Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 08.06.2005
Aktenzeichen: 6 B 542/05
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

-
Zur Berücksichtigung des Hauptmerkmals "Mitarbeiterführung", wenn nicht alle Beförderungskonkurrenten in diesem Merkmal beurteilt worden sind (Fortführung und Präzisierung der Senatsrechtsprechung, Beschlüsse vom 8.9.2004 - 6 B 1586/04 und 6 B 1587/04 -, vom 16.9.2004 - 6 B 1913/04 -, vom 7.1.2005 - 6 B 2441/04 - und vom 29.3.2005 - 6 B 216/05 -).
Tatbestand:

Der Antragsteller und die Beigeladenen verrichteten Dienst als Kriminal- bzw. Polizeihauptkommissare der Besoldungsgruppe A 12 BBesO bei einer Kreispolizeibehörde in nach A 13 BBesO bewerteten Führungsfunktionen. In den aktuellen dienstlichen Regelbeurteilungen war ihnen dasselbe Gesamturteil zuerkannt worden. Das Hauptmerkmal "Mitarbeiterführung" war beim Antragsteller mit 4 Punkten, beim Beigeladenen zu 1. mit 3 Punkten bewertet worden. Bei dem Beigeladenen zu 2. war dieses Hauptmerkmal nicht bewertet worden, weil ihm zum Zeitpunkt der Beurteilung noch keine Mitarbeiter unterstanden hatten. Der Antragsteller erstrebte einstweiligen Rechtsschutz dagegen, dass der Dienstherr eine freie Planstelle der Besoldungsgruppe A 13 BBesO mit dem Beigeladenen zu 1. besetzen wollte. Das VG lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels eines Anordnungsanspruchs ab; der Dienstherr habe bei der Auswahlentscheidung das Hauptmerkmal "Mitarbeiterführung" bei allen Konkurrenten vernachlässigen dürfen, weil ein qualitativer Vergleich insoweit wegen der Nichtbewertung dieses Merkmals bei einem von ihnen nicht möglich gewesen sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hatte Erfolg.

Gründe: Der Antragsgegner hat dem Unterschied, der sich in den aktuellen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen zu 1. hinsichtlich der Bewertung des Hauptmerkmals "Mitarbeiterführung" ergibt, zu Unrecht keine Bedeutung beigemessen. Die dafür genannten Gründe erweisen sich als nicht tragfähig. Dass der Beigeladene zu 2. im Hauptmerkmal "Mitarbeiterführung" nicht beurteilt worden ist, rechtfertigt es nicht, den Unterschied aus dem Qualifikationsvergleich auszublenden.

Die Begründung des Antragsgegners kann sich nicht auf die bisherige Rechtsprechung des Senats stützen. Tatsächlicher Ausgangspunkt der betreffenden Entscheidungen, vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8.9.2004 - 6 B 1586/04 - und - 6 B 1587/04 -, vom 16.9.2004 - 6 B 1913/04 - und vom 7.1.2005 - 6 B 2441/04 -, waren sämtlich Fälle, in denen in den aktuellen Beurteilungen bei dem jeweiligen Antragsteller das Hauptmerkmal "Mitarbeiterführung" beurteilt worden war, bei dem jeweils ausgewählten Beigeladenen bzw. bei einem der ausgewählten Beigeladenen hingegen nicht. Hinzu trat die Besonderheit, dass die streitgegenständliche Beförderung die bis dahin ausgeübte Funktion unberührt lassen sollte und das angestrebte Amt typischerweise nicht mit Führungs- bzw. Vorgesetztenaufgaben verbunden war. Die in diesen Fallkonstellationen durch den Dienstherrn getroffene Entscheidung, dem Hauptmerkmal "Mitarbeiterführung" keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen, hat der Senat nicht beanstandet. Hieran ist festzuhalten: In der geschilderten Fallkonstellation muss es in der Entscheidungsfreiheit des Dienstherrn stehen, ob er das Merkmal der Mitarbeiterführung im Rahmen der Auswahlentscheidung unberücksichtigt lässt oder den Umstand, dass der eine oder andere Beamte bereits Führungsfunktionen wahrgenommen hat und diesbezüglich beurteilt worden ist, in seine Entscheidung einbezieht. Für beides lassen sich gute Gründe anführen.

Ein vergleichbarer Fall ist vorliegend nicht gegeben. Das hier in Frage stehende Beförderungsamt der Besoldungsgruppe A 13 BBesO ist typischerweise mit Vorgesetztenfunktionen verbunden, und sowohl der Antragsteller als auch die Beigeladenen haben bisher bereits solche Funktionen ausgeübt. Sie sollen dies nach Angaben des Antragsgegners auch in Zukunft tun. Im Übrigen ist, anders als in den oben genannten Fällen, neben dem Antragsteller auch der für die Beförderung Ausgewählte, der Beigeladene zu 1., im Hauptmerkmal "Mitarbeiterführung" beurteilt worden.

Geht es - wie hier - um ein Beförderungsamt, bei dem die Führung von Mitarbeitern regelmäßig eine Rolle spielt, das also typischerweise mit Vorgesetztenaufgaben verbunden ist, so kann die Beurteilung in diesem Punkt bei der Beförderungsentscheidung nicht von vornherein ausgeblendet werden. Das hat der Senat bereits in dem weitgehend sachgleichen Verfahren des Antragstellers betreffend die seit Oktober 2004 besetzbare Planstelle mit Beschluss vom 29.3.2005 - 6 B 216/05 - entschieden. Angesichts der Bedeutung, die der "Mitarbeiterführung" für ein Amt der Besoldungsgruppe A 13 BBesO im Bereich der Polizei regelmäßig zukommt, ist es dem Dienstherrn verwehrt, sich auf den Hinweis zurückzuziehen, dass nicht alle dem Bewerberfeld zugehörigen Beamten im Hauptmerkmal "Mitarbeiterführung" beurteilt worden seien. Es kann nicht einleuchten, in dieser Fallkonstellation von im wesentlichen gleichen Beurteilungen auszugehen. Eine derartige Handhabung verstößt schon im Allgemeinen gegen das Prinzip der Bestenauslese. Im Einzelfall kann sie überdies, wie der vorliegende Fall belegt, dazu führen, dass ein Beamter, der (bei gleichem Gesamturteil) in einem für die zu besetzende Stelle relevanten Hauptmerkmal schlechter als ein Mitbewerber beurteilt worden ist, diesem bei ansonsten gleich beurteilten Hauptmerkmalen ohne stichhaltige Begründung vorgezogen wird. Eine solche Begründung ist aber unverzichtbar, wenn Unterschiede in den dienstlichen Beurteilungen außer Betracht gelassen werden sollen, deren Berücksichtigung sich - wie hier - aufdrängt oder wenigstens nahe liegt.



Ende der Entscheidung

Zurück