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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 19.12.2007
Aktenzeichen: 6 A 4526/05
Rechtsgebiete: LVO NRW


Vorschriften:

LVO NRW § 5 Abs. 1 Buchstabe a)
LVO NRW § 6 Abs. 1 Satz 1
LVO NRW § 6 Abs. 1 Satz 3
LVO NRW § 6 Abs. 2
LVO NRW § 52 Abs. 1
LVO NRW § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Es ist sachlich gerechtfertigt, wenn das beklagte Land Laufbahnbewerbern, die zuvor im Ersatzschuldienst unbefristet angestellt waren, keine Ausnahme von der Höchstaltersgrenze für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe (§§ 6 Abs. 1, 52 Abs. 1 LVO NRW) nach dem Erlass des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung vom 22.12.2000 - 121-22/03 Nr. 1050/00 - zubilligt.
Tatbestand:

Die am 16.8.1965 geborene Klägerin ist als Lehrerin im Angestelltenverhältnis im Dienst des beklagten Landes beschäftigt und begehrt ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Am 17.6.1993 legte sie die Erste Staatsprüfung für die Lehrämter für die Sekundarstufe II und für die Sekundarstufe I und am 24.11.1995 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II und für das Lehramt für die Sekundarstufe I, jeweils in den Fächern Sport und Geschichte, ab. Von August 1996 bis Juli 1997 war sie befristet als Lehrkraft zur Vertretung an der Waldorfschule in A beschäftigt. Ab dem 1.8.1997 war sie als Lehrerin an der Waldorfschule G in einem unbefristeten Angestelltenverhältnis tätig. Am 17.8.2001 wurde ihre Tochter geboren. Danach befand sie sich in der Elternzeit. Auf ihre Bewerbung vom 19.11.2002 wurde die Klägerin mit Wirkung vom 5.2.2003 auf unbestimmte Zeit als Lehrerin im Angestelltenverhältnis mit voller Pflichtstundenzahl in den Schuldienst des beklagten Landes eingestellt. Mit Schreiben vom 5.2.2003 beantragte sie die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Da sie mit dem Mangelfach Sport neu eingestellt worden sei, müsse sie trotz Überschreitung der Höchstaltersgrenze verbeamtet werden. In einem Vergleichsfall sei die Bezirksregierung B. auch so verfahren. Die Bezirksregierung L. lehnte den Antrag ab. Eine Ausnahme von der Höchstaltersgrenze auf der Grundlage des Erlasses des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22.12.2000 komme nicht in Betracht, weil die Regelung nur zur Gewinnung neu einzustellender Bewerber diene. Laufbahnrechtlich überalterte Lehrer, die bereits im Angestelltenverhältnis - dazu zähle auch der Ersatzschuldienst - beschäftigt seien, würden nicht erfasst. Der dagegen eingelegte Widerspruch sowie die anschließend erhobene Klage blieben ohne Erfolg. Die auf den Antrag der Klägerin vom Senat zugelassene Berufung hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Gemäß den §§ 6 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 LVO NRW darf als Laufbahnbewerber nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a) LVO NRW in das Beamtenverhältnis auf Probe nur eingestellt oder übernommen werden, wer das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Eine Übernahme der Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe ist ausgeschlossen. Die Höchstaltersgrenze von 35 Jahren hatte sie bereits am 16.8.2000 und damit mehrere Jahre vor ihrem Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis vom 5.2.2003 überschritten.

Die gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 LVO NRW mögliche Berücksichtigung von Zeiten der Kinderbetreuung rechtfertigt keine andere Entscheidung. Es fehlt an der erforderlichen Ursächlichkeit der Kinderbetreuung für die Überschreitung der Altersgrenze, da die Klägerin bei der Geburt ihrer Tochter am 17.8.2001 bereits älter als 35 Jahre war.

Die Altergrenze von 55 Jahren nach § 6 Abs. 2 LVO NRW ist für die Klägerin nicht maßgeblich, da sie an der Waldorfschule G nicht Planstelleninhaberin war. Ihr Arbeitsverhältnis war vielmehr vergleichbar dem Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst ausgestaltet.

Eine Verpflichtung des Beklagten zur Zulassung einer Ausnahme nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW besteht nicht. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner Entscheidung, ob der eine allgemeine Ausnahme von der Höchstaltersgrenze zulassende Runderlass des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung - 121-22/03 Nr. 1050/00 - vom 22.12.2000, zuletzt verlängert durch Runderlass des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder vom 16.11.2004 - 211-1.12.03.03-973 -, noch herangezogen werden kann, obwohl er zum Schuljahr 2006/2007 aufgehoben worden ist. Die Klägerin unterfällt jedenfalls nicht der durch Nr. I. dieses Erlasses eingeführten Verwaltungspraxis, Lehrern mit Mangelfächern ein Überschreiten der Altersgrenze um längstens zehn Jahre zu ermöglichen. Sie vertritt mit dem Fach Sport zwar eines der in dem Erlass aufgeführten Mangelfächer. Die Ausnahme gilt nach ausdrücklicher Regelung des Erlasses jedoch nur zur Gewinnung neu einzustellender Bewerber. Laufbahnrechtlich überalterte Lehrerinnen und Lehrer, die bereits in einem unbefristeten Angestelltenverhältnis als Lehrkraft beschäftigt sind, werden davon hingegen nicht begünstigt. Dazu zählen auch Lehrkräfte, die - wie die Klägerin - zuvor zwar nicht im Schuldienst des beklagten Landes, jedoch in einer Ersatzschule angestellt waren. Das folgt aus dem ergänzenden Erlass des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen vom 9.4.2001, nach dem eine Verbeamtung solcher Bewerber ausgeschlossen ist, die zuvor ein Beschäftigungsverhältnis als Angestellte - auch als Lehrkraft von Ersatzschulträgern - gekündigt haben.

Zu keiner anderen Entscheidung führt es, dass nach dem Vortrag der Klägerin die Bezirksregierung B. in einem vergleichbaren Fall eine Bewerberin aus dem Ersatzschuldienst auf der Grundlage des Mangelfacherlasses in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen hat. Selbst für den Fall, dass die Bezirksregierung B. damit ihrer ständigen Verwaltungspraxis im Rahmen des nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW auszuübenden Ermessens entsprochen hätte, folgt daraus keine Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Die Anwendung einer der Klägerin günstigeren, der ministeriellen Erlasslage aber widersprechenden Verwaltungspraxis durch eine für sie nicht zuständige Behörde lässt sich aus dem Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht herleiten.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.11.2003 - 6 A 665/03 -.

Für eine landesweite, von dem Erlass vom 9.4.2001 abweichende Verwaltungspraxis sind weder Anhaltspunkte erkennbar, noch hat die Klägerin Entsprechendes vorgetragen. Vielmehr hat das Ministerium für Schule, Jugend und Kinder unter dem 12.6.2003 die in dem Erlass getroffene Regelung bestätigt.

Diese Verwaltungspraxis, eine Ausnahme von der Höchstaltersgrenze nur bei neu einzustellenden Bewerbern zuzulassen, bereits im Schuldienst als Angestellte beschäftigte Lehrkräfte hingegen nicht zu berücksichtigen, verstößt nicht gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG enthaltenen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der aus dem Mangelfacherlass vom 20.12.2000 ersichtliche Zweck, neu einzustellende Lehrkräfte mit Mangelfächern zu gewinnen, bietet ein sachlich vertretbares und damit hinreichendes Differenzierungskriterium.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18.5.2001 - 6 B 493/01 -, NVwZ 2002, 614, vom 18.11.2003 - 6 A 1596/03 -, und vom 22.2.2007 - 6 A 2248/04 - (ständige Rechtsprechung).

Im Ergebnis nichts anderes gilt, soweit auch Lehrkräfte, die zuvor im Ersatzschuldienst unbefristet angestellt waren, aufgrund des Erlasses vom 9.4.2001 von der allgemeinen Ausnahme des Mangelfacherlasses ausgeschlossen werden. Die schulische Bildung im beklagten Land wird neben den öffentlichen Schulen auch durch Schulen in freier Trägerschaft beziehungsweise Ersatzschulen wahrgenommen (vgl. § 100 Abs. 1 und 2 SchulG NRW). Infolge dessen ist es sachlich gerechtfertigt, zuvor an Ersatzschulen unbefristet beschäftigte Lehrkräfte nicht in den Anwendungsbereich des Mangelfacherlasses einzubeziehen, um eine (Verschärfung der) Konkurrenzsituation zwischen öffentlichen Schulen und Ersatzschulen um die ohnehin nicht in ausreichendem Maße zu gewinnenden Lehrkräfte mit Lehramtsbefähigungen in Mangelfächern zu vermeiden und damit nicht die Sicherstellung der Unterrichtsversorgung in Ersatzschulen zu gefährden.

Ende der Entscheidung

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