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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 12.03.2003
Aktenzeichen: 6t A 689/01.T
Rechtsgebiete: HeilBerG, GewO
Vorschriften:
HeilBerG § 29 Abs. 3 Satz 1 | |
GewO § 30 |
Zur berufswidrigen Werbung für eine solche, in einem eigenen Institut ausgeübte Tätigkeit.
Tatbestand:
Der Beschuldigte ist als Arzt in eigener Praxis niedergelassen. Er eröffnete in von seiner Praxis getrennten Räumen ein "Institut", in welchem er mittels eines Lasergeräts u.a. Xanthelasmen, Narben und Tätowierungen entfernte. Dafür warb er mit Zeitschriftenannoncen. Das Berufsgericht für Heilberufe sah dies als Verletzung der Berufspflichten eines Arztes an und verhängte gegen ihn einen Verweis und eine Geldbuße. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beschuldigten blieb vor dem Landesberufsgericht für Heilberufe ohne Erfolg.
Gründe:
Das Berufsgericht hat zu Recht erkannt, dass der Beschuldigte in der ihm zur Last gelegten Weise seine Berufspflichten verletzt hat. In dem Schalten der Anzeigen liegt ein Verstoß gegen das Werbeverbot für Ärzte (§ 29 Nr. 10 HeilBerG i.d.F. vom 9.3.1989, GV NRW S. 170, i.V.m. § 21 der Berufsordnung (BO) vom 23.10.1993, MBl. NRW. 1994, 72, bzw. - für die Zeit ab dem 27.2.1999 - § 32 Nr. 10 HeilBerG i.d.F. vom 27.4.1994, GV NRW S. 204, i.V.m. B. § 27, D Nr. 3 BO vom 14.11.1998, MBl. NRW. 1999, 350.) Des weiteren verstieß der Beschuldigte durch das Betreiben des Instituts in gesonderten Räumen gegen § 29 Abs. 3 Satz 1 HeilBerG i.d.F. vom 27.4.1994, a.a.O. Danach ist die Ausübung ärztlicher Tätigkeit außerhalb von Krankenhäusern und außerhalb von Privatkrankenanstalten nach § 30 GewO grundsätzlich an die Niederlassung in eigener Praxis gebunden. Der Beschuldigte, für den eine Ausnahme hiervon nicht galt, übte ärztliche Tätigkeit jedoch auch in dem Institut aus.
Bei den Anzeigen handelt es sich um für einen Arzt unzulässige Werbung. Der Inhalt der vom Beschuldigten geschalteten Anzeigen überschritt - auch bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung der o.g. insoweit einschlägigen Vorschriften - deutlich das standesrechtlich zulässige Maß.
Das Werbeverbot für Ärzte soll dem Schutz der Bevölkerung dienen. Es soll das Vertrauen der Patienten darauf erhalten, dass der Arzt nicht aus Gewinnstreben bestimmte Untersuchungen vornimmt, Behandlungen vorsieht oder Medikamente verordnet. Das Werbeverbot beugt damit einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufs vor. Allerdings ist einem Arzt nicht jede, sondern lediglich Werbung verboten, die keine interessengerechte und sachangemessene Information darstellt. Dem Arzt ist neben der auf seiner Leistung und seinem Ruf beruhenden Werbewirkung eine Reihe von Ankündigungen mit werbendem Charakter unbenommen. Das umfasst auch Presseanzeigen. Dies gilt jedoch nur, solange diese nicht nach Form, Inhalt oder Häufigkeit übertrieben wirken. Übertriebene, unsachliche oder irreführende Werbung soll als berufswidrig vermieden werden.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.2.2002 - 1 BvR 1644/01 -, NJW 2002, 3091 = DVBl. 2002, 767, m.w.N.
Den Fachgerichten obliegt es, die Grenze zwischen erlaubten und verbotenen Handlungsformen - unter Abwägung des Grundrechts auf Berufsausübungsfreiheit mit der Sicherung des Werbeverbots - im Einzelfall zu ziehen.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.7.2000 - 1 BvR 547/99 -, NJW 2001, 2734 = MDR 2000, 1262.
In Anwendung dieser Maßgaben hält der Senat die vom BVerfG aufgezeigten Grenzen hier für überschritten. Die Anzeigen bedeuten eine standeswidrige Kommerzialisierung der ärztlichen Berufsausübung des Beschuldigten. Sie waren sowohl übertrieben als auch irreführend.
Ersteres ergibt sich aus ihren Passagen
"Behandlung der meisten kosmetisch-ästhetisch störenden Hautveränderungen mit modernsten medizinischen Lasergeräten
...
- schnell - sicher - schmerzarm -
...
- Pauschalhonorarvereinbarung möglich -".
sowie aus "...(eigenes Europa-Patent angemeldet!)" in drei der Anzeigen.
Das bewertet der Senat als eine reißerische Aufmachung, die über eine angemessene ärztliche Sachinformation deutlich hinausgeht.
Die Anpreisung des Leistungsangebots des Beschuldigten mag zwar noch nicht dem Niveau eines "Marktschreiers" entsprechen, vgl. insoweit BVerfG, Beschluss vom 18.2.2002 - 1 BvR 1644/01 -, a.a.O., hatte jedoch mit einer sachlich gebotenen Information über Behandlungsmöglichkeiten nichts mehr zu tun. Sie war vielmehr ersichtlich darauf gerichtet, "Kunden" anzulocken und damit den Umsatz des Beschuldigten zu fördern. Das wird auch dadurch deutlich, dass die Anzeigen mit im wesentlichen gleichem Text innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums hintereinander erschienen.
Des weiteren waren die Anzeigen wegen des Hinweises "Eigener Laserschutzbeauftragter!" irreführend. Diese Formulierung gebrauchte der Beschuldigte nach Auffassung des Senats aus zwei Gründen: Einerseits sollten die Anzeigen durch den Hinweis auf einen "eigenen Laserschutzbeauftragten" vertrauenerweckend wirken. Einen gesonderten "Laserschutzbeauftragten" gab es jedoch nicht. Andererseits wollte der Beschuldigte es vermeiden, öffentlich als Arzt in Erscheinung zu treten, der mittels der Lasertechnik in den Räumen des Instituts operierte. Damit wollte er dem Werbeverbot für Ärzte entgehen. Das war auch der Grund dafür, dass er die Laseroperationen in von der Praxis getrennte Räume verlegt hatte. Damit wollte er in Zusammenspiel mit den Werbeanzeigen den unzutreffenden Eindruck erwecken, dass es sich um eine Art Klinik handele. Kliniken behandeln jedoch - anders als der Beschuldigte - überwiegend nicht ambulant, sondern in Anwendung aufwendiger Einrichtungen und technischer Apparaturen stationär. Sie sind nicht denselben Wettbewerbsbeschränkungen unterworfen wie ein niedergelassener Arzt bei der Werbung für seine ärztliche Tätigkeit.
Vgl. BVerfG, Entscheidung vom 8.1.2002 - 1 BvR 1147/01 -, NJW 2002, 1331 = DVBl. 2002, 691, sowie Beschluss vom 4.7.2000 - 1 BvR 547/99 -, a.a.O.
Hinzu kam sein Bestreben, durch die Gründung des "Instituts" auch die finanziellen Begrenzungen der GOÄ zu vermeiden und die - in den Werbeanzeigen herausgestellte - Möglichkeit einer Pauschalhonorarvereinbarung zu nutzen, da sich seine Laseroperationen sonst nicht rentierten. Insgesamt gesehen betrieb der Beschuldigte das "Institut" nur als Vorwand und wollte durch die Aufführung eines - nicht existierenden - zusätzlichen "eigenen Laserschutzbeauftragten" in den Werbeanzeigen den Eindruck eines hinter dem "Institut" stehenden Klinikapparats erwecken.
Des weiteren hat der Beschuldigte sich nicht an § 29 Abs. 3 Satz 1 HeilberG gehalten, wonach die Ausübung ärztlicher Tätigkeit außerhalb von Krankenhäusern und außerhalb von Privatkrankenanstalten grundsätzlich an die Niederlassung in eigener Praxis gebunden ist. Ausnahmen von dieser Regel galten für ihn, wie ausgeführt worden ist, nicht, und jedenfalls das Entfernen von Xanthelasmen, Narben und Tätowierungen war ärztliche Tätigkeit. Insoweit handelt es sich um Operationen, bei denen anstelle eines herkömmlichen chirurgischen Messers ein Laser eingesetzt wurde. Der Senat nimmt dem Beschuldigten ab, dass er sich zuvor davon überzeugte, dass es sich um gutartige Hautveränderungen handelte. Der Senat geht weiterhin davon aus, dass der Beschuldigte auch im übrigen die Risiken eines Eingriffs bei jedem seiner Patienten abwog, bevor er zu dem Eingriff unter Verwendung eines Lasers schritt. Nach dieser - ärztliche Sachkunde voraussetzenden und damit ärztliche Tätigkeit darstellenden - Überprüfung verwandelte der Beschuldigte sich aber bei den Operationen nicht in einen Handwerker, Techniker oder Ingenieur, für den die ärztlichen Standesregeln nicht galten und der lediglich "Kunden" auf kosmetisch-ästhetischem Gebiet betreute. Die Untersuchung und die nachfolgende Behandlung stellten eine begrifflich untrennbare Einheit dar. Die Eingriffe erforderten zudem über die rein handwerkliche Beherrschung des Lasergeräts hinaus ärztlichen Sachverstand zumindest im Hinblick auf etwaige Komplikationen bei dem Eingriff und bezüglich des Abschätzens der Erforderlichkeit einer Nachbehandlung. Das macht z.B. die Verwendung einer Kälte-Anästhesie zwecks Vermeidung schädlicher Nebenfolgen deutlich. Dass nach den Angaben des Beschuldigten eine Nachbehandlung in der Regel nicht notwendig war und Infektionen nicht vorkamen, ändert daran nichts.
Ende der Entscheidung
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