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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 02.01.2003
Aktenzeichen: 6 B 2110/02
Rechtsgebiete: LBG NRW
Vorschriften:
LBG NRW § 48 Abs. 1 Satz 4 | |
LBG NRW § 42 Satz 3 |
Tatbestand:
Der als Studienrat wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzte Antragsteller kam einer durch die Schulaufsichtsbehörde verfügten Weisung nicht nach, sich im Hinblick auf eine eventuelle Reaktivierung einer amtsärztlichen Untersuchung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen. Die Behörde ging daraufhin von seiner Dienstfähigkeit aus und forderte ihn auf, sich zwecks erneuter Berufung in das Beamtenverhältnis an der zur Dienstleistung vorgesehenen Schule einzufinden. Den hiergegen gestellten Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes lehnte das VG ab. Die Beschwerde des Antragstellers blieb ohne Erfolg.
Gründe:
Entzieht sich ein Ruhestandsbeamter ohne hinreichenden Grund einer vom Dienstherrn angeordneten ärztlichen Überprüfung, ob er dienstfähig ist, stellt dies ein erhebliches Indiz gegen die Fortdauer der Dienstunfähigkeit dar.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Juni 2000 - 1 DB 13.00 -, BVerwGE 111, 246 = ZBR 2000, 246, = DÖD 2001, 33 sowie Urteil vom 18.9.1997 - 2 C 33.96 -, ZBR 1998, 203 = NVwZ-RR 1998, 574.
Durch das Beschwerdevorbringen wird die Richtigkeit der Auffassung des VG, der Antragsteller habe keinen hinreichenden Grund gehabt, die amtsärztliche Untersuchung auf seine Dienstfähigkeit zu verweigern, nicht widerlegt. Der Antragsteller beruft sich darauf, eine amtsärztliche Untersuchung wäre überflüssig gewesen. Er habe ohnehin nicht mehr reaktiviert werden können, weil er bereits mehr als fünf Jahre im Ruhestand gewesen sei. Zum Zeitpunkt seiner Zurruhesetzung habe gegolten, dass nach Ablauf von fünf Jahren eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nur mit seiner Zustimmung zulässig sei (§ 48 Abs. 1 i.V.m. § 42 Satz 3 LBG NRW in der bis Ende Februar 1998 geltenden Fassung). Der Umstand, dass das Zustimmungserfordernis seit dem 1.3.1998 auf Grund einer Änderung der beamtenrechtlichen Vorschriften durch das Achte Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 10.2.1998, GV.NRW. S. 134, nur noch für Beamte gelte, die, anders als er, bereits das 55. Lebensjahr vollendet hätten, ändere daran nichts. Die neue Regelung dürfe entgegen der Auffassung des VG nur für Ruhestandsbeamte gelten, die nach Inkrafttreten der Änderung in den Ruhestand versetzt worden seien. Die Anwendung der Neuregelung aus dem Jahre 1998 auf ihn würde eine gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßende unzulässige Rückwirkung beinhalten.
Dem ist nicht zu folgen. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 42 Satz 3 LBG NRW in der seit dem 1.3.1998 geltenden Fassung ist nach Ablauf von fünf Jahren seit Beginn des Ruhestandes eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nur mit Zustimmung des Beamten zulässig, wenn er das 55. Lebensjahr vollendet hat. Demnach ist die Reaktivierung des Antragstellers nicht von seiner Zustimmung abhängig.
Daran ändert nichts der Umstand, dass zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung des Antragstellers das Zustimmungserfordernis in Fällen, in denen die Zurruhesetzung mehr als fünf Jahre zurücklag, nicht auf über 55 Jahre alte Beamte eingeschränkt war. Daraus lässt sich nicht herleiten, die gesetzliche Neuregelung verstoße gegen höherrangiges Recht.
Aus dem rechtsstaatlichen Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, der im Beamtenrecht seine eigene Ausprägung erfahren hat, vgl. (BVerfG), Beschluss vom 10.12.1985 - 2 BvL 18/83 -, BVerFGE 72 255 (272), m.w.N., folgt, dass der Gesetzgeber keine entwertenden Eingriffe vornehmen darf, mit denen der Betroffene nicht zu rechnen brauchte und die er also bei seinen Dispositionen nicht berücksichtigen konnte.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3.12.1998 - 1 BvR 2262/96 -, DÖD 1999, 136.
Ein derartiger Eingriff ist hier jedoch nicht erfolgt. Wie das VG zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich um einen Fall der so genannten unechten Rückwirkung.
Eine Regelung mit unechter Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig. Der Betroffene kann sich nicht auf den Schutz seines Vertrauens berufen, wenn sein Vertrauen auf den Fortbestand einer ihm günstigen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen darf. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht nicht so weit, den Begünstigten vor jeder Enttäuschung seiner Erwartungen in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu bewahren. Vielmehr müssen auf seiner Seite gewichtige zusätzliche Interessen angeführt werden können, die den öffentlichen Interessen vorgehen.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3.12.1998 - 1 BvR 2262/96 -, a.a.O.
Das VG ist in Anlegung dieses Maßstabes zu Recht davon ausgegangen, dass die mit der Gesetzesänderung verbundene unechte Rückwirkung - wie regelmäßig - in zulässiger Weise erfolgt ist. Dass dies hier ausnahmsweise anders zu sehen wäre, ist mit dem Beschwerdevorbringen nicht dargelegt. Gewichtige zusätzliche Interessen auf Seiten des Antragstellers, die dem beträchtlichen öffentlichen Interesse daran vorgehen, dass ein als wieder dienstfähig anzusehender Beamter auch Dienst verrichtet, sind den mit der Beschwerde vorgetragenen Argumenten nicht zu entnehmen wird ausgeführt.
Ende der Entscheidung
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