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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 09.12.2002
Aktenzeichen: 6 B 1958/02
Rechtsgebiete:
Vorschriften:
Eine "Zwischenbeurteilung" nach Nr. 5.5 Abs. 2 Satz 3 sowie Anlage A Blatt 10 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beschäftigten des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit und im Geschäftsbereich des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit vom 3.5.2001, MBl.NRW. S. 840, (Beurteilungsrichtlinien) darf sich im Rahmen der Abweichungsbegründung ebenso wie die Endbeurteilung auf fallübergreifende Erwägungen beschränken.
Tatbestand:
Das VG hatte dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes stattgegeben: Der Dienstherr habe bei der dienstlichen Beurteilung der Antragstellerin einen der in den Beurteilungsrichtlinien vorgesehenen wesentlichen Verfahrensabläufe nicht eingehalten. Nach der Erstellung der Erstbeurteilung durch den Referatsleiter der Antragstellerin und vor der Abgabe der Endbeurteilung durch den Abteilungsleiter sei der Gruppenleiter als "Vorgesetzter zwischen Erstbeurteilerin/Erstbeurteiler und Endbeurteilerin/Endbeurteiler" (Nr. 5.5 BRL) an der Beurteilung beteiligt gewesen. Dieser habe abweichend von dem Vorschlag des Erstbeurteilers ein schlechteres Gesamturteil vorgeschlagen, dies aber auf dem Beurteilungsbogen Anlage A der Beurteilungsrichtlinien nicht in der auf Seite 10 verbindlich vorgesehenen, auf Einzelmerkmale der Befähigung und Leistung bezogenen Weise konkret erläutert. Er habe sich, was nicht ausreiche, insoweit auf allgemeine Angaben (zu dem anzulegenden strengen Maßstab, dem einheitlichen Vergleichsmaßstab und den Richtsätzen) beschränkt.
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wurde der angefochtene Beschluss geändert und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Gründe:
Bei der Festlegung des Verfahrens zur Erstellung dienstlicher Beurteilungen und deren Inhalts ist der Dienstherr innerhalb der durch das einschlägige Gesetzes- und Verordnungsrecht gezogenen Grenzen weitgehend frei. Deshalb ist es allerdings um so bedeutsamer, dass er das gewählte Beurteilungssystem tatsächlich gleichmäßig auf alle Beamten anwendet, die bei beamtenrechtlichen Entscheidungen über ihre Verwendung und über ihr dienstliches Fortkommen miteinander in Wettbewerb treten können.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.2000 - 2 C 7.99 -, DÖD 2001, 38, m.w.N. (st. Rspr.); OVG NRW, Beschluss vom 26.10.2000 - 6 B 1281/00 -, DÖD 2001, 261.
Eine Verletzung dieses Gebots bei der Erstellung der dienstlichen Beurteilung der Antragstellerin ist nicht feststellbar. Das dabei eingeschlagene Beurteilungsverfahren entspricht auch in dem vom VG angesprochenen Punkt dem nach den Beurteilungsrichtlinien vorgesehenen Ablauf.
Gemäß Nr. 5.5 Abs. 2 Satz 2 BRL hat der Endbeurteiler, wenn End- und Erstbeurteilung nicht übereinstimmen, "die abweichende Beurteilung mit für die Beschäftigten nachvollziehbaren Gründen zu erläutern". Umfang und Intensität der Begründung, soweit sie vom Endbeurteiler abzugeben ist, haben sich danach auszurichten, was angesichts des vorgesehenen Beurteilungsverfahrens überhaupt möglich und zulässig ist. Beruht die anders lautende Endbeurteilung nicht auf einer abweichenden Bewertung des individuellen Leistungs- und Befähigungsprofils, sondern auf einzelfallübergreifenden Erwägungen, z.B. der Korrektur einer zu wohlwollenden oder zu strengen, vom allgemeinen Beurteilungsmaßstab abweichenden Grundhaltung des Erstbeurteilers und/oder auf einem allgemeinen Quervergleich mit den Beurteilungen der weiteren zur Vergleichsgruppe gehörenden Personen unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Richtsätze, muss die Abweichungsbegründung diese Gesichtspunkte in den Mittelpunkt stellen. Die dabei maßgeblichen allgemeinen Erwägungen führen zwangsläufig zu einer Abstrahierung vom Einzelfall und finden sich wegen ihrer fallübergreifenden Bedeutung ebenso zwangsläufig in ähnlicher oder gleicher Wortwahl auch in den Beurteilungen anderer Beamter wieder. Auch wenn die Begründung in derartigen Fällen möglicherweise formelhaft wirkt, ergibt sich daraus kein zur Rechtswidrigkeit führendes Begründungsdefizit.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13.12.1999 - 6 A 3593/98 -, DÖD 2000, 266, sowie vom 13.2.2001 - 6 A 2966/00 -, NWVBl. 2002, 351.
Diesen Maßgaben genügt die von dem Endbeurteiler in der Beurteilung gegebene Begründung für die Absenkung des Gesamturteils gegenüber dem Vorschlag des Erstbeurteilers. Nichts anderes gilt für die - ebenfalls auf fallübergreifende Argumente gestützten - Ausführungen des "Zwischenbeurteilers", der sich wie folgt geäußert hat:
"Zur Erstbeurteilung gebe ich folgendes abweichendes Votum ab: Gesamturteil 3 Punkte.
Unter Anlegung eines strengen Maßstabes, der entwickelt wurde, um zu einer abgestuften, vergleichenden Bewertung zu kommen, sowie unter Berücksichtigung eines einheitlichen Vergleichsmaßstabes und der Richtsätze der Vergleichsgruppe... entsprechen die Leistungen... zwar voll den Anforderungen, gehen insgesamt aber noch nicht darüber hinaus."
Nr. 5.5. Abs. 2 Satz 3 BRL trifft für die Stellungnahme des "Zwischenbeurteilers" die Regelung: "Gleiches gilt für alle Vorgesetzten zwischen Erstbeurteilerin/Erstbeurteiler und Endbeurteilerin/Endbeurteiler". Diese Regelung bezieht sich auf den vorangestellten Satz der Nr. 5.5 Abs. 2 BRL, wonach - wie ausgeführt - die abweichende Beurteilung durch den Endbeurteiler mit für die Beschäftigten nachvollziehbaren Gründen zu erläutern ist. Wie diese Gründe im einzelnen abzufassen sind, ist in den Beurteilungsrichtlinien auch für den "Zwischenbeurteiler" nicht näher bestimmt. Das gilt auch für die Anlage A zu den Beurteilungsrichtlinien. Blatt 10 dieser Anlage enthält allerdings nach dem vorgedruckten Satz "Zur Erstbeurteilung gebe ich folgendes abweichendes Votum ab" eine Rubrik für abweichende Angaben des Zwischenbeurteilers zu der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung bezogen auf den vom Erstbeurteiler angegebenen Punktwert bzw. Ausprägungsgrad. Damit sind jedoch fallübergreifende Ausführungen, wie sie der Gruppenleiter hier vorgenommen hat, aufgrund eines von ihm innerhalb der Gruppe angestellten Quervergleichs unter Berücksichtigung von Richtsätzen nicht ausgeschlossen. Im Gegenteil muss die ihm zuerkannte Befugnis, sich für ein anderes Gesamturteil auszusprechen, auch das Recht einschließen, solche fallübergreifenden Erwägungen anzuführen, wenn er diese für ausschlaggebend hält.
Dass der "Zwischenbeurteiler" hier so verfahren ist, macht die dienstliche Beurteilung nicht in sich widersprüchlich oder unstimmig. Die von dem Erstbeurteiler vorgeschlagenen Punktwerte zu den Haupt- und Submerkmalen stimmen zwar mit dem von dem "Zwischenbeurteiler" vorgeschlagenen und vom Endbeurteiler übernommenen Gesamturteil nicht überein. Darin liegt jedoch kein Fehler. Das Beurteilungsverfahren ist nicht dahin ausgestaltet, dass der Zwischenbeurteiler auch bei einer auf fallübergreifenden Erwägungen beruhenden Abweichung die vom Erstbeurteiler vergebene Note bei den Einzelmerkmalen ausdrücklich anders zu bewerten hat. Einer fallübergreifenden Begründung, wie sie hier der Gruppenleiter abgegeben hat, ist ohne weiteres zu entnehmen, dass damit in Anbetracht des angelegten Maßstabes insbesondere im Quervergleich unter Berücksichtigung der Richtsätze auch die Einzelmerkmale letztlich generell niedriger als in der Erstbeurteilung bewertet werden. Insoweit gilt nichts anderes als für die Endbeurteilung.
Die Antragstellerin beruft sich demgegenüber zu Unrecht auf den Senatsbeschluss vom 13.9.2001 - 6 B 1776/00 -, NWVBl. 2002, 111. In dem dort entschiedenen Fall hat der Senat die einem Polizeivollzugsbeamten nach den Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25.1.1996, MBl. NRW. S. 278, erteilte dienstliche Beurteilung als nicht plausibel und daher rechtswidrig angesehen, weil die Endbeurteilerin dem Beamten in allen bewerteten Hauptmerkmalen 4 Punkte zuerkannt, das Gesamturteil gleichwohl aber lediglich auf 3 Punkte festgesetzt hatte. Die hier einschlägigen Beurteilungsrichtlinien verlangen im Unterschied zu den polizeilichen Beurteilungsrichtlinien (dort: Nr. 9.2 Abs. 1 Satz 2) nicht, dass der Endbeurteiler (oder der "Zwischenbeurteiler") sich in der dienstlichen Beurteilung auch zu den Hauptmerkmalen äußert. Zwar wird er so verfahren dürfen; im Streitfall hat er aber davon keinen Gebrauch gemacht.
Ende der Entscheidung
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