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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 23.01.2009
Aktenzeichen: 7 A 4361/05
Rechtsgebiete: BGB, GVG, StrWG NRW, VwVfG NRW


Vorschriften:

BGB § 767
GVG § 17a Abs. 5
StrWG NRW § 34
VwVfG NRW § 54 Abs. 1 Satz 1
VwVfG NRW § 57
VwVfG NRW § 62
Wenn die Schriftform als Wirksamkeitsvoraussetzung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages vorgeschrieben ist, muss sich aus dem Inhalt der Vertragsurkunde selbst ein zureichender Anhaltspunkt für die Auslegung ergeben.
Tatbestand:

Die Beteiligten stritten über die Abwicklung eines Durchführungsvertrages zu einem Vorhaben- und Erschließungsplan. Die Klägerin begehrte die Herausgabe einer Vertragserfüllungsbürgschaft. Mit einer Widerklage machte die Beklagte einen Zahlungsanspruch geltend. Das VG verurteilte die Beklagte zur Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft und wies die Widerklage der Beklagten ab. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte im Wesentlichen Erfolg.

Gründe:

I. Die Klage der Klägerin ist unbegründet.

Als Rechtsgrundlage für das Herausgabeverlangen der Klägerin kommt allein der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Betracht.

Die Tatbestandsvoraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs sind nicht erfüllt. Es hat zwar eine Vermögensverschiebung durch Leistung der Klägerin im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses stattgefunden. Für diese Vermögensverschiebung besteht aber - nach wie vor - ein Rechtsgrund.

Grundlage des Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten ist der Durchführungsvertrag vom 2./4.3.1999. Es handelt sich um ein Rechtsverhältnis öffentlich-rechtlicher Natur. Der Durchführungsvertrag ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW.

Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des Durchführungsvertrages sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.(...)

Die Beklagte hat die vorliegend in Rede stehende Bürgschaft der Sparkasse M. vom 7.4.2003 durch eine Leistung der Klägerin erlangt, es hat folglich insoweit eine Vermögensverschiebung zu Lasten der Klägerin und zu Gunsten der Beklagten stattgefunden.

Ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen dieser Bürgschaft besteht fort.

Dahingestellt bleiben kann, ob sich ein solcher Rechtsgrund bereits unmittelbar aus § 12 Abs. 1 Nr. 3 des Durchführungsvertrages ergibt. Hiernach erfolgt die Reduzierung der Bürgschaftssumme entsprechend dem Baufortschritt sowie der Erfüllung der sonstigen Verpflichtungen aus diesem Vertrag (Satz 1). Voraussetzung für die Reduzierung ist die Vorlage der Baukostenrechnungen und der Nachweis deren Bezahlung an den Auftragnehmer (Satz 2). Nach Prüfung der Baukostenrechnungen und erfolgter Bezahlung der Rechnung durch den Vorhabenträger erfolgt die jeweilige Freigabe (Satz 3). Fraglich ist, ob Letzteres dahingehend zu verstehen ist, dass die Beklagte die Bürgschaft solange nicht freigeben muss, wie nicht zweifelsfrei feststeht, dass sie keine berechtigte Zahlungsforderung gegen die Klägerin mehr hat. Diese Frage kann indes offenbleiben. Ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Bürgschaft der Sparkasse M. vom 7.4.2003 besteht jedenfalls deshalb fort, weil ihr Sicherungszweck nicht entfallen ist. Da die Klägerin die sich aus § 3 Abs. 1 Buchst. c) des Durchführungsvertrages ergebende Verpflichtung nicht in dem vom Klageantrag vorausgesetzten Umfang erfüllt hat, besteht nach wie vor ein vom Sicherungszweck der Bürgschaft umfasster Anspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin.

Die Klägerin hat sich in § 12 Abs. 1 des Durchführungsvertrages zur Vorlage einer Vertragserfüllungsbürgschaft verpflichtet. Unter Nr. 1 heißt es dort: "Zur Sicherung aller sich aus diesem Vertrag für den Vorhabenträger ergebenden Verpflichtungen leistet er Sicherheit in Höhe von 700.000,00 DM (...) durch Übergabe einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer Bank bzw. einer öffentlichen Sparkasse (...)." Zwischen der Klägerin und der Beklagten ist der Inhalt der Sicherungsabrede allein mit Blick auf den Umfang der nach § 3 Abs. 1 Buchst. c) des Durchführungsvertrages bestehenden - den Kreuzungsausbau betreffenden - Zahlungsverpflichtung der Klägerin umstritten.

Für die Auslegung des § 3 Abs. 1 Buchst. c) des Durchführungsvertrages ist insbesondere die Entstehungsgeschichte des (Gesamt-) Vertrages sowie die Interessenlage der Vertragsparteien und der mit dem Vertrag verfolgte Zweck von Bedeutung. Es ist festzustellen, dass die Systematik der vertraglichen Regelungen und nicht zuletzt der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Buchst. c) diese auslegungsrelevanten Umstände widerspiegeln.

Der Durchführungsvertrag zielte darauf ab, der Klägerin ein Vorhaben - "Neubau eines Supermarktes sowie die Einrichtung von Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben und Wohnungen" -, das sie der Beklagten unterbreitet hat, zu ermöglichen. Deshalb hat die Beklagte ihr Ermessen (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 BauGB) dahin ausgeübt, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufzustellen. Der hierzu gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB vor dem Satzungsbeschluss abgeschlossene Durchführungsvertrag sollte dazu dienen, der Klägerin als Vorhabenträger sämtliche vorhabenbedingte Kosten anzulasten. Durch das Vorhaben bedingt sind auch die Kosten, die durch die Anbindung des Plangebiets an die L 534 entstehen. Diese kreuzungsbedingten Kosten hatte nach der zwischen dem Landschaftsverband und der Beklagten in Anlehnung an § 34 Abs. 1 StrWG NRW geschlossenen Vereinbarung vom 5./28.1.1999 zunächst die Beklagte zu tragen. Durch den Durchführungsvertrag sollte jedoch erreicht werden, dass die Klägerin der Beklagten die kreuzungsbedingten Kosten erstattet. Hiervon ist ausweislich der - u. a. von der Klägerin als Vorhabenträger unterzeichneten - Bebauungsplanbegründung auch die Stadtverordnetenversammlung der Beklagten ausgegangen. Dort (vgl. Nr. 4) heißt es:

"Sämtliche Kosten der Maßnahmen, die für die neue Erschließung des Geländes G. unbedingt erforderlich sind, trägt der Vorhabenträger entsprechend den Regelungen des Durchführungsvertrages.

Der vorhabenbedingt im Zusammenhang mit der Erschließungsstraße geplante Ausbau der L 534 (neue Kreuzung mit Ampelanlage und Linksabbiegespuren in beiden Richtungen; vgl. hierzu Punkt 2.5.1) ist vom zuständigen Straßenbauamt vorgenommen worden. Hierzu ist zwischen dem Straßenbaulastträger und der Stadt M. eine Vereinbarung geschlossen worden, wonach zunächst die Stadt die kreuzungsbedingten Kosten zu tragen hat. Im Durchführungsvertrag zwischen dem Vorhabenträger und der Stadt M. verpflichtet sich der Vorhabenträger diese Kosten in voller Höhe auf Anforderung der Stadt M. zu erstatten." Es gibt auch keinen Anhalt für die Annahme, es sei im Zeitpunkt des Abschlusses des Durchführungsvertrages die Erwartung berechtigt gewesen, die Stadtverordnetenversammlung der Beklagten würde den vorhabenbezogenen Bebauungsplan auch dann als Satzung beschließen, wenn die Beklagte sich an den vorhabenbedingten Kosten des Kreuzungsausbaus beteiligen müsste. Die Entstehungsgeschichte des (Gesamt-) Vertrages sowie die Interessenlage der Vertragsparteien geben mithin nichts dafür her, dass letztlich die Beklagte mit vorhabenbedingten Kosten belastet werden sollte. Der Durchführungsvertrag sollte nach dem übereinstimmenden Willen der Klägerin und der Beklagten vielmehr dazu dienen, der Klägerin auf der Grundlage eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans die Realisierung ihres Vorhabens zu ermöglichen. Folgerichtig sollte er sie auch zur Übernahme der vorhabenbedingten Kosten, die u. a. die kreuzungsbedingten Kosten einschließen, verpflichten.

Dieser Ausgangslage entspricht die Systematik der im Durchführungsvertrag getroffenen Regelungen. § 1 des Durchführungsvertrages umschreibt das Vorhaben; § 2 des Durchführungsvertrages enthält die übliche Verpflichtung des Vorhabenträgers zur Errichtung des Vorhabens. § 3, § 4 und § 5 betreffen die Einzelmaßnahmen des Straßenbaus, der Kanalisation sowie deren Planung und Ausführung. In § 8 Abs. 1 des Durchführungsvertrages ist ausdrücklich festgehalten, dass sich die Beklagte mit Ausnahme der in § 4 Abs. 2 dieses Vertrages beschriebenen Maßnahme nicht an dem Erschließungsaufwand beteiligt. Mit diesem Aufwand ist nicht nur der beitragsfähige Erschließungsaufwand gemeint, sondern der gesamte vorhabenbedingte Erschließungsaufwand, mithin auch der Aufwand, der mit der Anbindung des Plangebiets an die L 534 in einer den Anforderungen des § 34 StrWG NRW genügenden Weise einhergeht. §§ 10 und 11 des Durchführungsvertrages enthalten Regelungen bezüglich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie der Fertigstellungs- und Entwicklungspflege, die vom Vorhabenträger auf dessen Kosten durchzuführen sind. § 12 des Durchführungsvertrages bestimmt die vom Vorhabenträger zu erbringenden Sicherheitsleistungen. Die von ihm zu erbringende Vertragserfüllungsbürgschaft (vgl. Abs. 1 Nr. 1) dient der Sicherung aller sich aus diesem Vertrag für den Vorhabenträger ergebenden Verpflichtungen.

Die in § 3 des Durchführungsvertrages enthaltenen Einzelregelungen bestätigen die vorstehend dargestellten Zusammenhänge. Sie haben ihren Sinn aber vor allem darin, die erforderlichen Einzelmaßnahmen des Straßenbaus aufzugliedern, um den jeweils geforderten Standard (z. B. § 3 Abs. 1 Buchst. a) Satz 2) sowie denjenigen festzulegen, der die Maßnahme tatsächlich durchführen sollte (z. B. § 3 Abs. 1 Buchst. a) Satz 3). Soweit die Durchführung der jeweiligen Maßnahme nach dem Vertrag nicht der Klägerin obliegt, ist ihr durch den Vertrag jedenfalls die Verpflichtung zur Erstattung der vorhabenbedingten Kosten auferlegt worden.

Nichts anderes gilt für den Kreuzungsausbau (vgl. § 3 Abs. 1 Buchst c) des Durchführungsvertrages). Die Besonderheit gegenüber den vorstehenden Regelungen des Durchführungsvertrages liegt hier nicht darin, dass der technische Standard nicht beschrieben wäre, der einzuhalten ist, sondern darin, dass der Beigeladene, der diese Baumaßnahme selbst durchführen sollte, nicht in ein unmittelbares Vertragsverhältnis mit der Klägerin einzutreten bereit war und daher eine Kostenerstattungsregelung zu Gunsten der Beklagten erforderlich wurde, damit diese letztlich nicht mit Kosten des Kreuzungsausbaus belastet blieb.

Hiervon auszugehend sind die in § 3 Abs. 1 Buchst. c) des Durchführungsvertrages getroffenen Regelungen wie folgt zu verstehen: Nach Satz 1 hat sich die Klägerin verpflichtet, die "beim vorhabenbedingt erforderlichen Ausbau der L 534 entstehenden anteiligen Kosten" der Beklagten zu erstatten. Der vorhabenbedingt erforderliche Ausbau ist in Satz 2 umschrieben mit "Linksabbiegespuren herzustellen, eine Lichtzeichenanlage zu installieren sowie weitere Maßnahmen nach den Maßgaben der Straßenbauverwaltung vorzunehmen". Letzteres knüpft an die in § 3 der zwischen dem Landschaftsverband und der Beklagten am 5./28.1.1999 getroffene Vereinbarung zum Umfang der Baumaßnahme an. Nach § 4 Abs. 2 dieser Vereinbarung trägt die Beklagte die in § 3 im Wesentlichen aufgeführten kreuzungsbedingten Kosten im Sinne des § 34 Abs. 1 StrWG NRW. § 3 Abs. 1 Buchst. c) Satz 3 des Durchführungsvertrages verweist auf die zwischen dem Landschaftsverband und der Beklagten schließlich getroffene Vereinbarung. Bereits aus den vorstehend genannten Regelungen des Durchführungsvertrages folgt mithin, dass sämtliche tatsächlich entstehenden kreuzungsbedingten Kosten, soweit sie nach der zwischen dem Landschaftsverband und der Beklagten getroffenen Vereinbarung der Beklagten auferlegt sind, der Beklagten von der Klägerin zu erstatten und damit letztlich von dieser zu tragen sind.

Bestätigt wird dies durch die in § 3 Abs. 1 Buchst. c) Satz 4 des Durchführungsvertrages getroffene Regelung. Hiernach werden die Kosten, sobald sie seitens des Landschaftsverbandes gegenüber der Beklagten beziffert worden sind, gegenüber der Klägerin belegt. Hiermit können ersichtlich nur alle tatsächlich angefallenen kreuzungsbedingten Kosten gemeint sein. Eine Beschränkung der Erstattungspflicht ergibt sich lediglich daraus, dass es sich nach § 3 Abs. 1 Buchst. c) Satz 1 des Durchführungsvertrages um Kosten für den "vorhabenbedingt erforderlichen Ausbau der L 534" im Sinne der weiteren Umschreibung in § 3 Abs. 1 Buchst. c) Satz 2 des Durchführungsvertrages handeln muss.

Schließlich kommt auch eine Auslegung von § 3 Abs. 1 Buchst. c) Satz 5 des Durchführungsvertrages dahingehend, dass mit ihm eine Beschränkung des Umfangs der nach § 3 Abs. 1 Buchst. c) Satz 1 des Durchführungsvertrages zu erstattenden Aufwendungen auf rd. 400.000,00 DM erreicht werden sollte, nicht in Betracht. Ein solches Verständnis hat im Durchführungsvertrag keinen Niederschlag gefunden. Schon die Einleitung von § 3 Abs. 1 Buchst. c) Satz 5 des Durchführungsvertrages "vorbehaltlich der endgültigen Abrechnung" verdeutlicht, dass der von der Klägerin endgültig zu erstattende Betrag offenbleiben und erst durch eine - korrekte - Abrechnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Buchst. c) Satz 4 des Durchführungsvertrages festgelegt werden sollte. Auch der weitere Inhalt der Regelung von § 3 Abs. 1 Buchst. c) Satz 5 des Durchführungsvertrages, wonach "die Baukosten mit rd. 400.000,00 DM angegeben" werden, zwingt nicht etwa zu dem Schluss, dass mit diesem Betrag eine Obergrenze der Kostenerstattungspflicht festgelegt werden sollte. Die genannten Baukosten sind nicht etwa vorläufig "veranschlagt" oder "vereinbart", sondern nur "angegeben" worden. Daraus folgt, dass der genannte Betrag - wie es auch sonst bei Verträgen nicht unüblich ist - nur Grundlage für sonstige Berechnungen sein soll. So mag die Angabe der Baukosten mit rd. 400.000,00 DM vorliegend den Sinn gehabt haben, den Vertragsparteien zu verdeutlichen, welcher Anteil der Gesamtbürgschaft von 700.000,00 DM (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1 des Durchführungsvertrages) auf die in § 3 Abs. 1 Buchst. c) Satz 1 des Durchführungsvertrages geregelte Kostenerstattungsverpflichtung der Klägerin entfallen sollte.

Ein dem Vorstehenden widersprechendes Verständnis des Vertragsinhalts durch einen Bediensteten der Beklagten - wie es etwa in dem Vermerk des Bediensteten D. vom 23.8.2001 zum Ausdruck gekommen sein könnte - ist für die Vertragsauslegung irrelevant. Wenn - wie hier (vgl. § 57 VwVfG NRW) - Schriftform als Wirksamkeitsvoraussetzung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages vorgeschrieben ist, muss sich aus dem Inhalt der Vertragsurkunde selbst ein zureichender Anhaltspunkt für die Auslegung ergeben. Der Vertragsinhalt darf nicht ausschließlich anhand von Umständen ermittelt werden, die außerhalb der Vertragsurkunde liegen. Insofern gelten die gleichen Grundsätze wie für die Auslegung von privatrechtlichen Willenserklärungen, die der Schriftform gemäß § 126 BGB bedürfen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 - 7 C 6.88 -, BVerwGE 84, 236; BGH, Urteil vom 2.2.1989 - IX ZR 99/98 -, NJW 1989, 1484.

Für die Annahme, die Vertragsparteien hätten eine Begrenzung der Kostenerstattungspflicht der Klägerin auf einen Betrag von rd. 400.000,00 DM vereinbaren wollen, findet sich in dem Durchführungsvertrag - wie dargelegt - keine Andeutung, geschweige denn ein zureichender Anhaltspunkt.

Etwaige Nebenabreden, die nicht zum Inhalt des Durchführungsvertrages gemacht worden sind, sind irrelevant. Bei formbedürftigen Erklärungen ist nur der Wille beachtlich, der unter Wahrung der vorgeschriebenen Form erklärt worden ist. Formunwirksame Nebenabreden können mithin nicht im Wege der Auslegung zum Inhalt der Erklärung gemacht werden.(...)

Nach alledem liegt kein Anhalt dafür vor, die "Angabe" der Baukosten mit rd. 400.000,00 DM als Vereinbarung sei dahingehend zu werten, dass mit dem Betrag eine verbindliche Obergrenze für die Kostenerstattungsverpflichtung der Klägerin festgelegt werden sollte. Hätte die Klägerin die Regelung einer verbindlichen Obergrenze für ihre Kostenerstattungsverpflichtung gewollt, wäre es an ihr gewesen, eine entsprechend klare und eindeutige Regelung in den Vertrag aufzunehmen.(...)

Die in § 3 Abs. 1 Buchst. c) des Durchführungsvertrages vereinbarte Kostenerstattungspflicht der Klägerin erstreckt sich mithin auf die notwendigen kreuzungsbedingten Kosten.(...)

Da die von der Klägerin demzufolge vollumfänglich zu erstattenden kreuzungsbedingten Kosten sich auf insgesamt 615.301,31 DM belaufen, sie jedoch bisher nur 520.880,14 DM gezahlt hat, so dass ein Betrag von 94.421,17 DM (= 48.276,60 €) aussteht, besteht ein vom Sicherungszweck der Vertragserfüllungsbürgschaft der Sparkasse M. vom 7.4.2003 umfasster Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin fort, so dass die Beklagte berechtigt ist, die Herausgabe dieser Bürgschaft zu verweigern.

Im Übrigen erstreckt sich eine Bürgschaft auch auf die in der gesicherten Forderung typischerweise angelegten Erweiterungen und inhaltlichen Veränderungen. Gemäß § 767 Abs. 1 Satz 2 BGB haftet der Bürge für Veränderungen der Hauptverbindlichkeit, die durch Verzug des Hauptschuldners eintreten. Dies bedeutet nach allgemeiner Meinung, dass sich die Bürgenschuld auch auf Verzugszinsen erstreckt.

Vgl. BGH, Urteil vom 4.12.1985 - VIII ZR 17/85 -, BGHZ 96, 313.

Vom Sicherungszweck der Vertragserfüllungsbürgschaft der Sparkasse M. vom 7.4.2003 umfasst ist folglich auch der von der Beklagten mit der Widerklage zu Recht (vgl. II.2.) geltend gemachte Anspruch auf Verzugszinsen, so dass die Beklagte auch mangels Erfüllung dieses Anspruchs berechtigt ist, die Herausgabe der Bürgschaft zu verweigern.

II. Die - nachdem die Berufung der Beklagten im Übrigen zurückgenommen worden ist - auf die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 48.276,60 € nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.8.2001 gerichtet Widerklage der Beklagten ist zulässig (1.) und begründet (2.).

1. Die Widerklage der Beklagten ist zulässig. Insbesondere besteht ein Rechtsschutzbedürfnis der Beklagten für die Geltendmachung des Zahlungsanspruchs. Das Rechtsschutzbedürfnis der Beklagten kann nicht mit der Begründung verneint werden, die Beklagte könnte sich aus der selbstschuldnerischen Vertragserfüllungsbürgschaft der Sparkasse M. vom 7.4.2003 befriedigen. Die Sparkasse M. hat zwar auf die "Einreden der Anfechtung und der Aufrechnung sowie der Vorausklage gemäß §§ 768, 770, 771 BGB" verzichtet. Nicht ausgeschlossen ist es allerdings, dass das bürgende Institut sonstige Einreden erhebt und seine Zahlungsverpflichtung damit in Frage stellt. Schon vor diesem Hintergrund hat die Beklagte einen verständigen Grund dafür, ihre Ansprüche mit der vorliegenden Leistungsklage (unmittelbar) gegenüber der Klägerin geltend zu machen. Überdies kann der Beklagten nicht ein berechtigtes Interesse daran abgesprochen werden, ihre durch die Begründung von zwei schuldrechtlichen Ansprüchen gestärkte Rechtsposition zu bewahren.

2. Die Widerklage der Beklagten ist auch begründet.

Die Beklagte kann ihre Hauptforderung in Höhe von 48.276,60 € auf § 3 Abs. 1 Buchst. c) des Durchführungsvertrages stützen. Ihre hierauf gründende Verpflichtung hat die Klägerin nicht erfüllt.(...)

Der geltend gemachte Zinsanspruch für die Zeit ab dem 11.08.2001 folgt aus § 62 Satz 2 VwVfG NRW i.V.m. §§ 288 Abs. 1, 286 BGB.(...)

Ende der Entscheidung

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