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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 08.03.2005
Aktenzeichen: 6 B 2695/04
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 123 Abs. 1
Bei einer Dienstpostenkonkurrenz kann ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die bereits erfolgte Besetzung des Dienstpostens vorläufig wieder rückgängig zu machen, gegeben sein, wenn die Besetzung des Dienstpostens für den um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchenden Beamten mit einem Nachteil verbunden ist, der über die mit der Dienstpostenübertragung verbundene Beeinträchtigung hinausgeht.

Einem Beamten der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen, der eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 BBesO innehat, steht die Funktionseignung eines ständigen Vertreters der Dienststellenleitung in einem A 16/A 16 Z-Finanzamt auch dann zu, wenn sie in seiner dienstlichen Beurteilung nicht ausdrücklich erwähnt ist - Richtlinien für die Beurteilung und Beförderung der Beamtinnen und Beamten der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 24.4.2003 -.


Tatbestand:

Der Antragsteller und der Beigeladene, beide Regierungsdirektoren im Bereich einer Oberfinanzdirektion, haben eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 BBesO inne. In seiner aktuellen dienstlichen Beurteilung vom 26.2.2004 ist der Antragsteller im Gesamturteil mit "gut" bewertet worden. Eine Funktionseignung ist ihm, anders als in seiner vorherigen Beurteilung, die mit dem Gesamturteil "vollbefriedigend" endete, nicht zuerkannt worden. Dem Beigeladenen sind in seiner aktuellen dienstlichen Beurteilung - ebenfalls vom 26.2.2004 -, die das Gesamturteil "vollbefriedigend" aufweist, die Funktionseignungen "ständige(r) Vertreter(in) der Dienststellenleiterin/des Dienststellenleiters in einem A 16/A 16 Z-Finanzamt" und "Dienststellenleiter(in) in einem A 15-Finanzamt" zuerkannt worden. Nach zuvor erfolgter Ausschreibung entschied die Oberfinanzdirektion, den Dienstposten des ständigen Vertreters des Vorstehers bei einem Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung, der nach den stellenplanmäßigen Vorgaben des Finanzministeriums besoldungsrechtlich bis A 15 BBesO bewertet ist, mit dem Beigeladenen zu besetzen, weil dieser - anders als der Antragsteller - mit den ihm zuerkannten Funktionseignungen das für diese Stelle maßgebliche Anforderungsprofil erfülle. Der Beigeladene trat diesen Posten nach Versetzung an das entsprechende Finanzamt zum 15.7.2004 an. Den auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Besetzung der streitbefangenen Stelle mit den Beigeladenen gerichteten Antrag des Antragstellers lehnte das VG ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde hatte Erfolg.

Gründe:

Ein Anordnungsgrund scheitert nicht daran, dass es im Streitfall nur um eine Dienstpostenkonkurrenz geht. Zwar kann der streitige Dienstposten für den Fall, dass die von dem Antragsteller begehrte neue Auswahlentscheidung zu einem anderen Ergebnis führt, durch eine (erneute) Versetzung oder Umsetzung des Dienstposteninhabers zwecks anderweitiger Besetzung wieder freigemacht werden.

Vgl. zum Fall der sog. Dienstpostenkonkurrenz: OVG NRW, Beschluss vom 8.5.2002 - 1 B 241/02 -, NVwZ-RR 2003, 50.

Ein über die mit der Dienstpostenübertragung verbundene Beeinträchtigung hinausgehender Nachteil folgt für den Antragsteller vorliegend jedoch daraus, dass er die hier in Rede stehende Stelle benötigt, um seine Chancen auf eine Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 16 BBesO zu wahren. Eine derartige Beförderung setzt unter anderem regelmäßig voraus, dass sich der Beamte in der Funktion eines ständigen Vertreters des Dienststellenleiters eines A 16/A 16 Z-Finanzamtes bewährt hat. Dies entnimmt der Senat unter anderem den Angaben, die von den Vertretern des Antragsgegners in dem Termin zur Erörterung der Streitsache gemacht worden sind. Danach gibt es im Bereich der Oberfinanzdirektion - innerhalb der hier in Rede stehenden Landeszentralabteilung - 29 A 16/A 16 Z-Finanzämter. Von den Vorstehern dieser Finanzämter haben lediglich drei Beamte vorher nicht die Funktion eines ständigen Vertreters der Dienststellenleitung eines A 16/A 16 Z-Finanzamtes bekleidet. Die betreffenden Zahlen belegen die Existenz einer entsprechenden regelmäßigen Praxis des Antragsgegners. Die wenigen Ausnahmefälle sind nicht ausreichend, um diese Annahme in Frage zu stellen, zumal sie längere Zeit zurückliegen und die Beförderungspraxis auf der Grundlage der nunmehr gültigen Richtlinien für die Beurteilung und Beförderung der Beamtinnen und Beamten der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 24.4.2003 (BuBR 2003) nicht mitgeprägt haben können. Wäre der Antragsteller vorliegend gezwungen, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, hätte dies für ihn eine erhebliche zeitliche Verzögerung bei der Erfüllung schon der für eine Beförderung notwendigen Voraussetzung zur Folge. Dies erscheint jedenfalls im Hinblick auf das Alter des Antragstellers nicht zumutbar.

Dem Antragsteller kommt auch ein Anordnungsanspruch zu, weil die von der Oberfinanzdirektion getroffene Auswahlentscheidung fehlerhaft zustande gekommen ist.

Dies folgt jedenfalls daraus, dass die Oberfinanzdirektion bei ihrer Entscheidungsfindung zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass der Antragsteller das nach der Stellenausschreibung maßgebliche Anforderungsprofil nicht erfüllt. Nach der Ausschreibung konnten sich auf die hier in Rede stehende Stelle u.a. bewerben: "Regierungsdirektorinnen/Regierungsdirektoren, denen die Eignung zur ständigen Vertreterin/zum ständigen Vertreter der Dienststellenleiterin/des Dienststellenleiters in einem A 16/A 16 Z-FA oder zur Leitung eines A 15- bzw. A 16-Amtes zuerkannt worden ist". Dem Antragsteller ist in seiner aktuellen dienstlichen Beurteilung keine der nach der Ausschreibung erforderlichen Funktionseignungen zuerkannt worden. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass er als Inhaber einer Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 BBesO die Funktionseignung eines ständigen Vertreters des Dienststellenleiters in einem A 16/A 16 Z-Finanzamt besitzt. Dies ergibt sich aus Wortlaut und Systematik der BuBR 2003. Nach Nr. 17 BuBR 2003 dürfen Beamtinnen und Beamte nur befördert werden, wenn ihnen bei der letzten Beurteilung die Beförderungseignung zuerkannt worden und diese im Zeitpunkt der Beförderung noch vorhanden ist. Nach Nr. 7.3.2 BuBR 2003 setzt die "Vergabe der Beförderungseignung nach BesGr. A 15" im Grundsatz entweder die Zuerkennung der in Nr. 10.1 BuBR 2003 aufgezählten Funktionseignungen oder den Einsatz als Referentin oder Referent in der Oberfinanzdirektion voraus. Funktionseignungen im Sinne von Nr. 10.1 BuBR 2003 sind entweder "die Eignung zur ständigen Vertreterin/zum ständigen Vertreter der Dienststellenleitung eines A 16/A 16 Z-Finanzamtes" oder "die Eignung zur Dienststellenleiterin/zum Dienststellenleiter eines A 15-Amtes". Über die Zuerkennung dieser Funktionseignung wird bei der Beurteilung eines nach A 14 BBesO besoldeten Beamten entschieden. Die Beförderung eines solchen Beamten in ein Amt der Besoldungsgruppe A 15 BBesO, die im Falle des Antragstellers schon im Mai 2000 erfolgt ist, setzt demgemäß die Funktionseignung mindestens zum ständigen Vertreter eines Dienststellenleiters eines A 16/ A 16 Z-Finanzamtes als selbstverständlich voraus. Spätere Beurteilungen in dem Beförderungsamt nach A 15 BBesO müssen sich folgerichtig zu dieser Funktionseignung nicht mehr äußern. Demgemäß sieht Nr. 10.2 BuBR 2003 für eine "Beurteilung in BesGr. A 15" die Zuerkennung lediglich folgender Funktionseignungen vor:

"- die Eignung zur Dienststellenleiterin/zum Dienststellenleiter eines A 15-Amtes,

- die Eignung zur Dienststellenleiterin/zum Dienststellenleiter eines A 16-Amtes,

- die Eignung zur Referatsleiterin/zum Referatsleiter in der Oberfinanzdirektion,

- die Eignung zur Leitung eines besonders großen und bedeutenden Finanzamtes (A 16 Z)."

Soweit eine Beurteilung für einen Beamten der Besoldungsgruppe A 15 BBesO die formularmäßige Kennzeichnung in der Rubrik Funktionseignung "Eignung als ... Ständ. Vertreter(in) der Dienststellenleiterin/ des Dienststellenleiters in einem A 16/ A 16 Z-FA" enthält, liegt darin nur die Wiederholung einer Selbstverständlichkeit. Sie hat daher nur deklaratorische Bedeutung. Dementsprechend einzuordnen ist auch die Vorbeurteilung des Antragstellers vom 21.8.2001, die sich bereits auf das Statusamt nach A 15 BBesO bezog und bei "vollbefriedigendem" Gesamturteil auch die Funktionseignung als ständigen Vertreter eines nach A 16 BBesO eingestuften Vorstehers vorsah. Dass in der aktuellen Beurteilung bei "gutem" Gesamturteil bei der Rubrik Funktionseignung das entsprechende Feld nicht mehr angekreuzt ist, ist demzufolge belanglos. Hierauf durfte die Oberfinanzdirektion ihre Auswahlentscheidung deshalb nicht stützen. Zu Unrecht wendet der Antragsgegner in diesem Zusammenhang ein, dass die Regelungen der BuBR 2003 ebenso wie die Regelungen der Richtlinien für die Beurteilung und Beförderung der Beamtinnen und Beamten der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15.9.2000 (BuBR 2000) insoweit auf den Antragsteller keine Anwendung finden könnten, weil dieser vor Inkrafttreten der BuBR 2000 nach A 15 befördert worden sei und ihm seinerzeit lediglich die Sachgebietsleitereignung sowie eine nicht näher spezifizierte Vertretereignung zuerkannt gewesen seien. Sowohl die Regelungen der BuBR 2000 als auch die Regelungen der BuBR 2003 galten bzw. gelten einheitlich für alle Beamtinnen und Beamten der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen und differenzierten bzw. differenzieren nicht danach, ob eine Beamtin oder ein Beamter vor oder nach deren Inkrafttreten nach A 15 befördert worden ist. Zudem steht dieser Vortrag im Widerspruch dazu, dass dem Antragsteller die hier in Rede stehende Funktionseignung auch nach Inkrafttreten der BuBR 2000 - wie bereits erwähnt - in seiner dienstlichen Beurteilung vom 21.8.2001 ausdrücklich zuerkannt worden ist.

Ende der Entscheidung

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