Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 06.09.2005
Aktenzeichen: 6 A 1903/03
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
1. Entschließt sich der Dienstherr für ein Auswahlverfahren, an dem sowohl Beförderungs- als auch Versetzungsbewerber unterschiedslos teilnehmen können, so müssen nachträgliche Einschränkungen des Verfahrens den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werden (in Anschluss an BVerwG, Urteil vom 25.11.2004 - 2 C 17.03 -, NVwZ 2005, 702). Dabei ist ein Mindestmaß an Verfahrenstransparenz zum Schutze vor möglicher Manipulation unabdingbar.

2. Zur Vertrauenswürdigkeit und Loyalität des zukünftigen Stelleninhabers als Bestandteil des Anforderungsprofils.


Tatbestand:

Der Kläger ist als Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 15 BBesO) bei einem Landesamt tätig. Die letzte dienstliche Regelbeurteilung schließt mit dem Gesamturteil "erheblich über dem Durchschnitt". Der Beigeladene wurde nach der Ernennung zum Regierungsdirektor an ein Ministerium versetzt und dort zum Ministerialrat (Besoldungsgruppe A 16 BBesO) ernannt. Er erhielt eine dienstliche Regelbeurteilung ebenfalls mit dem Gesamturteil "erheblich über dem Durchschnitt".

Das Ministerium schrieb eine zum nächstmöglichen Zeitpunkt besetzbare Stelle eines Abteilungsleiters der Besoldungsgruppe B 2 BBesO bei dem Landesamt aus. Hierauf bewarben sich der Kläger sowie der Beigeladene, worauf sie die Mitteilung erhielten, sie würden in das durchzuführende Auswahlverfahren mit einbezogen.

Auf die Bitte des Ministeriums nahm der Präsident des Landesamtes zu der Bewerbung des Klägers Stellung und bemängelte unter Darlegung von Einzelheiten dessen Führungsverhalten sowie sein Persönlichkeitsbild. Es fehle ihm an sozialer Kompetenz und Verantwortung, Loyalität und Disziplin, Integrität und Vorbildfunktion, Berechenbarkeit und an souveränen Umgangsformen. Der Kläger wies die Vorwürfe mit einem ausführlichem Schreiben zurück.

In einem Besetzungsbericht sprach sich das Ministerium dafür aus, den Beigeladenen noch im Ministerium nach B 2 BBesO zu befördern, ihn dann zu dem Landesamt abzuordnen und mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Abteilungsleiters 1 zu beauftragen. Dieses Vorgehen würde seine Position stärken und eine schnelle Lösung bringen; danach solle das eigentliche Besetzungsverfahren weiter geführt werden, indem dem Kläger mitgeteilt werde, dass er zu dem Auswahlverfahren nicht zugelassen werde. Entsprechend wurde verfahren. Dem Kläger wurde der Bescheid erteilt, zwischenzeitlich sei die Entscheidung zur Besetzung der Abteilungsleitung 1 bei dem Landesamt zu Gunsten des Beigeladenen erfolgt. Die Stellenbesetzungsentscheidung sei nach Eignung, Leistung und fachlicher Befähigung getroffen worden. Ein Konkurrenzverhältnis zu ihm - dem Kläger - habe nicht bestanden. Bei dem Mitbewerber handele es sich um einen sog. Versetzungsbewerber, der bereits nach B 2 BBesO besoldet sei. Im Übrigen fehle es an dem für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Abteilungsleiters 1 notwendigen Vertrauensverhältnis. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde zurückgewiesen. In dem Widerspruchsbescheid hieß es ergänzend: Der Beigeladene sei in dem zum Zeitpunkt des Bewerbungsschlusses inne gehabten Amt der Besoldungsgruppe A 16 BBesO gegenüber dem Kläger in der Besoldungsgruppe A 15 BBesO bei gleichem Gesamturteil als besser qualifiziert anzusehen. Bereits auf Grund dieser Erwägungen sei dem Beigeladenen der Vorzug vor dem Kläger zu geben.

Das VG gab der hiergegen gerichteten Klage auf Neubescheidung der Bewerbung statt. Die Berufung des beklagten Landes blieb erfolglos.

Gründe:

Der Kläger hat einen Anspruch auf erneute Entscheidung über sein Bewerbungsgesuch, weil das beklagte Land gehalten ist, (auch) ihn in das nach der Ausschreibung vorgesehene Auswahlverfahren einzubeziehen und dieses nach den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG durchzuführen. Gemäß dieser Verfassungsnorm hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Dies gewährleistet unbeschränkt und vorbehaltlos den Leistungsgrundsatz.

BVerfG, Beschluss vom 2.4.1996 - 2 BvR 169/93 -, NVwZ 1997, 54 f.; BVerwG, Urteil vom 25.11.2004 - 2 C 17.03 -, NVwZ 2005, 702.

Zum einen dient Art. 33 Abs. 2 GG dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gewährleistet werden. Zum andern trägt die Norm dem berechtigten Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch).

BVerfG, Beschluss vom 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200 (201); BVerwG, Urteil vom 25.11.2004 - 2 C 17.03 -, a. a. O.

Dabei geht es vor allem um das Recht, dass bei einer Bewerbungskonkurrenz um einen Beförderungsdienstposten bzw. um eine Beförderung die Auswahl nach dem durch Art. 33 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich verbürgten, für nordrhein-westfälische Landesbeamte in §§ 7 Abs. 1, 25 Abs. 6 Satz 1 LBG und § 2 LVO einfachgesetzlich konkretisierten Grundsätzen der Bestenauslese getroffen wird. Maßgeblich zu berücksichtigen sind Regel- oder Bedarfsbeurteilungen und ggf. weitere, in Wahrnehmung des insoweit bestehenden Organisationsermessens aufgestellte Qualifikationsmerkmale (Anforderungsprofile).

OVG NRW, Beschlüsse vom 14.5.2002 - 1 B 40/02 -, NWVBl 2003, 14 (15), vom 24.5.2002 - 1 B 751/02 -, NVwZ-RR 2003, 135 f., vom 6.8.2004 - 6 B 1226/04 - sowie vom 16.4.2002 - 1 B 1469/01 -.

Ob der Dienstherr die von ihm selbst gesetzten Auswahlkriterien beachtet hat, unterliegt dabei der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.8.2001 - 2 A 3.00 -, NVwZ-RR 2002, 47 (48); OVG NRW, Beschluss vom 14.5.2002 - 1 B 40/02 -, NWVBl. 2003, 14 (15).

Die Vorgehensweise des beklagten Landes wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Denn mit der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle durch den Beigeladenen im Wege der Versetzung und Dienstpostenübertragung hat es seine selbst gesetzten Vorgaben für dieses Auswahlverfahren unzulässigerweise nicht beachtet.

Grundsätzlich steht es im freien, gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbaren organisatorischen Ermessen des Dienstherrn, ob er eine freie Stelle im Wege der Versetzung, der Umsetzung, der Beförderung oder auf sonstige Weise besetzen will.

BVerwG, Urteil vom 25.11.2004 - 2 C 17.03 -, a. a. O. (702 f., m.w.N.).

Er ist insbesondere frei in der Entscheidung darüber, ob er den Teilnehmerkreis auf Versetzungs- oder auf Beförderungsbewerber beschränken oder aber auf beide Bewerbergruppen erstrecken will. Entschließt sich der Dienstherr jedoch - gewissermaßen auf dieser ersten Stufe des Auswahlverfahrens - im Rahmen seines Organisationsermessens für ein Auswahlverfahren, an dem sowohl Beförderungs- als auch Umsetzungs- oder Versetzungsbewerber unterschiedslos teilnehmen können, beschränkt er durch diese "Organisationsgrundentscheidung",

BVerwG, Beschluss vom 20.8.2003 - 1 WB 23.03 -, Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 32, und OVG NRW, Beschluss vom 28.1.2002 - 6 B 1275/01 -, RiA 2003, 155, seine Freiheit, die Stelle durch Versetzung oder Umsetzung zu besetzen, und ist aus Gründen der Gleichbehandlung gehalten, die sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Auswahlkriterien gleichermaßen auf sämtliche Bewerber anzuwenden.

BVerwG, Urteil vom 25.11.2004 - 2 C 17.03 -, a. a. O. (703).

Zwar ist er noch berechtigt, das Stellenbesetzungsverfahren aus sachlichen Gründen abzubrechen, die Stelle gegebenenfalls neu auszuschreiben und in diesem Zusammenhang eine neue Entscheidung auf der ersten Stufe des Auswahlverfahrens zu treffen. Auch mag in Einzelfällen eine nachträgliche Beschränkung des Bewerberkreises noch gerechtfertigt sein, wenn ihr keine sachfremden, willkürlichen Erwägungen zugrunde liegen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.8.2001 - 2 A 3.00 -, a. a. O.; OVG NRW, Beschluss vom 3.7.2001 - 1 B 670/01 -.

Ein unter den Bedingungen des Art. 33 Abs. 2 GG in Gang gesetztes Auswahlverfahren darf jedoch nachträglichen Einschränkungen nur aus Gründen unterworfen werden, die den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werden.

BVerwG, Urteil vom 25.11.2004 - 2 C 17.03 -, a. a. O.

Vorliegend hat das beklagte Land die Organisationsgrundentscheidung zur vorbehaltlosen Einbeziehung von Beförderungs-, Umsetzungs- und Versetzungsbewerbern in ein an den Maßstäben der Bestenauslese auszurichtetendes Auswahlverfahren getroffen. Dies entspricht der Sichtweise des beklagten Landes, das auch im Berufungsverfahren von einer zunächst "unbeschränkten Stellenausschreibung" ausgeht. Darüber hinaus erschließt sich dies aus dem Inhalt der Ausschreibung. Diese enthielt keine Einschränkung des Bewerberkreises und sah neben dem Anforderungsprofil ein Auswahlverfahren mit einem Assessment-Center vor, dessen Ergebnis bei der Auswahlentscheidung Berücksichtigung finden sollte.

Dem hieraus resultierenden Anspruch (auch) des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung anhand der Prinzipien der Bestenauslese ist bislang nicht Genüge getan. Denn die nach dem Vorbringen des beklagten Landes im laufenden Auswahlverfahren vorgenommene Beschränkung des Bewerberkreises auf (einen) Versetzungsbewerber wird - insbesondere angesichts des widersprüchlichen Vorgehens des beklagten Landes - den zu beachtenden Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG nicht gerecht:

Das beklagte Land hat auch im Berufungsverfahren mehrfach betont, das begonnene Auswahlverfahren sei weder ausdrücklich noch konkludent abgebrochen worden. Dies entspricht der Mitteilung in dem angefochtenen Bescheid, wonach die Stellenbesetzungsentscheidung (auch) nach Eignung, Leistung und fachlicher Befähigung getroffen worden sein soll. Weiter führt der interne Vermerk des Ministeriums vom ... aus, dass das "eigentliche Besetzungsverfahren weiter fortgeführt" werden solle, indem dem Kläger mitgeteilt werden solle, dass er zu dem Auswahlverfahren nicht zugelassen werde. Der weitere Vermerk vom ... verdeutlicht erneut, dass auch zu diesem Zeitpunkt nicht von einem Abbruch des Verfahrens ausgegangen wurde.

Im Widerspruch hierzu enthält schon der Ausgangsbescheid den Hinweis, die Stelle sei mit einem Versetzungsbewerber besetzt worden, so dass eine Konkurrenzsituation zu ihm - dem Kläger - nicht bestanden habe. Der Widerspruchsbescheid führt sodann aus, dass die Stelle mit einem Versetzungsbewerber besetzt worden sei, die Pflicht zur Bewerberauswahl nach dem Prinzip der Bestenauslese gelte nicht. Nach dem Berufungsvorbringen will sich der Dienstherr schließlich ohne Verfahrensabbruch zu einer rechtlich zulässigen Beschränkung des Bewerberkreises entschlossen und sich von vornherein ausschließlich auf den Versetzungsbewerber konzentriert haben.

Diese Widersprüche verdeutlichen, dass die nachträgliche Beschränkung des Bewerberkreises auf Versetzungsbewerber die zuvor getroffene und dem äußeren Anschein nach aufrecht erhaltene Organisationsgrundentscheidung für ein uneingeschränkt offenes Auswahlverfahren von Grund auf in Frage gestellt hat. Das beklagte Land hat die Organisationsgrundentscheidung für eine Bestenauslese entgegen seinem Vorbringen nicht lediglich modifiziert, sondern in ihrem Kern aufgegeben und durch eine gänzlich andersartige ersetzt. Der Sache nach liegt darin letztlich nichts anders als der (stillschweigende) Abbruch des unter Einbeziehung der Person des Klägers begonnenen Auswahlverfahrens und die Durchführung eines neuen, auf (den) Versetzungsbewerber beschränkten Verfahrens.

Diese an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Vorgehensweise ist sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht zu beanstanden. Zwar ist das Organisationsermessen des Dienstherrn sehr weit mit der Folge einer eingeschränkten Kontrolldichte bezüglich seiner Organisationsgrundentscheidung und der abschließenden Auswahlentscheidung. Die aus Rechtssicherheits- sowie Rechtsschutzgründen insoweit gebotene Kompensation verlangt jedoch ein Mindestmaß an Verfahrenstransparenz zum Schutze vor möglicher Manipulation. Das ist ohne gesonderte Verlautbarung grundlegender oder sonst bedeutsamer Verfahrensänderungen (wie z.B. gänzlicher Verfahrensabbruch, Einschränkung des Bewerberkreises, Änderung grundlegender Anforderungsmerkmale) nicht möglich. Das VG hat angenommen, dass diese Verlautbarung in gleicher Weise wie die Ausschreibung zu erfolgen habe.

Vgl. zur Frage der Modalitäten der Verlautbarung u.a: Hess. VGH, Beschluss vom 15.5.1992 - 1 TG 2485/91 -, ZBR 1993, 337 f.

Ob dem zu folgen ist, kann hier dahinstehen. Denn vorliegend ist eine entsprechende Verlautbarung gänzlich unterblieben. Eine solche ist jedoch dem Grunde nach unverzichtbar, weil nur dadurch ein betroffener Mitbewerber in die Lage versetzt wird, von derartigen Veränderungen Kenntnis zu nehmen, sachgemäß zu reagieren (z.B. Inanspruchnahme von Rechtsschutz) und neu zu disponieren.

Die Vorgehensweise des beklagten Landes genügt dem nicht: Der Kläger wurde erst am Tage der Besetzung der in Streit stehenden Stelle mit dem Beigeladenen unterrichtet und zudem lediglich vom Ergebnis des "Besetzungsverfahrens" in Kenntnis gesetzt. Erstmals in der Begründung des Antrages auf Zulassung der Berufung führte das beklagte Land aus, bei laufendem Auswahlverfahren sei gleichsam in einem Schritt und ohne besondere Zwischeninformation an die bzw. den Mitbewerber die Beschränkung auf (den) Versetzungsbewerber erfolgt und mit der Auswahlentscheidung verbunden worden.

Vor diesem Hintergrund bestehen gegen die Vorgehensweise des beklagten Landes auch in der Sache durchgreifende Bedenken. Denn die angeblich erfolgte Beschränkung auf Versetzungsbewerber im laufenden Auswahlverfahren lässt Zweifel daran entstehen, dass die zu Verfahrensbeginn getroffene Entscheidung einer Bestenauslese tatsächlich noch dem Ziel der Stellenbesetzung entsprach. Diese Zweifel erscheinen um so gewichtiger, als die Vorgehensweise des beklagten Landes unmittelbar zu einer Eingrenzung auf die Person des Beigeladenen als dem damit einzig verbliebenen Bewerber geführt hat, womit letztlich eine Auswahlentscheidung überhaupt entfiel. Diese Umstände legen den Schluss nahe, dass andere, nicht am Bestenausleseprinzip orientierte Motive, die weder in den angefochtenen Bescheiden noch im Übrigen offen gelegt worden sind, das beklagte Land zu der nachträglichen Bewerberkreisbeschränkung bestimmt haben. Darauf deuten vor allem die in dem Schreiben des Präsidenten des Landesamtes vom ... geäußerten Vorbehalte in Bezug auf das Führungsverhalten und Persönlichkeitsbild des Klägers hin, die in der nachfolgenden dienstlichen Beurteilung keinerlei Niederschlag gefunden haben. Weiter erhärtet wird dieser Eindruck durch die Vorlage vom ... , deren Inhalt unverblümt auf eine Umgehung des nur noch vordergründig aufrecht erhaltenen Auswahlverfahrens hinauslief.

Ist demnach das in Streit stehende Auswahlverfahren fehlerhaft durchgeführt worden, war dies auch potentiell kausal für das Auswahlergebnis. Denn auf der Grundlage der Ausschreibung sind keine Umstände ersichtlich, die eine Besetzung der ausgeschriebenen Stelle mit dem Kläger hätten von vornherein ausgeschlossen erscheinen lassen. Ein vom beklagten Land behaupteter Eignungsvorsprung des Beigeladenen lässt sich nicht ausmachen, zudem genügte der Kläger dem Anforderungsprofil.

Dem beklagten Land kann insbesondere nicht darin gefolgt werden, dass gemessen an der Bestenauslese bereits im Wege der Vorauswahl die Entscheidung zwangsläufig zu Gunsten des Beigeladenen zu treffen und ein Assessment-Center-Verfahren entbehrlich gewesen sei. Zwar hat der Beigeladene bei gleichlautendem Gesamturteil der einschlägigen Regelbeurteilungen den Vorteil des höherwertigen Statusamtes (Ministerialrat, A 16 BBesO, gegenüber Regierungsdirektor, A 15 BBesO). Jedoch kann das größere Gewicht der dienstlichen Beurteilung des Inhabers des höherwertigen Amtes gegenüber dem Mitbewerber im Einzelfall durch eine gemessen am Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle sich ergebende besondere Eignung des Mitbewerbers für das angestrebte Amt ausgeglichen werden.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29.7.2004 - 6 B 1212/04 -, vom 28.1.2002 - 6 B 1275/01 -, a. a. O. (156), vom 19.12.2001 - 6 B 1408/01 -, vom 26.10.2000 - 6 B 1281/00 -, vom 31.3.2000 - 6 B 357/99 -, vom 24.6.1998 - 6 A 416/96 -, vom 2.10.1997 - 6 B 1661/97 - und vom 18.4.1996 - 6 B 709/96 -.

Hier sind der Kläger und der Beigeladene in den heranzuziehenden Beurteilungen jeweils mit der (damaligen) Spitzennote "erheblich über dem Durchschnitt" beurteilt worden mit der Folge, dass der Beurteilung des Beigeladenen gemessen an den inne gehabten Statusämtern an sich das größere Gewicht zukam. Eine besondere Eignung des Klägers für die angestrebte Stelle konnte sich jedoch aus weiteren Umstände ergeben: So ist zu berücksichtigen, dass er in der Vergangenheit die Aufgaben des Abteilungsleiters bereits vertretungsweise erfolgreich wahrgenommen hatte. Des Weiteren ist nicht auszuschließen, dass das nach der Ausschreibung vorgesehene Assessment-Center-Verfahren eine besondere Eignung des Klägers hätte verdeutlichen können.

Zur Bedeutung solcher Verfahren vgl. Thür. OVG, Beschluss vom 31.3.2003 - 2 EO 545/02 -, NVwZ-RR 204, 52 ff.; OVG Berlin, Beschluss vom 8.12.2000 - 4 SN 60/00 -, NVwZ-RR 2001, 395 f.; VG Potsdam, Beschluss vom 19.3.2003 - 2 L 1158/02 -, ZBR 2005, 62 f.; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 8.5.2000 - 12 B 307/00 - und Beschluss vom 13.5.2004 - 1 B 300/04 -, zur Frage der Erweiterung der Beurteilungs- und Auswahlgrundlage durch Auswahlgespräche und deren Gewichtung.

Bei einer Gesamtabwägung aller Umstände einschließlich eines entsprechenden Ergebnisses des Assessment-Centers wäre demgemäß eine Entscheidung für die Übertragung der in Rede stehenden Stelle zu Gunsten des Klägers durchaus im Bereich des Möglichen gewesen. Das gilt um so mehr, als der Beigeladene die Vorgaben der Ausschreibung nicht erfüllte, weil er ausweislich des Vermerks vom ... eine Teilnahme an dem vorgesehenen Assessment-Center jedenfalls damals strikt abgelehnt hat.

Der Kläger erfüllte auch das in der Ausschreibung niedergelegte Anforderungsprofil. Die dort unter dem zweiten Spiegelstrich geforderten breitgefächerten Kenntnisse und nachgewiesenen Erfahrungen stellt das beklagte Land nicht in Frage. ... (wird ausgeführt)

Der Übertragung der ausgeschriebenen Stelle auf den Kläger stand auch nicht entgegen, dass - wie das beklagte Land ausweislich des Berufungsvorbringens meint - das für die herausgehobene Führungsposition des Leiters der Abteilung 1 des Landesamtes erforderliche "Vertrauensverhältnis" nicht bestanden habe und der Kläger bereits aus diesem Grunde im Auswahlverfahren von vornherein chancenlos gewesen sei.

Das in der Stellenausschreibung niedergelegte Anforderungsprofil forderte von dem zukünftigen Inhaber der zu besetzenden Stelle u.a. absolute Zuverlässigkeit, Loyalität und Teamfähigkeit. Der Präsident des Landesamtes hatte auf die Anfrage des Ministeriums zu der Bewerbung des Klägers Stellung genommen und Mängel in dessen Persönlichkeitsbild behauptet. Das beklagte Land will daraus einen der Stellenbesetzung mit dem Kläger entgegen stehenden Vertrauensmangel herleiten. In der Tat wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass es - neben den sog. politischen Beamten (vgl. § 31 Abs. 1 BRRG, § 38 Abs. 1 LBG) - bei der Besetzung herausragender Dienstposten und Beförderungsstellen mit zentraler, herausgehobener Funktion und ggf. unmittelbarer Nähe zur politischen Leitungsebene allein auf das Vorhandensein eines uneingeschränkten Vertrauens der Führungsspitze bzw. des Dienstvorgesetzten in den Bewerber ankomme. Denn auf dieser Ebene gewinne das persönliche Vertrauen (-sverhältnis) eine besondere Bedeutung, weil sich bereits persönliche Befindlichkeiten und Unverträglichkeiten auf die sensible Zusammenarbeit und damit letztlich auf die Aufgabenbewältigung an der Schnittstelle von Politik und Verwaltung folgenschwer auswirken könnten. Dabei handele es sich um ein selbstverständliches Merkmal, das auch ohne ausdrückliche Benennung zum Anforderungsprofil eines solch exponierten Amtes gehöre und von dem Bewerber eine "Persönlichkeitsstruktur" verlange, "die das völlig uneingeschränkte Vertrauen der Führungsspitze zu rechtfertigen vermag".

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 11.5.2005 - 1 B 301/05 - und - 1 B 306/05 -.

Der erkennende Senat hat keinen Anlass, sich mit diesen in ihrem verallgemeinernden Aussagegehalt weitreichenden Überlegungen im einzelnen auseinander zu setzen. Für die Entscheidung des Streitfalls genügt die Feststellung, dass eine zum Anforderungsmerkmal erhobene, wie immer definierte Vertrauenswürdigkeit des künftigen Stelleninhabers und dessen Loyalität nicht in dem Sinne fehlverstanden werden dürfen, dass für die Stellenbesetzung letztlich nur subjektive Vorurteile, persönlich gefärbte Sympathie oder (partei)politisch bestimmte Wünsche der "Führungsspitze" den Ausschlag geben können. Ebenso wenig dürfen Vertrauenswürdigkeit und Loyalität mit einem Persönlichkeitsprofil des Bewerbers verwechselt werden, das sich durch maximale Anpassungsfähigkeit und -bereitschaft auszeichnet. In dem einen wie dem anderen Fall bestünde die nahe liegende Gefahr, dass nicht die Prinzipien der Bestenauslese, sondern vor allem das präsumptive Höchstmaß an persönlichem oder politischem Gleichklang zum Maßstab für die Auswahlentscheidung wird. Letzteres darf nach der gesetzlichen Konzeption bei im Übrigen gleicher Qualifikation aber nur für die Besetzung politischer Ämter entscheidungstragend werden.

Vgl. dazu näher OVG NRW, Urteil vom 12.11.2003 - 6 A 404/02 -, NWVBl. 2004, 145 ff.; Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, München, Stand: Juni 2005, § 36 Rdnr. 4.

Die hier in Rede stehende Stelle gehört dazu nicht. Zwar haben auch für ein solches Amt Vertrauenswürdigkeit und Loyalität einen erheblichen Stellenwert. Es genügt aber nicht ein "bereits unwesentlicher Anhalt oder der mehr oder weniger begründete Verdacht, dass insoweit Defizite bestehen", um die "Verneinung der Eignung" zu rechtfertigen, so OVG NRW, Beschluss vom 11.5.2005 - 1 B 306/05 -, mit dem einschränkenden Hinweis, dass die "Willkürgrenze" überschritten sei, wenn für die "Berechtigung (der Vorwürfe) sich nicht das Geringste vorweisen lässt".

Vielmehr bedarf es der nachvollziehbaren Manifestierung derartiger Vorwürfe, um - mit Blick auf seine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG - einen Bewerber vor Willkür, Manipulation und Missbrauch der Organisationsgewalt durch den Dienstherrn zu bewahren; insoweit bleiben vor allem die Aussagen in den dienstlichen Beurteilungen maßgeblich. Hiervon ausgehend greift der Vorwurf des fehlenden Vertrauensverhältnisses nicht durch. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Zwar hat der Präsident des Landesamtes in seinem bereits erwähnten Schreiben Vorwürfe gegen den Kläger erhoben und dessen Persönlichkeitsbild bemängelt. Der Kläger hat diese Vorwürfe jedoch substantiiert zurückgewiesen. Hierauf ist das beklagte Land nicht mehr eingegangen. Auch sonst hat es konkrete Angaben und Tatsachengrundlagen zur Stützung der Vorwürfe nicht vorgebracht. In dem angefochtenen Bescheid wird nur pauschal auf das Nichtbestehen des für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Abteilungsleiters 1 notwendigen Vertrauensverhältnisses hingewiesen. In dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor dem VG findet ein mangelndes Vertrauensverhältnis zum Kläger sodann ebenso wenig Erwähnung wie in dem Widerspruchsbescheid. Im vorliegenden Verfahren beruft sich das beklagte Land erstmals in der Begründungsschrift zum Antrag auf Zulassung der Berufung - wiederum pauschal - auf das Schreiben des Präsidenten des Landesamtes und ein fehlendes Vertrauensverhältnis zum Kläger. Auch in der Berufungsbegründungsschrift finden sich diesbezüglich keine näheren Einzelheiten. Weiterhin sind der Personalakte des Klägers keine Hinweise oder Anhaltspunkte zu entnehmen, die die negativen Äußerungen des Präsidenten des Landesamtes belegen könnten; konkrete, anlassbezogene Vermerke, Beschwerden von Kolleginnen, Kollegen oder sonstigen Dritten, Anweisungen oder Abmahnungen o.ä. fehlen.

Ein identisches Bild vermitteln auch die - für mögliche Eignungsdefizite in erster Linie aussagekräftigen - dienstlichen Beurteilungen des Klägers: Die den Zeitraum ... bis ... umfassende Regelbeurteilung endet mit dem Gesamturteil: "Herr H. hat in der schwierigen Aufbau- und Zusammenführungsphase des Landesamtes über mehrere Monate sehr erfolgreich den Leiter der Abt. 1 vertreten. Seine Leistungen liegen stets "erheblich über dem Durchschnitt"." Die den Zeitraum ... bis ... umfassende, mit dem Gesamturteil "erheblich über dem Durchschnitt" abschließende Regelbeurteilung des Klägers enthält ebenso wenig Hinweise zur Stützung des Vorwurfs eines nicht bestehenden Vertrauensverhältnisses. Dies gilt sowohl für die ursprüngliche Fassung als auch für die auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs geänderte Fassung. Bei Persönlichkeitsmängeln, wie sie dem Kläger entgegen gehalten werden, ist aber deren Wiedergabe in der dienstlichen Beurteilung des Beamten unverzichtbar, wenn nicht dem Prinzip wahrheitsgemäßer Bewertung zuwider gehandelt werden soll. Anderenfalls wird zugleich der Rechtsschutz des Beamten in unvertretbarer Weise verkürzt. Fehlt es wie hier an solchen Feststellungen in jeglicher Hinsicht, so muss sich der Dienstvorgesetzte hieran bei seinen weiteren Personalmaßnahmen festhalten und messen lassen.

Ende der Entscheidung

Zurück