Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 02.07.2009
Aktenzeichen: 6 A 4096/06
Rechtsgebiete: VwGO, VwVfG NRW, BDO Nr. 41


Vorschriften:

VwGO § 161 Abs. 2
VwVfG NRW § 35 Satz 1
BDO Nr. 41 § 9
1. Die einen Beamten betreffenden innerorganisatorischen Maßnahmen erledigen sich regelmäßig, wenn der Beamte zu einer anderen Organisationseinheit versetzt wird.

2. Die Untersagung des Führens von Dienstkraftfahrzeugen wegen unterbliebener Blutuntersuchung im Rahmen der im Bereich der Polizei turnusmäßig vorgesehenen Kraftfahrtauglichkeitsuntersuchung ist im Allgemeinen nicht rechtswidrig.


Tatbestand:

Der Kläger war früher als Kriminalhauptkommissar im Geschäftsbereich des Polizeipräsidiums E. tätig. Im Rahmen einer bei der Polizei des Landes turnusmäßig vorgesehenen Kraftfahrtauglichkeitsuntersuchung verweigerte er die von ihm verlangte Blutentnahme. Der zuständige Polizeiarzt teilte daraufhin dem Polizeipräsidium E. mit, er könne die Kraftfahrtauglichkeit des Klägers nicht bescheinigen, da dieser erforderliche Untersuchungsabläufe abgelehnt habe. Das Polizeipräsidium E. untersagte dem Kläger deshalb mit sofortiger Wirkung die Führung von Dienstkraftfahrzeugen. Die Klage, mit der der Kläger die Verurteilung des beklagten Landes erreichen wollte, ihm das Führen von Dienstkraftfahrzeugen wieder zu gestatten, blieb erfolglos. Während des Berufungsverfahrens wurde der Kläger zum Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen versetzt. In der Berufungsverhandlung erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Gründe:

Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten beider Rechtszüge dem Kläger aufzuerlegen. Die Berufung wäre erfolglos geblieben. Die Klage war von vornherein unbegründet und ist nach der Versetzung des Klägers zum Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen (LZPD NRW) darüber hinaus unzulässig geworden, da das Rechtsschutzbedürfnis entfallen ist. Gleichwohl hat der Kläger das Berufungsverfahren bis zur mündlichen Verhandlung fortgeführt.

Streitgegenstand war das von dem Polizeipräsidium E. gegenüber dem Kläger ausgesprochene Verbot, Dienstkraftfahrzeuge zu führen. Ein solches Verbot stellt sich als eine Änderung des dem Beamten bisher zugewiesenen Aufgabenbereiches und damit als bloße innerorganisatorische Maßnahme dar. Der Regelung kommt keine unmittelbare Außenwirkung zu, sodass sie nicht als Verwaltungsakt i. S. d. § 35 Satz 1 VwVfG NRW zu qualifizieren ist. Sie ist vielmehr zu der Vielzahl der im Einzelnen nicht normativ erfassten Maßnahmen zu rechnen, die zur Erhaltung und Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung unerlässlich sind. Ihrem objektiven Sinngehalt nach gehört sie zu den Anordnungen, die die dienstlichen Verrichtungen des Beamten betreffen und sich in ihren Auswirkungen auf die organisatorische Einheit beschränken, der der Beamte angehört.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22.5.1980 - 2 C 30.78 -, BVerwGE 60, 144, und Beschluss vom 26.11.2004 - 2 B 72.04 -, Buchholz 235 § 9 BDO Nr. 41.

Das Verbot, dessen Aufhebung der Kläger mit der allgemeinen Leistungsklage erstreiten wollte, hat sich mit seiner Versetzung zum LZPD NRW erledigt. Es galt nur für den Geschäftsbereich des Polizeipräsidiums E., dem der Kläger dauerhaft nicht mehr zugewiesen ist. Das Polizeipräsidium E. ist nicht befugt, Anordnungen gegenüber ihm ehemals weisungsunterworfenen Beamten zu treffen, die nunmehr einer anderen Behörde unterstehen. Dementsprechend können Anordnungen, die solchen Beamten erteilt worden waren, als sie noch Dienst im Geschäftsbereich des Polizeipräsidiums E. taten, nach deren Versetzung zu anderen Behörden keine Wirkung mehr äußern. Dass das Verbot, Dienstkraftfahrzeuge zu führen, letztlich allein auf die Weigerung des Klägers zurückgeht, sich im Rahmen der turnusmäßig vorgeschriebenen Kraftfahrtauglichkeitsuntersuchung einer Blutentnahme zu unterziehen, unterstreicht die auf den eigenen Geschäftsbereich begrenzte Reichweite der Maßnahme. Wie die uneinheitliche Praxis der Polizeibehörden des beklagten Landes zeigt, wird es keineswegs als zwingend angesehen, zur Feststellung der Kraftfahrtauglichkeit generell das Blut des betroffenen Beamten zu untersuchen, und ihm im Falle der Verweigerung der Blutentnahme das Führen von Dienstkraftfahrzeugen zu untersagen.

Das LZPD NRW hat dem Kläger für seinen Geschäftsbereich das Führen von Dienstkraftfahrzeugen nicht untersagt. Zudem wäre eine solche Entscheidung nicht Gegenstand des Verfahrens.

Die Klage war zudem unbegründet, denn das gegenüber dem Kläger ausgesprochene Verbot, im Geschäftsbereich des Polizeipräsidiums E. Dienstkraftfahrzeuge zu führen, war nicht zu beanstanden. Der Dienstherr kann den Aufgabenbereich eines Beamten aus jedem sachlichen Grund verändern, solange diesem ein amtsangemessener Aufgabenbereich verbleibt. Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG gehört kein Recht des Beamten auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkreten Amtes im funktionellen Sinne. Der Beamte muss vielmehr eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne hinnehmen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22.5.1980 - 2 C 30.78 -, und Beschluss vom 26.11.2004 - 2 B 72.04 -, a. a. O.

Das an einen Polizeibeamten gerichtete Verbot, in seinem derzeitigen Aufgabenkreis Dienstkraftfahrzeuge zu führen, lässt sein Statusamt unberührt. Der Kläger war nach dem Verbot - wie zuvor - als Kriminalhauptkommissar in der Besoldungsstufe A 12 BBesO als Leiter eines Kriminalkommissariats mit den dazu gehörenden Aufgaben eingesetzt.

Die Ermessenserwägungen des Dienstherrn, die der angeordneten Aufgabenänderung zu Grunde liegen, können von den Verwaltungsgerichten im Allgemeinen nur daraufhin überprüft werden, ob sie durch einen Ermessensmissbrauch maßgebend geprägt sind. Die Prüfung bleibt grundsätzlich darauf beschränkt, ob die Gründe des Dienstherrn willkürlich sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22.5.1980 - 2 C 30.78 -, und Beschluss vom 26.11.2004 - 2 B 72.04 -, a. a. O.

Dass das Polizeipräsidium E. im Zusammenhang mit dem gegenüber dem Kläger ausgesprochenen Verbot willkürlich gehandelt hat, lässt sich nicht feststellen. Es ist sachlich gerechtfertigt, wenn ein Behördenleiter, um denkbare Unfallrisiken für die ihm unterstellten Beamten und Dritte weitestgehend auszuschließen, denjenigen Beamten das Führen von Dienstkraftfahrzeugen untersagt, deren Kraftfahrtauglichkeit er für ungeklärt hält. Ob der jeweilige Beamte in Wirklichkeit kraftfahrtauglich ist beziehungsweise zu Recht oder zu Unrecht die Klärung der Kraftfahrtauglichkeit im Sinne der von dem Behördenleiter vertretenen Auffassung verhindert hat, ist dabei für die Sachgerechtigkeit der Maßnahme ohne Belang. Allein maßgeblich ist, dass nach der jedenfalls nicht unvertretbaren Meinung des Verantwortlichen die Kraftfahrtauglichkeit klärungsbedürftig, tatsächlich aber nicht geklärt ist.

Ende der Entscheidung

Zurück