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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 26.11.2008
Aktenzeichen: 6 B 1416/08
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 19 Abs. 4
GG Art. 33 Abs. 2
Ein Auswahlverfahren zur Besetzung einer Beförderungsstelle ist fehlerhaft, wenn die der Auswahlentscheidung zu Grunde liegenden wesentlichen Erwägungen nicht schriftlich niedergelegt sind (Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178).
Tatbestand:

Die Antragstellerin steht als Lehrerin im Dienst des Landes. Sie bewarb sich auf eine von zwei im Kreis W. ausgeschriebene Planstellen der Besoldungsgruppe A 13 BBesO/Entgeltgruppe 13 TV-L. Der Antragsgegner ging davon aus, dass die Antragstellerin und die Beigeladenen gleich qualifiziert seien und traf die Beförderungsentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen auf Grund ihres höheren Dienstalters. Den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel, die Besetzung der Beförderungsstellen bis zu einer erneuten Entscheidung über ihre Bewerbung vorläufig zu verhindern, lehnte das VG ab. Die dagegen eingelegte Beschwerde hatte Erfolg.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Sie hat einen Anordnungsanspruch der Antragstellerin glaubhaft gemacht, der in der sich aus dem Tenor ergebenden Form zu sichern ist. Die zu Gunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung ist rechtswidrig. Die schriftliche Niederlegung der für diese Auswahlentscheidung wesentlichen Erwägungen genügt nicht den Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des BVerfG an die insoweit bestehende Dokumentationspflicht des Dienstherrn zu stellen sind.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178.

Das Schreiben, mit dem die Bezirksregierung die Antragstellerin vom Ausgang des Auswahlverfahrens in Kenntnis gesetzt hat, ist im Hinblick auf die Auswahlerwägungen nichtssagend. Darin heißt es: "Die Auswahlentscheidung erfolgte unter Zuhilfenahme der Kriterien dienstliche Beurteilung sowie Dienstalter". Eine solche Mitteilung versetzt den unterlegenen Bewerber nicht in die Lage, sachgerecht darüber zu befinden, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will. Ihr ist nicht mit der gebotenen Klarheit zu entnehmen, dass und auf welcher Grundlage die Bezirksregierung bezogen auf die Antragstellerin und beide Beigeladenen von einem Qualifikationsgleichstand ausgegangen ist und die Auswahlentscheidung daher allein anhand des Hilfskriteriums "Dienstalter" getroffen hat.

Ebenso wenig sind die wesentlichen Auswahlerwägungen in den Verwaltungsvorgängen hinreichend schriftlich fixiert, sodass sich die Antragstellerin auch durch Akteneinsicht keine Kenntnis davon verschaffen, sondern allenfalls Vermutungen anstellen konnte. Dass sich der Dienstherr die Einschätzung des schulfachlichen Dezernenten zu eigen gemacht hat, wonach mangels signifikanter Unterschiede bei den vorgelegten dienstlichen Beurteilungen keine Auswahl im Wege der Binnendifferenzierung getroffen werden könne, ist an keiner Stelle ausdrücklich vermerkt. Da die dienstlichen Beurteilungen, auf Grund derer der Dezernent seine Einschätzung abgegeben hat, weder nach Datum noch sonst irgendwie gekennzeichnet sind, kann nur vermutet werden, dass es sich ausschließlich um die jeweils aktuellen dienstlichen Beurteilungen der in die nähere Wahl einbezogenen Bewerber gehandelt hat. Ob der Dienstherr darüber hinaus auch zurückliegende dienstliche Beurteilungen geprüft hat, um einen möglichen Qualifikationsvorsprung eines Bewerbers zu ermitteln, ergibt sich aus den Verwaltungsvorgängen nicht.

Wie das Dienstalter der Bewerber als Hilfskriterium für die Beförderungsentscheidung berechnet worden ist, lässt sich den Verwaltungsvorgängen nicht zweifelsfrei entnehmen. Die dort aufgenommenen Berechnungsbögen "Berechnung Probezeit/Anstellung/Nachteilsausgleich" werfen als Ergebnis zwei Daten aus, nämlich das Datum, an dem die laufbahnrechtliche Probezeit des jeweiligen Beamten endet und das Datum der planmäßigen Anstellung nach Berücksichtigung des Nachteilsausgleichs gemäß § 9 LVO NRW. Welches dieser Daten für die Berechnung des Dienstalters als Hilfskriterium maßgeblich sein soll, erschließt sich nicht. Zudem ist der für die Beigeladene zu 1. erstellte Berechnungsbogen in sich widersprüchlich. (...)

Soweit die Beschwerde darüber hinaus die Auswahlentscheidung in der Sache bemängelt, vermag der Senat keinen Fehler zu erkennen. Dass sich aus den Texten der der Antragstellerin und den Beigeladenen erteilten aktuellen dienstlichen Beurteilungen ein Qualifikationsvorsprung für die Antragstellerin herleiten lässt, belegt die Beschwerde in keiner Weise. Drängt sich der Qualifikationsvorsprung eines Bewerbers im Vergleich mehrerer dienstlicher Beurteilungen nicht auf, kann es der Dienstherr bei der Feststellung belassen, dass die Bewerber nach diesen Beurteilungen gleich qualifiziert sind. Was die Beschwerde meint, wenn sie "die inhaltliche Ausschöpfung der vorliegenden Beurteilungen unter Beachtung eines Stellenprofils, eines Anforderungsprofils oder einer Aufgabenbeschreibung für die zukünftige Aufgabe" vermisst, vermag der Senat mit Blick auf den konkreten Streitfall nicht nachzuvollziehen. Inwieweit sich bei der Betrachtung zurückliegender dienstlicher Beurteilungen ein Qualifikationsvorsprung der Antragstellerin ergeben könnte, legt die Beschwerde nicht dar.

Ende der Entscheidung

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