammer; OVG NRW, Beschluss vom 22.9.1980 - 2 B 976/80 -, OVGE 35, 113, für einen Kanalanschlussbeitrag; OVG NRW, Beschluss vom 27.6.1991 - 3 B 1858/90 -, NVwZ-RR 1992, 446, für einen Erschließungsbeitrag,

zu deren Besorgung die Erlaubnis zur Vertretung in Steuersachen nicht berechtigt. Ihre geschäftsmäßige Besorgung als Prozessbevollmächtigter vor dem VG würde ohne entsprechende Erlaubnis gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßen. Es wäre aber schwer verständlich, wenn angesichts des angestrebten Ziels eines konzentrierten, rechtskundigen Prozessierens die Vertretungsbefugnis von Steuerberatern (und Wirtschaftsprüfern) vor den OVG weiter ginge als in Verfahren vor den VG.

An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts im Hinblick auf die durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24.8.2004 (BGBl. I S. 2198), vgl. Art. 6 Nr. 2c, erfolgte Erweiterung der Kostenerstattungsvorschrift in § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Danach wurde das Wort "Steuersachen" durch das Wort "Abgabensachen" ersetzt. Zur Begründung hat der Rechtsausschuss ausgeführt (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/3482, S. 24), dass nach geltendem Recht die Gebühren und Auslagen eines Steuerberaters in Steuersachen stets zu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits gehören. Die Änderung passe die Regelung an § 67 Abs. 1 Satz 5 VwGO an, wonach vor den OVG Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Abgabenangelegenheiten auftreten dürften. Die Begründung spricht für das vorstehend dargestellte Verständnis des Begriffes "Abgabenangelegenheiten" i.S.d. § 67 Abs. 1 Satz 5 VwGO.



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