Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 09.02.2009
Aktenzeichen: 6 B 1744/08
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Zum Erfordernis der Professorenmehrheit bei der Abstimmung der Berufungskommission über den vom Fachbereich zu erstellenden Berufungsvorschlag.
Tatbestand:

Der Antragsteller ist Bewerber um eine Professur der Besoldungsgruppe W 3 BBesO an der Universität C. (Antragsgegner) und begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Untersagung der Besetzung dieser Stelle mit dem Beigeladenen. Er ist der Auffassung, die auch mit fachfremden Mitgliedern besetzte Berufungskommission habe seine Qualifikation für die in Rede stehende Professorenstelle - teilweise aus sachfremden Erwägungen - zu Unrecht geringer eingeschätzt als die des Beigeladenen. Das VG lehnte den Antrag ab. Die Beschwerde des Antragstellers beim OVG hatte Erfolg.

Gründe:

Das Auswahlverfahren zur Besetzung der Professur für das Fach Phonetik und Akustische Kommunikation der Besoldungsgruppe W 3 BBesO an der Universität C. ist nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die maßgeblichen Entscheidungen der Berufungskommission sind nicht mit den nach § 14 Abs. 5 der Verfassung der Universität C. (Universitätsverfassung) erforderlichen Mehrheiten getroffen worden. Nach dieser Regelung bedürfen Entscheidungen, die die Berufung von Professoren unmittelbar berühren, außer der Mehrheit des Gremiums der Mehrheit der dem Gremium angehörenden Professoren. In der Sitzung der Berufungskommission am 29.6.2007, in der über die Aufnahme der Bewerber in die Berufungsliste beziehungsweise deren Reihung entschieden wurde, waren lediglich 5 der 13 dem Gremium angehörenden Professoren anwesend. Die erforderliche Mehrheit der dem Gremium angehörenden Professoren ist damit nicht gegeben, auch wenn offenbar alle erschienenen Professoren für die den Antragsteller nicht umfassende Vorschlagsliste gestimmt haben. Vergleichbares gilt für die Sitzung der Berufungskommission am 5.4.2007. In dieser Sitzung, in der im Anschluss an die Probevorträge der eingeladenen Bewerber - auch des Antragstellers - bestimmt wurde, welche der Kandidaten einer auswärtigen Begutachtung unterzogen werden sollten, waren nur 6 der 13 Professoren zugegen.

Es führt zu keiner anderen Entscheidung, dass der Dekan des Fachbereichs (Philosophische Fakultät) im Anschluss an die Sitzung der Berufungskommmission vom 29.6.2007 per E-Mail "schriftliche Voten" der in der Sitzung nicht erschienenen professoralen Kommissionsmitglieder eingeholt und von allen im Ergebnis zustimmende Rückmeldungen erhalten hat. Diese Vorgehensweise wird den an das Berufungsverfahren zu stellenden Anforderungen nicht gerecht.

Der Berufungskommission kommt bei der Vorbereitung des Berufungsvorschlags ein grundsätzlich auch die Verfahrensgestaltung umfassender Entscheidungsspielraum zu.

Vgl. auch Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 3. Auflage 2004, Rdnr. 680.

Dieser Entscheidungsspielraum kann zunächst durch das einschlägige Satzungsrecht der Hochschule begrenzt werden. § 14 Abs. 1 Satz 1 der Universitätsverfassung besagt für den vorliegenden Streitfall, dass Abstimmungen "in der Regel durch Handzeichen" erfolgen. Schon dies spricht dafür, dass die Berufungskommission ihre Entscheidungen nur aufgrund und in einer Sitzung bei Anwesenheit aller an der Abstimmung Beteiligten treffen darf. Eine Abstimmung unter Abwesenden im schriftlichen Verfahren ist damit nicht zu vereinbaren.

Eine weitere Einschränkung folgt aus dem Zweck des Berufungsverfahrens, den im Sinne der Bestenauslese (vgl. Art. 33 Abs. 2 GG) qualifiziertesten Bewerber für die ausgeschriebene Stelle zu ermitteln. Bei der Gestaltung des Verfahrens ist insbesondere dem Umstand Rechnung zu tragen, dass - obwohl die Berufungskommission nicht die abschließende Entscheidung über den zu berufenden Bewerber trifft - ihrer Empfehlung nahezu entscheidende Bedeutung zukommt.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 29.5.1973 - 1 BvR 424/71 und 1 BvR 325/72 -, BVerfGE 35, 79 (145).

Denn die Berufungskommission ist im Idealfall das mit dem höchstmöglichen Sachverstand ausgestattete Gremium für die Einschätzung der Qualifikation der Bewerber für die ausgeschriebene Professur. Das setzt zwar nicht zwangsläufig eine Besetzung der Berufungskommission lediglich mit Professoren desselben Fachs oder derselben Fachrichtung voraus. Eine solche Zusammensetzung der Berufungskommission wäre angesichts des breit gefächerten Zuschnitts vieler Fachbereiche oder der interdisziplinären Ausrichtung zahlreicher ausgeschriebener Stellen nicht ohne weiteres realisierbar. Auch kann die fachliche Qualifikation der Bewerber unter Zuhilfenahme des Sachverstandes einzelner Kommissionsmitglieder und/oder mittels Einholung auswärtiger Gutachten festgestellt werden.

Vgl. auch Kehler, in: Denninger, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, 1984, § 45 Rdnr. 24.

Umso mehr bedarf es aber der Befolgung von Verfahrensregeln, die es sicherstellen, dass sich die beschließenden Kommissionsmitglieder bei ihrer Entscheidung tatsächlich auch auf diese sachverständige Grundlage stützen können. Das setzt vor allem einen hinreichenden Informationsaustausch voraus. Hieran fehlt es, wenn die Mehrheit der Professoren nicht an den Beratungen teilnimmt, in denen der für die sachgerechte Erstellung der Berufungsliste erforderliche und mitentscheidende Austausch auch fachlichwissenschaftlicher Gesichtspunkte stattfindet.

Ende der Entscheidung

Zurück