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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 03.02.2004
Aktenzeichen: 6 A 3604/02
Rechtsgebiete: BVO NRW


Vorschriften:

BVO NRW § 4 Abs. 1 Nr. 4
BVO NRW § 4 Abs. 1 Nr. 5
BVO NRW § 4 Abs. 1 Nr. 6
BVO NRW § 4 Abs. 1 Nr. 7
BVO NRW § 4 Abs. 1 Nr. 8
BVO NRW § 4 Abs. 1 Nr. 9
BVO NRW § 4 Abs. 1 Nr. 10
BVO NRW § 4 Abs. 1 Nr. 11
BVO NRW § 10 Abs. 1 Satz 2
Klage eines Beamten auf Verpflichtung des Dienstherrn zur Gewährung einer höheren Beihilfe zu den Aufwendungen für seinen Transport mit einem Rettungswagen des Österreichischen Roten Kreuzes nach einem Bergunfall.

Zum Begriff der Ersten Hilfe.


Tatbestand:

Der Kläger, Beamter des beklagten Landes, verletzte sich bei einer Bergwanderung in Österreich. Nach einer Erstversorgung durch Sanitäter des Roten Kreuzes wurde er mit einem Rettungswagen zum nächsten Arzt, auf dessen Einweisung sodann zum nächsten Krankenhaus und nach der dort vorgenommenen Behandlung mit einem anderen Krankenwagen zu seiner Urlaubsunterkunft transportiert. Das beklagte Land gewährte ihm eine Beihilfe zu den mit dem Unfall verbundenen Aufwendungen, zu den Transportkosten jedoch nur für eine Entfernung von insgesamt 25 km. Dem Kläger waren für den Transport von der Unfallstelle bis zu dem Krankenhaus 105 km (davon für die Fahrt bis zu dem Arzt 62 km) Fahrstrecke berechnet worden. Die diesbezüglich nach erfolglosem Vorverfahren vom Kläger erhobene Klage hatte vor dem VG teilweise Erfolg. Das VG sah die Beförderung des Klägers bis zu dem Arzt als Erste Hilfe an; insoweit bestehe die für eine Beförderung des Erkrankten im Ausland geltende km-Begrenzung nicht. Die (zugelassene) Berufung des beklagten Landes führte zur Änderung des Urteils des VG und zur Abweisung der Klage in vollem Umfang.

Gründe:

Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 BVO in der hier anzuwendenden Fassung der 17. Änderungsverordnung vom 27.4.2001, GV.NRW. S. 219, umfassen die beihilfefähigen Aufwendungen die Kosten für Erste Hilfe. Insoweit besteht beihilferechtlich keine Beschränkung für eine im Ausland geleistete Erste Hilfe. Das gilt auch dann, wenn die Aufwendungen für die Krankenbehandlung im Ausland, wie hier, 1.000,-- DM je Krankheitsfall übersteigen (§ 10 Abs. 3 Nr. 3 BVO). Der Transport des Klägers mit dem Rettungswagen von der Unfallstelle zu dem nächsten Arzt ist jedoch nicht als Erste Hilfe einzustufen. Darunter ist die vorläufige Hilfe zu verstehen, die einem plötzlich in körperliche Not geratenen Menschen geleistet wird, bis ein Arzt die Behandlung übernehmen kann.

Vgl. Mohr/Sabolewski, Beihilfenrecht Nordrhein-Westfalen, Stand Mai 2003, B I § 4 Anm. 5.

Erste Hilfe wurde dem Kläger - von den mit dem Rettungswagen gekommenen Sanitätern des Roten Kreuzes durch "medizinische Erstversorgung" - geleistet. Sein anschließender Transport mit dem Rettungswagen zu dem nächsterreichbaren Arzt gehörte nicht mehr dazu. Dies fällt unter "Beförderung des Erkrankten" (§ 4 Abs. 1 Nr. 11 BVO). Daran ändert nichts, dass der Krankentransport hilfreich war, um dem Kläger ärztlichen Beistand zukommen zu lassen. Anderenfalls wäre Erste Hilfe auch z.B. der Transport eines Kranken mit dem Taxi von seiner Wohnung zum Arzt oder zum Krankenhaus, im Extremfall auch der Transport eines Verunglückten mit dem Rettungshubschrauber zum Krankenhaus. Das wäre mit dem Begriff der Ersten Hilfe jedoch nicht in Einklang zu bringen und würde überdies die Regelungen über den Umfang des Eintretens der Beihilfe für die Kosten der Beförderung eines Erkrankten unterlaufen.

Der im Berufungsverfahren noch streitige, die Kosten der Beförderung bis zu dem nächsten Arzt betreffende Beihilfeanspruch scheitert an § 10 Abs. 1 Satz 2 BVO. Danach gilt bei einer Krankenbehandlung im Ausland die erwähnte Vorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 11 BVO mit der Maßgabe, dass die Kosten (für die Beförderung des Erkrankten) höchstens für eine Entfernung von 25 km beihilfefähig sind. Eine Beihilfe zu den auf 25 km begrenzten Kosten des Transports des Klägers mit dem Rettungswagen von der Unfallstelle bis zu dem nächsten Arzt hat das beklagte Land dem Kläger mit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung gewährt. Die darüber hinausgehenden Kosten (einschließlich der anteiligen Leerfahrten) des Transports von der Unfallstelle bis zu der Arztpraxis sind nicht beihilfefähig.

Die Begrenzung auf eine Entfernung bis höchstens 25 km beruht auf der Erwägung, dass Aufwendungen für eine Krankenbehandlung im Ausland bis zur Höhe der Aufwendungen beihilfefähig sind, die im Inland entstanden wären (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 BVO). Der Verordnungsgeber geht davon aus, dass bei einer Behandlung im Inland ein Arzt bzw. ein Krankenhaus in dieser Entfernung erreicht werden kann.

Vgl. Mohr/Sabolewski, a.a.O., B I § 10 Anm. 2.

In diesem Zusammenhang ist dem Kläger nicht darin zu folgen, ihm stehe der im Berufungsverfahren streitige Beihilfeanspruch zu, weil alle drei Fahrten (zu dem Arzt, zu dem Krankenhaus und zurück zu seiner Urlaubsunterkunft) mit dem Rettungs- bzw. Krankenwagen im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 2 BVO gesondert zu berücksichtigen seien und jede Strecke bei Abzug der Leerfahrten weniger als 25 km betragen habe. Die Frage, ob Leerfahrten bei der 25 km-Grenze auszuklammern sind, stellt sich nicht. Der Kläger hat den nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BVO zulässigen Höchstbetrag einer Beihilfe für eine Beförderung im Rahmen einer Krankenbehandlung im Ausland erhalten. Die Fahrt mit dem Rettungswagen bis zu dem Krankenhaus betraf nur eine Krankenbehandlung. Nach der "Zwischenstation" bei dem Arzt, der die Behandlung des Klägers in dem Krankenhaus veranlasste, wurde die Fahrt (mit demselben Rettungswagen) zu dem Krankenhaus fortgesetzt. Der Rücktransport des Klägers zu seiner Urlaubsunterkunft nach der Behandlung in dem Krankenhaus fiel nicht mehr unter die Krankenbehandlung.

Ende der Entscheidung

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